Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 4103/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4520/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.07.2007 abgeändert. Der Bescheid vom 13. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2007 wird - über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinaus - aufgehoben, soweit vom Kläger für die Zeit vom 12.11.2004 bis 31.12.2004 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 76,28 EUR zurückgefordert werden.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) sowie Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Rückforderung erbrachter Leistungen nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Der 1947 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er ist verheiratet; sein jüngstes Kind wurde 1993 geboren. Er bezog vom 06.06.2002 bis 03.11.2002 vom Arbeitsamt Balingen Alg in Höhe von täglich 13,71 EUR. In der Zeit vom 04.11.2002 bis 21.02.2003 war der Kläger bei der V. GmbH T. versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch den Arbeitgeber am 07.02.2003 zum 21.02.2003 gekündigt. Am 17.02.2003 meldete sich der Kläger zum 22.02.2003 erneut arbeitslos und beantragte die Fortzahlung von Alg. Mit Bescheid vom 18.03.2003 wurde ihm Alg ab 22.02.2003 in Höhe von täglich 13,64 EUR (Bemessungsentgelt wöchentlich 180 EUR, Leistungstabelle 2003, Leistungsgruppe C/1) weiterbewilligt. Ab 01.05.2003 betrug der tägliche Leistungssatz 10,18 EUR (Leistungsgruppe D/1). Am 01.09.2003 verzog der Kläger in den Zuständigkeitsbereich des Arbeitsamtes Rastatt, jetzt Agentur für Arbeit (AA), das dem Kläger ab 02.09.2003 Alg weiter zahlte, zuletzt bis zur Erschöpfung des Alg-Anspruches am 11.11.2004 in Höhe von täglich 10,18 EUR.
Nach Erschöpfung des Alg-Anspruches beantragt der Kläger unter dem 03.11.2004 die Zahlung von Alhi. Als Wohnort gab er S. an. Mit Bescheid vom 12.11.2004 bewilligte die AA dem Kläger für die Zeit vom 12.11.2004 bis 31.12.2004 Alhi in Höhe von täglich 9,19 EUR.
Der Kläger bestätigte bei den Antragstellungen jeweils mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Mit Schreiben vom 23.12.2005 teilte das Hauptzollamt Karlsruhe der AA bezüglich des Klägers mit, der Kläger habe angegeben, seit Sommer 2004 öfters in Tschechien gewesen zu sein, um dort als Selbständiger zu arbeiten. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Sohn des Klägers W. (W) seit September 2004 in Tschechien eine Schule besuche und bei seinem Vater in Tschechien lebe. Nach Anhörung des Klägers (Anhörungsschreiben vom 06.04.2006) hob die AA mit Bescheid vom 13.06.2006 gestützt auf §§ 48, 50 SGB X, § 60 SGB I und § 335 SGB III die Entscheidungen über die Bewilligung von Alg und Alhi ab 01.09.2004 ganz auf und forderte vom Kläger in der Zeit vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 gezahltes Alg/Alhi in Höhe von 1.237,10 EUR, Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 380,47 EUR und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 43,41 EUR, insgesamt 1.660,98 EUR zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger stehe ab dem 01.09.2004 der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung. Er sei seiner Verpflichtung zur Mitteilung von Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich seien, zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen.
Gegen den Bescheid vom 13.06.2006 legte der Kläger am 20.06.2006 Widerspruch ein. Er machte geltend, sich in der Zeit vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 nur zeitweise besuchsweise in Tschechien aufgehalten zu haben. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2006 wurde der Widerspruch des Klägers von der AA gestützt auf §§ 48, 45 SGB X iVm §§ 330 Abs. 3, 335, §§ 117, 118 und 119 SGB III als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei nach den Feststellungen des Hauptzollamtes zumindest ab 01.09.2004 mit seinem Sohn W in Tschechien wohnhaft. W besuche ab 13.09.2004 in Tschechien die Schule. Der Kläger habe gegenüber den Schulbehörden mehrfach angegeben, dass er nun in Tschechien wohnhaft sei und der Sohn dort die Schule besuche. Er habe weiter angegeben, in Tschechien selbständig tätig zu sein. Das Vorbringen des Klägers sei nicht überzeugend. Die Mutter von W habe angegeben, dass der Kläger öfters in Tschechien sei und nur am Wochenende oder nach 2 bis 3 Wochen nach Hause komme. Der Kläger selbst habe angegeben, dass er seit Herbst 2004 zusammen mit seinem Sohn in Tschechien sei. Der Sohn komme in den Ferien oder sonst alle 4 Wochen nach Deutschland. Er selbst komme wöchentlich oder alle zwei Wochen nach Deutschland. Er habe in Tschechien zwei Firmen angemeldet. Durch den Aufenthalt in Tschechien sei der Kläger nicht arbeitslos. Da der Kläger seien Aufenthalt in Tschechien nicht mitgeteilt habe, seien die Bewilligungen von Alg ab 01.09.2004 und von Alhi ab 12.11.2004 rückwirkend zurückzunehmen und die zu Unrecht gezahlten Leistungen sowie die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten.
