Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2937/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2874/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
Die 1958 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war als Näherin, Arbeiterin und in der Gastronomie tätig. Seit 1992 übte sie versicherungspflichtige Beschäftigungen als Küchenhilfe (4 bis 6 Stunden täglich), zuletzt in einem Seniorenheim, bis zum Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit im März 2000 aus. Seither ist sie arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Wegen akuter Lumboischialgien wurde für die Klägerin im Jahr 1998 eine stationäre Heilbehandlung in der F.klinik B. B. durchgeführt. Nachdem sich die Klägerin im März 2000 einer Bandscheibenoperation im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) - L5/S1 links - unterziehen musste, bewilligte ihr die Beklagte eine Anschlussheilbehandlung in der R.klinik B. W. vom 20.04. bis 31.05.2000, aus der die Entlassung als weiterhin arbeitsunfähig (bei einem unkomplizierten Verlauf erfahrungsgemäß 10 bis 12 Wochen postoperativ) erfolgte, wobei von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ohne schweres Heben und Tragen, häufiges Bücken und Arbeiten in Zwangshaltungen ausgegangen wurde. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe sei nicht leidensgerecht und könne nurmehr in einem zeitlichen Umfang von 2 Stunden verrichtet werden (Entlassungsdiagnosen: Schmerzhafte segmentale Bewegungseinschränkung im Bereich der LWS bei Zustand nach Bandscheibenvorfall - Operation L5/S1 links am 29.03.2000, sensible S1-Symptomatik links).
In einem sozialmedizinischen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B.-W. (MDK), welches anlässlich der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen am 02.08.2000 für die AOK S. erstellt wurde, kam Dr. S. zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorliege und der Klägerin die Tätigkeit als Küchenhilfe wohl auf Dauer nicht mehr zumutbar sei. Leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Zwangshaltungen und häufiges Bücken sowie ohne Zugluft, Nässe seien nach weiterer Stabilisierung möglich. Die Prüfung eines Arbeitsplatzwechsels und berufsfördernder Maßnahmen werde angeregt.
Mit Bescheid vom 05.02.2001 erklärte sich die Beklagte grundsätzlich bereit, Eingliederungshilfen an einen Arbeitgeber zu leisten, der bereit sei, der Klägerin einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
Den Antrag der Klägerin vom 16.08.2000 auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation lehnte die Beklagte nach Einholung einer ärztlichen Stellungnahme des Dr. W. mit Bescheid vom 09.02.2001 ab, da eine medizinische Leistung zur Rehabilitation nicht erforderlich sei.
Dem dagegen von der Klägerin mit der Begründung eingelegten Widerspruch, dass sie sich von einer stationären Rehabilitation eine Abklärung und Linderung der weiterhin bestehenden Schmerzen verspreche, gab die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2001 nicht statt: Nach der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes seien berufsfördernde Maßnahmen vorrangig.
Deswegen erhob die Klägerin am 21. Juni 2001 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG - S 2 RJ 1209/01) mit der Begründung, die AOK S. habe die Beantragung von Leistungen zur Rehabilitation empfohlen. Sie legte Schreiben der AOK vom 09.08. und 10.08.2000 vor.
Mit Beschluss vom 27.03.2003 ordnete das SG im Hinblick auf den Rentenantrag der Klägerin das Ruhen des Verfahrens an.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 27.04.2001 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.08.2001 nach medizinischer Sachaufklärung (Gutachten von Dr. R.) mit der Begründung ab, nach den ärztlichen Untersuchungsergebnissen sei die Erwerbsfähigkeit durch den Bandscheibenvorfall L5/S1 (Operation 3/2000) beeinträchtigt, die Klägerin könne jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Den Widerspruch der Klägerin stellte die Beklagte zunächst wegen der Klage im Rehabilitationsverfahren zurück.
Aufgrund des erneuten Rentenantrages der Klägerin vom 17.10.2002 und des Ruhensbeschlusses des SG (S 2 RJ 1209/01) veranlasste die Beklagte eine ärztliche Begutachtung der Klägerin durch die Ärztin Dr. W., die jedoch nicht zustande kam. Mit Bescheid vom 06.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2003 wies die Beklagte den Antrag der Klägerin wegen fehlender Mitwirkung ab. Die dagegen beim SG erhobene Klage blieb erfolglos (Gerichtsbescheid vom 09.02.2005 - S 8 RJ 1944/03), die Berufung der Klägerin wurde vom erkennenden Senat mit Urteil vom 07.06.2005 (L 11 R 1085/05) zurückgewiesen.
Am 25.11.2004 rief die Klägerin das Verfahren wegen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beim SG wieder an, das unter dem Aktenzeichen S 8 RJ 2937/04 fortgeführt wurde.
Das SG hörte zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen.
Dr. H., Arzt für Chirurgie, berichtete unter Beifügung weiterer Arztunterlagen (u.a. Arztbrief der F.klinik vom Januar 2003 - Diagnose: Fibromyalgie bei vorbestehendem Wirbelsäulensyndrom) über unregelmäßige Behandlungen der Klägerin seit 1993 und teilte die nach der Bandscheibenoperation erhobenen Befunde und Krankheitsäußerungen mit. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin als Küchenhilfe sei aufgrund des bestehenden Krankheitsbildes erheblich eingeschränkt. Eine medizinische Leistung zur Rehabilitation könne dazu beitragen, die Erwerbsfähigkeit zu bessern, mit einer völligen Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit bezogen auf das Berufsbild einer Küchenhilfe sei voraussichtlich nicht zu rechnen. Seit Anfang 2004 arbeite die Klägerin stundenweise in einer Schule.
