Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 P 3084/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 6365/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. November 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger ab 01. Februar 2004 Pflegegeld nach Pflegestufe I im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) beanspruchen kann.
Der am 1934 geborene verheiratete Kläger ist bei der Beklagte als Rentner pflegepflichtversichert. Bei ihm bestehen folgende Gesundheitsstörungen: Gehbehinderung nach Oberschenkelamputation rechts (Dezember 2003), Hautveränderungen durch eine leukozytoklastische Vaskulitis am Oberschenkelstumpf, periphere arterielle Verschlusskrankheit linkes Bein Stadium II b, insulinpflichtiger Diabetes mellitus (Typ II), Fettstoffwechselstörung, Übergewicht bei Adipositas, schwere Osteochondrose im Bereich der Halswirbelsäule, Sehbehinderung durch grauen Star. Am 26. Januar 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten (Geld-)Leistungen der Pflegeversicherung. Er gab Hilfebedarf bei der Körperpflege und bei der Bewegung an; Pflegeperson sei seine Ehefrau H. L., die von ihm getrennt in einer eigenen Wohnung lebt. Die Beklagte erhob das Gutachten der Pflegfachkraft K. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 12. März 2004, das aufgrund einer beim Kläger in seiner häuslichen Umgebung am 03. März 2004 durchgeführten Untersuchung erstattet wurde. Die Gutachterin führte aus, der Kläger benötige Unterstützung beim Rückenwaschen, beim An- und Ausziehen der Hosen und Socken, beim Aufstehen und Zubettgehen sowie vollständig bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Sie schätzte den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf insgesamt 20 Minuten pro Tag (14 Minuten für die Körperpflege und sechs Minuten für die Mobilität). Mit Bescheid vom 15. März 2004 lehnte die Beklagte die Leistungsgewährung ab, da der Zeitaufwand für die grundpflegerische Hilfe von täglich mehr als 45 Minuten nicht erreicht werde. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er machte geltend, für den Bereich der Körperpflege ergebe sich ein täglicher Hilfebedarf von 33 Minuten. Insoweit sei auch dreimaliges Duschen pro Woche zu berücksichtigen. Die von der Gutachterin angeführten Zeitwerte seien ebenfalls unrealistisch, und zwar im Hinblick auf die bei ihm bestehende Beinamputation, bei der auch die Pflege des Beinstumpfs sowie das An- und Ablegen der Prothese berücksichtigt werden müssten. Für die Mobilität ergebe sich ein täglicher Hilfebedarf von 66 Minuten. Er benötige vor allem auch Unterstützung beim Treppensteigen. Insoweit sei ein Zeitaufwand von sechs Minuten für das Hinabsteigen und acht Minuten für das Hinaufsteigen anzusetzen. Dies ergebe für den ganzen Vorgang 14 Minuten. Er wolle die Wohnung jedoch dreimal am Tag verlassen, weshalb für das Treppensteigen ein Hilfebedarf von 42 Minuten anzusetzen sei. Ferner ergebe sich für die hauswirtschaftliche Versorgung ein täglicher Hilfebedarf von 99 Minuten. Dazu veranlasste die Beklagte die erneute Begutachtung des Klägers. Nach Untersuchung in seiner häuslichen Umgebung am 13. Mai 2005 erstattete die Pflegefachkraft Kr. am 01. Juni 2004 erneut ein Gutachten, in dem sie im Bereich der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von insgesamt 26 Minuten feststellte (16 Minuten bei der Körperpflege und zehn Minuten bei der Mobilität). Hilfebedarf beim Treppensteigen sowie beim Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung wurde verneint. Es wurde darauf hingewiesen, der behandelnde Hausarzt führe derzeit aufgrund der eingeschränkten Mobilität Hausbesuche durch; bei Zunahme der Mobilität sei 14-tägiger Praxisbesuch geplant. Krankengymnastik und Lymphdrainage wurde ebenfalls aufgrund von Hausbesuchen des Behandlers durchgeführt. Die Beklagte wies den Kläger danach mit Schreiben vom 08. Juni und 02. Juli 2004 auf das Ergebnis der zweiten Begutachtung, wobei das Gutachten vom 01. Juni 2004 beigefügt war, hin. Dabei wurde erläutert, dass der geltend gemachte Hilfebedarf für das Treppensteigen nicht berücksichtigt werden könne, da das Treppensteigen nur im Zusammenhang mit einem regelmäßigen Arztbesuch zu therapeutischen Zwecken oder zur Inanspruchnahme vertragsärztlich verordneter Therapien berücksichtigt werden könne. Der Kläger (Schreiben vom 29. Juni 2004) beanstandete, dass die Notwendigkeit von Unterstützung beim Treppensteigen verneint werde. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagte bestehenden Widerspruchsauschusses vom 19. August 2004).
Deswegen erhob der Kläger am 30. August 2004 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er benannte die behandelnden Ärzte und Kliniken, reichte verschiedene medizinische Unterlagen (Arztbrief des Klinikums O. [Allgemein, Gefäß- und Thorax-Chirurgie] über eine stationäre Behandlung vom 05. bis 10. März 2004, krankengymnastische Verlaufskontrolle vom 03. November 2004, Arztbrief des Facharztes für Orthopädie Dr. S. vom 17. Juni 2005, Arztbrief des Dr. O.-D., Leitender Arzt der Röntgenabteilung der H.-klinik B. S., vom 27. September 2005, Arztbrief des Chefarztes Dr. D. der H.-klinik B. S. [Innere Medizin, Agiologie] vom 10. November 2005, Ultraschalluntersuchung der hirnversorgenden Arterien vom 26. September 2005, Bescheinigung zum Erreichen der Belastungsgrenze zur Feststellung einer schweren chronischen Krankheit im Sinne des § 62 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB V] vom 31. Oktober 2005) ein und wiederholte sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren, vor allem, dass der Hilfebedarf beim Treppensteigen angerechnet werden müsse, auch wenn derzeit Praxisbesuche nicht durchgeführt würden. Es müsse berücksichtigt werden, dass er sich nicht jahrein und jahraus nur in seiner kleinen Dachgeschosswohnung aufhalten könne. Es müsse ihm ermöglicht werden, außerhalb der Wohnung frische Luft zu atmen und am Leben in der dörflichen Gemeinde teilzunehmen. Sein gesundheitliches Wohlbefinden sei insbesondere im Sommer beeinträchtigt, wenn er sich nicht an der frischen Luft bewegen könne. Es seien auch psychische Beeinträchtigungen zu befürchten, wenn er nur seine vier Wände sehe, keinen Kontakt pflegen und auch keine Veranstaltungen besuchen könne. Das Verlassen der Wohnung sei nicht lediglich der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen, sondern konkret der Gesundheitsvorsorge. Wegen der hohen Temperaturen in seiner Dachgeschosswohnung im Sommer schwitze er häufig, insbesondere komme es zu vermehrtem Schweißausbruch auch aufgrund seiner Behinderungen bei Verrichtungen, die er noch selbst ausführen könne. Deswegen genüge eine Ganzkörperwäsche bzw. ein Bad pro Tag nicht. Es müsse auch für ein einzelnes Bad ein Hilfebedarf von 30 Minuten angesetzt werden. Es sei der gesamte Vorgang zu berücksichtigen, nicht der Aufwand für einzelne Verrichtungen. Er könne die Pflegeperson, nachdem sie ihn in die Badewanne gesetzt habe, nicht einfach wegschicken mit der Bemerkung, dass sie zum Rückenwaschen wiederkommen solle. Es müssten die behandelnden Ärzte befragt und ein Sachverständigengutachten erhoben werden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der geltend gemachte Zeitaufwand für ein einzelnes Bad mit insgesamt 30 Minuten sei deutlich überhöht. Anzusetzen sei nicht der Zeitwand für das Baden insgesamt, sondern nur der erforderliche Hilfebedarf, bei dem eine Unterstützung durch eine Pflegeperson notwendig sei. Im Bereich der Mobilität könne das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für die allgemeine Lebensführung nicht berücksichtigt werden.
