Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 1564/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 5588/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht eine Sperrzeit verhängt hat mit der Folge, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld um 195 Tage (ein Viertel der Anspruchsdauer) gemindert worden ist.
Der 1946 geborene Kläger wurde aufgrund eines zwischen ihm und der Stadtsparkasse G. geschlossenen Dienstvertrages vom 01.01.1993 bis zum 31.12.2002 zum Vorstandsmitglied bestellt. Durch einen am 07.03.2002 geschlossenen Auflösungsvertrag wurde der Dienstvertrag mit Ablauf des 31.03.2002 aufgelöst und vereinbart, dass der Kläger mit Ablauf des 31.03.2002 in den Ruhestand tritt. Bis zum Beginn des Ruhestands wurde der Kläger unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung auf seine Urlaubsansprüche von der Arbeitsleistung freigestellt. Vom Beginn des Ruhestands an wurde dem Kläger Ruhegeld nach Maßgabe der in § 5 des Auflösungsvertrages vereinbarten Bedingungen gezahlt.
Am 30.12.2002 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt Gevelsberg (AA) arbeitslos und gab hierbei an, er sei von 1993 bis 2002 bei der Sparkasse G. als Sparkassendirektor (Vorstandsmitglied) tätig gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei durch Aufhebungsvertrag zum 31.03.2002 beendet worden. Bis 31.12.2002 werde ein Ruhegehalt gezahlt. Ab 01.01.2003 erhalte er ein Ruhegehalt in Höhe von 55 v.H. des Bruttoarbeitsentgelts. Sein Arbeitsverhältnis sei bis zum 31.12.2002 befristet gewesen. Mit Aufhebungsvertrag sei er zum 30.03.2002 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Durch den Aufhebungsvertrag habe er seine Pensionsansprüche verbessern können.
Mit Bescheid vom 06.02.2003 lehnte das AA den Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeld zunächst ab, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 30.12.2002 habe der Kläger nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2003 zurückgewiesen. Auf die dagegen zum Sozialgericht Dortmund erhobene Klage (S 33 AL 219/03) gab die Beklagte unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts vom 03.02.1994 - 12 RK 84/92 -, wonach Vorstandsmitglieder einer Sparkasse als abhängig Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV anzusehen seien, ein Anerkenntnis ab, hob den angefochtenen Bescheid auf und verpflichtete sich, Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Mit Bescheid vom 20.12.2004 bewilligte das AA dem Kläger ab 01.01.2003 Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich 382,76 EUR mit einer Anspruchsdauer von 585 Tagen.
Mit weiterem Bescheid vom 20.12.2004 stellte das AA den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.04.2002 bis 23.06.2002 fest und führte zur Begründung aus, der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis bei der Sparkasse G. zum 31.03.2002 durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst gelöst. Es sei dabei unerheblich, ob die Initiative zum Abschluss dieses Aufhebungsvertrages vom Kläger oder von seinem ehemaligen Arbeitgeber ausgegangen sei. Entscheidend sei, dass der Aufhebungsvertrag ohne Zustimmung des Klägers nicht habe zustande kommen können. Der Kläger habe voraussehen müssen, dass er durch die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos werde. Der Kläger habe sein Verhalten damit begründet, dass er den Aufhebungsvertrag geschlossen habe, um die Pensionsansprüche zu verbessern. Diese Gründe könnten jedoch bei Abwägung der Interessen des Klägers mit denen der Versichertengemeinschaft den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden. Auch anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger für sein Verhalten einen wichtigen Grund gehabt hätte, seien nicht erkennbar. Die Sperrzeit umfasse das gesetzliche Normalmaß von zwölf Wochen. Die Sperrzeitentscheidung beruhe auf § 144 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Sperrzeit mindere den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld um 195 Tage - ein Viertel der Anspruchsdauer - (§ 128 SGB III).
