L 6 V 2461/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 V 6677/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 V 2461/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. März 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte den Kläger mit einem Hörgerät zu versorgen hat.

Bei dem 1920 geborenen Kläger sind durch Ausführungs-Bescheid des früheren Versorgungsamts R. vom 17. Januar 1985, dem ein Teilvergleich und das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen (SG) vom 10. Oktober 1984 in dem Verfahren S 3 V 40/82 zugrunde lag, als Schädigungsfolgen hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE - seit 21. Dezember 2007 Grad der Schädigung (GdS), vgl. § 30 Abs. 1 BVG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007, BGBl. I S. 2904, 2909, im folgenden: BVG n.F.) um 50 vom Hundert (v. H.) anerkannt:

"Narbe an der linken Gesichtsseite und an der rechten Halsseite sowie an der Zunge mit rechtsseitiger Hypoglossusparese, Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk nach Gesichts-Hals-Durchschuss, zahlreiche stecknadelkopf- bis reiskorngroße Stecksplitter im Schulter-Nacken-Bereich rechts, Ohr-Operation (Trommelfellplastik) und kombinierte Schwerhörigkeit rechts, geringgradige Hochtonstörung links, Ausfall des rechten peripheren Gleichgewichtsorgans".

Der Kläger ist als Mitglied der D.krankenkasse (D.) gesetzlich krankenversichert. Am 17. Dezember 1997 beantragte der Kläger erstmals die Versorgung mit einem Hörgerät und machte geltend, seine Hörfunktion links habe merklich nachgelassen, weshalb er ohne Hörgerät am öffentlichen Leben nicht mehr teilnehmen könne. Die Orthopädische Versorgungsstelle beim früheren Versorgungsamt S. (OVSt) zog das versorgungsärztliche Gutachten des Facharztes für HNO-Krankheiten Dr. P. vom 4. Februar 1980 bei, das im Hinblick auf den seinerzeit gestellten Erhöhungsantrag des Klägers unter Geltendmachung von Schädigungsfolgen auf HNO-ärztlichem Fachgebiet erstellt worden war. Darin hatte der Gutachter die sodann auch als weitere Schädigungsfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen (Ohroperation [Trommelfellplastik] und kombinierte Schwerhörigkeit rechts, geringgradige Hochtonstörung links) mit einer MdE um 15 v.H. bewertet. Unter Mitberücksichtigung des sodann eingegangenen Kostenvoranschlags des damaligen Hörgeräte-Fachinstituts L. (im Folgenden als Fa. L. bezeichnet) vom 10. Dezember 1997 und der Ohrenärztlichen Verordnung der Hörhilfe des HNO-Arztes Dr. W. (Diagnose: rechts hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit; links mittel- bis hochgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit) befürwortete die hinzugezogene Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. F. unter dem 13. März 1998 eine Kostenbeteiligung, obwohl der nicht schädigungsbedingte Anteil der Schwerhörigkeit (vollständige Taubheit rechts, mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links) mit einer MdE um 40 bis 50 v.H. zu bewerten sei und die schädigungsbedingte MdE um 15 v.H. überwiege. Mit Bescheid vom 21. April 1998 bewilligte die OVSt dem Kläger für eine Hörhilfe links mit Bicros-Anbau einen Zuschuss in Höhe einer vergleichbaren zuzahlungsfreien Festbetragshörgeräteversorgung in Höhe von 2.227,95 DM. In einem gesonderten Schreiben, ebenfalls vom 21. April 1998, informierte die OVSt den Kläger darüber, dass sie im Hinblick auf seinen Anspruch auf Versorgung mit Hörgeräten die Fa. L. von ihrer Kostenbeteiligung informiert habe. Weiter wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er für notwendig werdende Reparaturen formlos einen Antrag stellen möge, damit der die Instandsetzung ausführenden Firma ein entsprechender Auftrag erteilt werden könne und die Kosten übernommen werden könnten, soweit sie auch bei einem entsprechenden Festbetragsgerät angefallen wären. Da das Hörgerät mit Batterien betrieben wurde, wurde der Kläger ferner gebeten, ein Formblatt auszufüllen und zurückzusenden, damit ein Dauerauftrag veranlasst werden könne, durch den dem Kläger in viermonatigem Turnus die notwendige Anzahl von Batterien zugesandt werden könne. In der Folgezeit übernahm die OVSt mehrfach Kosten für Reparaturen an dem vom Kläger genutzten Hörgerät.