Das SG erhob das gerichtliche Sachverständigengutachten des Dr. M., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 16. September 2005; der Sachverständige hatte den Kläger am 14. September 2005 in seiner häuslichen Umgebung untersucht. Der Sachverständige schätzte den Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege mit elf Minuten und im Bereich der Mobilität mit acht Minuten, insgesamt "29" (richtig 19) Minuten pro Tag ein. Der Kläger benötige aufgrund der vorhandenen Mobilitätsreserven Hilfen für das Waschen der Füße und des Rückens sowie das Abtrocknen als Unterstützung und Teilhilfe, für das Betätigen des Badewannenlifters mit Anreichen der Steuereinheit, gelegentlich beim Transfer in den Rollstuhl, beim Anziehen und Entkleiden von Strümpfen und Schuhen sowie gelegentlich beim Einstieg in die Badewanne. Er wies darauf hin, außer Haus würden derzeit ständig wiederkehrende Therapie- und Arztbesuche nicht durchgeführt. Da der Kläger sämtliche Behandlungen zu Hause bekomme und auch regelmäßig ständig wiederkehrende wöchentliche Arztbesuche nicht gegeben seien, könnten keine Zeiten für das Treppensteigen berücksichtigt werden. Der Kläger erhob Einwendungen gegen das Gutachten. Er beanstandete, dass der Sachverständige seinen Prozessbevollmächtigten nicht vom Untersuchungstermin informiert habe. Ferner machte er erneut geltend, aus medizinischen Gründen gezwungen zu sein, sich möglichst viel außerhalb der Wohnung im Freien aufzuhalten. Der Insulinbedarf reduziere sich, wenn er sich öfter und länger im Freien aufhalte. Deshalb sei ihm ärztlicherseits geraten worden, regelmäßig und ständig ins Freie zu gehen. Im Übrigen müsse berücksichtigt werden, dass es ihm aufgrund der Gesundheitsstörungen nicht mehr möglich sei, in nennenswerten Umfang sitzen zu bleiben. Er sei vielmehr zu ständigem und lang anhaltendem Hinlegen gezwungen, weil ein chronisches Schmerzsyndrom an der gesamten Wirbelsäule bestehe. Insoweit müssten weitere Sachverständigengutachten erhoben werden. Die Beklagte stimmte dem Sachverständigengutachten des Dr. M. zu.
Mit Urteil vom 15. November 2006, das dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 13. Dezember 2006 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Beim Kläger liege der gesetzlich erforderliche Hilfebedarf bei den Grundpflegeverrichtungen von durchschnittlich mehr als 45 Minuten pro Tag nicht vor. Unter Berücksichtigung der Abgrenzungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung könne der vom Kläger geltend gemachte Hilfebedarf beim Treppensteigen zum Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für Aufenthalte bzw. Spaziergänge im Freien nicht bei den Grundpflegeverrichtungen berücksichtigt werden. Es handle sich insoweit lediglich um für die psychische und physische Gesundheit des Klägers sinnvolle, möglicherweise ärztlicherseits sogar empfohlene Spaziergänge bzw. Aufenthalte im Freien, die jedoch nicht, wie etwa Arztbesuche, für die Aufrechterhaltung der Existenz zu Hause unumgänglich seien. Auch sonst sei das Sachverständigengutachten des Dr. M., dem lediglich ein Additionsfehler unterlaufen sei, im Wesentlichen schlüssig und überzeugend. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das Urteil des SG hat der Kläger am 20. Dezember 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er hat die Bescheinigung des Chefarztes Dr. L. (Or. Klinikum L.-E., Klinik für Viszeral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie, Gefäßzentrum Lahr) vom 18. Mai 2007 vorgelegt und geltend gemacht, ihm stünden Leistungen der Pflegestufe I zu. Im Hinblick auf die im Laufe des Verfahrens erhobenen Pflegegutachten ergebe sich auch eine nicht außer Betracht zu lassende Erhöhung des Grundpflegebedarfs. Auch habe Dr. M. zuletzt festgestellt, dass eine durchgreifende Verbesserung der Situation bei ihm nicht zu erwarten sei. Zumindest sei ein weiteres MDK-Gutachten nach § 18 Abs. 2 Satz 5 SGB XI einzuholen. Das auf seinen Antrag nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholte Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Ma., Facharzt für Chirurgie, Gefäß und Viszeralchirurgie von Or. Klinikum L.-E., vom 16. April 2008 bestätige seinen Standpunkt. Das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zum Zwecke des Aufsuchens von Ärzten und der Inanspruchnahme ärztlich veranlasster Therapien sei beim maßgeblichen Pflegebedarf zu berücksichtigen. Damit sei das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ma. als Entscheidungsgrundlage zu seinen Gunsten heranzuziehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. November 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2004 zu verurteilen, ihm ab 01. Februar 2004 Pflegegeld nach Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der erforderliche Hilfebedarf zur Bewilligung der Pflegestufe I sei bei Weitem nicht erfüllt. Die Beklagte hat das am 27. Juni 2007 (Untersuchung des Klägers in seiner häuslichen Umgebung am 05. Juni 2007) erstattete weitere MDK-Gutachten der Pflegefachkraft B. vorgelegt, in dem ein täglicher Hilfebedarf bei der Grundpflege von insgesamt 20 Minuten festgestellt wurde (Körperpflege zwölf Minuten und Mobilität acht Minuten). Plausibel sei lediglich, dass dem Kläger Unterstützung zum Waschen des linken Fußes und des Rückens gegeben werde. Ein leichter Hilfebedarf oder eine Handreichung beim Aufstehen und Zubettgehen könne anerkannt werden, da sich sein Zustand immer wieder wechselhaft darstelle, ebenso leichtere Hilfestellungen beim An- und Auskleiden der Strümpfen und Schuhe.