L 4 KR 1421/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 4096/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1421/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 05. März 2007 aufgehoben. Die Beklagten werden unter Abänderung der Bescheide vom 15. August 2006 in der Gestalt der Bescheide vom 01. September 2006 und der Widerspruchsbescheide vom 01. November 2006 verurteilt, die Bescheide vom 07. Mai 2003 und 14. Januar 2004 teilweise zurückzunehmen. Die Beiträge des Klägers zur freiwilligen Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung sind für die Zeit vom 01. Mai bis 31. Dezember 2002 nach einen monatlichen Bemessungsentgelt von 1.892,17 EUR und für 2003, 2004, 2005 sowie vom 01. Januar bis 31. August 2006 nach der jeweiligen Mindestbeitragsbemessung zu berechnen.

Die Beklagten haben dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge des Klägers zur freiwilligen Krankenversicherung (KV) und zur Pflegepflichtversicherung (PV) von Mai 2002 bis August 2006.

Der am 1933 geborene Kläger, der Professor für Geologie an einer amerikanischen Universität und Erfinder ist, ist seit 01. November 1990 als hauptberuflich Selbständiger ohne Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten zu 1) freiwillig krankenversichert und deswegen seit 01. Januar 1995 zu 2) pflegeversichert. Er war von den Beklagten bis zum 31. Januar 2000 in einer einkommensbezogenen Versicherungsklasse eingestuft.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 1999 ("Ihre einkommensbezogene Einstufung") wies die Beklagte zu 1) den Kläger unter Beifügung einer "Erklärung zur Erlangung einer einkommensbezogenen Einstufung" darauf hin, dass aufgrund des § 240 Abs. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) eine einkommensbezogene Einstufung nur unter der Voraussetzung eingeräumt werden könne, dass die beitragspflichtigen Einnahmen unterhalb der monatlichen Betragsbemessungsgrenze in der KV (1999 in den alten Bundesländern 6.375,00 DM) lägen und darüber ein entsprechender Nachweis erbracht werde. Der Kläger wurde zur Prüfung der Beitragseinstufung gebeten, seine beitragspflichtigen Einnahmen auf der beigefügten Einkommenserklärung anzugeben und diese zurückzusenden. Die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit seien mit dem letzten Einkommensteuerbescheid nachzuweisen. Der Kläger solle eine Kopie dieses Bescheids beifügen. Zum Einkommensteuerbescheid wurde insoweit auf ein ebenfalls beigefügtes Informationsblatt (Blatt 64 der LSG-Akten) verwiesen. Darin wurde u.a. darauf hingewiesen, dass ohne die Vorlage des Einkommensteuerbescheids eine einkommensbezogene Beitragseinstufung nicht mehr vorgenommen werden könne. Eine Ausnahme davon sei nur für Versicherte vorgesehen, die ihre selbstständige Tätigkeit erst vor kurzer Zeit aufgenommen hätten und noch nicht über einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid verfügten. Insoweit erfolge eine vorläufige Beitragseinstufung, die ggf. später rückwirkend korrigiert werde. Zu beachten sei, dass künftig der Zeitpunkt des Zugangs des Einkommensteuerbescheids hinsichtlich einer Änderung der Beitragseinstufung von großer Bedeutung sei. Eine verspätete Vorlage des Einkommensteuerbescheids habe eine Nachberechnung rückwirkend ab Zugang des Steuerbescheids zur Folge, soweit der neue Einkommensteuerbescheid höhere Einnahmen als bisher ausweise. Bei niedrigeren Einnahmen sei dagegen eine Erstattung von Beiträgen ausgeschlossen, weil eine niedrigere Beitragseinstufung nach § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V nur ab dem ersten des auf Vorlage des Nachweises nachfolgenden Monats möglich sei. Der Versicherte solle bei Erhalt eines neuen Einkommensteuerbescheids künftig daran denken, dass sofort eine Kopie zu übersenden sei. Nur so könnten Veränderungen in den beitragspflichtigen Einnahmen zeitgerecht für die Beitragseinstufung berücksichtigt werden. Mit der am 18. Januar 2000 bei der Beklagten eingegangenen Erklärung des Klägers zur Erlangung einer einkommensbezogenen Einstufung gab er an, seine Einkünfte aus selbstständiger Arbeit beliefen sich auf monatlich 2.129,92 DM. Der Erklärung war der Bescheid für 1998 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamts H. (FA) vom 28. Oktober 1999 beigefügt, der (neben negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb von 42.011,00 DM) Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit des Klägers von 25.559,00 DM auswies. Der Kläger hatte angegeben, den nächsten neuen Steuerbescheid voraussichtlich im Oktober 2000 vorlegen zu wollen. Mit bestandskräftig gewordenen Einstufungsbescheiden vom 24. Januar 2000 setzte daraufhin die Beklagten zu 1) den monatlichen Beitrag zur KV ab 01. Februar 2000 aufgrund der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von 3.360,00 DM, da die beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers den Betrag der Krankenversicherungspflichtgrenze nicht überstiegen, mit 437,00 DM und die Beklagte zu 2) den entsprechenden Beitrag zur PV mit 57,12 DM fest.