Mit Schreiben vom 5. Mai 2004 wandte sich die Fa. L. mit dem Hinweis an die OVSt, das vom Kläger seit 1997 getragene Hörsystem sei aufgrund seines Alters unzuverlässig, weshalb der Kläger sich für eine Neuversorgung entschieden habe. Beigefügt war der Kostenvoranschlag vom 22. April 2004 über 2.600,30 EUR sowie die Ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe der Dres. W. vom 20. April 2004 nebst Dokumentation zur Hörgeräteanpassung. Die OVSt zog das in dem Rechtsstreit S 3 V 40/82 von Prof. Dr. S. und Dr. P., Hals-, Nasen- und Ohrenklinik im Universitätsklinikum T., erstattete Gutachten vom 27. September 1983 bei. Darin waren die Sachverständigen von einer schädigungsbedingten MdE um 15 v.H. ausgegangen; die nach den seinerzeit durchgeführten Hörprüfungen anzunehmende höhere MdE sahen sie als schädigungsunabhängig an, da diese auf einem im Vergleich zu früher schlechteren Sprachverständnis beruhe, für das eine neurale oder zentralnervöse Ursache angenommen werden müsse. In seinem Urteil vom 10. Oktober 1984 ging das SG auf der Grundlage dieses Gutachtens sowie der Einschätzung des Dr. P. in dem bereits erwähnten Gutachten vom 4. Februar 1980 von einer Teil-MdE um 15 v.H. für die Hörstörung aus. Die OVSt veranlasste die versorgungsärztliche Stellungnahme des Obermedizinalrats R. vom 25. Juni 2004, der zu der Beurteilung gelangte, dass die nicht schädigungsbedingte Schwerhörigkeit ganz klar überwiege und eine Zuständigkeit der OVSt nicht begründet sei.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2004 lehnte das frühere Versorgungsamt S. (VA) den Antrag auf Gewährung einer Hörhilfe für das linke Ohr sodann mit der Begründung ab, die anerkannten Schädigungsfolgen seien für die notwendige Hörgeräteversorgung nicht mehr wesentliche Bedingung. Denn der nicht schädigungsbedingte Hörverlust, der für sich alleine mit einer MdE um 55 v.H. zu bewerten sei, überwiege die Schädigungsfolge, die lediglich eine MdE um 15 v.H. rechtfertige. Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 7. September 2004).

Am 7. Oktober 2004 erhob der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage und machte geltend, sein Hörverlust im rechten Ohr betrage 100 % und im linken Ohr 75 %. Dieser Hörverlust sei Folge der Kriegsverletzung, weshalb der Beklagte die beantragte Hörhilfe für das linke Ohr zur Verfügung zu stellen habe. Vor dem Hintergrund der früheren Bewilligung mit Bescheid vom 21. April 1998 sei die Ablehnung im Übrigen nicht nachvollziehbar, da sich sein Gehör auf der linken Seite schädigungsbedingt wesentlich verschlechtert habe. Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage seiner Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Standpunkts entgegen und machte geltend, da der Gesamt-GdB für die Hörstörung bei 70 liege und der schädigungsbedingte Anteil lediglich 15 v.H. betrage, überwiege der schädigungsunabhängige Anteil bei Weitem, so dass ein Anspruch auf eine Hörgeräteversorgung nach dem BVG nicht bestehe. Eine solcher Anspruch stehe dem Kläger auch nicht im Hinblick auf die frühere Bewilligung zu. Denn insoweit handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Mit Urteil vom 27. März 2007 verurteilte das SG den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 30. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2004, "dem Kläger orthopädische Versorgung in Gestalt eines geeigneten Hörgeräts weiter zu bewilligen". Zur Begründung führte das SG aus, bei dem Bescheid vom 21. April 1998 handele es sich um einen Verwaltungsakt mit zumindest faktischer Dauerwirkung. Damit habe der Beklagte in eindeutiger Weise zu erkennen gegeben, dass er die Zuständigkeit für die entsprechende Hörgeräteversorgung übernommen habe. Entsprechend seien nachfolgend, selbst im Jahr 2003 noch, ohne neuerliche Sachprüfung angefallene Reparatur- bzw. Anpassungskosten übernommen worden. Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) liege nicht vor, da nunmehr lediglich eine abweichende ärztliche Beurteilung ein und desselben Sachverhalts bei im Übrigen unveränderten tatsächlichen Gegebenheiten getroffen werde. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem Beklagten am 9. Mai 2007 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.