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Ma. vom 16. April 2008 eingeholt. Der Sachverständige hat nach Untersuchung des Klägers in häuslicher Umgebung am 24. Januar 2008 im Bereich der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von neun Minuten für Ganzkörperwäsche (Herrichten der Handtücher, Hilfe beim Waschen des Rückens, des Unterschenkels, des Fußes und der Gesäßregion), acht Minuten beim Baden (Hilfen beim Einlassen des Badewassers, beim Waschen von Rücken, Fußes und Unterschenkel, beim Verlassen der Badewanne, beim Abtrocknen und Anziehen), zwei Minuten beim Richten der Bekleidung, zwei Minuten beim Aufstehen und Zubettgehen sowie von zehn Minuten beim An- und Auskleiden festgestellt. Ferner sei ein täglicher Hilfebedarf beim Treppensteigen von 17 Minuten zu berücksichtigen, woraus sich dann ein Gesamthilfebedarf bei der Grundpflege von 48 Minuten pro Tag ergebe. Es sei zu berücksichtigen, dass nach den Aussagen der Hausärztin und des Klägers künftig, wie bereits früher, einmal wöchentlich ein Besuch des Klägers in der Praxis der Hausärztin vorgesehen sei. Darüber hinaus sei es medizinisch erforderlich, dass der Kläger das Haus regelmäßig zur Durchführung eines Gehtrainings auf ebenem Gelände verlasse. Beim Kläger sei das linke Bein im besonderen Maße durch das Zusammentreffen von arterieller Verschlusskrankheit und Diabetes bedroht. Durch die interventionellen Maßnahmen sei es bisher gelungen, die Durchblutung derart wiederherzustellen, dass eine sehr kurze schmerzfreie Gehstrecke habe erreicht werden können. Zur Verbesserung der Durchblutung komme der lang bekannten und bewährten Behandlung mit Gehtraining eine besondere Bedeutung zu. Mit diesem Gehtraining solle der Kläger so rasch wie möglich selbst beginnen. Wünschenswert wäre auch die Teilnahme an einer Sportgruppe. Jedenfalls sei dies alles nur durch ein Verlassen sowie Wiederaufsuchen der Wohnung möglich und daher mit Treppensteigen verbunden. Gehe man von einem täglichen Gehtraining und von einem einmal wöchentlich stattfindenden Arztbesuch aus, so bedeutet dies achtmal pro Woche Treppensteigen. Bei Zugrundelegung von 15 Minuten Hilfebedarf für das Hinab- und Hinaufsteigen der Treppen errechne sich ein täglicher Zeitaufwand von 17 Minuten.
Die Beklagte hat zu dem Gutachten vorgetragen, dass es sich bei dem Hilfebedarf im Rahmen des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung zum Besuch der Hausärztin lediglich um einen künftig möglicherweise anfallenden hypothetischen weiteren Bedarf handle, der derzeit nicht berücksichtigt werden könne. Der übrige Hilfebedarf für das Treppensteigen werde damit begründet, dass der Kläger ein tägliches Gehtraining absolvieren müsse, um bei bestehendem Diabetes und arterieller Verschlusskrankheit einer weiteren Verschlechterung des Zustands entgegenzuwirken. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits mit Urteil vom 10. Oktober 2000 (B 3 P 15/99 R = SozR 3-3300 § 14 Nr. 16) entschieden, dass ein entsprechender Hilfebedarf nicht im Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung berücksichtigungsfähig sei. Wenn man davon ausgehe, dass die täglichen Spaziergänge ärztlicherseits empfohlen seien und einer drohenden Verschlimmerung der Folgen der bestehenden Durchblutungsstörungen der Beine entgegen wirken sowie der Ergänzung der ärztlichen Behandlung bei bestehender Diabeteserkrankung dienen sollten, so stellten sich die täglichen Spaziergänge als Teil der ärztlichen Therapie dar. Damit würde es sich aber nach Ansicht des BSG um einen Teil der Behandlungspflege handeln, der im Bereich der Grundpflege nicht zu berücksichtigen sei.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagte vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden hat, ist statthaft und zulässig; jedoch nicht begründet. Das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht weder ab 01. November 2004 noch ab einem späteren Zeitpunkt Pflegegeld nach § 37 SGB XI zu. Denn Pflegegeld kann nur der Pflegebedürftige verlangen. Insoweit ist nur derjenige im Sinne des § 37 SGB XI pflegebedürftig, der einer der drei Pflegestufen zugeordnet ist. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erhebliche Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung bedürfen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt demnach ein Hilfebedarf beim Waschen, Duschen, Baden, bei der Zahnpflege, beim Kämmen, Rasieren sowohl bei der Darm- und Blasenentleerung (Körperpflege), beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und bei der Aufnahme der Nahrung (Ernährung) sowie beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen sowie beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung (Mobilität).
Der Zeitaufwand der Grundpflege beträgt nicht mindestens 46 Minuten. Wie schon das SG zutreffend unter Berücksichtigung der MDK-Gutachten der Pflegefachkraft K. vom 12. März und der Pflegefachkraft Kr. vom 01. Juni 2004 sowie des Sachverständigengutachtens des Dr. M. festgestellt hat, ist mit den Zeitwerten für die Hilfe im Bereich der Körperpflege und der Mobilität, d.h. dort insoweit beim Aufstehen/Zubettgehen, beim An- und Auskleiden sowie beim Gehen/Stehen/Transfer, mit täglich 19 Minuten (Dr. M.) bzw. 20 Minuten (Pflegefachkraft K.) bzw. 26 Minuten (Pflegefachkraft Kr.) der notwendige Zeitumfang von mehr als 45 Minuten pro Tag bei Weitem nicht erreicht. Insoweit hat auch der gerichtliche Sachverständige Dr. M. für die Bereiche Körperpflege und Mobilität lediglich einen täglichen Hilfebedarf von 19 Minuten festgestellt. Das SG hat dazu zutreffend darauf hingewiesen, dass die vom Sachverständigen Dr. M. auf Seite 29 und 31 genannte Gesamtpflegezeit für die Grundpflege pro Tag von 29 Minuten ersichtlich auf einem Additionsfehler beruht. Die tatsächlich ermittelten Zeitwerte ergeben einen Hilfebedarf von täglich 19 Minuten. Auch in dem von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren MDK-Gutachten der Pflegefachkraft B. vom 27. Juni 2007 wurde lediglich ein täglicher Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege von 20 Minuten festgestellt.