Am 06. Mai 2003 ging bei den Beklagten der Bescheid für 1999 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag des FA vom 03. September 2001 ein, der (neben negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb von 39.493,00 DM) Einkünfte aus selbstständiger Arbeit des Klägers von 51.096,00 DM auswies. Im Hinblick auf ein sich daraus ergebendes monatliches Einkommen von 4.258,00 DM (2.177,08 EUR) stellte die Beklagte zu 1) den monatlichen Beitrag zur KV mit Bescheid vom 07. Mai 2003 rückwirkend ab 01. Oktober 2001 mit 283,02 EUR (= 553,53 DM) und die Beklagte zu 2) ebenfalls mit Bescheid vom 07. Mai 2003 ab 01. Oktober 2001 mit 37,01 EUR (= 73,38 DM) fest. Mit weiteren Bescheiden vom 07. Mai 2003 wurden die monatlichen Beiträge für die Zeit ab 01. Januar 2002 zur KV durch die Beklagte zu 1) auf 296,08 EUR und zur PV durch die Beklagte zu 2) auf 37,02 EUR, für die Zeit ab 01. Januar 2003 zur KV durch die Beklagten zu 1) auf 311,32 EUR und zur PV durch die Beklagte zu 2) weiterhin auf 37,02 EUR festgestellt.

Mit Schreiben vom 07. August 2003 fragten die Beklagten beim Kläger an, ob der Steuerbescheid für das Jahr 2000 vorliege; insoweit wurde um die Übersendung einer Kopie zusammen mit der beigefügten Erklärung zur Erlangung einer einkommensbezogenen Einstufung, die ausgefüllt werden solle, gebeten. Nachdem der Kläger am 16. September 2003 angekündigt hatte, in den nächsten Tagen vorbeikommen zu wollen, was er dann vergaß, wurde er mit weiteren Schreiben vom 30. Oktober 2003 nochmals daran erinnert; er kündigte dann an, am 21. November 2003 vorbeikommen zu wollen. Am 05. Dezember 2003 ging bei der Beklagten der Bescheid für 2000 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag des FA vom 09. April 2002 ein, in dem Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von 62.114,00 DM sowie aus selbstständiger Arbeit von 31.551,00 DM aufgeführt waren. In der Erklärung des Klägers zur einkommensbezogenen Einstufung vom 18. Dezember 2003, bei den Beklagten am 19. Dezember 2003 eingegangen, bezifferte der Kläger dementsprechend seine monatlichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 4.355,00 DM sowie aus selbständiger Arbeit mit 2.213,00 DM. Daraufhin ergingen entsprechend der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der KV (2002 3.375,00 EUR, 2003 3.450,00 EUR und 2004 3.487,50 EUR) drei Einstufungsbescheide der Beklagten zu 1) vom 14. Januar 2004. Für die Zeit ab 01. Mai 2002 wurde der monatliche Beitrag zur KV auf 459,00 EUR, ab 01. Januar 2003 auf 493,36 EUR und ab 01. Januar 2004 auf 481,28 EUR festgesetzt. Entsprechend der maßgebenden Beitragsbemessungsgrenze, die jeweils überschritten sei, ergingen ebenfalls unter dem 14. Januar 2004 zwei Einstufungsbescheide der Beklagten zu 2), mit denen die monatlichen Beiträge zur PV auf 58,38 EUR (ab 01. Mai 2002) und auf 58,66 EUR (ab 01. Januar 2003) sowie auf 59,28 EUR (ab 01. Januar 2004) festgesetzt wurden.