Hiergegen erhob der Kläger am 25.08.2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er trug durch seinen Prozessbevollmächtigten zur Begründung vor, er sei im Jahr 2004 regelmäßig wöchentlich oder spätestens alle zwei Wochen über das Wochenende zusammen mit seinem Sohn nach Deutschland zu seiner Familie gekommen. Sein Sohn habe sich darüber hinaus während der Schulferien dort bei seiner Familie aufgehalten. Sein Sohn besuche seit Herbst 2004 in Tschechien eine Ganztagesschule. Er (der Kläger) habe trotz seines überwiegenden Aufenthaltes in Tschechien den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden. Er sei für die Beklagte jederzeit erreichbar gewesen. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass Anspruchsvoraussetzung der ständige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland sei. Er sei vielmehr davon ausgegangen, dass die Anspruchsvoraussetzungen auch bei einem Aufenthalt in Tschechien gegeben seien. Es sei darauf hinzuweisen, dass er für seinen Sohn trotz Aufenthaltes in Tschechien Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz bezogen habe. Das Merkblatt für Arbeitslose habe er nicht zur Kenntnis genommen. Er wolle keineswegs Leistungen, die ihm nicht zustünden, in Anspruch nehmen. Er sei juristischer Laie. Der Kläger führte persönlich im Wesentlichen weiter aus, sein Anwalt habe nicht genügend gegen die Anschuldigungen argumentiert, weshalb er seinem Prozessbevollmächtigten die Vollmacht entziehen müsse. Der sporadische Aufenthalt in Tschechien sei durch seine Arbeitssuche und die Einschulung seines Sohnes in eine Ganztagesschule begründet. Der Kläger hat zu den Motiven seines Aufenthaltes in Tschechien vorgetragen. Die eng ausgelegten Vorschriften, die man anlegen wolle, verstießen gegen die Menschenrechte. Das Merkblatt für Arbeitslose habe er sehr wohl zur Kenntnis genommen. Er habe im streitigen Zeitraum nie ein Angebot oder eine Einladung der AA erhalten. Die AA habe an Menschen seines Alters kein Vermittlungsinteresse. Als Arbeitsloser habe er sich verpflichtet, weltweit eine Beschäftigung zu suchen. Dieser Selbstverpflichtung sei er sehr wohl nachgekommen und habe eine für ihn schmerzhafte Trennung von seiner Familie akzeptiert. Wenn er den Prozess verliere, sei ein Strafverfahren wegen Sozialbetruges gegen ihn anhängig. Mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid sei er nicht einverstanden.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezug auf die Erreichbarkeitsanordnung entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.07.2007 wurde die Klage des Klägers abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides wird Bezug genommen.
Gegen den dem Kläger in D., Tschechien, am 14.08.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat er beim SG am 07.09.2007 zur Niederschrift Berufung eingelegt. Er hat ein gegen ihn und seine Ehefrau ergangenes, seit 17.10.2007 rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Bühl vom 09.10.2007 - 1 Ds 305 Js 6851/05 - in Kopie vorgelegt, mit dem der Kläger und seine Ehefrau wegen zwei tatmehrheitlicher Vergehen des gemeinschaftlichen Betruges jeweils zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt wurden (Blatt 42 bis 46 der Senatsakte), und sich auf sein bisheriges Vorbringen bezogen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Juli 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 insgesamt aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG für zutreffend. Sie hat auf ein Schreiben des Berichterstatters vorgetragen, bei der Prüfung des Erstattungsbetrages sei ein Rechenfehler festgestellt worden. Der Erstattungsbetrag betrage 1559,25 EUR. Die Beklagte hat in der öffentlichen Sitzung am 09.05.2008 ein dahingehendes Teilanerkenntnis abgegeben, das der Kläger angenommen hat.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten, insbesondere des Klägers, wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG). Die Berufung ist jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger ist zur Erstattung der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum des Bezuges von Alhi vom 12.11.2004 bis 31.12.2004 in Höhe von insgesamt 76,28 EUR nicht verpflichtet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG und die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind im Übrigen - in Höhe des noch streitigen Erstattungsbetrages - jedoch nicht zu beanstanden.
Der Bescheid der Beklagten vom 13.06.2006 ist nicht wegen Verstoßes gegen allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen formell-rechtswidrig. Insbesondere ist der Kläger vor Erlass dieses Bescheides ordnungsgemäß angehört worden.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Alg ist § 48 SGB X und für die Bewilligung von Alhi § 45 SGB X. Hiervon sind die Beklagte im Widerspruchsbescheid und das SG zutreffend ausgegangen. Dabei ist bei der Aufhebung / Rücknahme der Leistungsbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids auf den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids abzustellen (BSGE 79, 223 ff = SozR 3-1300 § 48 Nr. 57).
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf, soweit Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, er auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Absatz 2 darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte u.a. jedoch nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Nr. 3).
Nach § 48 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit u.a. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4).
Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 SGB X wie des § 48 SGB X hängt zunächst gleichermaßen davon ob, ob der Kläger im streitigen Zeitraum vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 deswegen nicht arbeitslos war, weil er den Vermittlungsbemühungen des AA nicht zur Verfügung stand und deshalb einen Anspruch auf die Leistung von Alg und Alhi (ab 12.11.2004) nicht hatte, wovon die Beklagte ausgeht.