Selbst wenn der Senat für die oben genannten Grundverrichtungen im Bereich der Körperpflege und der Mobilität (Aufstehen/Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen/Stehen/Transfer) der Einschätzung des Prof. Dr. Ma. mit 31 Minuten pro Tag folgen würde, ergäben sich die Voraussetzungen der Pflegestufe I derzeit nicht. Der Sachverständige Prof. Dr. Ma. gelangt zur Bejahung eines täglichen Hilfebedarfs bei der Grundpflege von mehr als 45 Minuten, d.h. von 48 Minuten, lediglich dadurch, dass er einen weiteren Zeitwert von täglich 17 Minuten im Bereich der Mobilität, d.h. beim Treppensteigen im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI berücksichtigt wissen will. Insoweit kann jedoch ein solcher zusätzlicher Zeitbedarf für den Bereich der Mobilität nicht in Ansatz gebracht werden. Für die Verrichtungen des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung sind nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 19, mit weiteren Nachweisen) - im Anschluss an Abschnitt D 5.V. Teil 5.3 Ziff. 15 der Begutachtungs-Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 21. März 1997 in der Fassung vom 22. August 2001 - außerhalb der Wohnung nur solche Wege beachtlich, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und bei denen das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig ist. Darunter fallen Wege zum Arzt oder Krankengymnasten, soweit sie mindestens einmal wöchentlich anfallen, nicht aber Wege zur Rehabilitation, zur Behindertenwerkstatt, zum - auch integrativen - Kindergarten, zur Schule, zur Arbeitsstätte, zu Gottesdiensten oder Begleitungen im Rahmen von Spaziergängen als Teil der Behandlungspflege. Soweit der Sachverständige einen Teilwert von zwei Minuten für das Treppensteigen zwecks eines wöchentlichen Arztbesuchs bei der Hausärztin in Ansatz bringt, ist nicht nachgewiesen, dass in der Zeit seit der Durchführung der Untersuchung durch Prof. Dr. Ma. am 24. Januar 2008 tatsächlich regelmäßige wöchentliche Arztbesuche durch den Kläger durchgeführt worden sind, von denen auch davon auszugehen wäre, dass die Notwendigkeit und tatsächliche Durchführung für mindestens sechs Monate besteht. Prof. Dr. Ma. hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass aktuell wöchentliche Arztbesuche nicht stattgefunden haben, wobei auch für die Vergangenheit ab 01. Februar 2004 solche wöchentlichen Arztbesuche keineswegs nachgewiesen sind. Prof. Dr. Ma. berücksichtigt nur künftig durchzuführende wöchentliche Arztbesuche. Auch der Kläger selbst hat im Hinblick auf den letzten Schriftsatz der Beklagten vom 28. April 2008 nicht geltend gemacht, dass er nun wieder regelmäßige wöchentliche Arztbesuche durchführt. Auch soweit es um das Treppensteigen geht, um dann außerhalb der Wohnung durch selbstständig durchzuführendes Gehtraining, das der Sachverständige angeraten hat, die schmerzfreie Gehstrecke zu erweitern und dadurch die Durchblutung zu steigern, ist der Hilfebedarf von 15 Minuten pro Tag ebenfalls nicht anrechenbar. Der Verrichtung "Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung" kann die Hilfe beim Treppensteigen zwecks selbstständiger Durchführung des Gehtrainings nicht zugeordnet werden. Die Hilfe bei der Mobilität außerhalb der eigenen Wohnung ist nur dann zu berücksichtigen, wenn sie erforderlich ist, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, also Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim zu vermeiden. Ausgeschlossen sind damit beispielsweise die Bereiche Kommunikation, Bildung, Erwerbstätigkeit, Freizeitgestaltung und Unterhaltung. Zudem darf es sich nicht um Hilfeleistungen bei Maßnahmen handeln, die vorrangig dem Ziel dienen, zur selbstständigen Lebensführung notwendige Fähigkeiten zu erhalten oder wiederzugewinnen und damit den Pflegeaufwand in späteren Lebensabschnitten zu vermeiden oder geringer zu halten. Im Hinblick auf die Ausführungen des Prof. Dr. Ma. handelt es sich bei dem von ihm angesprochenen Gehtraining nicht um eine rehabilitative Maßnahme zur Vermeidung eines höheren Pflegeaufwands bei Verlust der Gehfähigkeit; es geht vielmehr in erster Linie um die durch den Kläger selbst vorzunehmende, von Prof. Dr. Ma. wegen der drohenden Verschlimmerung der Folgen der bestehenden Durchblutungsstörungen in den Beinen empfohlene Ergänzung der ärztlichen Behandlung. Dann stellt sich das Gehtraining, wie letztlich auch das Treppensteigen selbst, als Teil der ärztlichen Therapie dar. Das Gehtraining dient dem weiteren Verbleib in der Wohnung, damit der Vermeidung von Krankenhausaufenthalt bzw. Heimunterbringung, wofür die Leistungen bei häuslicher Pflege der Pflegeversicherung grundsätzlich vorgesehen sind. Dennoch kann der Zeitaufwand für die Hilfe beim Treppensteigen zwecks Durchführung des Gehtrainings bei der Bemessung des Pflegebedarfs nicht berücksichtigt werden. Da das Gehtraining nach der Einschätzung des Prof. Dr. Ma. Teil der ärztlichen Therapie ist, handelt es sich auch bei der Hilfestellung beim Treppensteigen der Sache nach um Behandlungspflege und nicht um Grundpflege. Für Maßnahmen der Behandlungspflege außerhalb eines Pflegeheims ist nach § 37 SGB V die gesetzliche Krankenversicherung zuständig, ohne dass es darauf ankommt, mit welchen Leistungen diese im konkreten Fall eintritt. Bei der Feststellung des Pflegebedarfs sind nach den §§ 14, 15 SGB XI Maßnahmen der Behandlungspflege nur zu berücksichtigen, wenn sie entweder Bestandteil einer Maßnahme einer Grundpflege sind oder wenn sie aus medizinisch-pflegerischen Gründen in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Maßnahme der Grundpflege erforderlich werden (vgl. dazu BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 16). Es kann danach hier dahinstehen, ob der Kläger die nötige Bewegung nicht auch auf andere geeignete Weise erreichen könnte, ohne dass ein Treppensteigen erforderlich ist. Statt des außerhalb der Wohnung im Freien durchzuführenden Gehtrainings könnte auch ein kontinuierliches Gehen in der eigenen Wohnung in Betracht kommen.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger ab 01. Februar 2004 Pflegegeld nach Pflegestufe I im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) beanspruchen kann.