Nach einem Aktenvermerk der Beklagten teilte der Kläger den Beklagten am 21. Juni 2006 telefonisch mit, er mache eine rückwirkende Beitragserstattung geltend, da das Finanzamt die Steuerbescheide rückwirkend korrigiert habe. Am 01. August 2006 reichte der Kläger bei den Beklagten eine weitere Erklärung zur Erlangen einer einkommensbezogenen Einstufung ein; zu den Einkünften verwies der Kläger auf die ebenfalls eingereichten Steuerbescheide. Insoweit ergaben sich aus dem Bescheid für 2001 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 09. Mai 2006 (neben negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb von 67.793,00 DM) Einkünfte aus selbständiger Arbeit von 60.920,00 DM. Der entsprechende Steuerbescheid vom 09. Mai 2006 für 2002 wies (neben negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb von 8.423,00 EUR) Einkünfte aus selbstständiger Arbeit von 31.129,00 EUR aus. Der weitere Bescheid vom 09. Mai 2006 für 2003 wies (neben negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb von 24.944,00 EUR) Einkünfte aus selbstständiger Arbeit von 37.520,00 EUR aus. Der Bescheid vom 09. Mai 2006 für 2004 wies (neben negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb von 23.760,00 EUR) Einkünfte aus selbstständiger Arbeit von 40.940,00 EUR aus. Der Bescheid vom 09. Mai 2006 für 2005 wies (neben negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb von 26.941,00 EUR) Einkünfte aus selbständiger Arbeit von 35.468,00 EUR aus. Insoweit waren durch die genannten Bescheide die ursprünglich für die Jahre 2001 und 2002 ergangenen Schätzungsbescheide des FA vom 24. November 2003 und 16. November 2004, die nach Angaben des Klägers ergangen seien, weil er mit Steuerklärungen in Verzug geraten sei, aufgehoben worden. Auch diese Schätzungsbescheide wurden der Beklagten am 07. August 2006 vorgelegt.

Im Hinblick auf die Steuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2005 begehrte der Kläger die rückwirkende Korrektur der Beitragsfestsetzung. Mit Schreiben vom 15. August 2006 teilten die Beklagten dem Kläger mit, dass eine Änderung der Beitragshöhe für die Vergangenheit nicht erfolgen könne. Sofern niedrigere Einkommen erzielt würden, seien diese durch Vorlage eines Steuerbescheids nachzuweisen. Eine beitragsgünstigere Einstufung können dann nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen. Am 01. August 2006 habe der Kläger den Nachweis der Einkünfte erbracht, sodass eine Umstufung ab 01. September 2006 vorgenommen werden könne. Mit Einstufungsbescheid der Beklagten zu 1) vom 15. August 2006 wurde dann ab 01. September 2006 die monatliche Einstufung aufgrund des durch den Steuerbescheid 2005 nachgewiesenen beitragspflichtigen Einkommens von 2.955,67 EUR mit 407,88 EUR vorgenommen. Entsprechend setzte die Beklagte zu 2) mit Bescheid vom 15. August 2006 den monatlichen Beitrag zur PV ab 01. September 2006 auf 50,24 EUR fest. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Beitragshöhe. Zum anderen begehrte er die Neueinstufung im Hinblick auf die vorgelegten Steuerbescheid bereits ab Beginn. Fürsorglich beantragte der Kläger Wiedereinsetzung und machte einen sozialrechtlichen "Wiederherstellungsanspruch" geltend, da er nicht nach der Höchstklasse einzustufen gewesen sei. Dem Widerspruch beigefügt war u.a. auch der Vorauszahlungsbescheid des FA über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2006 vom 09. Mai 2006. Mit Bescheid vom 01. September 2006 hob die Beklagte zu 1) ihren Einstufungsbescheid vom 15. August 2006 auf; im Hinblick auf beitragspflichtigen Einnahmen nach der Mindestbemessung für das Jahr 2006 in Höhe von 1.837,50 EUR setzte sie den monatlichen Beitrag zur KV ab 01. September 2006 nun auf 253,58 EUR fest. Entsprechend dieser Beitragsbemessung hob auch die Beklagte zu 2) mit Beitragsbescheid vom 01. September 2006 den Einstufungsbescheid vom 15. August 2006 auf und setzte den monatlichen Beitrag zur PV ab 01. September 2006 auf 31,24 EUR fest. Auch dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, die Einstufung ab 01. September 2006 sei im Hinblick auf § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V nicht ausreichend verständlich begründet. Die in den Bescheiden angenommenen beitragspflichtigen Einnahmen von 1.837,50 EUR seien nicht verständlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 01. November 2006 wies der bei der Beklagten zu 1) bestehende Widerspruchsausschuss den Widerspruch, soweit er über die Teilabhilfe im Bescheid vom 01. September 2006 hinausgegangen sei, zurück. Mit Bescheid vom 15. August 2006 sei die Einstufung ab 01. September 2006 lediglich nach den im Steuerbescheid nachgewiesen positiven Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit vorgenommen worden. Im Bescheid vom 01. September 2006 seien auch dann die negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigt worden, weshalb die Beitragsbemessung dann nach den für hauptberuflich Selbstständige maßgebenden beitragspflichtigen Mindesteinnahmen von 1.837,50 EUR erfolgt sei. Die am 09. Mai 2006 erlassenen, zum Teil ändernden Steuerbescheide habe der Kläger erst am 01. August 2006 eingereicht, obwohl er im Informationsschreiben vom Oktober 1999 darüber unterrichtet worden sei, dass ausschließliche Grundlage für die Erhebung der Beiträge künftig der Einkommensteuerbescheid des zuständigen Finanzamts sei. In diesem Schreiben sei er auch aufgefordert worden, der Krankenkasse zukünftig sofort nach Erhalt des Steuerbescheids eine Kopie davon zu übersenden, weil nur so Veränderungen bei den beitragspflichtigen Einnahmen zeitgerecht für die Beitragseinstufung berücksichtig werden könnten. Auch bei einem Telefongespräch am 21. Juni 2006 sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass eine Umstufung nur mit Wirkung für die Zukunft möglich sei. Entsprechend blieb auch der Widerspruch des Klägers gegen den Einstufungsbescheid der Beklagten zu 2) erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten zu 2) bestehenden Widerspruchsausschusses vom 01. November 2006).

