L 3 SB 2625/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 2090/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 2625/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. März 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB).

Der am 30.05.1941 geborene Kläger beantragte erstmals am 06.07.2001 die Feststellung von Behinderungen. Unter Berücksichtigung der bei den Hausärzten Dres. A. beigezogenen Befundberichte und eines Berichtes des Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. P. stellte Dr. M. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 22.12.2001 ein Kopfschmerzsyndrom mit Gewebserkrankung des Gehirns (bewertet mit einem Teil-GdB von 20), eine Schwerhörigkeit beidseitig mit Ohrgeräuschen (Teil-GdB 20) sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und Knorpelschäden an beiden Kniegelenken (Teil-GdB 20) fest. Insgesamt hielt er einen GdB mit 40 für angemessen bewertet. Mit Bescheid vom 10.01.2002 hat sich der Beklagte dem angeschlossen und den GdB mit 40 seit dem 06.07.2001 festgestellt. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die Behinderungen Spannungskopfschmerz und COPD nicht ausreichend gewürdigt worden seien. Als zusätzliche Einschränkungen hat daraufhin Dr. D. in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 03.06.2002 eine chronische Bronchitis mit einem Teil-GdB von 10 berücksichtigt. Insgesamt hielt aber auch sie den GdB mit 40 für angemessen bewertet. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2002 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 04.09.2002 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, dass seine Behinderungen mit einem GdB von 40 zu gering bewertet seien. Das SG hat den HNO-Arzt Dr. P., den Hautarzt Dr. B. und den Hausarzt Dr. A. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. B. beschreibt eine Rhagadenbildung an beiden Händen im Sinne eines degenerativen Handekzems, die er mit einem GdB von 10 bewertet hat. Der behandelnde Hausarzt hat über einen im Vordergrund stehenden chronischen Spannungskopfschmerz, über desphorische Verstimmungszustände und eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit bei zeitlich weit zurückliegender Schädelhirnverletzung berichtet. Neben einem Kopfschmerzsyndrom und einer Gewebserkrankung des Gehirns, die er mit einem Teil-GdB von 30 bis 40 bewertet hat, lägen eine Schwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräuschen (Teil-GdB 20), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Knorpelschäden an beiden Kniegelenken, eine beginnende Hüftarthrose beidseits (Teil-GdB 30) und eine helicobacterpositive Gastritis und Milzvergrößerung (Teil-GdB 10) vor. Er hat die vorliegenden Einschränkungen mit einem GdB von 50 bewertet. Hierauf hat das SG die Orthopäden Dr. L. und Dr. N. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. L. hat aufgrund der von ihm am 17.07.2003 durchgeführten Untersuchung eine linkskonvexe Seitausbiegung mit Bandscheibenerniedrigung L5/S1, eine beginnende Coxarthrose beidseits und eine beginnende mediale Gonarthrose rechts festgestellt und hierfür einen GdB von 20 angegeben. Dr. N. hat mitgeteilt, den Kläger nur einmal am 01.08.2001 gesehen zu haben, mit diffusen Schmerzen am Knie und Sprunggelenk jeweils rechts.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines HNO-ärztlichen Fachgutachtens bei Dr. Z. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass die Einschätzung des GdB bezüglich der Hörstörung wegen der sehr ungenauen und schwer zu reproduzierenden Angaben nicht leicht falle. Näherungsweise könne aus dem Tonaudiogramm auf der Grundlage der Tabelle von Röser (1980) ein prozentualer Hörverlust von 25 bis 30 % rechts und ein solcher von maximal 20 % links bestimmt werden. Hieraus lasse sich ein GdB von 15 ableiten. Unter integrativer Berücksichtigung des seit vielen Jahren in unterschiedlicher Lautstärke wahrnehmbaren, vorwiegend rechtsseitigen Tinnitus schätze er den GdB auf insgesamt 20. Eine rechtsseitige Nasenatmungsbehinderung durch die Nasenscheidewandverbiegung rechtfertige einen GdB von maximal 10. Hinsichtlich der geklagten Schwindelbeschwerden handele es sich bei fehlenden klinischen wie messtechnischen Hinweisen am ehesten um Residuen einer früheren Schädelhirnverletzung und demzufolge um einen zentralbedingten Schwindel. Auch Überlagerungen durch Störungen der Halswirbelsäule bzw. der Durchblutung seien möglich. Eine Abklärung auf neurologischem bzw. orthopädischen Fachgebiet erscheine sinnvoll.