Dies beurteilte sich für den zuerkannten Anspruch auf Alg (im Wesentlichen) nach den §§ 117, 118 und 119 SGB III (in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung). Nach § 117 haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben (Nr. 3). Nach § 118 Abs. 1 SGB III ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Nr. 1) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Nr. 2). Nach § 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sucht eine Beschäftigung, wer den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Nach Abs. 2 steht den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Nach Abs. 3 ist ein Arbeitsloser u.a. arbeitsfähig, der Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf.
Entsprechendes galt im Zeitpunkt der Leistungsbewilligung gemäß § 190 Abs. 1 SGB III (in der bis 31.12.2004 gültigen Fassung) für den Anspruch des Klägers auf Alhi.
Liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X bzw. die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen vor, ist der Beklagten gemäß § 330 Abs. 2 und 3 SGB III wegen der rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung ein Ermessen nicht eröffnet.
Nach diesen gesetzlichen Bestimmungen ist ein Anspruch des Klägers auf Alg ab dem 01.09.2004 entfallen und er hatte keinen Anspruch auf die ihm ab 12.11.2004 bis 31.12.2004 bewilligte Alhi, da er in diesem Zeitraum deswegen nicht mehr arbeitslos war, weil er Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah nicht Folge leisten konnte. Der Kläger hielt sich in diesem Zeitraum - bis auf Wochenenden - (zusammen mit seinem Sohn W) außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs des AA in Tschechien auf. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der vom Kläger zur Begründung der Klage beim SG gemachten Angaben fest. Dem entsprechen auch die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid dargestellten Feststellungen, denen der Kläger substantiiert nicht entgegen getreten ist. Von bloß besuchsweisen oder sporadischen Aufenthalten in Tschechien vermag auch der Senat aus den hierzu vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid gemachten Ausführungen nicht auszugehen. Dagegen sprechen insbesondere die vom Kläger vorgetragenen Motive seines Aufenthaltes in Tschechien. Dabei kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, er sei auch in Tschechien für die Beklagte jederzeit erreichbar gewesen und habe deren Vermittlungsbemühungen zur Verfügung gestanden. Das Bundessozialgericht (BSG) hat wiederholt entschieden, dass es nicht ausreicht, wenn sich ein arbeitsloser Leistungsbezieher darauf beruft, er hätte bei einem Posteingang an der dem AA mitgeteilten Wohnung durch eine ständig anwesende Person unverzüglich benachrichtigt werden können (vergleiche zum Vorstehenden auch BSG, Urteile vom 09.08.2001 - B 11 AL 17/01 R - und 20.06.2001 - B 11 AL 10/01 R -; Urteil des Senats vom 11.04.2003 - L 8 AL 2241/02 -).
Unabhängig davon wäre selbst bei unterstellten sporadischen Aufenthalten des Klägers in Tschechien, wogegen aber seine dem SG und dem Senat mitgeteilte Anschrift spricht, eine andere Entscheidung nicht gerechtfertigt. Das Gebot der Erreichbarkeit/Verfügbarkeit soll im Interesse der Versichertengemeinschaft die sofortige Vermittelbarkeit des Arbeitslosen jederzeit sicherstellen, um dem Vorrang der Vermittlung in Arbeit vor der Gewährung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit Geltung zu verschaffen. Der Arbeitslose soll nur dann Leistungen erhalten, wenn er ohne Verzug jede zumutbare Beschäftigung aufnehmen kann. Dazu muss er sich der Vermittlungstätigkeit des AA aktuell, d.h. für jeden Tag, für den er Alg oder Alhi beansprucht, zur Verfügung halten, weil nur auf diese Weise eine sofortige Vermittlung in Arbeit möglich ist. An den Tagen, an denen der betreffende Arbeitslose nicht erreichbar im geschilderten Sinne ist, wird dieser Zweck verfehlt. Anders ist es nur, wenn das AA vor einer Abwesenheit feststellt, dass durch eine Ortsabwesenheit von bestimmter und begrenzter Dauer die Vermittlung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird. Die Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter wird auch beeinträchtigt, wenn vorausschauend nicht feststeht, an welchen Tagen der Arbeitslose erreichbar ist und an welchen nicht. Steht fest, dass der Arbeitslose wiederkehrend mehrtägig ortsabwesend ist, ohne dass die Tage künftiger Abwesenheit festliegen, wird das Vermittlungsgeschäft der Arbeitsämter bezüglich dieses Arbeitslosen in ganz erheblichem Umfang beeinträchtigt, so dass der genannte Zweck sich nicht erreichen lässt. Ist infolge fehlender Meldung der Nichterreichbarkeit für das zuständige AA nicht erkennbar, an welchen Tagen der betreffende Arbeitslose überhaupt erreichbar ist, kann deshalb auch keine organisatorische Vorsorge für eventuelle Vermittlungsversuche getroffen werden. In einem solchen Falle ist das Erfordernis, dass der Arbeitslose das AA täglich aufsuchen kann und täglich für das AA erreichbar ist, für die ganze Zeit nicht erfüllt, wenn wiederholte nicht gemeldete Abwesenheiten über weite Entfernungen, die mit längeren nicht exakt vorher feststehenden Abwesenheitszeiten verbunden sind, bestehen. Ein Anspruch auf Alg oder Alhi besteht dann nicht. Denn in solchen Fällen ist durchgehend unsicher, ob der Arbeitslose überhaupt und, wenn ja, unverzüglich wie es seine Pflicht wäre, auf eingeleitete Vermittlungsbemühungen reagieren könnte. Liegen die für die Annahme einer solchen Sachlage erforderlichen Tatsachen vor, kann in derartigen Fällen von einer partiellen auf eine durchgehende Nichterreichbarkeit des Arbeitslosen geschlossen und ohne weitere Ermittlungen davon solange ausgegangen werden, bis eine andere Sachlage festgestellt wird (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 03.03.1993 - 11 RAr 43/91 - m.w.N.; Urteil des Senats vom 31.01.2003 - L 8 AL 4888/01 -).