Am 01. Dezember 2006 erhob der Kläger wegen der Einstufungsbescheide der Beklagten zu 1) Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG), die unter dem Aktenzeichen S 4 KR 4096/06 geführt wurde. Ferner erhob er auch Klage wegen der Einstufungsbescheide der Beklagten zu 2), die unter dem Aktenzeichen S 8 P 4097/06 geführt wurde. Beide Verfahren verband das SG mit Beschluss vom 13. Februar 2007. Der Kläger begehrte eine Neuberechnung der Beiträge zur KV und zur PV ab 2001. Da das FA für die Zeit ab 2001 im Mai 2006 neue Bescheide erlassen habe, widerspreche es dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass erst nach Einreichung der Steuerbescheide vom 09. Mai 2006 eine Neueinstufung vorgenommen werde. Nach Auffassung des BSG gehe es nur darum, dass ein letzter Einkommensteuerbescheid, den der Versicherte, der selbstständig tätig sei und diesen der Krankenkasse bzw. Pflegekasse einreiche, für eine Neuberechnung erst ab Einreichungsdatum tauglich sei. Da bei ihm der letzte Einkommensteuerbescheid für mehrere Jahre das Einkommen neu berechnet habe, müsse auch für die mehreren Jahre rückwirkend der Beitrag im Hinblick auf den übergeordneten Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit neu berechnet werden. Auch bei dem Urteil des BSG vom 22. März 2006 (B 12 KR 14/05 R), auf das sich die Beklagten beriefen, beziehe sich auf einen anderen Sachverhalt, nämlich auf einen einmaligen Vorgang, dass wegen eines geänderten Einkommensteuerbescheids die Krankenkasse berechtigt gewesen sei, die Beiträge nach Eingang des neuen Bescheids mit dem neuen Einkommen festzusetzen. Etwas anderes gelte, wenn rückwirkend für mehrere Jahre das Einkommen neu berechnet und die Steuer neu festgesetzt werde. Die Beklagten traten der Klage entgegen. Sie verwiesen auf das Urteil des BSG vom 22. März 2006. Zwar sei der jenem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt nicht identisch mit dem des Klägers. Dennoch sei die Kernaussage des BSG, dass ein Nachweis über niedrigere Einnahmen nur mit Wirkung für die Zukunft berücksichtigt werden könne, auch auf die Kläger zu übertragen. Sie könnten keinen Unterschied erkennen, ob das zuständige Finanzamt nur einen Einkommensteuerbescheid oder Bescheide für mehrere Jahre berichtige. Mit Gerichtsbescheid vom 05. März 2007, in dem nur die Beklagte zu 1) als Beklagte aufgeführt ist, wies das SG die Klage ab. Die Beklagten seien nicht verpflichtet gewesen, nach Vorlage der geänderten Einkommensteuerbescheide vor dem 01. September 2006 die ursprünglich vorgenommene Beitragseinstufung rückwirkend zu ändern. Das Gericht schloss sich dem Urteil des BSG vom 22. März 2006 an. Der Gerichtsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 12. März 2007 zugestellt.

Am 19. März 2007 hat der Kläger dagegen schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er trägt vor, das Urteil des BSG vom 22. März 2006 sei auf seinen Sachverhalt nicht anwendbar. Die Beitragsgerechtigkeit verlange, dass wenn mehrere Einkommensteuerbescheide zugunsten des Steuerpflichtigen aufgehoben würden, die Krankenkasse und die Pflegekasse sich auf eine neue Berechnung einlassen müssten. Dies gebiete auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Verfassungsrang habe und dem auch die gesetzlichen Regelungen im § 240 Abs. 4 SGB V vorgingen. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass die Sachbearbeiter der Beklagten, nämlich K. S. und C. G. gewusst hätten, dass er ursprünglich nur aufgrund von Schätzungen ergangene Steuerbescheide hätte vorlegen können. Die Sachbearbeiter, die als Zeugen vernommen werden müssten, hätten ihm versichert, dass er zurückbekommen würde, was zuviel an Beiträgen berechnet und eingenommen worden wäre, sobald eine Korrektur durch das Finanzamt vorgenommen würde. Die telefonischen Auskünfte der Mitarbeiter der Beklagten würden diese binden, zumal ein Verwaltungsakt nach § 33 Abs. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) auch mündlich ergehen könne. Die ursprünglichen Schätzungen des Finanzamts seien nachträglich korrigiert worden. Der Kläger hat auch eine eidesstattliche Versicherung vom 02. Februar 2008 eingereicht (Bl. 73 der LSG-Akte) und weitere Unterlagen vorgelegt.