Das SG hat hierauf Dr. I., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Mannheim mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Die ihm angebotenen Termine hat der Kläger nicht wahrgenommen. Nach mündlicher Verhandlung am 17.03.2005, an der der Kläger nicht teilgenommen hat, hat das SG die Klage durch Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die festgestellte Schwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräuschen mit einem GdB von 20 zutreffend bewertet worden sei. Dies ergebe sich sowohl aus den Feststellungen des behandelnden HNO-Arztes als auch aus dem Gutachten von Dr. Z ... Die Bewertung der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und der Knorpelschäden an den Kniegelenken mit einem Teil-GdB von 20 sei von den behandelnden Orthopäden Dr. L. und Dr. N. in ihren Aussagen ebenfalls bestätigt worden. In Anbetracht der übereinstimmenden Beurteilung der Fachärzte und der von ihnen mitgeteilten Befunde, insbesondere der nicht stark ausgeprägten arthrotischen Veränderungen der Hüft- und Kniegelenke, sei ein höherer GdB nicht gerechtfertigt. Aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Klägers, der die vom Sachverständigen bestimmten Termine nicht wahrgenommen und die Schreiben des Gerichts nicht beantwortet habe, könne hinsichtlich des Kopfschmerzsyndroms und der Gewebserkrankung des Gehirns lediglich eine Entscheidung nach Aktenlage erfolgen. Der insoweit von der behandelnden Hausärztin mitgeteilte GdB von 30 bis 40 sei mangels ausreichender Befunde nicht nachvollziehbar. Allein der computertommographische Befund vom Oktober 1992 stelle keine ausreichende Grundlage für die Bewertung des GdB dar, denn hieraus ergebe sich nicht, welche Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund der beschriebenen Hirnsubstanzdefekte beim Kläger bestünden. Dass nähere Feststellungen hierzu nicht hätten getroffen werden können, gehe zu Lasten des Klägers.

Gegen das ihm am 10.06.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.06.2005 Berufung eingelegt. Eine Begründung der Berufung hat er trotz Aufforderung nicht vorgelegt. Der Senat hat Privatdozent Dr. E., Ltd. Oberarzt der Neurologischen Klinik am Klinikum der Stadt Mannheim, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Einen für 09.08.2007 anvisierten Untersuchungstermin hat der Kläger wiederum nicht wahrgenommen, ohne hierfür Gründe mitzuteilen. Auf die Aufforderung, sich mit der Klinik wegen einer erneuten Terminvereinbarung in Verbindung zu setzen, hat er ebenfalls nicht reagiert. Zum vom Berichterstatter anberaumten Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 19.03.2008 ist der Kläger, ohne eine Entschuldigung vorzubringen, ebenfalls nicht erschienen. Die Schreiben des Berichterstatters vom 26.03.2008 und 13.05.2008 blieben ebenfalls unbeantwortet. Mit letzterem, dem Kläger am 15.05.2008 zugestellt, wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht kommt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. März 2005 aufzuheben sowie den Bescheid vom 10. Januar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. August 2002 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen höheren Grad der Behinderung festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. März 2005 als unbegründet zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten, des SG Konstanz sowie auf die Senatsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Wegen der für die GdB-Feststellung erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften nimmt der Senat auf die Gründe des angefochtenen Urteils und die Begründung der streitgegenständlichen Bescheide Bezug und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich festzustellen, dass mittlerweile die im Wesentlichen mit den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) 2004 gleichlautenden AHP 2008 maßgebend sind.

Nach Auffassung des Senats ist die Berufung bereits aus den vom SG ausführlich und zutreffend dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit nimmt der Senat auch auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug und verzichtet auf deren erneute Darstellung (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass auch der Senat zur Klärung der Einschränkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durch das vom Beklagten berücksichtigte Kopfschmerzsyndrom bzw. die Gewebserkrankung des Gehirns eine fachneurologische Untersuchung und Begutachtung für erforderlich hält. Diese wurde erneut in vorliegendem Verfahren veranlasst, obwohl der Kläger die Termine für eine Begutachtung im erstinstanzlichen Verfahren nicht wahrgenommen hat. Doch auch die Untersuchung bei PD Dr. E. hat der Kläger nicht wahrgenommen, indem er dort ohne Mitteilung von Gründen nicht erschienen ist. Zu dem vom Berichterstatter hierauf bestimmten Termin zur Erörterung des Sachverhalts ist er wiederum unentschuldigt nicht erschienen. Auch auf die Verfügungen des Berichterstatters vom 26.03.2008 und 13.05.2008 hat er sich nicht mehr geäußert. Die für notwendig erachtete Aufklärung des Sachverhaltes auf neurologischem Fachgebiet konnte daher nicht erfolgen. Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass ausreichende Befunde nicht vorliegen, die eine höhere Bewertung der insoweit vorhandenen Einschränkungen rechtfertigen könnten, und dass der Kläger die Folgen der Nichterweislichkeit des von ihm behaupteten höheren GdB zu tragen hat. Nach Aktenlage ist der vom Beklagten gebildete Gesamt-GdB mit 40 auch nach Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der orthopädischen Einschränkungen und der Einschränkungen auf hno-fachärztlichem Gebiet mit jeweils einem Teil-GdB von 20 sowie des bereits angesprochenen Kopfschmerzsyndroms und der Gewebserkrankung des Gehirns (ebenfalls Teil-GdB 20) nicht zu beanstanden. Die darüber hinaus festgestellte chronische Bronchitis und die Rhagadenbildung an den Händen, die jeweils mit einem Teil-GdB 10 zu bewerten sind, führen dabei nicht zu einer weiteren Erhöhung des GdB (vgl. 19 (4) der AHP).

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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