Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 5112/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 575/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Mobilitätshilfe in Form einer Umzugskostenbeihilfe streitig.
Die 1986 geborene Klägerin, die aus Zwickau stammt, befand sich bis zum 31.03.2007 in einem Ausbildungsverhältnis zur Krankenpflegerin im Kreiskrankenhaus Kitzingen. Nachdem ihr nach ihren Angaben vom Ausbildungsbetrieb mitgeteilt worden war, dass sie nach Abschluss der Ausbildung nicht übernommen werde, meldete sie sich im Dezember 2006 arbeitsuchend.
In der Folge bewarb sich die Klägerin bei der Praxis Dr. Frischmuth in Stuttgart um einen Arbeitsplatz als Dialyseschwester, worauf am 09.02.2007 ein Bewerbungsgespräch und am 21.02.2007 ein Probearbeitstag stattfand, an dessen Ende die Klägerin einen für die Dauer von zwölf Monaten befristeten Angestelltenvertrag, in dem als Arbeitsbeginn der 01.04.2007 angegeben ist, erhielt. Nach den Ausführungen von Dr. Frischmuth sollte der Vertrag mit dem Angebot der Arbeitsaufnahme zum 01.04.2007 nach erfolgreichem Abschluss der mündlichen Examensprüfungen (08.03.2007) geprüft und unterschrieben an die Praxis zurückgesandt werden. Der unterschriebene Arbeitsvertrag ging am 19.03.2007 in der Praxis ein. Ab 01.04.2007 war die Klägerin in der Praxis beschäftigt.
Am 15.03.2007 teilte die Klägerin der Beklagten die Arbeitsaufnahme ab 01.04.2007 und außerdem mit, dass sie nicht mehr als arbeitsuchend geführt werden wolle, und beantragte gleichzeitig einen Zuschuss für das Befördern des Umzugsgutes von Zwickau nach Stuttgart anlässlich der Arbeitsaufnahme am 01.04.2007 bei der Gemeinschaftspraxis Dr. Frischmuth. Die Beförderungsauslagen gab sie mit voraussichtlich 588,74 EUR an.
Mit Bescheid vom 27.04.2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Mobilitätshilfe ab. Die Klägerin gehöre nicht zum förderungsfähigen Personenkreis, da sie vor der Arbeitsaufnahme weder arbeitslos noch eine von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende gewesen sei.
Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass das auf dem Arbeitsvertrag stehende Datum nicht das Unterschriftsdatum, sondern das Datum der Aushändigung des Vertrages sei. Voraussetzung für die Stelle sei der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung (mündliche Examenprüfungen Mitte März) gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Antragstellung weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen. Die Einschätzung der Bedrohungslage ändere sich auch nicht durch den Vortrag der Klägerin, dass sie den Vertrag nicht am 21.02.2007, sondern erst später unterzeichnet habe. Sie habe nahtlos an die Ausbildung ein Arbeitsverhältnis aufnehmen können, das ihr mit Bestimmtheit am 21.02.2007 unterbreitet worden sei. Nach eigenen Angaben habe sie lediglich Zeit vom Arbeitgeber bekommen, den Arbeitsvertrag nach ca. 2 Wochen zurückzusenden. Somit sei davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber und die Klägerin schon entschieden gewesen sei.