Die Beklagten haben sich bereit erklärt, für die Zeit vom 01. Oktober 2001 bis 30. April 2002 die Beiträge nur nach den beitragspflichtigen Mindesteinnahmen zu erheben. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 05. März 2007 aufzuheben und die Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 15. August 2006 in der Gestalt der Bescheide vom 01. September 2006 und der Widerspruchsbescheide vom 01. November 2006 sowie unter teilweiser Rücknahme der Bescheide vom 07. Mai 2003 und 14. Januar 2004 zu verurteilen, die Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung für die Zeit vom 01. Mai 2002 bis 31. August 2006 unter Berücksichtigung der sich aus den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2001 bis 2005 vom 09. Mai 2006 ergebenen Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit neu zu berechnen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten haben das Informationsschreiben vom Oktober 1999 vorgelegt und tragen vor, behauptete telefonische Zusagen hätten zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedurft, was sich aus § 34 SGB X ergebe. Keiner der in der Vergangenheit erlassenen Einstufungsbescheide sei unter Vorbehalt erlassen worden. Das BSG habe im Urteil vom 22. März 2006 zwar entschieden, dass eine Beitragsnacherhebung zulässig sei, wenn der Ursprungsbescheid mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen gewesen sei. Damit habe das BSG jedoch nicht entschieden, dass nur dann eine Beitragsnachforderung möglich sei, wenn der Ursprungsbescheid einen Vorbehalt enthalten habe. Im Informationsschreiben vom Oktober 1999 sei auch der Kläger davon unterrichtet worden, dass künftig die Beitragserhebung nach dem Einkommensteuerbescheid erfolgen werde. Insoweit seien die Betroffenen auch aufgefordert worden, ihre Einkommensteuerbescheide zur Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen vorzulegen. Der Kläger habe in der Vergangenheit mehrfach Nachforderungen akzeptiert, weil er die Einkommensteuerbescheide nicht rechtzeitig eingereicht habe. Insoweit habe der Kläger die entsprechenden Nachforderungsbescheide nicht angefochten. Diese seien auch zulässig gewesen, weil der Kläger seinen Meldepflichten nicht nachgekommen sei. Ein Verwaltungsakt solle mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden, soweit der Betroffene eine durch Rechtsvorschrift vorgesehenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Der Kläger habe seine Einkommensteuerbescheide mit teilweise erheblichen Verzögerungen eingereicht. Er sei mithin der Mitteilungspflicht nach § 206 SGB V nicht zeitgerecht nachgekommen. Dieses Verhalten sei auch grob fahrlässig gewesen, weil der Kläger durch Informationsschreiben aufgeklärt gewesen sei, aber die rechtzeitige Meldung dennoch unterlassen habe. Bei den Bescheiden vom 24. Januar 2000 habe sich bei der Einstufung mit Wirkung ab 01. Februar 2000 um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gehandelt. Mit Bescheid vom 27. Mai 2003 sei die Einstufung mit Wirkung vom 01. Oktober 2001 vorgenommen worden. Damit habe die Wirkung des Bescheids vom 24. Januar 2000 mit den 30. September 2001 geendet. Mit dem Verwaltungsakt vom 07. Mai 2003 sei mithin der Bescheid vom 24. Januar 2000 konkludent mit Wirkung vom 01. Oktober 2001 aufgehoben worden, ohne dass dieser Tatbestand auf dem Bescheid vom 07. Mai 2003 vermerkt worden sei. Die Beklagte hat im Übrigen auf ein vorgelegtes Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 22. Juni 2006 (L 5 KR 130/05) verwiesen.

Der Berichterstatter des Senats hat den Beteiligten am 04. September 2007 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, den der Kläger angenommen, die Beklagten jedoch abgelehnt haben.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist auch begründet.