Der am 1934 geborene verheiratete Kläger ist bei der Beklagte als Rentner pflegepflichtversichert. Bei ihm bestehen folgende Gesundheitsstörungen: Gehbehinderung nach Oberschenkelamputation rechts (Dezember 2003), Hautveränderungen durch eine leukozytoklastische Vaskulitis am Oberschenkelstumpf, periphere arterielle Verschlusskrankheit linkes Bein Stadium II b, insulinpflichtiger Diabetes mellitus (Typ II), Fettstoffwechselstörung, Übergewicht bei Adipositas, schwere Osteochondrose im Bereich der Halswirbelsäule, Sehbehinderung durch grauen Star. Am 26. Januar 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten (Geld-)Leistungen der Pflegeversicherung. Er gab Hilfebedarf bei der Körperpflege und bei der Bewegung an; Pflegeperson sei seine Ehefrau H. L., die von ihm getrennt in einer eigenen Wohnung lebt. Die Beklagte erhob das Gutachten der Pflegfachkraft K. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 12. März 2004, das aufgrund einer beim Kläger in seiner häuslichen Umgebung am 03. März 2004 durchgeführten Untersuchung erstattet wurde. Die Gutachterin führte aus, der Kläger benötige Unterstützung beim Rückenwaschen, beim An- und Ausziehen der Hosen und Socken, beim Aufstehen und Zubettgehen sowie vollständig bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Sie schätzte den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf insgesamt 20 Minuten pro Tag (14 Minuten für die Körperpflege und sechs Minuten für die Mobilität). Mit Bescheid vom 15. März 2004 lehnte die Beklagte die Leistungsgewährung ab, da der Zeitaufwand für die grundpflegerische Hilfe von täglich mehr als 45 Minuten nicht erreicht werde. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er machte geltend, für den Bereich der Körperpflege ergebe sich ein täglicher Hilfebedarf von 33 Minuten. Insoweit sei auch dreimaliges Duschen pro Woche zu berücksichtigen. Die von der Gutachterin angeführten Zeitwerte seien ebenfalls unrealistisch, und zwar im Hinblick auf die bei ihm bestehende Beinamputation, bei der auch die Pflege des Beinstumpfs sowie das An- und Ablegen der Prothese berücksichtigt werden müssten. Für die Mobilität ergebe sich ein täglicher Hilfebedarf von 66 Minuten. Er benötige vor allem auch Unterstützung beim Treppensteigen. Insoweit sei ein Zeitaufwand von sechs Minuten für das Hinabsteigen und acht Minuten für das Hinaufsteigen anzusetzen. Dies ergebe für den ganzen Vorgang 14 Minuten. Er wolle die Wohnung jedoch dreimal am Tag verlassen, weshalb für das Treppensteigen ein Hilfebedarf von 42 Minuten anzusetzen sei. Ferner ergebe sich für die hauswirtschaftliche Versorgung ein täglicher Hilfebedarf von 99 Minuten. Dazu veranlasste die Beklagte die erneute Begutachtung des Klägers. Nach Untersuchung in seiner häuslichen Umgebung am 13. Mai 2005 erstattete die Pflegefachkraft Kr. am 01. Juni 2004 erneut ein Gutachten, in dem sie im Bereich der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von insgesamt 26 Minuten feststellte (16 Minuten bei der Körperpflege und zehn Minuten bei der Mobilität). Hilfebedarf beim Treppensteigen sowie beim Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung wurde verneint. Es wurde darauf hingewiesen, der behandelnde Hausarzt führe derzeit aufgrund der eingeschränkten Mobilität Hausbesuche durch; bei Zunahme der Mobilität sei 14-tägiger Praxisbesuch geplant. Krankengymnastik und Lymphdrainage wurde ebenfalls aufgrund von Hausbesuchen des Behandlers durchgeführt. Die Beklagte wies den Kläger danach mit Schreiben vom 08. Juni und 02. Juli 2004 auf das Ergebnis der zweiten Begutachtung, wobei das Gutachten vom 01. Juni 2004 beigefügt war, hin. Dabei wurde erläutert, dass der geltend gemachte Hilfebedarf für das Treppensteigen nicht berücksichtigt werden könne, da das Treppensteigen nur im Zusammenhang mit einem regelmäßigen Arztbesuch zu therapeutischen Zwecken oder zur Inanspruchnahme vertragsärztlich verordneter Therapien berücksichtigt werden könne. Der Kläger (Schreiben vom 29. Juni 2004) beanstandete, dass die Notwendigkeit von Unterstützung beim Treppensteigen verneint werde. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagte bestehenden Widerspruchsauschusses vom 19. August 2004).
Deswegen erhob der Kläger am 30. August 2004 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er benannte die behandelnden Ärzte und Kliniken, reichte verschiedene medizinische Unterlagen (Arztbrief des Klinikums O. [Allgemein, Gefäß- und Thorax-Chirurgie] über eine stationäre Behandlung vom 05. bis 10. März 2004, krankengymnastische Verlaufskontrolle vom 03. November 2004, Arztbrief des Facharztes für Orthopädie Dr. S. vom 17. Juni 2005, Arztbrief des Dr. O.-D., Leitender Arzt der Röntgenabteilung der H.-klinik B. S., vom 27. September 2005, Arztbrief des Chefarztes Dr. D. der H.-klinik B. S. [Innere Medizin, Agiologie] vom 10. November 2005, Ultraschalluntersuchung der hirnversorgenden Arterien vom 26. September 2005, Bescheinigung zum Erreichen der Belastungsgrenze zur Feststellung einer schweren chronischen Krankheit im Sinne des § 62 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB V] vom 31. Oktober 2005) ein und wiederholte sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren, vor allem, dass der Hilfebedarf beim Treppensteigen angerechnet werden müsse, auch wenn derzeit Praxisbesuche nicht durchgeführt würden. Es müsse berücksichtigt werden, dass er sich nicht jahrein und jahraus nur in seiner kleinen Dachgeschosswohnung aufhalten könne. Es müsse ihm ermöglicht werden, außerhalb der Wohnung frische Luft zu atmen und am Leben in der dörflichen Gemeinde teilzunehmen. Sein gesundheitliches Wohlbefinden sei insbesondere im Sommer beeinträchtigt, wenn er sich nicht an der frischen Luft bewegen könne. Es seien auch psychische Beeinträchtigungen zu befürchten, wenn er nur seine vier Wände sehe, keinen Kontakt pflegen und auch keine Veranstaltungen besuchen könne. Das Verlassen der Wohnung sei nicht lediglich der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen, sondern konkret der Gesundheitsvorsorge. Wegen der hohen Temperaturen in seiner Dachgeschosswohnung im Sommer schwitze er häufig, insbesondere komme es zu vermehrtem Schweißausbruch auch aufgrund seiner Behinderungen bei Verrichtungen, die er noch selbst ausführen könne. Deswegen genüge eine Ganzkörperwäsche bzw. ein Bad pro Tag nicht. Es müsse auch für ein einzelnes Bad ein Hilfebedarf von 30 Minuten angesetzt werden. Es sei der gesamte Vorgang zu berücksichtigen, nicht der Aufwand für einzelne Verrichtungen. Er könne die Pflegeperson, nachdem sie ihn in die Badewanne gesetzt habe, nicht einfach wegschicken mit der Bemerkung, dass sie zum Rückenwaschen wiederkommen solle. Es müssten die behandelnden Ärzte befragt und ein Sachverständigengutachten erhoben werden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der geltend gemachte Zeitaufwand für ein einzelnes Bad mit insgesamt 30 Minuten sei deutlich überhöht. Anzusetzen sei nicht der Zeitwand für das Baden insgesamt, sondern nur der erforderliche Hilfebedarf, bei dem eine Unterstützung durch eine Pflegeperson notwendig sei. Im Bereich der Mobilität könne das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für die allgemeine Lebensführung nicht berücksichtigt werden.