Die Beklagte war auch berechtigt, die Bewilligung von Alg und Alhi jeweils mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Der Kläger ist zum einen seiner sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB I ergeben Obliegenheit, alle Tatsachen bzw. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, anzugeben bzw. unverzüglich mitzuteilen, nicht nachgekommen. Er hat - unstreitig - der Beklagten seinen Aufenthalt ab 01.09.2004 in Tschechien nicht mitgeteilt. Weiter hätte dem Kläger auch bekannt sein müssen, dass sein Anspruch auf Alg ab 01.09.2004 weggefallen ist bzw. ein Anspruch auf Alhi ab 12.11.2004 nicht mehr bestanden hat.
Dabei fällt dem Kläger zumindest grobe Fahrlässigkeit zur Last. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dabei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Grobe Fahrlässigkeit ist zu bejahen, wenn der Betroffene schon einfachste, nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Entscheidend sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, das heißt seine Urteilsfähigkeit und sein Einsichtsvermögen, im Übrigen auch sein Verhalten. Unter Berücksichtigung dessen erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass er den Inhalt der ihm übergebenen Merkblätter zur Kenntnis nimmt und, abhängig von den Umständen Einzelfalls, im Zweifelsfall bei der Beklagten nachfragt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger nach seinem Urteils- und Einsichtsvermögen nicht in der Lage gewesen wäre, diesen Pflichten nachzukommen.
Dem Kläger wurde unstreitig das Merkblatt für Arbeitslose 1 bei den Antragstellungen auf Alg und Alhi ausgehändigt, was der Kläger durch seine Unterschrift bestätigt hat, ebenso, dass er vom Inhalt des Merkblattes Kenntnis genommen hat. Dem entspricht auch sein persönliches Vorbringen zur Klagebegründung beim SG, wo der Kläger ausdrücklich klargestellt hat, vom Inhalt des Merkblattes Kenntnis genommen zu haben. In diesem Merkblatt wurde der Kläger auf die Mitwirkungspflichten und besonders darauf hingewiesen, dass er persönlich für die AA an jedem Werktag unter der von ihm benannten Anschrift erreichbar sein und die AA auch täglich aufsuchen können muss. Falls beabsichtigt ist, sich vorübergehend unter einer anderen Anschrift aufzuhalten, wird darauf hingewiesen, die AA zu benachrichtigen. Diese Hinweise gelten unausgesprochen erst recht für einen Aufenthalt unter einer anderen Anschrift im Ausland, wie dies beim Kläger im streitigen Zeitraum der Fall war. Der Kläger musste damit aufgrund der Hinweise im Merkblatt wissen, dass er zur sofortigen Unterrichtung des Arbeitsamtes über seinen Aufenthalt in Tschechien verpflichtet ist, was er unterlassen hat. Weiter musste sich dem Kläger nach den Hinweisen im Merkblatt aufdrängen, dass ein Unterlassen der Benachrichtigung der AA sein Anspruch auf Leistungen von Alg oder Alhi entfallen lässt.
Die Jahresfrist nach §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt.
Aus der Aufhebung der Leistungsbewilligung folgt die Verpflichtung, überzahlte Leistungen zurückzuzahlen (§ 50 Abs. 1 SGBX). Die Verpflichtung zur Erstattung der gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folgt aus § 335 SGB III. Allerdings bestand in Folge der Streichung des Wortes "Arbeitslosenhilfe" in § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III idF vom 24.12.2003 ab dem 01.01.2005 zur Zeit des Ergehens der angefochtenen Bescheide keine Rechtsgrundlage mehr für die Rückforderung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen bei der Rücknahme der Arbeitslosenhilfebewilligung für die Vergangenheit. Die durch die Rechtsänderung entstandene Regelungslücke ist keiner erweiternden Auslegung oder analogen Anwendung zugänglich (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2006 - L 12 AL 3427/06 -; LSG Nordrhein-Westfahlen, Urteil vom 31.01.2007 - L 12 AL 121/06 -, das noch nicht rechtskräftig ist). Diesen Entscheidungen schließt sich der Senat an.
Damit erweist sich der streitgegenständliche Bescheid hinsichtlich der ab dem 12.11.2004 zurückgeforderten Beiträge für die Krankenversicherung in Höhe von 68,47 EUR und der Pflegeversicherung in Höhe von 7,81 EUR als rechtwidrig, weshalb er insoweit in Höhe von 76,28 EUR aufzuheben ist. Im Übrigen hat die Beklagte den noch streitigen Erstattungsbetrag (1559,25 EUR) jedoch zutreffend errechnet. Hiergegen hat der Kläger im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG. Das geringfügige Obsiegen des Klägers rechtfertigt es nicht, der Beklagten außergerichtliche Kosten des Klägers beider Instanzen aufzuerlegen.