Da die Beteiligten, nachdem sich die Beklagten im Berufungsverfahren bereit erklärt haben, für die Zeit vom 01. Oktober 2001 bis 30. April 2002 Beiträge nur nach den beitragspflichtigen Mindesteinnahmen zu erheben, insoweit den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, ist noch über die Höhe der Beiträge für den Zeitraum vom 01. Mai 2002 bis 31. August 2006 zu entscheiden. Für diesen Zeitraum begehrt der Kläger, geringere Beiträge zur KV und PV zahlen zu müssen. Dieses Begehren des Klägers hat der Senat nach §§ 202 SGG, 17 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Es ist deshalb nicht allein zu prüfen, ob im Hinblick auf § 240 Abs. 4 Satz 3 (seit 01. April 2007 Satz 5) SGB V nur ab dem Zeitpunkt der Vorlage eines vom Versicherten geführten Nachweises eine Änderung der Festsetzung der Beiträge erfolgen kann, sondern auch, ob der Kläger eine Änderung der Festsetzung der Beiträge nach § 44 SGB X verlangen kann, weil die bisherige Beitragsfestsetzung aus anderen Gründen rechtswidrig war. Der Kläger erstrebt mit der Abänderung der Bescheide der Beklagten vom 15. August 2006 in der Gestalt der Bescheide vom 01. September 2006 und der Widerspruchsbescheide vom 01. November 2006 auch noch die teilweise Rücknahme der Bescheide der Beklagten vom 07. Mai 2003 und 14. Januar 2004, soweit die Beiträge zur KV und zur PV vom 01. Mai 2002 bis 31. August 2006 nach einer Bemessung erhoben worden sind, die über die sich aus den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2001 bis 2005 ergebenen Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit hinausgehen. Indem die Beklagten mit den genannten Bescheiden vom 15. August 2006 in der Gestalt der Bescheide vom 01. September 2006 und der Widerspruchsbescheide vom 01. November 2006 die Feststellung der Beiträge erst ab 01. September 2006 nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V bzw. des § 57 Abs. 4 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) wieder auf der Grundlage der Mindestbemessung für 2006 von 1.837,50 EUR (nachdem der Einkommensteuerbescheid für 2005 insoweit nur positive Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit von 8.527,00 EUR [= 35.468,00 EUR - 26.941,00 EUR] ergeben hatte) vorgenommen hatten, haben sie sinngemäß auch die beantragte teilweise Rücknahme der früheren (bestandskräftig gewordenen) Bescheide auch für die im Berufungsverfahren zuletzt auch Zeit vom 01. Mai 2002 bis 30. August 2006 abgelehnt. Macht der Betroffene einen Anspruch geltend, dessen Zuerkennung die Rücknahme eines früheren Bescheids voraussetzt, und sieht die Verwaltung hierin fälschlicherweise nur einen Neuantrag, ist vom Gericht dennoch über den Anspruch nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) mit zu entscheiden; einer Ergänzung des angefochtenen Bescheids oder gar Erhebung der Untätigkeitsklage bedarf es nicht (BSG, Urteil vom 29. November 2007 - B 13 R 44/07 R -, m.w.N.).

Nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V gilt für freiwillige Mitglieder, die wie der Kläger hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Nach § 240 Abs. 4 Satz 3 (seit 01. April 2007 Satz 5) SGB V können Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden. § 240 Abs. 4 Satz 3 (seit 01. April 2007 Satz 5) SGB V stellt sicher, dass der Nachweis geänderter Einnahmen nur zukunftsbezogen, nämlich zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monats, berücksichtigt werden darf (BSG SozR 4-2500 § 240 Nr. 5). Die Gründe, weshalb ein hauptberuflich selbstständig erwerbstätiges freiwilliges Mitglied Nachweise geänderter Einnahmen erst zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen kann, bleiben nach dieser gesetzlichen Regelung unberücksichtigt. Es ist Sache des hauptberuflich selbstständig erwerbstätiges freiwilligen Mitglieds, die Nachweise, im Regelfall Einkommensteuerbescheide, sich rechtzeitig zu besorgen. Es ist deshalb unerheblich, dass der Kläger erst im Mai 2006 die endgültigen Einkommensteuerbescheide zur Verfügung hatte.

Durch § 240 Abs. 4 Satz 3 (seit 01. April 2007 Satz 5) SGB V wird allerdings nicht die Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln über die Rücknahme bzw. Aufhebung von Verwaltungsakten, insbesondere die §§ 44 und 45 SGB X ausgeschlossen. Soweit Beiträge nicht vorläufig, sondern endgültig festgesetzt werden, dürfen sie nur nach den Bestimmungen der §§ 44 ff SGB X ganz oder teilweise zurückgenommen bzw. aufgehoben werden. Dies ergibt sich aus dem Urteil des BSG vom 22. März 2006 (SozR 4-2500 § 240 Nr. 5). In dieser Entscheidung hält das BSG die Krankenkassen für berechtigt, vorläufige Beitragsbescheide zu erlassen, die keine endgültige Regelung enthalten und deshalb zurückgenommen bzw. aufgehoben werden können, ohne dass die Voraussetzungen der §§ 44 ff SGB X, insbesondere des § 45 SGB X vorliegen müssten. Im Umkehrschluss heißt dies aber, dass, wenn die Krankenkasse endgültige Beitragsbescheide, die bestandskräftig werden, erlässt, sie hieran gebunden ist und diese für die Vergangenheit nur unter den Voraussetzungen der §§ 45 und 48 SGB X zu Lasten des Versicherten aufheben oder abändern kann.