Dagegen legte der Kläger am 13.01.2005 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, eine Sperrzeit sei nicht eingetreten, da das Arbeitsverhältnis befristet gewesen sei bis 31.12.2002. Er habe auch erst ab dem 01.01.2003 Arbeitslosengeld beantragt, mithin ab einem Zeitpunkt, ab dem er ohnehin arbeitslos gewesen wäre. Die Auflösung des befristeten Arbeitsverhältnisses zu einem früheren Zeitpunkt (31.03.2002) sei also nicht die Ursache für seine Arbeitslosigkeit. Ein grob fahrlässiges Herbeiführen der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 144 SGB III könne ihm nicht vorgeworfen werden. Da keine Sperrzeit eingetreten sei, sei auch die Anspruchsdauer im Bewilligungsbescheid mit 585 Tagen zu kurz angegeben. Denn es sei auch keine Minderung der Anspruchsdauer nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III eingetreten. Ihm stehe daher die Höchstanspruchsdauer von 32 Monaten Arbeitslosengeldbezug zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2005 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit seien erfüllt, da der Kläger zum 31.03.2002 durch seine Zustimmung zum Aufhebungsvertrag am 07.03.2002 das Beschäftigungsverhältnis bei der Stadtsparkasse in G. gelöst habe. Fakt sei, dass durch den Aufhebungsvertrag tatsächlich ab dem 01.04.2002 Arbeitslosigkeit eingetreten sei. Unerheblich bleibe daher, dass sich der Kläger anschließend erst zum 30.12.2002 arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt habe. Der Kläger habe zum 01.04.2002 keine konkrete Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber gehabt. Die Arbeitslosigkeit sei daher zumindest grob fahrlässig herbeigeführt worden. Ein wichtiger Grund sei nicht erkennbar. Es sei nach Abwägung der Interessen des Klägers mit den Interessen der Beitrags- und Steuerzahler zumutbar, das Beschäftigungsverhältnis bis zu dem Tage fortzusetzen, an dem es auch ohne die Auflösung durch den Kläger geendet hätte. Schon nach den in § 2 Abs. 5 SGB III vom Gesetzgeber festgelegten Grundsätzen hätten Arbeitnehmer zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen. Der Kläger habe damit Anlass für den Eintritt einer Sperrzeit ab dem 01.04.2002 gegeben. Die Dauer der Sperrzeit betrage zwölf Wochen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Ein Sachverhalt, der eine Verkürzung der Sperrzeit zulasse, liege nicht vor. Insbesondere bedeute die zwölfwöchige Sperrzeit nach den für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen keine besondere Härte. Dabei dürften persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse nicht berücksichtigt werden. Beginn und Ende der Sperrzeit seien zutreffend festgesetzt worden. Während dieser Zeit ruhe ein Leistungsanspruch (§ 144 Abs. 2 SGB III). Durch die Sperrzeit mindere sich die Anspruchsdauer um 195 Tage (§ 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III). In den Fällen des Abs. 1 Nr. 4 entfalle u.a. eine Minderung bei Sperrzeiten wegen Arbeitsaufgabe, wenn das Ereignis, das die Sperrzeit begründe, bei der Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld länger als ein Jahr zurückliege (§ 128 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld zum 01.01.2003 erfüllt; zu diesem Zeitpunkt liege der Sperrzeitsachverhalt jedoch noch kein Jahr zurück, sodass auch die Anspruchsdauerminderung nicht zu beanstanden sei.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 27.04.2005 - an den Bevollmächtigten des Klägers abgesandt am 02.05.2005 (vgl. Bl. 76 der Beklagtenakten) - erhob der Kläger am 03.06.2005 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) und führte zur Begründung ergänzend aus, er begehre mit seinem Antrag vom 30.12.2002 die Gewährung von Arbeitslosengeld ab 01.01.2003, mithin ab einem Zeitpunkt, zu dem er in jedem Fall wegen der Befristung des Arbeitsverhältnisses arbeitslos geworden wäre. Der Aufhebungsvertrag vom 07.03.2002 sei also nicht ursächlich geworden für den Eintritt der Arbeitslosigkeit am 01.01.2003. Von einem Herbeiführen der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III könne nur die Rede sein, wenn die Kündigung bzw. die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses Ursache der Arbeitslosigkeit sei. Erforderlich sei ein Kausalzusammenhang zwischen Kündigung und Arbeitslosigkeit. Dieser erforderliche Kausalzusammenhang sei vorliegend nicht gegeben, sodass keine Sperrzeit eingetreten sei. Da keine Sperrzeit eingetreten sei, komme es auch nicht zu einer Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III um ein Viertel. Es sei daher von der ungekürzten Bezugsdauer auszugehen. Nur durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages habe er erreichen können, dass ihm als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Sozialabfindung gezahlt worden ist. Diese Situation sei von der Interessenlage her vergleichbar mit einem jüngst vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall, in dem der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungsvereinbarung abgeschlossen habe, um einer drohenden rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung zu entgehen. Das BSG habe in diesem Fall entschieden, dass der Kläger durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit Abfindungsvereinbarung keinen Sperrzeittatbestand herbeigeführt habe, da er sich wegen der ansonsten ausgesprochenen rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung auf einen wichtigen Grund berufen könne (BSG vom 12.07.2006 - B 11a AL 47/05 R -). Im entschiedenen Fall hätte dem Arbeitnehmer ohne die Aufhebungsvereinbarung zum gleichen Zeitpunkt eine sozial gerechtfertigte betriebsbedingte Kündigung gedroht, gegen die er sich arbeitsrechtlich nicht hätte zur Wehr setzen können. Bei einem solchen Sachverhalt stünden nach Ansicht des BSG dem Interesse des Klägers, sich durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages zumindest eine Abfindung zu sichern, keine gleichwertigen Interessen der Versicherten an einem Abwarten der angedrohten Arbeitgeberkündigung gegenüber. Es bräuchten keine zusätzlichen Gründe hinzutreten, die ein Abwarten der Arbeitgeberkündigung für den Arbeitnehmer unzumutbar machten. Auch im vorliegenden Fall könne er sich arbeitsrechtlich nicht gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zur Wehr setzen; dies stehe noch klarer fest als bei einer angedrohten - voraussichtlich rechtmäßigen - Kündigung. Sein Interesse an einer Abfindung habe er nur durch Abschluss des Aufhebungsvertrages durchsetzen können. Hätte er bis zum Ende der vereinbarten Befristung abgewartet, hätte er keine Möglichkeit mehr gehabt, eine Abfindung auszuhandeln. Ob er nun am 01.01.2003 arbeitslos werde, weil am Tag davor sein Arbeitsverhältnis wegen der Befristung ende, oder ob er sich am 01.01.2003 arbeitslos melde, nachdem er im ersten Quartal des Vorjahres einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen habe, mache aus Sicht der Versichertengemeinschaft keinen Unterschied. In beiden Fällen hätte es für ihn keine Möglichkeit gegeben, den Eintritt der Arbeitslosigkeit am 01.01.2003 zu vermeiden.
Die Beklagte trat der Klage mit dem Antrag auf Klagabweisung entgegen und führte ergänzend aus, eine Sperrzeit trete auch dann ein, wenn der Antrag auf Arbeitslosengeld erst in dem Zeitpunkt gestellt werde, in dem auch ohne den Sperrzeittatbestand die Arbeitslosigkeit ohnehin eingetreten wäre. Der Arbeitnehmer könne den Eintritt einer Sperrzeit nicht dadurch vermeiden, dass er erst Leistungen für die Zeit beanspruche, in der er ohnehin arbeitslos wäre (vgl. Niesel, Kommentar zum SGB III Rdziff. 22 zu § 144 SGB III). Die Anspruchsdauerminderung gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III sei demnach folgerichtig und nicht zu beanstanden.
Mit Urteil vom 17.10.2006 wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe des dem Bevollmächtigten des Klägers am 23.10.2006 zugestellten Urteils wird verwiesen.
Dagegen hat der Kläger am 08.11.2006 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Oktober 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2005 aufzuheben und in Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 20. Dezember 2004 festzustellen, dass die Anspruchsdauer bezüglich des Arbeitslosengeldes 780 Tage beträgt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Ulm und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 20.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2005, mit dem die Beklagte das Vorliegen einer Sperrzeit vom 01.04.2002 bis 23.06.2002 (zwölf Wochen) und eine Minderung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes um 195 Tage - ein Viertel der Anspruchsdauer - festgestellt hat, ist zwar insofern rechtswidrig, als der Beginn der Sperrzeit auf den 08.03.2002 hätte festgesetzt werden müssen, so dass die Sperrzeit bereits am 31.05.2002 geendet hat. Dadurch ist der Kläger aber nicht in eigenen Rechten verletzt. Denn er macht einen Anspruch auf Leistungen ohnehin nur für die Zeit ab 01.01.2003 geltend. Im Übrigen ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig.
Die Voraussetzungen, unter denen eine Sperrzeit eintritt, ergeben sich aus § 144 SGB III in der hier anwendbaren, bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung (SGB III aF) des Art. 1 Nr. 45 Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001 (BGBl I S. 3443). Nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 dieser Vorschrift tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung zu beurteilen. Diese soll die Solidargemeinschaft vor der Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte schützen, die den Eintritt des Versichertenrisikos Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt oder zu vertreten haben; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn einem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen und der Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (BSGE 84, 225, 230; BSG vom 24.04.2002 - B 11 AL 100/01 R -). Dabei muss der wichtige Grund nicht nur die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern gerade auch den konkreten Zeitpunkt der Lösung decken (BSGE 52, 276, 277; SozR 3-1500 § 144 Nr. 12 S. 26 mwN).