Das SG erhob das gerichtliche Sachverständigengutachten des Dr. M., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 16. September 2005; der Sachverständige hatte den Kläger am 14. September 2005 in seiner häuslichen Umgebung untersucht. Der Sachverständige schätzte den Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege mit elf Minuten und im Bereich der Mobilität mit acht Minuten, insgesamt "29" (richtig 19) Minuten pro Tag ein. Der Kläger benötige aufgrund der vorhandenen Mobilitätsreserven Hilfen für das Waschen der Füße und des Rückens sowie das Abtrocknen als Unterstützung und Teilhilfe, für das Betätigen des Badewannenlifters mit Anreichen der Steuereinheit, gelegentlich beim Transfer in den Rollstuhl, beim Anziehen und Entkleiden von Strümpfen und Schuhen sowie gelegentlich beim Einstieg in die Badewanne. Er wies darauf hin, außer Haus würden derzeit ständig wiederkehrende Therapie- und Arztbesuche nicht durchgeführt. Da der Kläger sämtliche Behandlungen zu Hause bekomme und auch regelmäßig ständig wiederkehrende wöchentliche Arztbesuche nicht gegeben seien, könnten keine Zeiten für das Treppensteigen berücksichtigt werden. Der Kläger erhob Einwendungen gegen das Gutachten. Er beanstandete, dass der Sachverständige seinen Prozessbevollmächtigten nicht vom Untersuchungstermin informiert habe. Ferner machte er erneut geltend, aus medizinischen Gründen gezwungen zu sein, sich möglichst viel außerhalb der Wohnung im Freien aufzuhalten. Der Insulinbedarf reduziere sich, wenn er sich öfter und länger im Freien aufhalte. Deshalb sei ihm ärztlicherseits geraten worden, regelmäßig und ständig ins Freie zu gehen. Im Übrigen müsse berücksichtigt werden, dass es ihm aufgrund der Gesundheitsstörungen nicht mehr möglich sei, in nennenswerten Umfang sitzen zu bleiben. Er sei vielmehr zu ständigem und lang anhaltendem Hinlegen gezwungen, weil ein chronisches Schmerzsyndrom an der gesamten Wirbelsäule bestehe. Insoweit müssten weitere Sachverständigengutachten erhoben werden. Die Beklagte stimmte dem Sachverständigengutachten des Dr. M. zu.
Mit Urteil vom 15. November 2006, das dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 13. Dezember 2006 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Beim Kläger liege der gesetzlich erforderliche Hilfebedarf bei den Grundpflegeverrichtungen von durchschnittlich mehr als 45 Minuten pro Tag nicht vor. Unter Berücksichtigung der Abgrenzungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung könne der vom Kläger geltend gemachte Hilfebedarf beim Treppensteigen zum Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für Aufenthalte bzw. Spaziergänge im Freien nicht bei den Grundpflegeverrichtungen berücksichtigt werden. Es handle sich insoweit lediglich um für die psychische und physische Gesundheit des Klägers sinnvolle, möglicherweise ärztlicherseits sogar empfohlene Spaziergänge bzw. Aufenthalte im Freien, die jedoch nicht, wie etwa Arztbesuche, für die Aufrechterhaltung der Existenz zu Hause unumgänglich seien. Auch sonst sei das Sachverständigengutachten des Dr. M., dem lediglich ein Additionsfehler unterlaufen sei, im Wesentlichen schlüssig und überzeugend. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das Urteil des SG hat der Kläger am 20. Dezember 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er hat die Bescheinigung des Chefarztes Dr. L. (Or. Klinikum L.-E., Klinik für Viszeral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie, Gefäßzentrum Lahr) vom 18. Mai 2007 vorgelegt und geltend gemacht, ihm stünden Leistungen der Pflegestufe I zu. Im Hinblick auf die im Laufe des Verfahrens erhobenen Pflegegutachten ergebe sich auch eine nicht außer Betracht zu lassende Erhöhung des Grundpflegebedarfs. Auch habe Dr. M. zuletzt festgestellt, dass eine durchgreifende Verbesserung der Situation bei ihm nicht zu erwarten sei. Zumindest sei ein weiteres MDK-Gutachten nach § 18 Abs. 2 Satz 5 SGB XI einzuholen. Das auf seinen Antrag nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholte Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Ma., Facharzt für Chirurgie, Gefäß und Viszeralchirurgie von Or. Klinikum L.-E., vom 16. April 2008 bestätige seinen Standpunkt. Das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zum Zwecke des Aufsuchens von Ärzten und der Inanspruchnahme ärztlich veranlasster Therapien sei beim maßgeblichen Pflegebedarf zu berücksichtigen. Damit sei das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ma. als Entscheidungsgrundlage zu seinen Gunsten heranzuziehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. November 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2004 zu verurteilen, ihm ab 01. Februar 2004 Pflegegeld nach Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der erforderliche Hilfebedarf zur Bewilligung der Pflegestufe I sei bei Weitem nicht erfüllt. Die Beklagte hat das am 27. Juni 2007 (Untersuchung des Klägers in seiner häuslichen Umgebung am 05. Juni 2007) erstattete weitere MDK-Gutachten der Pflegefachkraft B. vorgelegt, in dem ein täglicher Hilfebedarf bei der Grundpflege von insgesamt 20 Minuten festgestellt wurde (Körperpflege zwölf Minuten und Mobilität acht Minuten). Plausibel sei lediglich, dass dem Kläger Unterstützung zum Waschen des linken Fußes und des Rückens gegeben werde. Ein leichter Hilfebedarf oder eine Handreichung beim Aufstehen und Zubettgehen könne anerkannt werden, da sich sein Zustand immer wieder wechselhaft darstelle, ebenso leichtere Hilfestellungen beim An- und Auskleiden der Strümpfen und Schuhe.