Mit Urteil vom 20.12.2007, dem Bevollmächtigten der Klägerin nach dem Eingangsstempel seiner Kanzlei auf dem Urteil zugestellt am 04.01.2008, hat das Sozialgericht Stuttgart (SG) die am 27.06.2007 mit der Begründung erhobene Klage, wesentlicher Grund für den Antrag sei die Notwendigkeit finanzieller Absicherung des Umzugs gewesen, der neue Arbeitsplatz sei noch nicht gesichert gewesen, sie habe deshalb zum Personenkreis "von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer" gehört und das Ermessen der Beklagten habe sich auf Null reduziert, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Frage der voraussichtlichen Arbeitslosigkeit handele es sich um einen Prognoseentscheidung, die der vollen gerichtlichen Prüfung unterliege. Die Prognoseentscheidung sei unter Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung für die Zukunft zu treffen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung am 27.04.2007 habe die Klägerin in einem unmittelbaren Anschlussarbeitsverhältnis gestanden. Damit sei sie nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen. Selbst wenn man auf den Tag der Antragstellung abstelle, könne sich nichts anderes ergeben. Die Beklagte habe zutreffend die Prognose gestellt, dass die Klägerin unmittelbar im Anschluss an ihr Ausbildungsverhältnis eine neue Tätigkeit aufnehmen werde. Damit scheide die von der Klägerin begehrte Leistung aus, da sie weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen sei oder diesem Personenkreis gleichzustellen wäre.
Hiergegen richtet sich die am 04.02.2008 eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass ihr der Entwurf eines Arbeitsvertrages zugesandt worden sei. Dieser Arbeitsvertrag sei nicht unterschrieben gewesen. Am 17.03.2007 habe sie den von ihr unterschriebenen Arbeitsvertrag an den neuen Arbeitgeber, der ihr erst mit Schreiben vom 10.05.2007 schriftlich bestätigt habe, dass der von ihr unterschriebene Arbeitsvertrag am 19.03.2007 eingegangen sei, übermittelt. Es habe sich bei dem Arbeitsvertragsentwurf vom 21.02.2007 um eine klassische Offerte gehandelt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe keine Arbeitsplatzzusage bestanden. Eine hinreichende Prognose sei deshalb nicht möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2007 sowie den Bescheid der Beklagten von 27. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Umzugskostenbeihilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die Entscheidungsgründe des SG und trägt ergänzend vor, der Klägerin sei nach ihrem Vortrag im Verwaltungsverfahren bereits am 21.02.2007 vom potentiellen Arbeitgeber ein Arbeitsvertrag ausgehändigt worden, der nach Bestehen der mündlichen Abschlussprüfung am 08.03.2008 an den Arbeitgeber zurückgesandt werden sollte. Es sei daher überwiegend wahrscheinlich gewesen, dass die Klägerin nahtlos in ein Beschäftigungsverhältnis einmünde und nicht arbeitslos werde. Darüber hinaus setze die begehrte Umzugskostenbeihilfe weiter voraus, dass die Förderung zur Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung notwendig sei. Dies sei hier nicht der Fall. Es sei weder ersichtlich noch durch die Klägerin behauptet, dass sie ihre Entscheidung, die Arbeitsstelle in Stuttgart anzutreten, vom Bestehen etwaiger Förderungsmöglichkeiten abhängig gemacht habe. Einzig fehlende Voraussetzung sei noch das Bestehen der Abschlussprüfung, nicht hingegen eine Förderung durch sie gewesen. Die Klägerin habe den Antrag auf Mobilitätshilfe am 15.03.2007 gestellt und sich zeitgleich bei ihr in Arbeit abgemeldet und um Einstellung der Vermittlungsbemühungen gebeten, ohne wissen zu können, ob ihr die begehrte Mobilitätshilfe gewährt würde. Dieser Umstand spreche dagegen, dass die Mobilitätshilfe zur Aufnahme der Tätigkeit unverzichtbar gewesen sei. Im Übrigen könne bei absehbar nur vorübergehender Beschäftigung in der Regel keine Förderung erfolgen. Eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt und eine nicht nur vorübergehende Vermeidung von Arbeitslosigkeit könne bei einer Befristung nicht prognostiziert werden. Zu prüfen sei auch die Notwendigkeit eines Umzugs von Zwickau nach Stuttgart, nachdem die Klägerin bereits am 08.01.2004 eine Umzugskostenbeihilfe von Zwickau nach Schwarzach beantragt habe.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestehe, und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Beklagtenakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung ist nach §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG zulässig. Berufungsausschließungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere wird der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung maßgebliche Beschwerdewert von 500 EUR überschritten, da Umzugskosten in Höhe von 588,74 EUR im Streit sind. Das zum 01.04.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008, durch welches die Berufungssumme auf 750 EUR angehoben wurde, tangiert nach den allgemeinen Grundsätzen der perpetuatio fori die Zulässigkeit der am 04.02.2008 eingelegten Berufung nicht.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Ablehnungsbescheid vom 27.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil sie keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Umzugskostenbeihilfe hat.