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) sowie Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Rückforderung erbrachter Leistungen nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Der 1947 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er ist verheiratet; sein jüngstes Kind wurde 1993 geboren. Er bezog vom 06.06.2002 bis 03.11.2002 vom Arbeitsamt Balingen Alg in Höhe von täglich 13,71 EUR. In der Zeit vom 04.11.2002 bis 21.02.2003 war der Kläger bei der V. GmbH T. versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch den Arbeitgeber am 07.02.2003 zum 21.02.2003 gekündigt. Am 17.02.2003 meldete sich der Kläger zum 22.02.2003 erneut arbeitslos und beantragte die Fortzahlung von Alg. Mit Bescheid vom 18.03.2003 wurde ihm Alg ab 22.02.2003 in Höhe von täglich 13,64 EUR (Bemessungsentgelt wöchentlich 180 EUR, Leistungstabelle 2003, Leistungsgruppe C/1) weiterbewilligt. Ab 01.05.2003 betrug der tägliche Leistungssatz 10,18 EUR (Leistungsgruppe D/1). Am 01.09.2003 verzog der Kläger in den Zuständigkeitsbereich des Arbeitsamtes Rastatt, jetzt Agentur für Arbeit (AA), das dem Kläger ab 02.09.2003 Alg weiter zahlte, zuletzt bis zur Erschöpfung des Alg-Anspruches am 11.11.2004 in Höhe von täglich 10,18 EUR.
Nach Erschöpfung des Alg-Anspruches beantragt der Kläger unter dem 03.11.2004 die Zahlung von Alhi. Als Wohnort gab er S. an. Mit Bescheid vom 12.11.2004 bewilligte die AA dem Kläger für die Zeit vom 12.11.2004 bis 31.12.2004 Alhi in Höhe von täglich 9,19 EUR.
Der Kläger bestätigte bei den Antragstellungen jeweils mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Mit Schreiben vom 23.12.2005 teilte das Hauptzollamt Karlsruhe der AA bezüglich des Klägers mit, der Kläger habe angegeben, seit Sommer 2004 öfters in Tschechien gewesen zu sein, um dort als Selbständiger zu arbeiten. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Sohn des Klägers W. (W) seit September 2004 in Tschechien eine Schule besuche und bei seinem Vater in Tschechien lebe. Nach Anhörung des Klägers (Anhörungsschreiben vom 06.04.2006) hob die AA mit Bescheid vom 13.06.2006 gestützt auf §§ 48, 50 SGB X, § 60 SGB I und § 335 SGB III die Entscheidungen über die Bewilligung von Alg und Alhi ab 01.09.2004 ganz auf und forderte vom Kläger in der Zeit vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 gezahltes Alg/Alhi in Höhe von 1.237,10 EUR, Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 380,47 EUR und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 43,41 EUR, insgesamt 1.660,98 EUR zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger stehe ab dem 01.09.2004 der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung. Er sei seiner Verpflichtung zur Mitteilung von Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich seien, zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen.
Gegen den Bescheid vom 13.06.2006 legte der Kläger am 20.06.2006 Widerspruch ein. Er machte geltend, sich in der Zeit vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 nur zeitweise besuchsweise in Tschechien aufgehalten zu haben. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2006 wurde der Widerspruch des Klägers von der AA gestützt auf §§ 48, 45 SGB X iVm §§ 330 Abs. 3, 335, §§ 117, 118 und 119 SGB III als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei nach den Feststellungen des Hauptzollamtes zumindest ab 01.09.2004 mit seinem Sohn W in Tschechien wohnhaft. W besuche ab 13.09.2004 in Tschechien die Schule. Der Kläger habe gegenüber den Schulbehörden mehrfach angegeben, dass er nun in Tschechien wohnhaft sei und der Sohn dort die Schule besuche. Er habe weiter angegeben, in Tschechien selbständig tätig zu sein. Das Vorbringen des Klägers sei nicht überzeugend. Die Mutter von W habe angegeben, dass der Kläger öfters in Tschechien sei und nur am Wochenende oder nach 2 bis 3 Wochen nach Hause komme. Der Kläger selbst habe angegeben, dass er seit Herbst 2004 zusammen mit seinem Sohn in Tschechien sei. Der Sohn komme in den Ferien oder sonst alle 4 Wochen nach Deutschland. Er selbst komme wöchentlich oder alle zwei Wochen nach Deutschland. Er habe in Tschechien zwei Firmen angemeldet. Durch den Aufenthalt in Tschechien sei der Kläger nicht arbeitslos. Da der Kläger seien Aufenthalt in Tschechien nicht mitgeteilt habe, seien die Bewilligungen von Alg ab 01.09.2004 und von Alhi ab 12.11.2004 rückwirkend zurückzunehmen und die zu Unrecht gezahlten Leistungen sowie die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten.