Nach § 44 Abs. 1 SGB X gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und insoweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 44 Abs. 1 SGB X gilt auch für Beitragsbescheide in der KV und PV (vgl. BSG SozR 1300 § 44 Nr. 31; Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht § 44 SGB X Rdnr. 45). Hinsichtlich der unrichtigen Rechtsanwendung erfasst § 44 Abs. 1 SGB X auch die Verletzung von vertrauensschützenden Vorschriften des Verfahrensrecht.

Mit den Bescheiden vom 07. Mai 2003 und 14. Januar 2004, die bestandskräftig geworden waren, hatten die Beklagten die Beitragsfestsetzung jeweils rückwirkend ab 01. Oktober 2001 bzw. ab 01. Mai 2002 geändert. Zuvor war aufgrund der ohne Vorbehalt erlassenen Beitragsbescheide vom 14. Januar 2000 ab 01. Februar 2000 die Beitragsberechnung nach der nach den § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V bzw. § 57 Abs. 4 SGB XI damals maßgebenden Mindestbeitragsbemessung von monatlich 3.360,00 DM vorgenommen wurden. Mit den Bescheiden vom 07. Mai 2003 wurde dann die Beitragsberechnung auf der Grundlage von positiven Einkünften von monatlich 4.528,00 DM (= 2.177,08 EUR) vorgenommen. Es wurde dabei der im Einkommensteuerbescheid von 1999 ausgewiesene Jahresbetrag von positiven Einkünften aus selbstständiger Arbeit von 51.096,00 DM zugrunde gelegt, ohne die negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 39.493,00 DM zu berücksichtigen. Die Außerachtlassung der negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb hatten die Beklagten im Berufungsverfahren für die Zeit vom 01. Oktober 2001 bis 30. April 2002 korrigiert. Mit den Bescheiden vom 14. Januar 2004 wurde dann ebenfalls rückwirkend ab 01. Mai 2002 die Beitragsberechnung auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrundlage für 2002, 2003 bzw. 2004 vorgenommen.

Die Beklagten haben für die Zeit ab 01. Mai 2002 bei der Beitragsberechnung das Recht unrichtig angewandt. Denn sie haben mit den Beitragsbescheiden vom 07. Mai 2001 die vorausgegangenen Beitragsbescheide vom 24. Januar 2000, die Verwaltungsakte mit Dauerwirkung waren, nicht nach § 48 SGB X aufgehoben. Gleiches gilt für die Beitragsbescheide vom 14. Januar 2004, aus denen sich nicht ergibt, dass wiederum auch die Bescheide vom 07. Mai 2003 ab 01. Mai 2002 rückwirkend aufgehoben werden sollten. Eine solche Bescheidaufhebung früherer Bescheide ist den genannten Bescheiden vom 07. Mai 2003 bzw. 14. Januar 2004 nicht zu entnehmen. Sie ergibt sich weder aus dem Tenor der Bescheide noch aus ihrer Begründung. Den Bescheiden ist lediglich zu entnehmen, dass jeweils originär, ohne Aufhebung früherer entgegenstehender Bescheide, die Beitragsfestsetzung rückwirkend ab 01. Oktober 2001 bzw. ab 01. Mai 2002 neu vorgenommen werden sollte. Aus dem Umstand, dass rückwirkend höhere Beiträge gefordert werden, ergibt sich nicht, dass die Beklagten an bestimmten früheren Einstufungsbescheiden nicht mehr festhalten wollten. Sie haben in den Einstufungsbescheiden den entsprechenden Willen nicht zum Ausdruck gebracht. Insbesondere ist in den genannten Bescheiden vom 07. Mai 2003 und 14. Januar 2004 die Bestimmung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, auf die sich die Beklagten jetzt berufen, überhaupt nicht erwähnt. Dass den Beklagten selbst in einem Formularbescheid der für den Bescheidadressat eindeutige Hinweis auf die Aufhebung früherer Bescheide möglich und damit zumutbar gewesen ist, wird durch die Bescheide vom 01. September 2006 bestätigt, in denen ausdrücklich auf die Korrektur der Bescheide vom 15. August 2006 hingewiesen wurde, soweit es die Änderung der Einstufung ab 01. September 2006 betrifft. Die Beitragsbescheide vom 07. Mai 2003 und 14. Januar 2004 erwecken daher für den Empfänger der Bescheide den Eindruck, dass sie ohne eine Bindung an frühere Bescheide, die auch keinen Vorbehalt enthalten hatten, vorgenommen worden sind. Der Klarstellung, dass bestimmte frühere Bescheide hatten aufgehoben werden sollen, hatte es auch deswegen bedurft, weil beispielsweise mit den Bescheiden vom 14. Januar 2004 sowohl in die Bestandskraft der Bescheide vom 24. Januar 2000 als auch in die der Bescheide vom 07. Mai 2003 rückwirkend eingegriffen wurde. Da somit die Bescheide vom 24. Januar 2000 durch die Bescheide vom 07. Mai 2003 und durch die Bescheide vom 14. Januar 2004 nicht aufgehoben worden waren, standen sie einer originären Neufestsetzung der Beiträge ab 01. Oktober 2001 bzw. ab 01. Mai 2002 entgegen. Auf diese Bindungswirkung der nicht aufgehobenen Beitragsbescheide kann sich der Kläger im Rahmen des § 44 SGB X auch berufen. Darauf, ob die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vorgelegen haben, kommt es nicht an, denn § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X setzt in jedem Fall die Aufhebung eines früheren Bescheids voraus. Im Übrigen hatten die Beklagten zu Unrecht bei der rückwirkenden Beitragsfestsetzung in den Bescheiden vom 07. Mai 2003 für die Beitragsfestsetzung ab 01. Oktober 2001 beitragspflichtige Einnahmen von 51.096,00 DM pro Jahr und 4.258,00 DM pro Monat zugrunde gelegt, obwohl sich unter Berücksichtigung der negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb lediglich beitragspflichtige Einnahmen von 11.603,00 DM nach dem Einkommensteuerbescheid für 1999 ergaben. Mithin wäre ab 01. Oktober 2001 weiterhin nur eine Beitragseinstufung nach der bis dahin geltenden Mindestbemessung gerechtfertigt gewesen, jedenfalls bis Ende April 2002. Dies wurde von den Beklagten im Berufungsverfahren korrigiert.