Nach § 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der hier maßgeblichen ab 01.01.2003 geltenden Fassung können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 d) SGB III umfassen die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung einen Umzug. Nach § 54 Abs. 6 SGB III können als Umzugskostenbeihilfe die Kosten für das Befördern des Umzugsguts im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 des Bundesumzugskostengesetzes von der bisherigen zur neuen Wohnung übernommen werden, wenn der Umzug innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der Beschäftigung stattfindet und der Umzug durch die Aufnahme einer Beschäftigung bedingt ist, die außerhalb des nach § 121 Abs. 4 zumutbaren Tagespendelbereichs liegt.
Die Leistungen im Rahmen der Mobilitätshilfen sind "Kann-Leistungen", bei deren Gewährung der Beklagten ein Ermessen bei der Prüfung des Einzelfalles eingeräumt ist (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch -SGB I - ). Eine Ermessenausübung kommt allerdings erst dann in Betracht, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Mobilitätshilfen gegeben sind, was vorliegend nicht der Fall ist.
Die von der Klägerin begehrte Umzugskostenbeihilfe setzt voraus, dass die Klägerin arbeitslos oder eine von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende war und dass diese Förderung zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist (§ 53 Abs. 2 Nr. 3 d) SGB III).
Dass die Klägerin nicht arbeitslos war, ist unstreitig, nachdem sie bis 31.03.2007 in einem Ausbildungsverhältnis stand und ab 01.04.2007 die Beschäftigung bei Dr. Frischmuth aufgenommen hat.
Zutreffend ist das SG auch zu der Beurteilung gelangt, dass die Klägerin nicht von Arbeitslosigkeit bedroht war. Von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer sind nach § 17 SGB III Personen, die 1. versicherungspflichtig beschäftigt sind, 2. alsbald mit der Beendigung der Beschäftigung rechnen müssen und 3. voraussichtlich nach Beendigung der Beschäftigung arbeitslos werden. Die Entscheidung, ob ein Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht ist, ist grundsätzlich vom Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung, spätestens vom Beginn der Maßnahme her, zu fällen (vgl. Niesel in: Niesel, SGB III, § 17 RdNr. 8). Die Verwaltungsentscheidung wurde hier am 27.04.2007 getroffen. Zu diesem Zeitpunkt stand die Klägerin ab 01.04.2007 nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses am 31.03.2007 in einem unmittelbar sich anschließenden Arbeitsverhältnis. Darauf, ob der Arbeitsvertrag vom 21.02.2007 lediglich eine Offerte darstellt und für den Arbeitgeber nicht bindend war, kommt es nicht an.