Hiergegen erhob der Kläger am 25.08.2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er trug durch seinen Prozessbevollmächtigten zur Begründung vor, er sei im Jahr 2004 regelmäßig wöchentlich oder spätestens alle zwei Wochen über das Wochenende zusammen mit seinem Sohn nach Deutschland zu seiner Familie gekommen. Sein Sohn habe sich darüber hinaus während der Schulferien dort bei seiner Familie aufgehalten. Sein Sohn besuche seit Herbst 2004 in Tschechien eine Ganztagesschule. Er (der Kläger) habe trotz seines überwiegenden Aufenthaltes in Tschechien den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden. Er sei für die Beklagte jederzeit erreichbar gewesen. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass Anspruchsvoraussetzung der ständige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland sei. Er sei vielmehr davon ausgegangen, dass die Anspruchsvoraussetzungen auch bei einem Aufenthalt in Tschechien gegeben seien. Es sei darauf hinzuweisen, dass er für seinen Sohn trotz Aufenthaltes in Tschechien Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz bezogen habe. Das Merkblatt für Arbeitslose habe er nicht zur Kenntnis genommen. Er wolle keineswegs Leistungen, die ihm nicht zustünden, in Anspruch nehmen. Er sei juristischer Laie. Der Kläger führte persönlich im Wesentlichen weiter aus, sein Anwalt habe nicht genügend gegen die Anschuldigungen argumentiert, weshalb er seinem Prozessbevollmächtigten die Vollmacht entziehen müsse. Der sporadische Aufenthalt in Tschechien sei durch seine Arbeitssuche und die Einschulung seines Sohnes in eine Ganztagesschule begründet. Der Kläger hat zu den Motiven seines Aufenthaltes in Tschechien vorgetragen. Die eng ausgelegten Vorschriften, die man anlegen wolle, verstießen gegen die Menschenrechte. Das Merkblatt für Arbeitslose habe er sehr wohl zur Kenntnis genommen. Er habe im streitigen Zeitraum nie ein Angebot oder eine Einladung der AA erhalten. Die AA habe an Menschen seines Alters kein Vermittlungsinteresse. Als Arbeitsloser habe er sich verpflichtet, weltweit eine Beschäftigung zu suchen. Dieser Selbstverpflichtung sei er sehr wohl nachgekommen und habe eine für ihn schmerzhafte Trennung von seiner Familie akzeptiert. Wenn er den Prozess verliere, sei ein Strafverfahren wegen Sozialbetruges gegen ihn anhängig. Mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid sei er nicht einverstanden.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezug auf die Erreichbarkeitsanordnung entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30.07.2007 wurde die Klage des Klägers abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides wird Bezug genommen.
Gegen den dem Kläger in D., Tschechien, am 14.08.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat er beim SG am 07.09.2007 zur Niederschrift Berufung eingelegt. Er hat ein gegen ihn und seine Ehefrau ergangenes, seit 17.10.2007 rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Bühl vom 09.10.2007 - 1 Ds 305 Js 6851/05 - in Kopie vorgelegt, mit dem der Kläger und seine Ehefrau wegen zwei tatmehrheitlicher Vergehen des gemeinschaftlichen Betruges jeweils zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt wurden (Blatt 42 bis 46 der Senatsakte), und sich auf sein bisheriges Vorbringen bezogen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Juli 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 insgesamt aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG für zutreffend. Sie hat auf ein Schreiben des Berichterstatters vorgetragen, bei der Prüfung des Erstattungsbetrages sei ein Rechenfehler festgestellt worden. Der Erstattungsbetrag betrage 1559,25 EUR. Die Beklagte hat in der öffentlichen Sitzung am 09.05.2008 ein dahingehendes Teilanerkenntnis abgegeben, das der Kläger angenommen hat.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten, insbesondere des Klägers, wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG). Die Berufung ist jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger ist zur Erstattung der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum des Bezuges von Alhi vom 12.11.2004 bis 31.12.2004 in Höhe von insgesamt 76,28 EUR nicht verpflichtet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG und die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind im Übrigen - in Höhe des noch streitigen Erstattungsbetrages - jedoch nicht zu beanstanden.
Der Bescheid der Beklagten vom 13.06.2006 ist nicht wegen Verstoßes gegen allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen formell-rechtswidrig. Insbesondere ist der Kläger vor Erlass dieses Bescheides ordnungsgemäß angehört worden.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Alg ist § 48 SGB X und für die Bewilligung von Alhi § 45 SGB X. Hiervon sind die Beklagte im Widerspruchsbescheid und das SG zutreffend ausgegangen. Dabei ist bei der Aufhebung / Rücknahme der Leistungsbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids auf den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids abzustellen (BSGE 79, 223 ff = SozR 3-1300 § 48 Nr. 57).
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf, soweit Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, er auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Absatz 2 darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte u.a. jedoch nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Nr. 3).
Nach § 48 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit u.a. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4).
Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 SGB X wie des § 48 SGB X hängt zunächst gleichermaßen davon ob, ob der Kläger im streitigen Zeitraum vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 deswegen nicht arbeitslos war, weil er den Vermittlungsbemühungen des AA nicht zur Verfügung stand und deshalb einen Anspruch auf die Leistung von Alg und Alhi (ab 12.11.2004) nicht hatte, wovon die Beklagte ausgeht.
Dies beurteilte sich für den zuerkannten Anspruch auf Alg (im Wesentlichen) nach den §§ 117, 118 und 119 SGB III (in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung). Nach § 117 haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben (Nr. 3). Nach § 118 Abs. 1 SGB III ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Nr. 1) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Nr. 2). Nach § 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sucht eine Beschäftigung, wer den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Nach Abs. 2 steht den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Nach Abs. 3 ist ein Arbeitsloser u.a. arbeitsfähig, der Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf.