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Ma. vom 16. April 2008 eingeholt. Der Sachverständige hat nach Untersuchung des Klägers in häuslicher Umgebung am 24. Januar 2008 im Bereich der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von neun Minuten für Ganzkörperwäsche (Herrichten der Handtücher, Hilfe beim Waschen des Rückens, des Unterschenkels, des Fußes und der Gesäßregion), acht Minuten beim Baden (Hilfen beim Einlassen des Badewassers, beim Waschen von Rücken, Fußes und Unterschenkel, beim Verlassen der Badewanne, beim Abtrocknen und Anziehen), zwei Minuten beim Richten der Bekleidung, zwei Minuten beim Aufstehen und Zubettgehen sowie von zehn Minuten beim An- und Auskleiden festgestellt. Ferner sei ein täglicher Hilfebedarf beim Treppensteigen von 17 Minuten zu berücksichtigen, woraus sich dann ein Gesamthilfebedarf bei der Grundpflege von 48 Minuten pro Tag ergebe. Es sei zu berücksichtigen, dass nach den Aussagen der Hausärztin und des Klägers künftig, wie bereits früher, einmal wöchentlich ein Besuch des Klägers in der Praxis der Hausärztin vorgesehen sei. Darüber hinaus sei es medizinisch erforderlich, dass der Kläger das Haus regelmäßig zur Durchführung eines Gehtrainings auf ebenem Gelände verlasse. Beim Kläger sei das linke Bein im besonderen Maße durch das Zusammentreffen von arterieller Verschlusskrankheit und Diabetes bedroht. Durch die interventionellen Maßnahmen sei es bisher gelungen, die Durchblutung derart wiederherzustellen, dass eine sehr kurze schmerzfreie Gehstrecke habe erreicht werden können. Zur Verbesserung der Durchblutung komme der lang bekannten und bewährten Behandlung mit Gehtraining eine besondere Bedeutung zu. Mit diesem Gehtraining solle der Kläger so rasch wie möglich selbst beginnen. Wünschenswert wäre auch die Teilnahme an einer Sportgruppe. Jedenfalls sei dies alles nur durch ein Verlassen sowie Wiederaufsuchen der Wohnung möglich und daher mit Treppensteigen verbunden. Gehe man von einem täglichen Gehtraining und von einem einmal wöchentlich stattfindenden Arztbesuch aus, so bedeutet dies achtmal pro Woche Treppensteigen. Bei Zugrundelegung von 15 Minuten Hilfebedarf für das Hinab- und Hinaufsteigen der Treppen errechne sich ein täglicher Zeitaufwand von 17 Minuten.
Die Beklagte hat zu dem Gutachten vorgetragen, dass es sich bei dem Hilfebedarf im Rahmen des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung zum Besuch der Hausärztin lediglich um einen künftig möglicherweise anfallenden hypothetischen weiteren Bedarf handle, der derzeit nicht berücksichtigt werden könne. Der übrige Hilfebedarf für das Treppensteigen werde damit begründet, dass der Kläger ein tägliches Gehtraining absolvieren müsse, um bei bestehendem Diabetes und arterieller Verschlusskrankheit einer weiteren Verschlechterung des Zustands entgegenzuwirken. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits mit Urteil vom 10. Oktober 2000 (B 3 P 15/99 R = SozR 3-3300 § 14 Nr. 16) entschieden, dass ein entsprechender Hilfebedarf nicht im Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung berücksichtigungsfähig sei. Wenn man davon ausgehe, dass die täglichen Spaziergänge ärztlicherseits empfohlen seien und einer drohenden Verschlimmerung der Folgen der bestehenden Durchblutungsstörungen der Beine entgegen wirken sowie der Ergänzung der ärztlichen Behandlung bei bestehender Diabeteserkrankung dienen sollten, so stellten sich die täglichen Spaziergänge als Teil der ärztlichen Therapie dar. Damit würde es sich aber nach Ansicht des BSG um einen Teil der Behandlungspflege handeln, der im Bereich der Grundpflege nicht zu berücksichtigen sei.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagte vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden hat, ist statthaft und zulässig; jedoch nicht begründet. Das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht weder ab 01. November 2004 noch ab einem späteren Zeitpunkt Pflegegeld nach § 37 SGB XI zu. Denn Pflegegeld kann nur der Pflegebedürftige verlangen. Insoweit ist nur derjenige im Sinne des § 37 SGB XI pflegebedürftig, der einer der drei Pflegestufen zugeordnet ist. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erhebliche Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung bedürfen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt demnach ein Hilfebedarf beim Waschen, Duschen, Baden, bei der Zahnpflege, beim Kämmen, Rasieren sowohl bei der Darm- und Blasenentleerung (Körperpflege), beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und bei der Aufnahme der Nahrung (Ernährung) sowie beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen sowie beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung (Mobilität).
Der Zeitaufwand der Grundpflege beträgt nicht mindestens 46 Minuten. Wie schon das SG zutreffend unter Berücksichtigung der MDK-Gutachten der Pflegefachkraft K. vom 12. März und der Pflegefachkraft Kr. vom 01. Juni 2004 sowie des Sachverständigengutachtens des Dr. M. festgestellt hat, ist mit den Zeitwerten für die Hilfe im Bereich der Körperpflege und der Mobilität, d.h. dort insoweit beim Aufstehen/Zubettgehen, beim An- und Auskleiden sowie beim Gehen/Stehen/Transfer, mit täglich 19 Minuten (Dr. M.) bzw. 20 Minuten (Pflegefachkraft K.) bzw. 26 Minuten (Pflegefachkraft Kr.) der notwendige Zeitumfang von mehr als 45 Minuten pro Tag bei Weitem nicht erreicht. Insoweit hat auch der gerichtliche Sachverständige Dr. M. für die Bereiche Körperpflege und Mobilität lediglich einen täglichen Hilfebedarf von 19 Minuten festgestellt. Das SG hat dazu zutreffend darauf hingewiesen, dass die vom Sachverständigen Dr. M. auf Seite 29 und 31 genannte Gesamtpflegezeit für die Grundpflege pro Tag von 29 Minuten ersichtlich auf einem Additionsfehler beruht. Die tatsächlich ermittelten Zeitwerte ergeben einen Hilfebedarf von täglich 19 Minuten. Auch in dem von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren MDK-Gutachten der Pflegefachkraft B. vom 27. Juni 2007 wurde lediglich ein täglicher Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege von 20 Minuten festgestellt.