Des weiteren fehlt es hier auch an der Notwendigkeit der Förderung zur Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung. Beitragsmittel der Agentur für Arbeit sollen nur eingesetzt werden, wenn das angestrebte Ziel - also beispielsweise die Arbeitsaufnahme - auf andere Weise nicht zu verwirklichen ist. Bei der erforderlichen Prognoseentscheidung ist darauf abzustellen, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Gewährung der Mobilitätshilfe wahrscheinlich nicht zustande kommen würde (Stratmann in Niesel, a.a.O., § 53 RdNr. 5; Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 06.11.2003 - L 3 AL 755/01 - in www.juris.de; Urteil des SchleswigHolsteinischen Landessozialgerichts vom 23.03.2007 - L 3 AL 75/06 - in www.juris.de). Ausgehend von diesen Maßstäben bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass das Beschäftigungsverhältnis, das die Klägerin ab dem 01.04.2007 bei der Arztpraxis Dr. Frischmuth in Stuttgart aufgenommen hat, ohne die Gewährung der Übergangsbeihilfe voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre. Es ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht behauptet worden, dass sie ihre Entscheidung, die Arbeitsstelle in Stuttgart anzunehmen, vom Bestehen etwaiger Förderungsmöglichkeiten und hier insbesondere der Gewährung einer Umzugskostenbeihilfe abhängig gemacht hat. Mit der Beantragung der Umzugskostenbeihilfe hat sie gleichzeitig die Arbeitsaufnahme angezeigt und sich als arbeitsuchend abgemeldet. Dies belegt, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits fest zur Arbeitsaufnahme bei Fr. Frischmuth entschlossen war und eine Einstellungszusage hatte. Die von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte stehen dem nicht entgegen. Denn ihr Vortrag, es habe sich bei dem Angestelltenvertrag nur um eine Offerte und noch kein bindendes Angebot gehandelt, betrifft nicht den Zusammenhang zwischen Bewilligung der Umzugkostenbeihilfe und Beschäftigungsaufnahme.
Da damit bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 SGB III nicht vorliegen, d.h. die begehrte Mobilitätshilfe zur Aufnahme der Beschäftigung nicht notwendig war und die Klägerin auch nicht unter den geschützten Personenkreis fiel, konnte bzw. musste eine Ermessensentscheidung der Beklagten nicht mehr ergehen. Dahingestellt bleiben kann auch, ob die Befristung des Arbeitsvertrags einer Umzugskostenbeihilfe entgegensteht und ob der Klägerin die Kosten von Zwickau nach Stuttgart oder von Schwarzach nach Stuttgart zu gewähren wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil ihre gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Mobilitätshilfe in Form einer Umzugskostenbeihilfe streitig.
Die 1986 geborene Klägerin, die aus Zwickau stammt, befand sich bis zum 31.03.2007 in einem Ausbildungsverhältnis zur Krankenpflegerin im Kreiskrankenhaus Kitzingen. Nachdem ihr nach ihren Angaben vom Ausbildungsbetrieb mitgeteilt worden war, dass sie nach Abschluss der Ausbildung nicht übernommen werde, meldete sie sich im Dezember 2006 arbeitsuchend.
In der Folge bewarb sich die Klägerin bei der Praxis Dr. Frischmuth in Stuttgart um einen Arbeitsplatz als Dialyseschwester, worauf am 09.02.2007 ein Bewerbungsgespräch und am 21.02.2007 ein Probearbeitstag stattfand, an dessen Ende die Klägerin einen für die Dauer von zwölf Monaten befristeten Angestelltenvertrag, in dem als Arbeitsbeginn der 01.04.2007 angegeben ist, erhielt. Nach den Ausführungen von Dr. Frischmuth sollte der Vertrag mit dem Angebot der Arbeitsaufnahme zum 01.04.2007 nach erfolgreichem Abschluss der mündlichen Examensprüfungen (08.03.2007) geprüft und unterschrieben an die Praxis zurückgesandt werden. Der unterschriebene Arbeitsvertrag ging am 19.03.2007 in der Praxis ein. Ab 01.04.2007 war die Klägerin in der Praxis beschäftigt.
Am 15.03.2007 teilte die Klägerin der Beklagten die Arbeitsaufnahme ab 01.04.2007 und außerdem mit, dass sie nicht mehr als arbeitsuchend geführt werden wolle, und beantragte gleichzeitig einen Zuschuss für das Befördern des Umzugsgutes von Zwickau nach Stuttgart anlässlich der Arbeitsaufnahme am 01.04.2007 bei der Gemeinschaftspraxis Dr. Frischmuth. Die Beförderungsauslagen gab sie mit voraussichtlich 588,74 EUR an.