Ein wichtiger Grund kann demnach nicht ohne weiteres darin gesehen werden, dass der Arbeitnehmer dem Ausspruch einer drohenden Kündigung des Arbeitgebers zuvorkommt; grundsätzlich ist es dem Arbeitnehmer im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, die Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen (BSG vom 12.04.1984 - 7 RAR 28/83 -). Solche besondere Umstände können z.B. dann gegeben sein, wenn dem Arbeitnehmer eine nach Arbeitsrecht rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund zu dem Zeitpunkt droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst, und er durch eine einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile vermeiden kann, die sich durch eine Kündigung des Arbeitgebers für sein berufliches Fortkommen ergeben; andere besondere Umstände, die zur Annahme eines wichtigen Grundes führen können, sind denkbar. Allein in der Zahlung einer Abfindung oder ähnlichen Leistung liegt aber noch kein wichtiger Grund (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr. 12 S. 25f mwN).
Diese gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit sind vorliegend erfüllt. Der Kläger hat durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages am 07.03.2002 mit seinem Arbeitgeber einvernehmlich das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2002 beendet und - durch die erfolgte Freistellung - sein Beschäftigungsverhältnis am 07.03.2002 gelöst. Der Kläger hat für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses keinen wichtigen Grund gehabt. Der Umstand, dass er durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem Arbeitgeber eine Abfindung erzielen konnte bzw. dass er seinen Angaben zufolge durch den Aufhebungsvertrag seine Pensionsansprüche hat verbessern können, stellt keinen wichtigen Grund im Sinne des § 144 SGB III aF dar. Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf die Entscheidung des BSG vom 12.07.2006 (B 11a AL 47/05 R). Abgesehen davon, dass sich das BSG darin mit dem Fall einer drohenden Arbeitgeberkündigung auseinandersetzt und ein solcher Sachverhalt hier nicht gegeben ist, hat das BSG zwar erwogen, künftig einen wichtigen Grund bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages ohne die ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung anzuerkennen. Dies ausdrücklich allerdings nur für Sperrzeiten wegen Arbeitsaufgabe mit einem Lösungssachverhalt ab dem 1. Januar 2004 und nur wenn die Abfindungshöhe die in § 1a Abs 2 KSchG vorgesehene nicht überschreitet. Die hier zu beurteilende Lösung vom Beschäftigungsverhältnis liegt vor dem genannten Zeitpunkt.
Dass der Kläger sich erst zum 01.01.2003 arbeitslos gemeldet hat und Arbeitslosengeld auch erst für die Zeit ab 01.01.2003 beansprucht, lässt den Eintritt einer Sperrzeit nicht entfallen. Denn die Sperrzeit tritt unabhängig davon ein, ob der Arbeitslose Arbeitslosengeld erst für eine Zeit beansprucht, in der er ohnedies arbeitslos gewesen wäre (BSGE 84, 225, 231; BSGE 89, 243, 249; BSG vom 05.02.2004 - B 11 AL 31/03 R -). Sinn der Sperrzeitregelung ist, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat; die Rechtsfolgen der Sperrzeit sollen den Arbeitnehmer an der Herbeiführung des Versicherungsfalles hindern, wenn hierfür kein wichtiger Grund vorliegt (vgl. zum Ganzen BSG-Urteil vom 05.02.2004 - B 11 AL 31/03 R -).
Zutreffend ist auch die Dauer der Sperrzeit mit zwölf Wochen festgestellt worden. Anhaltspunkte zur Annahme einer besonderen Härte, die eine Verkürzung auf sechs Wochen rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass der Kläger durch Abschluss des Aufhebungsvertrages seine Arbeitslosigkeit um immerhin neun Monate früher herbeigeführt hat. Die Sperrzeit umfasst deshalb die Regelsperrzeit von 12 Wochen. Damit findet auch § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III mit der Folge Anwendung, dass die Dauer des Arbeitslosengeldanspruches, um ein Viertel der Anspruchsdauer gemindert wird.
Der Beginn der Sperrzeit hätte allerdings bereits auf den 08.03.2002 festgesetzt werden müssen. Denn die Sperrzeit beginnt nach § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III aF mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet. Das die Sperrzeit begründende Ereignis war hier der Abschluss des Auflösungsvertrages am 07.03.2002. Da der Kläger bis zum Beginn des Ruhestands am 01.04.2002 von der Arbeit freigestellt wurde, trat die durch den Auflösungsvertrag verursachte Arbeitslosigkeit bereits am 08.03.2002 ein. Dies hatte zur Folge, dass die 12-wöchige Sperrzeit bereits mit Ablauf des 31.05.2002 beendet war. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld hätte daher in der Zeit vom 01.6. bis 23.06.2002 nicht gemäß § 144 Abs. 2 Satz 2 SGB III aF geruht. Da der Kläger aber ohnedies Leistungen erst ab dem 01.01.2003 begehrte, ergibt sich daraus für ihn kein rechtlicher Nachteil.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht eine Sperrzeit verhängt hat mit der Folge, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld um 195 Tage (ein Viertel der Anspruchsdauer) gemindert worden ist.