Am 16. Mai 2007 hat der Beklagte dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, dem Verwaltungsakt vom 21. April 1998 komme keine Dauerwirkung zu. Aus einer früheren Bewilligung im Rahmen der Heil- und Krankenbehandlung nach den §§ 10ff. BVG könne ein Rechtsanspruch auf eine erneute Gewährung der Leistung nicht abgeleitet werden. Nach § 18a BVG seien Leistungen auf Antrag unter Berücksichtigung der aktuellen gesundheitlichen Verhältnisse zu gewähren, ohne dass eine Bindung an frühere Entscheidungen bestehe. Bereits 1966 habe das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass ein Anspruch nicht mit der Entstehung eines Gewohnheitsrechts zu begründen sei. Nach den Bestimmungen des BVG sowie der Orthopädieverordnung (OrthV) sei bei Versorgungsberechtigten, die Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind und bei denen eine Schwerhörigkeit als Folge einer Schädigung anerkannt sei, die Versorgung mit Hörgeräten nur dann möglich, wenn die anerkannte Schwerhörigkeit im Zeitpunkt der Anpassung des Hörgerätes alleinige oder zumindest annähernd gleichwertige Ursache für die Notwendigkeit, ein Hörgerät zu tragen, sei. Dies sei bei dem schädigungsunabhängig bestehenden Hörverlust des Klägers, der bereits allein mit einer MdE um 55 v.H. zu bewerten sei und der schädigungsbedingten MdE um 15. v.H. nicht der Fall.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. März 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Er verweist insbesondere auf das Schreiben des VA vom 21. April 1998, das im Zusammenhang mit dem Bescheid vom selben Tag belege, dass ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vorliege.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist auch begründet.

Das SG hätte nicht der Klage stattgeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 30. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2004 verurteilen dürfen, dem Kläger ein "geeignetes Hörgerät weiter zu bewilligen". Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Da der Kläger von dem Beklagten ein entsprechendes Hörgerät weder als Sachleistung verlangen kann, noch Anspruch auf einen Kostenzuschuss hat, konnte der Senat offen lassen, ob das Begehren des Kläger - entsprechend seines Antrags - tatsächlich auf die Bereitstellung eines Hörgerätes gerichtet war, oder ob er demgegenüber vielmehr eine Kostenbeteiligung angestrebt hat, weil er sich das in Rede stehende Hörgerät im Mai 2004 bereits selbst beschafft hatte (vgl. Dokumentation zu Hörgeräteanpassung vom 5. Mai 2004).

Gemäß § 10 Abs. 1 BVG wird Beschädigten für Gesundheitsstörungen, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden sind, Heilbehandlung gewährt, um die Gesundheitsstörungen oder die durch sie bewirkte Beeinträchtigung der Berufs- oder Erwerbsfähigkeit zu beseitigen oder zu bessern, eine Zunahme des Leidens zu verhüten, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, körperliche Beschwerden zu beheben, die Folgen der Schädigung zu erleichtern oder um die Beschädigten möglichst auf Dauer in Arbeit, Beruf und Gesellschaft einzugliedern. Die Heilbehandlung umfasst nach § 11 Abs. 1 Ziff. 8 BVG auch die Versorgung mit Hilfsmitteln, die mit den Vorschriften der OrthV nähere Regelungen erfahren hat. Im Hinblick auf das vorliegend in Rede stehende Hilfsmittel bestimmt § 16 OrthV, dass Hörhilfen nach Maßgabe des § 17 OrthV geliefert werden. Danach werden als Hörhilfen Hörgeräte und andere für Hörbehinderte entwickelte schallverstärkende Geräte geliefert.