Da der Kläger ab 01. Mai 2002 nicht die Fortzahlung der Beiträge in Höhe der Bescheide vom 14. Januar 2000 begehrt, sondern nur die Festsetzung von Beiträgen nach den aus den Einkommensteuerbescheiden für 2002 bis 2005 sich ergebenden steuerpflichtigen Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit, gilt für die Rücknahmepflicht insoweit der folgende Umfang: Nach dem Einkommensteuerbescheid für 2002 ergeben sich positive Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit von 22.706,00 EUR, weshalb für die monatliche Bemessung ein Betrag von 1.892,17 EUR zugrunde zu legen ist, der über der Mindestbemessung von 1.758,75 EUR liegt. Nach dem Einkommensteuerbescheid für 2003 ergeben sich positive Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit von 12.576,00 EUR, was einem monatlichen Betrag von 1.048,00 EUR entspricht. Mithin sind die Beiträge nach der Mindestbemessung für 2003 von monatlich 1.758,00 EUR vorzunehmen. Für 2004 ergeben sich nach den entsprechenden Einkommensteuerbescheid positive Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit von 17.180,00 EUR, was einem Monatsbetrag von 1.431,67 EUR entspricht, weshalb auch insoweit die Beitragsbemessung nach der für 2004 geltenden Mindestbemessung von 1.811,25 EUR vorzunehmen ist. Für das Jahr 2005 ergeben sich nach den entsprechenden Einkommensteuerbescheid positive Einkünfte aus selbstständige Erwerbstätigkeit aus 8.527,00 EUR; auch insoweit ist die Beitragsberechnung nach der Mindestbemessung für 2005 von 1.811,25 EUR vorzunehmen. Für das Jahr 2006 gilt dann ebenfalls die Mindestbemessung von monatlich 1.837,50 EUR. Danach ist die Beitragsberechnung in den Jahren 2003 bis 31. August 2006 jeweils nach der monatlichen Mindestbemessung vorzunehmen, während für die Monate Mai bis Dezember 2002 die Beitragsberechnung aufgrund von monatlichen Einkünften von 1.892,17 EUR vorzunehmen ist.

Darauf, ob die von den Beklagten geltend gemachten weiteren Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Beitragsfestsetzungen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vorgelegen haben, ohne dass auch Ermessen wegen eines atypischen Falls auszuüben gewesen wäre, kommt es nicht an.

Darüber, ob dem Kläger für die im Berufungsverfahren zuletzt noch streitige Zeit vom 01. Mai 2001 bis 30. August 2006 der Höhe nach teilweise überzahlte Beiträge zu erstatten sind, was sich nicht nach § 44 Abs. 4 SGB X, sondern nach den §§ 26, 27 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) beurteilen würde (vgl. BSG SozR 1300 § 44 Nr. 31; Steinwedel, a.a.O; Seewald in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 26 SGB IV Rdnr. 10), war hier schon deshalb nicht zu entscheiden, weil die Beklagten über einen solchen Erstattungsanspruch zu Unrecht gezahlter Beiträge nicht bescheidmäßig entschieden hatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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