Mit Bescheid vom 27.04.2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Mobilitätshilfe ab. Die Klägerin gehöre nicht zum förderungsfähigen Personenkreis, da sie vor der Arbeitsaufnahme weder arbeitslos noch eine von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende gewesen sei.
Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass das auf dem Arbeitsvertrag stehende Datum nicht das Unterschriftsdatum, sondern das Datum der Aushändigung des Vertrages sei. Voraussetzung für die Stelle sei der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung (mündliche Examenprüfungen Mitte März) gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Antragstellung weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen. Die Einschätzung der Bedrohungslage ändere sich auch nicht durch den Vortrag der Klägerin, dass sie den Vertrag nicht am 21.02.2007, sondern erst später unterzeichnet habe. Sie habe nahtlos an die Ausbildung ein Arbeitsverhältnis aufnehmen können, das ihr mit Bestimmtheit am 21.02.2007 unterbreitet worden sei. Nach eigenen Angaben habe sie lediglich Zeit vom Arbeitgeber bekommen, den Arbeitsvertrag nach ca. 2 Wochen zurückzusenden. Somit sei davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber und die Klägerin schon entschieden gewesen sei.
Mit Urteil vom 20.12.2007, dem Bevollmächtigten der Klägerin nach dem Eingangsstempel seiner Kanzlei auf dem Urteil zugestellt am 04.01.2008, hat das Sozialgericht Stuttgart (SG) die am 27.06.2007 mit der Begründung erhobene Klage, wesentlicher Grund für den Antrag sei die Notwendigkeit finanzieller Absicherung des Umzugs gewesen, der neue Arbeitsplatz sei noch nicht gesichert gewesen, sie habe deshalb zum Personenkreis "von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer" gehört und das Ermessen der Beklagten habe sich auf Null reduziert, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Frage der voraussichtlichen Arbeitslosigkeit handele es sich um einen Prognoseentscheidung, die der vollen gerichtlichen Prüfung unterliege. Die Prognoseentscheidung sei unter Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung für die Zukunft zu treffen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung am 27.04.2007 habe die Klägerin in einem unmittelbaren Anschlussarbeitsverhältnis gestanden. Damit sei sie nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen. Selbst wenn man auf den Tag der Antragstellung abstelle, könne sich nichts anderes ergeben. Die Beklagte habe zutreffend die Prognose gestellt, dass die Klägerin unmittelbar im Anschluss an ihr Ausbildungsverhältnis eine neue Tätigkeit aufnehmen werde. Damit scheide die von der Klägerin begehrte Leistung aus, da sie weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen sei oder diesem Personenkreis gleichzustellen wäre.