Entsprechendes galt im Zeitpunkt der Leistungsbewilligung gemäß § 190 Abs. 1 SGB III (in der bis 31.12.2004 gültigen Fassung) für den Anspruch des Klägers auf Alhi.
Liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X bzw. die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen vor, ist der Beklagten gemäß § 330 Abs. 2 und 3 SGB III wegen der rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung ein Ermessen nicht eröffnet.
Nach diesen gesetzlichen Bestimmungen ist ein Anspruch des Klägers auf Alg ab dem 01.09.2004 entfallen und er hatte keinen Anspruch auf die ihm ab 12.11.2004 bis 31.12.2004 bewilligte Alhi, da er in diesem Zeitraum deswegen nicht mehr arbeitslos war, weil er Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah nicht Folge leisten konnte. Der Kläger hielt sich in diesem Zeitraum - bis auf Wochenenden - (zusammen mit seinem Sohn W) außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs des AA in Tschechien auf. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der vom Kläger zur Begründung der Klage beim SG gemachten Angaben fest. Dem entsprechen auch die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid dargestellten Feststellungen, denen der Kläger substantiiert nicht entgegen getreten ist. Von bloß besuchsweisen oder sporadischen Aufenthalten in Tschechien vermag auch der Senat aus den hierzu vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid gemachten Ausführungen nicht auszugehen. Dagegen sprechen insbesondere die vom Kläger vorgetragenen Motive seines Aufenthaltes in Tschechien. Dabei kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, er sei auch in Tschechien für die Beklagte jederzeit erreichbar gewesen und habe deren Vermittlungsbemühungen zur Verfügung gestanden. Das Bundessozialgericht (BSG) hat wiederholt entschieden, dass es nicht ausreicht, wenn sich ein arbeitsloser Leistungsbezieher darauf beruft, er hätte bei einem Posteingang an der dem AA mitgeteilten Wohnung durch eine ständig anwesende Person unverzüglich benachrichtigt werden können (vergleiche zum Vorstehenden auch BSG, Urteile vom 09.08.2001 - B 11 AL 17/01 R - und 20.06.2001 - B 11 AL 10/01 R -; Urteil des Senats vom 11.04.2003 - L 8 AL 2241/02 -).
Unabhängig davon wäre selbst bei unterstellten sporadischen Aufenthalten des Klägers in Tschechien, wogegen aber seine dem SG und dem Senat mitgeteilte Anschrift spricht, eine andere Entscheidung nicht gerechtfertigt. Das Gebot der Erreichbarkeit/Verfügbarkeit soll im Interesse der Versichertengemeinschaft die sofortige Vermittelbarkeit des Arbeitslosen jederzeit sicherstellen, um dem Vorrang der Vermittlung in Arbeit vor der Gewährung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit Geltung zu verschaffen. Der Arbeitslose soll nur dann Leistungen erhalten, wenn er ohne Verzug jede zumutbare Beschäftigung aufnehmen kann. Dazu muss er sich der Vermittlungstätigkeit des AA aktuell, d.h. für jeden Tag, für den er Alg oder Alhi beansprucht, zur Verfügung halten, weil nur auf diese Weise eine sofortige Vermittlung in Arbeit möglich ist. An den Tagen, an denen der betreffende Arbeitslose nicht erreichbar im geschilderten Sinne ist, wird dieser Zweck verfehlt. Anders ist es nur, wenn das AA vor einer Abwesenheit feststellt, dass durch eine Ortsabwesenheit von bestimmter und begrenzter Dauer die Vermittlung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird. Die Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter wird auch beeinträchtigt, wenn vorausschauend nicht feststeht, an welchen Tagen der Arbeitslose erreichbar ist und an welchen nicht. Steht fest, dass der Arbeitslose wiederkehrend mehrtägig ortsabwesend ist, ohne dass die Tage künftiger Abwesenheit festliegen, wird das Vermittlungsgeschäft der Arbeitsämter bezüglich dieses Arbeitslosen in ganz erheblichem Umfang beeinträchtigt, so dass der genannte Zweck sich nicht erreichen lässt. Ist infolge fehlender Meldung der Nichterreichbarkeit für das zuständige AA nicht erkennbar, an welchen Tagen der betreffende Arbeitslose überhaupt erreichbar ist, kann deshalb auch keine organisatorische Vorsorge für eventuelle Vermittlungsversuche getroffen werden. In einem solchen Falle ist das Erfordernis, dass der Arbeitslose das AA täglich aufsuchen kann und täglich für das AA erreichbar ist, für die ganze Zeit nicht erfüllt, wenn wiederholte nicht gemeldete Abwesenheiten über weite Entfernungen, die mit längeren nicht exakt vorher feststehenden Abwesenheitszeiten verbunden sind, bestehen. Ein Anspruch auf Alg oder Alhi besteht dann nicht. Denn in solchen Fällen ist durchgehend unsicher, ob der Arbeitslose überhaupt und, wenn ja, unverzüglich wie es seine Pflicht wäre, auf eingeleitete Vermittlungsbemühungen reagieren könnte. Liegen die für die Annahme einer solchen Sachlage erforderlichen Tatsachen vor, kann in derartigen Fällen von einer partiellen auf eine durchgehende Nichterreichbarkeit des Arbeitslosen geschlossen und ohne weitere Ermittlungen davon solange ausgegangen werden, bis eine andere Sachlage festgestellt wird (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 03.03.1993 - 11 RAr 43/91 - m.w.N.; Urteil des Senats vom 31.01.2003 - L 8 AL 4888/01 -).