Gemäß § 10 Abs. 2 BVG wird Heilbehandlung Schwerbeschädigten wie dem Kläger, d.h. Beschädigten mit einem GdS um mindestens 50 v.H. (vgl. § 31 Abs. 2 BVG n.F.), zwar auch für Gesundheitsstörungen gewährt, die nicht als Folge einer Schädigung anerkannt sind, jedoch ist dieser Anspruch nach § 10 Abs. 7 Buchst. d BVG dann ausgeschlossen, wenn ein Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet ist. Dies ist beim Kläger der Fall, da er als Mitglied der D. Anspruch auf ein entsprechendes Hilfsmittel gemäß § 33 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) hat.

Der Kläger hat Anspruch auf die streitige Versorgung mit Hörhilfen daher nur dann, wenn die Hörstörung, wegen der die Versorgung mit Hörhilfen erforderlich wird, als Folge einer Schädigung anerkannt ist oder die erforderliche Versorgung durch anerkannte Gesundheitsstörungen verursacht worden sind. Dies bedeutet nicht, dass Heilbehandlungsmaßnahmen, die erst wegen des Hinzutretens schädigungsunabhängiger Gesundheitsstörungen notwendig werden, unter dem Gesichtspunkt des schädigungsunabhängigen Nachschadens von der Einstandspflicht der Versorgungsverwaltung ausgeschlossen sind. Vielmehr ist nach der im Recht der Kriegsopferversorgung geltenden Kausalitätsnorm maßgebend, ob die Schädigungsfolgen eine wesentliche Bedingung für den Eintritt des Erfolges, hier der Notwendigkeit der Hilfsmittelversorgung, darstellen.

Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers nicht erfüllt. Denn zum Ausgleich des beim Kläger schädigungsbedingt eingetretenen Hörverlustes ist die Versorgung mit einem Hörgerät nicht erforderlich. Der durch die Schädigung hervorgerufene Hörverlust wurde erstmals mit Ausführungs-Bescheid des früheren Versorgungsamts R. vom 17. Januar 1985 festgestellt und im Hinblick auf die Bemessung der Gesamt-MdE mit einer Teil-MdE um 15 v.H. bewertet. Schon seinerzeit bestand eine über dieses Ausmaß hinausgehende Hörstörung, die schädigungs¬unabhängig entstanden war (vgl. Gutachten des Prof. Dr. S. und des Dr. P., vom 27. September 1983), ohne dass der Gesamthörverlust die Versorgung mit einer Hörhilfe erforderlich gemacht hätte. Erst die weitere schädigungsunabhängig eingetretene Hörverschlechterung hat dann Anfang 1998 die erstmalige Versorgung mit Hörhilfen erforderlich gemacht. Damit ist die Versorgung mit Hörhilfen im Sinne der obigen Darlegungen aber gerade nicht wegen der anerkannten Schädigungsfolge notwendig geworden. Auch stellen sich die Schädigungsfolgen nicht als wesentliche Bedingung für die Notwendigkeit der Hilfsmittelversorgung dar. Denn der Anteil des schädigungsbedingt eingetretenen Hörverlustes, der als solcher mit einer MdE um 15 v.H. bzw. einem GdS von 15 bewertet ist, stellt sich vor dem Hintergrund des Gesamtverlustes an Hörvermögen, das einer MdE um 70 v.H. bzw. einem GdS von 70 entsprechen würde, nicht mehr als zumindest gleichwertig und damit wesentlich für die erforderliche Hörgeräteversorgung dar. Vielmehr ist die im Zeitpunkt der Antragstellung im Mai 2004 erforderlich gewordene Hörgeräteversorgung weit überwiegend durch den schädigungsunabhängig entstandenen Hörverlust notwendig geworden. Hiervon ist der Beklagte in den angefochtenen Entscheidungen zutreffend ausgegangen.