Hiergegen richtet sich die am 04.02.2008 eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass ihr der Entwurf eines Arbeitsvertrages zugesandt worden sei. Dieser Arbeitsvertrag sei nicht unterschrieben gewesen. Am 17.03.2007 habe sie den von ihr unterschriebenen Arbeitsvertrag an den neuen Arbeitgeber, der ihr erst mit Schreiben vom 10.05.2007 schriftlich bestätigt habe, dass der von ihr unterschriebene Arbeitsvertrag am 19.03.2007 eingegangen sei, übermittelt. Es habe sich bei dem Arbeitsvertragsentwurf vom 21.02.2007 um eine klassische Offerte gehandelt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe keine Arbeitsplatzzusage bestanden. Eine hinreichende Prognose sei deshalb nicht möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2007 sowie den Bescheid der Beklagten von 27. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Umzugskostenbeihilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die Entscheidungsgründe des SG und trägt ergänzend vor, der Klägerin sei nach ihrem Vortrag im Verwaltungsverfahren bereits am 21.02.2007 vom potentiellen Arbeitgeber ein Arbeitsvertrag ausgehändigt worden, der nach Bestehen der mündlichen Abschlussprüfung am 08.03.2008 an den Arbeitgeber zurückgesandt werden sollte. Es sei daher überwiegend wahrscheinlich gewesen, dass die Klägerin nahtlos in ein Beschäftigungsverhältnis einmünde und nicht arbeitslos werde. Darüber hinaus setze die begehrte Umzugskostenbeihilfe weiter voraus, dass die Förderung zur Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung notwendig sei. Dies sei hier nicht der Fall. Es sei weder ersichtlich noch durch die Klägerin behauptet, dass sie ihre Entscheidung, die Arbeitsstelle in Stuttgart anzutreten, vom Bestehen etwaiger Förderungsmöglichkeiten abhängig gemacht habe. Einzig fehlende Voraussetzung sei noch das Bestehen der Abschlussprüfung, nicht hingegen eine Förderung durch sie gewesen. Die Klägerin habe den Antrag auf Mobilitätshilfe am 15.03.2007 gestellt und sich zeitgleich bei ihr in Arbeit abgemeldet und um Einstellung der Vermittlungsbemühungen gebeten, ohne wissen zu können, ob ihr die begehrte Mobilitätshilfe gewährt würde. Dieser Umstand spreche dagegen, dass die Mobilitätshilfe zur Aufnahme der Tätigkeit unverzichtbar gewesen sei. Im Übrigen könne bei absehbar nur vorübergehender Beschäftigung in der Regel keine Förderung erfolgen. Eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt und eine nicht nur vorübergehende Vermeidung von Arbeitslosigkeit könne bei einer Befristung nicht prognostiziert werden. Zu prüfen sei auch die Notwendigkeit eines Umzugs von Zwickau nach Stuttgart, nachdem die Klägerin bereits am 08.01.2004 eine Umzugskostenbeihilfe von Zwickau nach Schwarzach beantragt habe.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestehe, und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Beklagtenakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung ist nach §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG zulässig. Berufungsausschließungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere wird der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung maßgebliche Beschwerdewert von 500 EUR überschritten, da Umzugskosten in Höhe von 588,74 EUR im Streit sind. Das zum 01.04.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008, durch welches die Berufungssumme auf 750 EUR angehoben wurde, tangiert nach den allgemeinen Grundsätzen der perpetuatio fori die Zulässigkeit der am 04.02.2008 eingelegten Berufung nicht.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Ablehnungsbescheid vom 27.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil sie keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Umzugskostenbeihilfe hat.
Nach § 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der hier maßgeblichen ab 01.01.2003 geltenden Fassung können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 d) SGB III umfassen die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung einen Umzug. Nach § 54 Abs. 6 SGB III können als Umzugskostenbeihilfe die Kosten für das Befördern des Umzugsguts im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 des Bundesumzugskostengesetzes von der bisherigen zur neuen Wohnung übernommen werden, wenn der Umzug innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der Beschäftigung stattfindet und der Umzug durch die Aufnahme einer Beschäftigung bedingt ist, die außerhalb des nach § 121 Abs. 4 zumutbaren Tagespendelbereichs liegt.
Die Leistungen im Rahmen der Mobilitätshilfen sind "Kann-Leistungen", bei deren Gewährung der Beklagten ein Ermessen bei der Prüfung des Einzelfalles eingeräumt ist (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch -SGB I - ). Eine Ermessenausübung kommt allerdings erst dann in Betracht, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Mobilitätshilfen gegeben sind, was vorliegend nicht der Fall ist.
Die von der Klägerin begehrte Umzugskostenbeihilfe setzt voraus, dass die Klägerin arbeitslos oder eine von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende war und dass diese Förderung zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist (§ 53 Abs. 2 Nr. 3 d) SGB III).