Der Orthopäde Dr. B. teilte mit, dass er die Klägerin zuletzt im August 2002 behandelt habe.
Der Neurologe und Psychiater Dr. A. legte eigene Befundberichte vor und führte aus, bei der letzten Nachuntersuchung im November 2002 hätten unverändert radikulär ausstrahlende Schmerzen im Dermatom S1 links sowie ein sensibles Teildefizit, jedoch keine elektrophysiologisch nachvollziehbare Denervierung der S1-versorgten Kennmuskeln mehr bestanden. Der Klägerin sei die Fortführung konservativer Therapiemaßnahmen mit Schmerzbehandlung, Krankengymnastik und Muskelaufbautraining empfohlen worden. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin als Küchenhilfe sei wesentlich eingeschränkt. Durch gezielte medizinische Rehabilitation könne die Leistungsfähigkeit und die Minderung der Erwerbsfähigkeit zwar sehr wahrscheinlich wesentlich gebessert werden, nicht jedoch die Berufsfähigkeit der Klägerin, da sie dauerhaft nur leichteren körperlichen Belastungen gewachsen sei.
Als gerichtlicher Sachverständiger erstattete Dr. Z., W. Kliniken, ein orthopädisches Gutachten. Dieser diagnostizierte bei der Klägerin ein gemischt radikulär/pseudoradikuläres Lumbalsyndrom, eine deutliche neuropathische Schmerzkomponente (mixed pain) bei Zustand nach Bandscheibenvorfall-Operation L5/S1 (29.03.2000), eine deutliche Spondylose und Spondylarthrose im Segment LWK 5/S1 und diskrete Sensibilitätsstörungen gemischt im Segment L5 und S1. Die festgestellten Befunde reichten nicht aus, um die Diagnose einer Fibromyalgie zu bestätigen. Aufgrund der ausgeprägten Veränderungen im Segment LWK 5/S1 sei die Belastbarkeit der Wirbelsäule reduziert, die begleitende persistierende Schmerzsymptomatik wirke sich auf die Konzentrationsfähigkeit und die generelle Belastbarkeit aus. Nicht mehr zumutbar seien der Klägerin leichte und mittelschwere Arbeiten, Arbeiten überwiegend im Stehen, im Sitzen oder in Zwangshaltungen, Arbeiten mit häufigem Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel über 10 kg, häufiges Bücken sowie Arbeiten, die mit einer erhöhten nervlichen Belastbarkeit verbunden seien. Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, ihren Beruf als Küchenhilfe auszuüben. Insoweit könne auch durch medizinische Leistungen zur Rehabilitation die Erwerbsfähigkeit der Klägerin als Küchenhilfe nicht wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden.
Die Beklagte legte dazu eine Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes/Rehabilitation vor. Dr. G. führte aus, eine Aussage zum Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei von dem Sachverständigen nicht ausdrücklich getroffen worden. Unzweifelhaft enthalte das Gutachten jedoch die Äußerung, dass mit Hilfe erneuter medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen keine Verbesserung der Leistungsfähigkeit erzielt werden könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.05.2006, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 22.05.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im Wesentlichen aus, bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit bzw. Gefährdung derselben sei auf die jahrelang ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe abzustellen. Insoweit sei die Beeinträchtigung der Klägerin aufgrund der eingeschränkten Belastbarkeit der lumbalen Segmente der Wirbelsäule und einer damit verbundenen Schmerzsymptomatik erheblich. Die in Bezug auf die Tätigkeit als Küchenhilfe geminderte Erwerbsfähigkeit könne allerdings durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation nicht mehr hergestellt werden. Dies ergebe sich aus dem schlüssigen Gutachten des Dr. Z., welches in wesentlichen Zügen mit der Einschätzung aus dem Verwaltungsgutachten von Dr. R. und dem Reha-Entlassungsbericht aus B. W. übereinstimme. Dr. S. vom MDK habe dauerhafte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin für das Berufsbild der Küchenhilfe attestiert, also ebenfalls die Auffassung vertreten, dass eine weitere medizinische Rehabilitationsmaßnahme keinen Erfolg zeigen werde. Er habe vielmehr zu einer Umschulung geraten. Auch die behandelnden Ärzte hätten keine Erfolgsaussicht für eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in Bezug auf den Beruf der Küchenhilfe gesehen. Bei der vorliegenden Verpflichtungsklage sei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich, d.h. es müsse aktuell ein Rehabilitationsbedarf bestehen. Davon sei nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht auszugehen.
Hiergegen richtet sich die am 06.06.2006 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen und macht geltend, bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit bzw. Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sei nicht allein auf ihren Beruf als Küchenhilfe abzuheben, zumal dieser Beruf schon nicht definierbar sei und die Tätigkeiten von Küchenhilfen je nach Anforderung sehr unterschiedlich sein könnten. Entgegen der ärztlichen Äußerungen sei sie in der Lage, durch medizinische Rehabilitationsmaßnahmen ihre Aussichten auf Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich zu bessern und wiederherzustellen.
Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Mai 2006 sowie den Bescheid vom 09. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und hat im weiteren Verfahren eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. G. vorgelegt.
Der Senat hat Dr. H. als sachverständigen Zeugen befragt und ein fachorthopädisches Gutachten bei Prof. Dr. H. eingeholt.
Dr. H. hat einen bei den Untersuchungen im November 2005, Oktober 2006 und Juni 2007 im wesentlichen identischen klinisch-körperlichen Untersuchungsbefund beschrieben (Beckenstand gerade, LWS weitgehend lotrecht, Wirbelsäulenbeweglichkeit schmerzhaft eingeschränkt, Lasègue-Zeichen beidseits negativ, peripher keine sicheren Paresen nachweisbar, sensible Hypästhesie entsprechend dem Dermatom S1 links, Hüftgelenksbeweglichkeit, insbesondere Rotation beidseits eingeschränkt). Nach seiner Einschätzung könne die Klägerin eine leichte berufliche Tätigkeit im regelmäßigen Wechsel von Stehen, Laufen und Sitzen mehrstündig an fünf Werktagen ausüben. Eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme könne dazu beitragen, dass die geminderte Erwerbsfähigkeit zumindest gebessert und der Eintritt einer kompletten Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit abgewendet werden könne. Dr. H. hat den Befundbericht der Radiologen Dres. S./W. vom Juli 2007 über die durchgeführte MR-Untersuchung der LWS und der Hüftgelenke beigefügt.
Prof. Dr. H. hat zusammenfassend ausgeführt, laborserologisch hätten sich keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis und kein Hinweis auf einen entzündlichen Prozess ergeben. Im Bereich der oberen Extremitäten hätte sich ein freies Bewegungsspiel der Gelenke gezeigt, auch keine muskulären Defizite; klassische Tenderpoints im Sinne einer Fibromyalgie seien nicht feststellbar gewesen. Bezüglich der oberen Extremitäten seien mithin keine wesentlichen Einschränkungen des körperlichen Leistungsvermögens zu attestieren. Im Bereich der Haltungs- und Bewegungsorgane seien ein funktionelles Halswirbelsäulen (HWS)-Syndrom, eine thorakolumbale Fehlstatik, ein Zustand nach lumbaler Bandscheibenoperation L5/S1 links, ein Postnukleotomiesyndrom, ein lumbales Facettensyndrom und ein verbliebener Wurzelschaden S1 links, ferner eine initiale Coxarthrose beidseits, ein peripatellares Schmerzsyndrom und eine Knicksenkfußbildung beidseits zu diagnostizieren. Sozialmedizinisch relevant seien vor allem die Veränderungen im Bereich der Rumpfwirbelsäule, hier nach lumbaler Bandscheibenoperation, weshalb schwere und ausschließlich mittelschwere Tätigkeiten, Arbeitsabläufe mit monotoner Überlastung durch ausschließliches Gehen und Stehen einerseits sowie ausschließliches Sitzen andererseits, Arbeiten in längerer Rumpfanteklination, Tätigkeiten mit Heben und Tragen oder Bewegen von Lastgewichten über 10 bis 12 kp, Arbeiten in Hock- oder Bückstellung, kniender Stellung oder auf unebenem Gelände sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten zu vermeiden seien. Bei Beachtung dieser Einschränkungen könne die Klägerin leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten. Die Tätigkeit einer Küchenaushilfskraft könne nur noch halb- bis untervollschichtig ausgeübt werden, da es sich hierbei um ganz überwiegende stehende Tätigkeiten und darüber hinaus um Arbeitsabläufe mit Heben und Tragen von Lastgewichten handele. Die Durchführung einer stationären Behandlungsmaßnahme sei nicht erforderlich. Therapeutisch sinnvoll sei die Einhaltung von Normalgewicht und ein konsequentes eigenständiges Übungsprogramm zur Kräftigung der kompensatorisch verstärkt geforderten Rückenstreckmuskulatur. Insoweit genügten muskuläre Kräftigungsmaßnahmen aus dem Bereich der gerätegestützten Krankengymnastik. Diese Trainingseinheiten seien ambulant in der arbeitsfreien Zeit durchführbar. Bei der Klägerin bestehe eine gute Funktionalität der Rumpfwirbelsäule. Es lägen operationsimmanente mäßiggradige Verwachsungen und ein Teleskoping-Effekt (Hyperkompressionssymptomatik) auf die lumbalen Facettengelenke vor, die das Beschwerdebild erklärten. Diese klinische Problematik sei durch ein stationäres Heilverfahren nicht zu bessern.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Vorprozessakten S 2 RJ 1209/01 und L 11 3085/05 sowie die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin begehrte Leistung zur medizinischen Rehabilitation (§§ 9, 10 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Beklagten bezüglich des "ob" der Leistungen zur Teilhabe kein Ermessen eingeräumt ist. Die sog. Eingangsprüfung ist vielmehr davon abhängig, ob die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen von § 10, § 11 (versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und § 12 SGB VI (kein Leistungsausschluss) vorliegen. Diese Eingangsvoraussetzungen sind vom Gericht uneingeschränkt nachprüfbar. Lediglich die in einem zweiten Schritt zu treffende Entscheidung, "wie" die Leistungen zur Teilhabe durchzuführen sind, d.h. welche Leistungen (Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung) in Betracht kommen, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten. Ebenso zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Klägerin die in § 10 SGB VI geregelten persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt; zwar ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin aus den in § 10 Nr. 1 SGB VI genannten Gründen gemindert, mit der begehrten Maßnahme kann aber die geminderte Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Beruf der Küchenhilfe nicht gebessert oder wiederhergestellt werden, wobei nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu entscheiden ist (BSG, Urteil vom 25.03.2003 - B 1 KR 33/01 R). Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das SG zu Recht auf die Tätigkeit als Küchenhilfe abgestellt. Der Begriff der - im Gesetz nicht definierten - Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Mit der Erwerbsfähigkeit i.S.d. § 43 SGB VI, der die Voraussetzungen der Rente wegen Erwerbsminderung regelt, ist die Erwerbsfähigkeit i.S.d. § 10 SGB VI nicht identisch. Die für die Erfüllung einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgeblichen Kriterien sind somit nicht anwendbar (vgl. Niesel, Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 10 SGB VI Rdnr. 3; Slottke, Hauck/Heines, SGB VI K § 10 Rdnr. 4, 5). Insoweit ist das SG zu Recht von der Tätigkeit der Klägerin als Küchenhilfe ausgegangen. Unerheblich ist nach den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI, dass damit auf eine Berufstätigkeit abgestellt wird, die keine Ausbildung voraussetzt und daher keinen Berufsschutz nach sich zieht. Denn die Rechtsprechung stellt (allein) auf die Minderung des Leistungsvermögens gemessen am zuletzt - in nicht unerheblichem Umfang - ausgeübten Beruf bzw. auf die bisherige Tätigkeit, gleich welcher Qualifikationsstufe, ab (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.2006 - B 13 RJ 37/05 R - m.w.N.).
Das SG hat aufgrund der aktenkundigen ärztlichen Äußerungen, insbesondere des Gutachtens von Dr. R. und des Entlassungsberichts der R.klinik B. W. sowie des MDK-Gutachtens von Dr. S. (jeweils urkundsbeweislich verwertbar) sowie der Aussagen der behandelnden Ärzte und des Sachverständigen Dr. Z., zu Recht festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der erheblichen Veränderungen und Beeinträchtigungen im Bereich der LWS bei Zustand nach Bandscheibenoperation den Beruf der Küchenhilfe nicht mehr ausüben kann und eine Erfolgsaussicht einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in Bezug auf diesen Beruf zu verneinen ist. Das Ermessen des Rentenversicherungsträgers zur Auswahl einer geeigneten Leistung kann nur dann sinnvoll ausgeübt werden, wenn überhaupt eine erfolgversprechende Maßnahme denkbar ist.
Der Einwand der Klägerin, der Beruf der Küchenhilfe sei nicht definierbar und die Tätigkeiten von Küchenhilfen je nach Anforderung sehr unterschiedlich, ist nicht stichhaltig, da insoweit auf die durchschnittlichen Belastungen abzustellen ist, die jedenfalls das Heben und Tragen schwererer Lasten, Zwangshaltungen und überwiegendes Stehen umfassen und bei dem Krankheitsbild der Klägerin kontraindiziert sind.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass durch medizinische Rehabilitationsmaßnahmen ihre Aussichten auf Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert und wiederhergestellt würden. Nach den fundierten und nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. ist die Funktionalität der Rumpfwirbelsäule völlig frei. Bei Zustand nach lumbaler Bandscheibenoperation L5/S1 links liegen operationsimmanente mäßiggradige Verwachsungen (Verziehung des Duralsackes) im Kernspintomogramm vor, die das Beschwerdebild erklären. Im Vordergrund steht, überwiegend durch die Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes (Teleskoping-Effekt) eine Überlastungsproblematik der lumbalen Facettengelenke. Aufgrund der vorbestehenden Kompressionssymptomatik der Wurzel S1 links ist ein Restwurzelschaden verblieben mit sensiblem Defizit und Reflexauslöschung ohne motorische Schwäche. Wie Prof. Dr. H. überzeugend aufgezeigt hat, ist diese klinische Problematik durch ein stationäres Heilverfahren nicht zu bessern. Therapeutisch sinnvoll sind vielmehr zur Kräftigung der Rumpfmuskulatur, die kompensatorisch vermehrt gefordert ist, ambulant durchführbare muskuläre Kräftigungsmaßnahmen. Schließlich hat Prof. Dr. H. auch bestätigt, dass die Tätigkeit einer Küchenhilfskraft angesichts der Arbeitsabläufe mit Heben und Tragen von Lastgewichten und überwiegend stehenden Tätigkeiten für die Klägerin ungeeignet ist und daran auch eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme nichts ändern kann. Dem steht auch die Äußerung des sachverständigen Zeugen Dr. H., durch eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme könne die Erwerbsfähigkeit gebessert werden, nicht entgegen. Denn diese Aussage bezieht sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dr. H. bekräftigte im Übrigen auch die Leistungseinschränkungen dauerhafter Art, die der Ausübung einer Tätigkeit als Küchenhilfe entgegenstehen.
Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
Die 1958 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war als Näherin, Arbeiterin und in der Gastronomie tätig. Seit 1992 übte sie versicherungspflichtige Beschäftigungen als Küchenhilfe (4 bis 6 Stunden täglich), zuletzt in einem Seniorenheim, bis zum Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit im März 2000 aus. Seither ist sie arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Wegen akuter Lumboischialgien wurde für die Klägerin im Jahr 1998 eine stationäre Heilbehandlung in der F.klinik B. B. durchgeführt. Nachdem sich die Klägerin im März 2000 einer Bandscheibenoperation im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) - L5/S1 links - unterziehen musste, bewilligte ihr die Beklagte eine Anschlussheilbehandlung in der R.klinik B. W. vom 20.04. bis 31.05.2000, aus der die Entlassung als weiterhin arbeitsunfähig (bei einem unkomplizierten Verlauf erfahrungsgemäß 10 bis 12 Wochen postoperativ) erfolgte, wobei von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ohne schweres Heben und Tragen, häufiges Bücken und Arbeiten in Zwangshaltungen ausgegangen wurde. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe sei nicht leidensgerecht und könne nurmehr in einem zeitlichen Umfang von 2 Stunden verrichtet werden (Entlassungsdiagnosen: Schmerzhafte segmentale Bewegungseinschränkung im Bereich der LWS bei Zustand nach Bandscheibenvorfall - Operation L5/S1 links am 29.03.2000, sensible S1-Symptomatik links).
In einem sozialmedizinischen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B.-W. (MDK), welches anlässlich der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen am 02.08.2000 für die AOK S. erstellt wurde, kam Dr. S. zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorliege und der Klägerin die Tätigkeit als Küchenhilfe wohl auf Dauer nicht mehr zumutbar sei. Leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Zwangshaltungen und häufiges Bücken sowie ohne Zugluft, Nässe seien nach weiterer Stabilisierung möglich. Die Prüfung eines Arbeitsplatzwechsels und berufsfördernder Maßnahmen werde angeregt.
Mit Bescheid vom 05.02.2001 erklärte sich die Beklagte grundsätzlich bereit, Eingliederungshilfen an einen Arbeitgeber zu leisten, der bereit sei, der Klägerin einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
Den Antrag der Klägerin vom 16.08.2000 auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation lehnte die Beklagte nach Einholung einer ärztlichen Stellungnahme des Dr. W. mit Bescheid vom 09.02.2001 ab, da eine medizinische Leistung zur Rehabilitation nicht erforderlich sei.
Dem dagegen von der Klägerin mit der Begründung eingelegten Widerspruch, dass sie sich von einer stationären Rehabilitation eine Abklärung und Linderung der weiterhin bestehenden Schmerzen verspreche, gab die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2001 nicht statt: Nach der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes seien berufsfördernde Maßnahmen vorrangig.
Deswegen erhob die Klägerin am 21. Juni 2001 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG - S 2 RJ 1209/01) mit der Begründung, die AOK S. habe die Beantragung von Leistungen zur Rehabilitation empfohlen. Sie legte Schreiben der AOK vom 09.08. und 10.08.2000 vor.
Mit Beschluss vom 27.03.2003 ordnete das SG im Hinblick auf den Rentenantrag der Klägerin das Ruhen des Verfahrens an.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 27.04.2001 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.08.2001 nach medizinischer Sachaufklärung (Gutachten von Dr. R.) mit der Begründung ab, nach den ärztlichen Untersuchungsergebnissen sei die Erwerbsfähigkeit durch den Bandscheibenvorfall L5/S1 (Operation 3/2000) beeinträchtigt, die Klägerin könne jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Den Widerspruch der Klägerin stellte die Beklagte zunächst wegen der Klage im Rehabilitationsverfahren zurück.
Aufgrund des erneuten Rentenantrages der Klägerin vom 17.10.2002 und des Ruhensbeschlusses des SG (S 2 RJ 1209/01) veranlasste die Beklagte eine ärztliche Begutachtung der Klägerin durch die Ärztin Dr. W., die jedoch nicht zustande kam. Mit Bescheid vom 06.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2003 wies die Beklagte den Antrag der Klägerin wegen fehlender Mitwirkung ab. Die dagegen beim SG erhobene Klage blieb erfolglos (Gerichtsbescheid vom 09.02.2005 - S 8 RJ 1944/03), die Berufung der Klägerin wurde vom erkennenden Senat mit Urteil vom 07.06.2005 (L 11 R 1085/05) zurückgewiesen.
Am 25.11.2004 rief die Klägerin das Verfahren wegen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beim SG wieder an, das unter dem Aktenzeichen S 8 RJ 2937/04 fortgeführt wurde.
Das SG hörte zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen.
Dr. H., Arzt für Chirurgie, berichtete unter Beifügung weiterer Arztunterlagen (u.a. Arztbrief der F.klinik vom Januar 2003 - Diagnose: Fibromyalgie bei vorbestehendem Wirbelsäulensyndrom) über unregelmäßige Behandlungen der Klägerin seit 1993 und teilte die nach der Bandscheibenoperation erhobenen Befunde und Krankheitsäußerungen mit. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin als Küchenhilfe sei aufgrund des bestehenden Krankheitsbildes erheblich eingeschränkt. Eine medizinische Leistung zur Rehabilitation könne dazu beitragen, die Erwerbsfähigkeit zu bessern, mit einer völligen Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit bezogen auf das Berufsbild einer Küchenhilfe sei voraussichtlich nicht zu rechnen. Seit Anfang 2004 arbeite die Klägerin stundenweise in einer Schule.