Die Beklagte war auch berechtigt, die Bewilligung von Alg und Alhi jeweils mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Der Kläger ist zum einen seiner sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB I ergeben Obliegenheit, alle Tatsachen bzw. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, anzugeben bzw. unverzüglich mitzuteilen, nicht nachgekommen. Er hat - unstreitig - der Beklagten seinen Aufenthalt ab 01.09.2004 in Tschechien nicht mitgeteilt. Weiter hätte dem Kläger auch bekannt sein müssen, dass sein Anspruch auf Alg ab 01.09.2004 weggefallen ist bzw. ein Anspruch auf Alhi ab 12.11.2004 nicht mehr bestanden hat.
Dabei fällt dem Kläger zumindest grobe Fahrlässigkeit zur Last. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dabei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Grobe Fahrlässigkeit ist zu bejahen, wenn der Betroffene schon einfachste, nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Entscheidend sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, das heißt seine Urteilsfähigkeit und sein Einsichtsvermögen, im Übrigen auch sein Verhalten. Unter Berücksichtigung dessen erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass er den Inhalt der ihm übergebenen Merkblätter zur Kenntnis nimmt und, abhängig von den Umständen Einzelfalls, im Zweifelsfall bei der Beklagten nachfragt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger nach seinem Urteils- und Einsichtsvermögen nicht in der Lage gewesen wäre, diesen Pflichten nachzukommen.
Dem Kläger wurde unstreitig das Merkblatt für Arbeitslose 1 bei den Antragstellungen auf Alg und Alhi ausgehändigt, was der Kläger durch seine Unterschrift bestätigt hat, ebenso, dass er vom Inhalt des Merkblattes Kenntnis genommen hat. Dem entspricht auch sein persönliches Vorbringen zur Klagebegründung beim SG, wo der Kläger ausdrücklich klargestellt hat, vom Inhalt des Merkblattes Kenntnis genommen zu haben. In diesem Merkblatt wurde der Kläger auf die Mitwirkungspflichten und besonders darauf hingewiesen, dass er persönlich für die AA an jedem Werktag unter der von ihm benannten Anschrift erreichbar sein und die AA auch täglich aufsuchen können muss. Falls beabsichtigt ist, sich vorübergehend unter einer anderen Anschrift aufzuhalten, wird darauf hingewiesen, die AA zu benachrichtigen. Diese Hinweise gelten unausgesprochen erst recht für einen Aufenthalt unter einer anderen Anschrift im Ausland, wie dies beim Kläger im streitigen Zeitraum der Fall war. Der Kläger musste damit aufgrund der Hinweise im Merkblatt wissen, dass er zur sofortigen Unterrichtung des Arbeitsamtes über seinen Aufenthalt in Tschechien verpflichtet ist, was er unterlassen hat. Weiter musste sich dem Kläger nach den Hinweisen im Merkblatt aufdrängen, dass ein Unterlassen der Benachrichtigung der AA sein Anspruch auf Leistungen von Alg oder Alhi entfallen lässt.
Die Jahresfrist nach §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt.
Aus der Aufhebung der Leistungsbewilligung folgt die Verpflichtung, überzahlte Leistungen zurückzuzahlen (§ 50 Abs. 1 SGBX). Die Verpflichtung zur Erstattung der gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folgt aus § 335 SGB III. Allerdings bestand in Folge der Streichung des Wortes "Arbeitslosenhilfe" in § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III idF vom 24.12.2003 ab dem 01.01.2005 zur Zeit des Ergehens der angefochtenen Bescheide keine Rechtsgrundlage mehr für die Rückforderung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen bei der Rücknahme der Arbeitslosenhilfebewilligung für die Vergangenheit. Die durch die Rechtsänderung entstandene Regelungslücke ist keiner erweiternden Auslegung oder analogen Anwendung zugänglich (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2006 - L 12 AL 3427/06 -; LSG Nordrhein-Westfahlen, Urteil vom 31.01.2007 - L 12 AL 121/06 -, das noch nicht rechtskräftig ist). Diesen Entscheidungen schließt sich der Senat an.
Damit erweist sich der streitgegenständliche Bescheid hinsichtlich der ab dem 12.11.2004 zurückgeforderten Beiträge für die Krankenversicherung in Höhe von 68,47 EUR und der Pflegeversicherung in Höhe von 7,81 EUR als rechtwidrig, weshalb er insoweit in Höhe von 76,28 EUR aufzuheben ist. Im Übrigen hat die Beklagte den noch streitigen Erstattungsbetrag (1559,25 EUR) jedoch zutreffend errechnet. Hiergegen hat der Kläger im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG. Das geringfügige Obsiegen des Klägers rechtfertigt es nicht, der Beklagten außergerichtliche Kosten des Klägers beider Instanzen aufzuerlegen.
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.
Rechtskraft
Aus
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