Dass die Klägerin nicht arbeitslos war, ist unstreitig, nachdem sie bis 31.03.2007 in einem Ausbildungsverhältnis stand und ab 01.04.2007 die Beschäftigung bei Dr. Frischmuth aufgenommen hat.
Zutreffend ist das SG auch zu der Beurteilung gelangt, dass die Klägerin nicht von Arbeitslosigkeit bedroht war. Von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer sind nach § 17 SGB III Personen, die 1. versicherungspflichtig beschäftigt sind, 2. alsbald mit der Beendigung der Beschäftigung rechnen müssen und 3. voraussichtlich nach Beendigung der Beschäftigung arbeitslos werden. Die Entscheidung, ob ein Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht ist, ist grundsätzlich vom Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung, spätestens vom Beginn der Maßnahme her, zu fällen (vgl. Niesel in: Niesel, SGB III, § 17 RdNr. 8). Die Verwaltungsentscheidung wurde hier am 27.04.2007 getroffen. Zu diesem Zeitpunkt stand die Klägerin ab 01.04.2007 nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses am 31.03.2007 in einem unmittelbar sich anschließenden Arbeitsverhältnis. Darauf, ob der Arbeitsvertrag vom 21.02.2007 lediglich eine Offerte darstellt und für den Arbeitgeber nicht bindend war, kommt es nicht an.
Des weiteren fehlt es hier auch an der Notwendigkeit der Förderung zur Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung. Beitragsmittel der Agentur für Arbeit sollen nur eingesetzt werden, wenn das angestrebte Ziel - also beispielsweise die Arbeitsaufnahme - auf andere Weise nicht zu verwirklichen ist. Bei der erforderlichen Prognoseentscheidung ist darauf abzustellen, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Gewährung der Mobilitätshilfe wahrscheinlich nicht zustande kommen würde (Stratmann in Niesel, a.a.O., § 53 RdNr. 5; Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 06.11.2003 - L 3 AL 755/01 - in www.juris.de; Urteil des SchleswigHolsteinischen Landessozialgerichts vom 23.03.2007 - L 3 AL 75/06 - in www.juris.de). Ausgehend von diesen Maßstäben bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass das Beschäftigungsverhältnis, das die Klägerin ab dem 01.04.2007 bei der Arztpraxis Dr. Frischmuth in Stuttgart aufgenommen hat, ohne die Gewährung der Übergangsbeihilfe voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre. Es ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht behauptet worden, dass sie ihre Entscheidung, die Arbeitsstelle in Stuttgart anzunehmen, vom Bestehen etwaiger Förderungsmöglichkeiten und hier insbesondere der Gewährung einer Umzugskostenbeihilfe abhängig gemacht hat. Mit der Beantragung der Umzugskostenbeihilfe hat sie gleichzeitig die Arbeitsaufnahme angezeigt und sich als arbeitsuchend abgemeldet. Dies belegt, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits fest zur Arbeitsaufnahme bei Fr. Frischmuth entschlossen war und eine Einstellungszusage hatte. Die von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte stehen dem nicht entgegen. Denn ihr Vortrag, es habe sich bei dem Angestelltenvertrag nur um eine Offerte und noch kein bindendes Angebot gehandelt, betrifft nicht den Zusammenhang zwischen Bewilligung der Umzugkostenbeihilfe und Beschäftigungsaufnahme.
Da damit bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 SGB III nicht vorliegen, d.h. die begehrte Mobilitätshilfe zur Aufnahme der Beschäftigung nicht notwendig war und die Klägerin auch nicht unter den geschützten Personenkreis fiel, konnte bzw. musste eine Ermessensentscheidung der Beklagten nicht mehr ergehen. Dahingestellt bleiben kann auch, ob die Befristung des Arbeitsvertrags einer Umzugskostenbeihilfe entgegensteht und ob der Klägerin die Kosten von Zwickau nach Stuttgart oder von Schwarzach nach Stuttgart zu gewähren wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil ihre gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
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