Der Orthopäde Dr. B. teilte mit, dass er die Klägerin zuletzt im August 2002 behandelt habe.
Der Neurologe und Psychiater Dr. A. legte eigene Befundberichte vor und führte aus, bei der letzten Nachuntersuchung im November 2002 hätten unverändert radikulär ausstrahlende Schmerzen im Dermatom S1 links sowie ein sensibles Teildefizit, jedoch keine elektrophysiologisch nachvollziehbare Denervierung der S1-versorgten Kennmuskeln mehr bestanden. Der Klägerin sei die Fortführung konservativer Therapiemaßnahmen mit Schmerzbehandlung, Krankengymnastik und Muskelaufbautraining empfohlen worden. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin als Küchenhilfe sei wesentlich eingeschränkt. Durch gezielte medizinische Rehabilitation könne die Leistungsfähigkeit und die Minderung der Erwerbsfähigkeit zwar sehr wahrscheinlich wesentlich gebessert werden, nicht jedoch die Berufsfähigkeit der Klägerin, da sie dauerhaft nur leichteren körperlichen Belastungen gewachsen sei.
Als gerichtlicher Sachverständiger erstattete Dr. Z., W. Kliniken, ein orthopädisches Gutachten. Dieser diagnostizierte bei der Klägerin ein gemischt radikulär/pseudoradikuläres Lumbalsyndrom, eine deutliche neuropathische Schmerzkomponente (mixed pain) bei Zustand nach Bandscheibenvorfall-Operation L5/S1 (29.03.2000), eine deutliche Spondylose und Spondylarthrose im Segment LWK 5/S1 und diskrete Sensibilitätsstörungen gemischt im Segment L5 und S1. Die festgestellten Befunde reichten nicht aus, um die Diagnose einer Fibromyalgie zu bestätigen. Aufgrund der ausgeprägten Veränderungen im Segment LWK 5/S1 sei die Belastbarkeit der Wirbelsäule reduziert, die begleitende persistierende Schmerzsymptomatik wirke sich auf die Konzentrationsfähigkeit und die generelle Belastbarkeit aus. Nicht mehr zumutbar seien der Klägerin leichte und mittelschwere Arbeiten, Arbeiten überwiegend im Stehen, im Sitzen oder in Zwangshaltungen, Arbeiten mit häufigem Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel über 10 kg, häufiges Bücken sowie Arbeiten, die mit einer erhöhten nervlichen Belastbarkeit verbunden seien. Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, ihren Beruf als Küchenhilfe auszuüben. Insoweit könne auch durch medizinische Leistungen zur Rehabilitation die Erwerbsfähigkeit der Klägerin als Küchenhilfe nicht wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden.
Die Beklagte legte dazu eine Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes/Rehabilitation vor. Dr. G. führte aus, eine Aussage zum Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei von dem Sachverständigen nicht ausdrücklich getroffen worden. Unzweifelhaft enthalte das Gutachten jedoch die Äußerung, dass mit Hilfe erneuter medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen keine Verbesserung der Leistungsfähigkeit erzielt werden könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.05.2006, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 22.05.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im Wesentlichen aus, bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit bzw. Gefährdung derselben sei auf die jahrelang ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe abzustellen. Insoweit sei die Beeinträchtigung der Klägerin aufgrund der eingeschränkten Belastbarkeit der lumbalen Segmente der Wirbelsäule und einer damit verbundenen Schmerzsymptomatik erheblich. Die in Bezug auf die Tätigkeit als Küchenhilfe geminderte Erwerbsfähigkeit könne allerdings durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation nicht mehr hergestellt werden. Dies ergebe sich aus dem schlüssigen Gutachten des Dr. Z., welches in wesentlichen Zügen mit der Einschätzung aus dem Verwaltungsgutachten von Dr. R. und dem Reha-Entlassungsbericht aus B. W. übereinstimme. Dr. S. vom MDK habe dauerhafte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin für das Berufsbild der Küchenhilfe attestiert, also ebenfalls die Auffassung vertreten, dass eine weitere medizinische Rehabilitationsmaßnahme keinen Erfolg zeigen werde. Er habe vielmehr zu einer Umschulung geraten. Auch die behandelnden Ärzte hätten keine Erfolgsaussicht für eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in Bezug auf den Beruf der Küchenhilfe gesehen. Bei der vorliegenden Verpflichtungsklage sei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich, d.h. es müsse aktuell ein Rehabilitationsbedarf bestehen. Davon sei nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht auszugehen.
Hiergegen richtet sich die am 06.06.2006 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen und macht geltend, bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit bzw. Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sei nicht allein auf ihren Beruf als Küchenhilfe abzuheben, zumal dieser Beruf schon nicht definierbar sei und die Tätigkeiten von Küchenhilfen je nach Anforderung sehr unterschiedlich sein könnten. Entgegen der ärztlichen Äußerungen sei sie in der Lage, durch medizinische Rehabilitationsmaßnahmen ihre Aussichten auf Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich zu bessern und wiederherzustellen.
Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Mai 2006 sowie den Bescheid vom 09. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und hat im weiteren Verfahren eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. G. vorgelegt.
Der Senat hat Dr. H. als sachverständigen Zeugen befragt und ein fachorthopädisches Gutachten bei Prof. Dr. H. eingeholt.
Dr. H. hat einen bei den Untersuchungen im November 2005, Oktober 2006 und Juni 2007 im wesentlichen identischen klinisch-körperlichen Untersuchungsbefund beschrieben (Beckenstand gerade, LWS weitgehend lotrecht, Wirbelsäulenbeweglichkeit schmerzhaft eingeschränkt, Lasègue-Zeichen beidseits negativ, peripher keine sicheren Paresen nachweisbar, sensible Hypästhesie entsprechend dem Dermatom S1 links, Hüftgelenksbeweglichkeit, insbesondere Rotation beidseits eingeschränkt). Nach seiner Einschätzung könne die Klägerin eine leichte berufliche Tätigkeit im regelmäßigen Wechsel von Stehen, Laufen und Sitzen mehrstündig an fünf Werktagen ausüben. Eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme könne dazu beitragen, dass die geminderte Erwerbsfähigkeit zumindest gebessert und der Eintritt einer kompletten Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit abgewendet werden könne. Dr. H. hat den Befundbericht der Radiologen Dres. S./W. vom Juli 2007 über die durchgeführte MR-Untersuchung der LWS und der Hüftgelenke beigefügt.
Prof. Dr. H. hat zusammenfassend ausgeführt, laborserologisch hätten sich keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis und kein Hinweis auf einen entzündlichen Prozess ergeben. Im Bereich der oberen Extremitäten hätte sich ein freies Bewegungsspiel der Gelenke gezeigt, auch keine muskulären Defizite; klassische Tenderpoints im Sinne einer Fibromyalgie seien nicht feststellbar gewesen. Bezüglich der oberen Extremitäten seien mithin keine wesentlichen Einschränkungen des körperlichen Leistungsvermögens zu attestieren. Im Bereich der Haltungs- und Bewegungsorgane seien ein funktionelles Halswirbelsäulen (HWS)-Syndrom, eine thorakolumbale Fehlstatik, ein Zustand nach lumbaler Bandscheibenoperation L5/S1 links, ein Postnukleotomiesyndrom, ein lumbales Facettensyndrom und ein verbliebener Wurzelschaden S1 links, ferner eine initiale Coxarthrose beidseits, ein peripatellares Schmerzsyndrom und eine Knicksenkfußbildung beidseits zu diagnostizieren. Sozialmedizinisch relevant seien vor allem die Veränderungen im Bereich der Rumpfwirbelsäule, hier nach lumbaler Bandscheibenoperation, weshalb schwere und ausschließlich mittelschwere Tätigkeiten, Arbeitsabläufe mit monotoner Überlastung durch ausschließliches Gehen und Stehen einerseits sowie ausschließliches Sitzen andererseits, Arbeiten in längerer Rumpfanteklination, Tätigkeiten mit Heben und Tragen oder Bewegen von Lastgewichten über 10 bis 12 kp, Arbeiten in Hock- oder Bückstellung, kniender Stellung oder auf unebenem Gelände sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten zu vermeiden seien. Bei Beachtung dieser Einschränkungen könne die Klägerin leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten. Die Tätigkeit einer Küchenaushilfskraft könne nur noch halb- bis untervollschichtig ausgeübt werden, da es sich hierbei um ganz überwiegende stehende Tätigkeiten und darüber hinaus um Arbeitsabläufe mit Heben und Tragen von Lastgewichten handele. Die Durchführung einer stationären Behandlungsmaßnahme sei nicht erforderlich. Therapeutisch sinnvoll sei die Einhaltung von Normalgewicht und ein konsequentes eigenständiges Übungsprogramm zur Kräftigung der kompensatorisch verstärkt geforderten Rückenstreckmuskulatur. Insoweit genügten muskuläre Kräftigungsmaßnahmen aus dem Bereich der gerätegestützten Krankengymnastik. Diese Trainingseinheiten seien ambulant in der arbeitsfreien Zeit durchführbar. Bei der Klägerin bestehe eine gute Funktionalität der Rumpfwirbelsäule. Es lägen operationsimmanente mäßiggradige Verwachsungen und ein Teleskoping-Effekt (Hyperkompressionssymptomatik) auf die lumbalen Facettengelenke vor, die das Beschwerdebild erklärten. Diese klinische Problematik sei durch ein stationäres Heilverfahren nicht zu bessern.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Vorprozessakten S 2 RJ 1209/01 und L 11 3085/05 sowie die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin begehrte Leistung zur medizinischen Rehabilitation (§§ 9, 10 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Beklagten bezüglich des "ob" der Leistungen zur Teilhabe kein Ermessen eingeräumt ist. Die sog. Eingangsprüfung ist vielmehr davon abhängig, ob die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen von § 10, § 11 (versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und § 12 SGB VI (kein Leistungsausschluss) vorliegen. Diese Eingangsvoraussetzungen sind vom Gericht uneingeschränkt nachprüfbar. Lediglich die in einem zweiten Schritt zu treffende Entscheidung, "wie" die Leistungen zur Teilhabe durchzuführen sind, d.h. welche Leistungen (Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung) in Betracht kommen, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten. Ebenso zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Klägerin die in § 10 SGB VI geregelten persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt; zwar ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin aus den in § 10 Nr. 1 SGB VI genannten Gründen gemindert, mit der begehrten Maßnahme kann aber die geminderte Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Beruf der Küchenhilfe nicht gebessert oder wiederhergestellt werden, wobei nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu entscheiden ist (BSG, Urteil vom 25.03.2003 - B 1 KR 33/01 R). Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das SG zu Recht auf die Tätigkeit als Küchenhilfe abgestellt. Der Begriff der - im Gesetz nicht definierten - Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Mit der Erwerbsfähigkeit i.S.d. § 43 SGB VI, der die Voraussetzungen der Rente wegen Erwerbsminderung regelt, ist die Erwerbsfähigkeit i.S.d. § 10 SGB VI nicht identisch. Die für die Erfüllung einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgeblichen Kriterien sind somit nicht anwendbar (vgl. Niesel, Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 10 SGB VI Rdnr. 3; Slottke, Hauck/Heines, SGB VI K § 10 Rdnr. 4, 5). Insoweit ist das SG zu Recht von der Tätigkeit der Klägerin als Küchenhilfe ausgegangen. Unerheblich ist nach den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI, dass damit auf eine Berufstätigkeit abgestellt wird, die keine Ausbildung voraussetzt und daher keinen Berufsschutz nach sich zieht. Denn die Rechtsprechung stellt (allein) auf die Minderung des Leistungsvermögens gemessen am zuletzt - in nicht unerheblichem Umfang - ausgeübten Beruf bzw. auf die bisherige Tätigkeit, gleich welcher Qualifikationsstufe, ab (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.2006 - B 13 RJ 37/05 R - m.w.N.).
Das SG hat aufgrund der aktenkundigen ärztlichen Äußerungen, insbesondere des Gutachtens von Dr. R. und des Entlassungsberichts der R.klinik B. W. sowie des MDK-Gutachtens von Dr. S. (jeweils urkundsbeweislich verwertbar) sowie der Aussagen der behandelnden Ärzte und des Sachverständigen Dr. Z., zu Recht festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der erheblichen Veränderungen und Beeinträchtigungen im Bereich der LWS bei Zustand nach Bandscheibenoperation den Beruf der Küchenhilfe nicht mehr ausüben kann und eine Erfolgsaussicht einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in Bezug auf diesen Beruf zu verneinen ist. Das Ermessen des Rentenversicherungsträgers zur Auswahl einer geeigneten Leistung kann nur dann sinnvoll ausgeübt werden, wenn überhaupt eine erfolgversprechende Maßnahme denkbar ist.
Der Einwand der Klägerin, der Beruf der Küchenhilfe sei nicht definierbar und die Tätigkeiten von Küchenhilfen je nach Anforderung sehr unterschiedlich, ist nicht stichhaltig, da insoweit auf die durchschnittlichen Belastungen abzustellen ist, die jedenfalls das Heben und Tragen schwererer Lasten, Zwangshaltungen und überwiegendes Stehen umfassen und bei dem Krankheitsbild der Klägerin kontraindiziert sind.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass durch medizinische Rehabilitationsmaßnahmen ihre Aussichten auf Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert und wiederhergestellt würden. Nach den fundierten und nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. ist die Funktionalität der Rumpfwirbelsäule völlig frei. Bei Zustand nach lumbaler Bandscheibenoperation L5/S1 links liegen operationsimmanente mäßiggradige Verwachsungen (Verziehung des Duralsackes) im Kernspintomogramm vor, die das Beschwerdebild erklären. Im Vordergrund steht, überwiegend durch die Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes (Teleskoping-Effekt) eine Überlastungsproblematik der lumbalen Facettengelenke. Aufgrund der vorbestehenden Kompressionssymptomatik der Wurzel S1 links ist ein Restwurzelschaden verblieben mit sensiblem Defizit und Reflexauslöschung ohne motorische Schwäche. Wie Prof. Dr. H. überzeugend aufgezeigt hat, ist diese klinische Problematik durch ein stationäres Heilverfahren nicht zu bessern. Therapeutisch sinnvoll sind vielmehr zur Kräftigung der Rumpfmuskulatur, die kompensatorisch vermehrt gefordert ist, ambulant durchführbare muskuläre Kräftigungsmaßnahmen. Schließlich hat Prof. Dr. H. auch bestätigt, dass die Tätigkeit einer Küchenhilfskraft angesichts der Arbeitsabläufe mit Heben und Tragen von Lastgewichten und überwiegend stehenden Tätigkeiten für die Klägerin ungeeignet ist und daran auch eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme nichts ändern kann. Dem steht auch die Äußerung des sachverständigen Zeugen Dr. H., durch eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme könne die Erwerbsfähigkeit gebessert werden, nicht entgegen. Denn diese Aussage bezieht sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dr. H. bekräftigte im Übrigen auch die Leistungseinschränkungen dauerhafter Art, die der Ausübung einer Tätigkeit als Küchenhilfe entgegenstehen.
Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
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