Selbst wenn der Senat für die oben genannten Grundverrichtungen im Bereich der Körperpflege und der Mobilität (Aufstehen/Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen/Stehen/Transfer) der Einschätzung des Prof. Dr. Ma. mit 31 Minuten pro Tag folgen würde, ergäben sich die Voraussetzungen der Pflegestufe I derzeit nicht. Der Sachverständige Prof. Dr. Ma. gelangt zur Bejahung eines täglichen Hilfebedarfs bei der Grundpflege von mehr als 45 Minuten, d.h. von 48 Minuten, lediglich dadurch, dass er einen weiteren Zeitwert von täglich 17 Minuten im Bereich der Mobilität, d.h. beim Treppensteigen im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI berücksichtigt wissen will. Insoweit kann jedoch ein solcher zusätzlicher Zeitbedarf für den Bereich der Mobilität nicht in Ansatz gebracht werden. Für die Verrichtungen des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung sind nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 19, mit weiteren Nachweisen) - im Anschluss an Abschnitt D 5.V. Teil 5.3 Ziff. 15 der Begutachtungs-Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 21. März 1997 in der Fassung vom 22. August 2001 - außerhalb der Wohnung nur solche Wege beachtlich, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und bei denen das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig ist. Darunter fallen Wege zum Arzt oder Krankengymnasten, soweit sie mindestens einmal wöchentlich anfallen, nicht aber Wege zur Rehabilitation, zur Behindertenwerkstatt, zum - auch integrativen - Kindergarten, zur Schule, zur Arbeitsstätte, zu Gottesdiensten oder Begleitungen im Rahmen von Spaziergängen als Teil der Behandlungspflege. Soweit der Sachverständige einen Teilwert von zwei Minuten für das Treppensteigen zwecks eines wöchentlichen Arztbesuchs bei der Hausärztin in Ansatz bringt, ist nicht nachgewiesen, dass in der Zeit seit der Durchführung der Untersuchung durch Prof. Dr. Ma. am 24. Januar 2008 tatsächlich regelmäßige wöchentliche Arztbesuche durch den Kläger durchgeführt worden sind, von denen auch davon auszugehen wäre, dass die Notwendigkeit und tatsächliche Durchführung für mindestens sechs Monate besteht. Prof. Dr. Ma. hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass aktuell wöchentliche Arztbesuche nicht stattgefunden haben, wobei auch für die Vergangenheit ab 01. Februar 2004 solche wöchentlichen Arztbesuche keineswegs nachgewiesen sind. Prof. Dr. Ma. berücksichtigt nur künftig durchzuführende wöchentliche Arztbesuche. Auch der Kläger selbst hat im Hinblick auf den letzten Schriftsatz der Beklagten vom 28. April 2008 nicht geltend gemacht, dass er nun wieder regelmäßige wöchentliche Arztbesuche durchführt. Auch soweit es um das Treppensteigen geht, um dann außerhalb der Wohnung durch selbstständig durchzuführendes Gehtraining, das der Sachverständige angeraten hat, die schmerzfreie Gehstrecke zu erweitern und dadurch die Durchblutung zu steigern, ist der Hilfebedarf von 15 Minuten pro Tag ebenfalls nicht anrechenbar. Der Verrichtung "Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung" kann die Hilfe beim Treppensteigen zwecks selbstständiger Durchführung des Gehtrainings nicht zugeordnet werden. Die Hilfe bei der Mobilität außerhalb der eigenen Wohnung ist nur dann zu berücksichtigen, wenn sie erforderlich ist, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, also Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim zu vermeiden. Ausgeschlossen sind damit beispielsweise die Bereiche Kommunikation, Bildung, Erwerbstätigkeit, Freizeitgestaltung und Unterhaltung. Zudem darf es sich nicht um Hilfeleistungen bei Maßnahmen handeln, die vorrangig dem Ziel dienen, zur selbstständigen Lebensführung notwendige Fähigkeiten zu erhalten oder wiederzugewinnen und damit den Pflegeaufwand in späteren Lebensabschnitten zu vermeiden oder geringer zu halten. Im Hinblick auf die Ausführungen des Prof. Dr. Ma. handelt es sich bei dem von ihm angesprochenen Gehtraining nicht um eine rehabilitative Maßnahme zur Vermeidung eines höheren Pflegeaufwands bei Verlust der Gehfähigkeit; es geht vielmehr in erster Linie um die durch den Kläger selbst vorzunehmende, von Prof. Dr. Ma. wegen der drohenden Verschlimmerung der Folgen der bestehenden Durchblutungsstörungen in den Beinen empfohlene Ergänzung der ärztlichen Behandlung. Dann stellt sich das Gehtraining, wie letztlich auch das Treppensteigen selbst, als Teil der ärztlichen Therapie dar. Das Gehtraining dient dem weiteren Verbleib in der Wohnung, damit der Vermeidung von Krankenhausaufenthalt bzw. Heimunterbringung, wofür die Leistungen bei häuslicher Pflege der Pflegeversicherung grundsätzlich vorgesehen sind. Dennoch kann der Zeitaufwand für die Hilfe beim Treppensteigen zwecks Durchführung des Gehtrainings bei der Bemessung des Pflegebedarfs nicht berücksichtigt werden. Da das Gehtraining nach der Einschätzung des Prof. Dr. Ma. Teil der ärztlichen Therapie ist, handelt es sich auch bei der Hilfestellung beim Treppensteigen der Sache nach um Behandlungspflege und nicht um Grundpflege. Für Maßnahmen der Behandlungspflege außerhalb eines Pflegeheims ist nach § 37 SGB V die gesetzliche Krankenversicherung zuständig, ohne dass es darauf ankommt, mit welchen Leistungen diese im konkreten Fall eintritt. Bei der Feststellung des Pflegebedarfs sind nach den §§ 14, 15 SGB XI Maßnahmen der Behandlungspflege nur zu berücksichtigen, wenn sie entweder Bestandteil einer Maßnahme einer Grundpflege sind oder wenn sie aus medizinisch-pflegerischen Gründen in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Maßnahme der Grundpflege erforderlich werden (vgl. dazu BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 16). Es kann danach hier dahinstehen, ob der Kläger die nötige Bewegung nicht auch auf andere geeignete Weise erreichen könnte, ohne dass ein Treppensteigen erforderlich ist. Statt des außerhalb der Wohnung im Freien durchzuführenden Gehtrainings könnte auch ein kontinuierliches Gehen in der eigenen Wohnung in Betracht kommen.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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