Der 1946 geborene Kläger wurde aufgrund eines zwischen ihm und der Stadtsparkasse G. geschlossenen Dienstvertrages vom 01.01.1993 bis zum 31.12.2002 zum Vorstandsmitglied bestellt. Durch einen am 07.03.2002 geschlossenen Auflösungsvertrag wurde der Dienstvertrag mit Ablauf des 31.03.2002 aufgelöst und vereinbart, dass der Kläger mit Ablauf des 31.03.2002 in den Ruhestand tritt. Bis zum Beginn des Ruhestands wurde der Kläger unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung auf seine Urlaubsansprüche von der Arbeitsleistung freigestellt. Vom Beginn des Ruhestands an wurde dem Kläger Ruhegeld nach Maßgabe der in § 5 des Auflösungsvertrages vereinbarten Bedingungen gezahlt.
Am 30.12.2002 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt Gevelsberg (AA) arbeitslos und gab hierbei an, er sei von 1993 bis 2002 bei der Sparkasse G. als Sparkassendirektor (Vorstandsmitglied) tätig gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei durch Aufhebungsvertrag zum 31.03.2002 beendet worden. Bis 31.12.2002 werde ein Ruhegehalt gezahlt. Ab 01.01.2003 erhalte er ein Ruhegehalt in Höhe von 55 v.H. des Bruttoarbeitsentgelts. Sein Arbeitsverhältnis sei bis zum 31.12.2002 befristet gewesen. Mit Aufhebungsvertrag sei er zum 30.03.2002 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Durch den Aufhebungsvertrag habe er seine Pensionsansprüche verbessern können.
Mit Bescheid vom 06.02.2003 lehnte das AA den Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeld zunächst ab, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 30.12.2002 habe der Kläger nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2003 zurückgewiesen. Auf die dagegen zum Sozialgericht Dortmund erhobene Klage (S 33 AL 219/03) gab die Beklagte unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts vom 03.02.1994 - 12 RK 84/92 -, wonach Vorstandsmitglieder einer Sparkasse als abhängig Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV anzusehen seien, ein Anerkenntnis ab, hob den angefochtenen Bescheid auf und verpflichtete sich, Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Mit Bescheid vom 20.12.2004 bewilligte das AA dem Kläger ab 01.01.2003 Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich 382,76 EUR mit einer Anspruchsdauer von 585 Tagen.
Mit weiterem Bescheid vom 20.12.2004 stellte das AA den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.04.2002 bis 23.06.2002 fest und führte zur Begründung aus, der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis bei der Sparkasse G. zum 31.03.2002 durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst gelöst. Es sei dabei unerheblich, ob die Initiative zum Abschluss dieses Aufhebungsvertrages vom Kläger oder von seinem ehemaligen Arbeitgeber ausgegangen sei. Entscheidend sei, dass der Aufhebungsvertrag ohne Zustimmung des Klägers nicht habe zustande kommen können. Der Kläger habe voraussehen müssen, dass er durch die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos werde. Der Kläger habe sein Verhalten damit begründet, dass er den Aufhebungsvertrag geschlossen habe, um die Pensionsansprüche zu verbessern. Diese Gründe könnten jedoch bei Abwägung der Interessen des Klägers mit denen der Versichertengemeinschaft den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden. Auch anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger für sein Verhalten einen wichtigen Grund gehabt hätte, seien nicht erkennbar. Die Sperrzeit umfasse das gesetzliche Normalmaß von zwölf Wochen. Die Sperrzeitentscheidung beruhe auf § 144 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Sperrzeit mindere den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld um 195 Tage - ein Viertel der Anspruchsdauer - (§ 128 SGB III).