Ein Anspruch auf den geltend gemachten Anspruch steht dem Kläger allerdings auch aus Rechtsgründen nicht zu. Entgegen der Ansicht der SG lässt sich ein Anspruch auf Versorgung mit dem streitigen Hilfsmittel insbesondere nicht aus dem Bescheid vom 21. April 1998 herleiten, mit dem der Beklagte auf einen ersten Antrag des Klägers vom 17. Dezember 1997 einen Zuschuss zu der seinerzeitigen Hörgeräteversorgung bewilligt hatte. Denn aus einer früheren Versorgung mit einem Hörgerät kann kein Rechtsanspruch auf erneute Gewährung einer solchen Leistung hergeleitet werden. Die frühere Bewilligung des streitigen Hörgeräts mit Bescheid vom 21. April 1998 stellt sich insbesondere nicht als eine Verwaltungsentscheidung dar, der Dauerwirkung beizumessen wäre. Verwaltungsakte mit Dauerwirkung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind Verwaltungsentscheidungen, die sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpfen, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründen oder inhaltlich verändern. Typisch für einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist ein Bescheid, der einen regelmäßigen Bezug von Sozialleistungen zum Gegenstand hat und dessen rechtliche Wirkungen sich über eine einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus auf eine gewisse zeitliche Dauer erstrecken. Die getroffenen Regelungen haben dabei Bestand, bis sie aufgehoben oder abgeändert werden oder sich auf sonstige Weise erledigen.

Bei der Versorgung mit Hörgeräten liegt eine derartige Entscheidung nicht vor. Ihre rechtliche Wirkung bezieht sich allein auf die Bewilligung des konkreten Hilfsmittels, ohne dass mit dieser Entscheidung gleichzeitig festgestellt wird, dass der Betroffene auch künftig einen Anspruch auf erneute Versorgung hätte. Hierüber ist vielmehr jeweils aus Anlass eines neue Antrags unter Berücksichtigung der dann bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse neu zu entscheiden. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Versorgungsverwaltung die nachgehende Pflicht obliegt, das einmal bewilligte Gerät während der Laufzeit funktionsfähig zu erhalten und deshalb insbesondere die Kosten für Folgeleistungen, wie Batterien und Reparaturen zu tragen hat (vgl. BSG, Urteil vom 25. März 1999 - B 9 V 11/98 R = SozR 3-3100 § 10 Nr. 6). Auch aus dem weiteren, zusammen mit dem Bescheid ebenfalls unter dem 21. April 1998 an den Kläger gerichteten Schreiben ergibt sich nichts anderes. Damit wurde dem Kläger einerseits lediglich mitgeteilt, dass die Fa. L. über die Kostenbeteiligung informiert werde und ihm andererseits die Vorgehensweise für den Fall erläutert, dass in Bezug auf die bezuschusste Versorgung Reparaturen notwendig werden sollten und wie die Bereitstellung der notwendigen Batterien gewährleistet wird. Ausführungen, die darauf hindeuten könnten, dass der Beklagte auch für alle zukünftig notwendig werdenden Neuversorgungen mit Hörhilfen einstehen werde und entsprechende Zuschüsse erbringen wolle, enthält dieses Schreiben demgegenüber nicht.

Da der Beklagte im Hinblick auf den Antrag des Klägers vom 7. Mai 2004 somit unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse über die beantragte Neuversorgung zu entscheiden hatte, ist unerheblich, ob im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X im Vergleich zu der früheren Bewilligung eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten ist.

Da der Beklagte nach alledem seine Leistungspflicht zutreffend verneint hat und die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden sind, konnte das angefochtene Urteil des SG keinen Bestand haben und war daher aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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