Dagegen legte der Kläger am 13.01.2005 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, eine Sperrzeit sei nicht eingetreten, da das Arbeitsverhältnis befristet gewesen sei bis 31.12.2002. Er habe auch erst ab dem 01.01.2003 Arbeitslosengeld beantragt, mithin ab einem Zeitpunkt, ab dem er ohnehin arbeitslos gewesen wäre. Die Auflösung des befristeten Arbeitsverhältnisses zu einem früheren Zeitpunkt (31.03.2002) sei also nicht die Ursache für seine Arbeitslosigkeit. Ein grob fahrlässiges Herbeiführen der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 144 SGB III könne ihm nicht vorgeworfen werden. Da keine Sperrzeit eingetreten sei, sei auch die Anspruchsdauer im Bewilligungsbescheid mit 585 Tagen zu kurz angegeben. Denn es sei auch keine Minderung der Anspruchsdauer nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III eingetreten. Ihm stehe daher die Höchstanspruchsdauer von 32 Monaten Arbeitslosengeldbezug zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2005 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit seien erfüllt, da der Kläger zum 31.03.2002 durch seine Zustimmung zum Aufhebungsvertrag am 07.03.2002 das Beschäftigungsverhältnis bei der Stadtsparkasse in G. gelöst habe. Fakt sei, dass durch den Aufhebungsvertrag tatsächlich ab dem 01.04.2002 Arbeitslosigkeit eingetreten sei. Unerheblich bleibe daher, dass sich der Kläger anschließend erst zum 30.12.2002 arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt habe. Der Kläger habe zum 01.04.2002 keine konkrete Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber gehabt. Die Arbeitslosigkeit sei daher zumindest grob fahrlässig herbeigeführt worden. Ein wichtiger Grund sei nicht erkennbar. Es sei nach Abwägung der Interessen des Klägers mit den Interessen der Beitrags- und Steuerzahler zumutbar, das Beschäftigungsverhältnis bis zu dem Tage fortzusetzen, an dem es auch ohne die Auflösung durch den Kläger geendet hätte. Schon nach den in § 2 Abs. 5 SGB III vom Gesetzgeber festgelegten Grundsätzen hätten Arbeitnehmer zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen. Der Kläger habe damit Anlass für den Eintritt einer Sperrzeit ab dem 01.04.2002 gegeben. Die Dauer der Sperrzeit betrage zwölf Wochen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Ein Sachverhalt, der eine Verkürzung der Sperrzeit zulasse, liege nicht vor. Insbesondere bedeute die zwölfwöchige Sperrzeit nach den für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen keine besondere Härte. Dabei dürften persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse nicht berücksichtigt werden. Beginn und Ende der Sperrzeit seien zutreffend festgesetzt worden. Während dieser Zeit ruhe ein Leistungsanspruch (§ 144 Abs. 2 SGB III). Durch die Sperrzeit mindere sich die Anspruchsdauer um 195 Tage (§ 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III). In den Fällen des Abs. 1 Nr. 4 entfalle u.a. eine Minderung bei Sperrzeiten wegen Arbeitsaufgabe, wenn das Ereignis, das die Sperrzeit begründe, bei der Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld länger als ein Jahr zurückliege (§ 128 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld zum 01.01.2003 erfüllt; zu diesem Zeitpunkt liege der Sperrzeitsachverhalt jedoch noch kein Jahr zurück, sodass auch die Anspruchsdauerminderung nicht zu beanstanden sei.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 27.04.2005 - an den Bevollmächtigten des Klägers abgesandt am 02.05.2005 (vgl. Bl. 76 der Beklagtenakten) - erhob der Kläger am 03.06.2005 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) und führte zur Begründung ergänzend aus, er begehre mit seinem Antrag vom 30.12.2002 die Gewährung von Arbeitslosengeld ab 01.01.2003, mithin ab einem Zeitpunkt, zu dem er in jedem Fall wegen der Befristung des Arbeitsverhältnisses arbeitslos geworden wäre. Der Aufhebungsvertrag vom 07.03.2002 sei also nicht ursächlich geworden für den Eintritt der Arbeitslosigkeit am 01.01.2003. Von einem Herbeiführen der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III könne nur die Rede sein, wenn die Kündigung bzw. die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses Ursache der Arbeitslosigkeit sei. Erforderlich sei ein Kausalzusammenhang zwischen Kündigung und Arbeitslosigkeit. Dieser erforderliche Kausalzusammenhang sei vorliegend nicht gegeben, sodass keine Sperrzeit eingetreten sei. Da keine Sperrzeit eingetreten sei, komme es auch nicht zu einer Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III um ein Viertel. Es sei daher von der ungekürzten Bezugsdauer auszugehen. Nur durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages habe er erreichen können, dass ihm als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Sozialabfindung gezahlt worden ist. Diese Situation sei von der Interessenlage her vergleichbar mit einem jüngst vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall, in dem der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungsvereinbarung abgeschlossen habe, um einer drohenden rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung zu entgehen. Das BSG habe in diesem Fall entschieden, dass der Kläger durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit Abfindungsvereinbarung keinen Sperrzeittatbestand herbeigeführt habe, da er sich wegen der ansonsten ausgesprochenen rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung auf einen wichtigen Grund berufen könne (BSG vom 12.07.2006 - B 11a AL 47/05 R -). Im entschiedenen Fall hätte dem Arbeitnehmer ohne die Aufhebungsvereinbarung zum gleichen Zeitpunkt eine sozial gerechtfertigte betriebsbedingte Kündigung gedroht, gegen die er sich arbeitsrechtlich nicht hätte zur Wehr setzen können. Bei einem solchen Sachverhalt stünden nach Ansicht des BSG dem Interesse des Klägers, sich durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages zumindest eine Abfindung zu sichern, keine gleichwertigen Interessen der Versicherten an einem Abwarten der angedrohten Arbeitgeberkündigung gegenüber. Es bräuchten keine zusätzlichen Gründe hinzutreten, die ein Abwarten der Arbeitgeberkündigung für den Arbeitnehmer unzumutbar machten. Auch im vorliegenden Fall könne er sich arbeitsrechtlich nicht gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zur Wehr setzen; dies stehe noch klarer fest als bei einer angedrohten - voraussichtlich rechtmäßigen - Kündigung. Sein Interesse an einer Abfindung habe er nur durch Abschluss des Aufhebungsvertrages durchsetzen können. Hätte er bis zum Ende der vereinbarten Befristung abgewartet, hätte er keine Möglichkeit mehr gehabt, eine Abfindung auszuhandeln. Ob er nun am 01.01.2003 arbeitslos werde, weil am Tag davor sein Arbeitsverhältnis wegen der Befristung ende, oder ob er sich am 01.01.2003 arbeitslos melde, nachdem er im ersten Quartal des Vorjahres einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen habe, mache aus Sicht der Versichertengemeinschaft keinen Unterschied. In beiden Fällen hätte es für ihn keine Möglichkeit gegeben, den Eintritt der Arbeitslosigkeit am 01.01.2003 zu vermeiden.
Die Beklagte trat der Klage mit dem Antrag auf Klagabweisung entgegen und führte ergänzend aus, eine Sperrzeit trete auch dann ein, wenn der Antrag auf Arbeitslosengeld erst in dem Zeitpunkt gestellt werde, in dem auch ohne den Sperrzeittatbestand die Arbeitslosigkeit ohnehin eingetreten wäre. Der Arbeitnehmer könne den Eintritt einer Sperrzeit nicht dadurch vermeiden, dass er erst Leistungen für die Zeit beanspruche, in der er ohnehin arbeitslos wäre (vgl. Niesel, Kommentar zum SGB III Rdziff. 22 zu § 144 SGB III). Die Anspruchsdauerminderung gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III sei demnach folgerichtig und nicht zu beanstanden.
Mit Urteil vom 17.10.2006 wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe des dem Bevollmächtigten des Klägers am 23.10.2006 zugestellten Urteils wird verwiesen.
Dagegen hat der Kläger am 08.11.2006 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Oktober 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2005 aufzuheben und in Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 20. Dezember 2004 festzustellen, dass die Anspruchsdauer bezüglich des Arbeitslosengeldes 780 Tage beträgt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Ulm und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 20.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2005, mit dem die Beklagte das Vorliegen einer Sperrzeit vom 01.04.2002 bis 23.06.2002 (zwölf Wochen) und eine Minderung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes um 195 Tage - ein Viertel der Anspruchsdauer - festgestellt hat, ist zwar insofern rechtswidrig, als der Beginn der Sperrzeit auf den 08.03.2002 hätte festgesetzt werden müssen, so dass die Sperrzeit bereits am 31.05.2002 geendet hat. Dadurch ist der Kläger aber nicht in eigenen Rechten verletzt. Denn er macht einen Anspruch auf Leistungen ohnehin nur für die Zeit ab 01.01.2003 geltend. Im Übrigen ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig.
Die Voraussetzungen, unter denen eine Sperrzeit eintritt, ergeben sich aus § 144 SGB III in der hier anwendbaren, bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung (SGB III aF) des Art. 1 Nr. 45 Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001 (BGBl I S. 3443). Nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 dieser Vorschrift tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung zu beurteilen. Diese soll die Solidargemeinschaft vor der Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte schützen, die den Eintritt des Versichertenrisikos Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt oder zu vertreten haben; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn einem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen und der Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (BSGE 84, 225, 230; BSG vom 24.04.2002 - B 11 AL 100/01 R -). Dabei muss der wichtige Grund nicht nur die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern gerade auch den konkreten Zeitpunkt der Lösung decken (BSGE 52, 276, 277; SozR 3-1500 § 144 Nr. 12 S. 26 mwN).
Ein wichtiger Grund kann demnach nicht ohne weiteres darin gesehen werden, dass der Arbeitnehmer dem Ausspruch einer drohenden Kündigung des Arbeitgebers zuvorkommt; grundsätzlich ist es dem Arbeitnehmer im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, die Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen (BSG vom 12.04.1984 - 7 RAR 28/83 -). Solche besondere Umstände können z.B. dann gegeben sein, wenn dem Arbeitnehmer eine nach Arbeitsrecht rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund zu dem Zeitpunkt droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst, und er durch eine einverständliche Lösung des Arbeitsverhältnisses Nachteile vermeiden kann, die sich durch eine Kündigung des Arbeitgebers für sein berufliches Fortkommen ergeben; andere besondere Umstände, die zur Annahme eines wichtigen Grundes führen können, sind denkbar. Allein in der Zahlung einer Abfindung oder ähnlichen Leistung liegt aber noch kein wichtiger Grund (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr. 12 S. 25f mwN).
Diese gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit sind vorliegend erfüllt. Der Kläger hat durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages am 07.03.2002 mit seinem Arbeitgeber einvernehmlich das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2002 beendet und - durch die erfolgte Freistellung - sein Beschäftigungsverhältnis am 07.03.2002 gelöst. Der Kläger hat für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses keinen wichtigen Grund gehabt. Der Umstand, dass er durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem Arbeitgeber eine Abfindung erzielen konnte bzw. dass er seinen Angaben zufolge durch den Aufhebungsvertrag seine Pensionsansprüche hat verbessern können, stellt keinen wichtigen Grund im Sinne des § 144 SGB III aF dar. Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf die Entscheidung des BSG vom 12.07.2006 (B 11a AL 47/05 R). Abgesehen davon, dass sich das BSG darin mit dem Fall einer drohenden Arbeitgeberkündigung auseinandersetzt und ein solcher Sachverhalt hier nicht gegeben ist, hat das BSG zwar erwogen, künftig einen wichtigen Grund bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages ohne die ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung anzuerkennen. Dies ausdrücklich allerdings nur für Sperrzeiten wegen Arbeitsaufgabe mit einem Lösungssachverhalt ab dem 1. Januar 2004 und nur wenn die Abfindungshöhe die in § 1a Abs 2 KSchG vorgesehene nicht überschreitet. Die hier zu beurteilende Lösung vom Beschäftigungsverhältnis liegt vor dem genannten Zeitpunkt.
Dass der Kläger sich erst zum 01.01.2003 arbeitslos gemeldet hat und Arbeitslosengeld auch erst für die Zeit ab 01.01.2003 beansprucht, lässt den Eintritt einer Sperrzeit nicht entfallen. Denn die Sperrzeit tritt unabhängig davon ein, ob der Arbeitslose Arbeitslosengeld erst für eine Zeit beansprucht, in der er ohnedies arbeitslos gewesen wäre (BSGE 84, 225, 231; BSGE 89, 243, 249; BSG vom 05.02.2004 - B 11 AL 31/03 R -). Sinn der Sperrzeitregelung ist, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat; die Rechtsfolgen der Sperrzeit sollen den Arbeitnehmer an der Herbeiführung des Versicherungsfalles hindern, wenn hierfür kein wichtiger Grund vorliegt (vgl. zum Ganzen BSG-Urteil vom 05.02.2004 - B 11 AL 31/03 R -).
Zutreffend ist auch die Dauer der Sperrzeit mit zwölf Wochen festgestellt worden. Anhaltspunkte zur Annahme einer besonderen Härte, die eine Verkürzung auf sechs Wochen rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass der Kläger durch Abschluss des Aufhebungsvertrages seine Arbeitslosigkeit um immerhin neun Monate früher herbeigeführt hat. Die Sperrzeit umfasst deshalb die Regelsperrzeit von 12 Wochen. Damit findet auch § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III mit der Folge Anwendung, dass die Dauer des Arbeitslosengeldanspruches, um ein Viertel der Anspruchsdauer gemindert wird.
Der Beginn der Sperrzeit hätte allerdings bereits auf den 08.03.2002 festgesetzt werden müssen. Denn die Sperrzeit beginnt nach § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III aF mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet. Das die Sperrzeit begründende Ereignis war hier der Abschluss des Auflösungsvertrages am 07.03.2002. Da der Kläger bis zum Beginn des Ruhestands am 01.04.2002 von der Arbeit freigestellt wurde, trat die durch den Auflösungsvertrag verursachte Arbeitslosigkeit bereits am 08.03.2002 ein. Dies hatte zur Folge, dass die 12-wöchige Sperrzeit bereits mit Ablauf des 31.05.2002 beendet war. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld hätte daher in der Zeit vom 01.6. bis 23.06.2002 nicht gemäß § 144 Abs. 2 Satz 2 SGB III aF geruht. Da der Kläger aber ohnedies Leistungen erst ab dem 01.01.2003 begehrte, ergibt sich daraus für ihn kein rechtlicher Nachteil.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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