Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 296/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3779/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.05.2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass an Stelle der Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 05.09.1999 hinaus belastungsabhängige Schmerzen sowie eine Kraftminderung der linken Hand als Unfallfolgen festgestellt werden.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Folgen des Unfalls vom 16.07.1998 streitig.
Der am 1959 geborene Kläger ist Linkshänder und hatte am 11.10.1987 bei einem privaten Sportunfall eine Navicularelängsfraktur links erlitten, die keine funktionellen Beeinträchtigungen oder Beschwerden hinterließ. Ab 1991 war er im Stahl- und Gewächshausbau selbständig tätig und bei der Beklagten seit 23.07.1996 als selbständiger Gewächshaus-/Metallbauer freiwillig versichert. Am 16.07.1998 stürzte er auf dem Weg zu einem Verkaufsgespräch und stützte sich dabei mit der linken Hand ab, wobei er sich eine Navicularequerfraktur links zuzog (Durchgangsarztbericht von Dr. St., Oberarzt der Chirurgischen Klinik am Krankenhaus Bad C.) mit Absprengung eines kleinen Fragments aus dem Os naviculare radialseitig (Kernspintomographie vom 11.01.1999), das am 04.03.1999 in der Chirurgischen Klinik des Krankenhauses Bad C. entfernt wurde. Im Zwischenbericht vom 06.04.1999 teilte Dr. St. mit, die beiden Frakturen könnten nicht in unmittelbaren Zusammenhang gebracht werden, es könne somit auch nicht von einer Refraktur gesprochen werden.
In der Folgezeit kam es zu persistierenden Schmerzen und einer Kraftminderung, ein neurologisches Korrelat fand sich nicht (Bericht der Ärztin für Neurologie Dr. Schi. vom Februar 1999). Bei einer am 06.05.1999 durchgeführten Nachuntersuchung in der B. Unfallklinik T. diagnostizierte deren Ärztlicher Direktor Prof. Dr. W. eine Dystrophie der linken Hand.
Nach einer vom 08.06. bis 17.06.1999 in der B. Unfallklinik durchgeführten stationären Behandlung und einer weiteren Untersuchung am 02.09.1999 stellte Prof. Dr. Scha. von der Abteilung Handchirurgie eine Besserung der Dystrophie der linken Hand fest. Die jetzigen Beschwerdeangaben des Klägers seien auf die vorbestehende Arthrose nach Kahnbeinbruch im Jahr 1987 zurückzuführen. Vom medizinischen Standpunkt bestehe Arbeitsfähigkeit ab 06.09.1999. Dem entsprechend gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24.11.2000 Verletztengeld für die Zeit vom 16.07.1998 bis 05.09.1999.
Im April 2000 erstattete Prof. Dr. B., Chefarzt der Radiologischen Abteilung der Städtischen Krankenanstalten E., im Auftrag der Beklagten ein Gutachten. Die Röntgenaufnahmen der Navicularelängsfraktur vom Oktober 1987 lagen ihm nicht vor. Er führte aus, die Röntgenaufnahmen vom Unfalltag (16.07.1998) zeigten vorbestehende arthrotische Veränderungen, die zu der protrahierten Beschwerdesymptomatik sicherlich auch beigetragen hätten.
Am 19.06.2000 erstattete Dr. C., Oberarzt und Leiter der Abteilung Unfallchirurgie am K.-O. Krankenhaus in S., ein erstes Rentengutachten im Auftrag der Beklagten. Auf Grund der nach dem Unfall von 1987 gefertigten Röntgenaufnahmen ergebe sich, dass damals eine Abscherfraktur des Scaphoid Typ A1-A2 (AO-Klassifikation) vorgelegen habe. Bei der Kahnbeinfraktur vom Juli 1998 handle es sich dagegen um einen verheilten Querbruch vom Typ der AO-Klassifikation B1. Dieser Unfall habe keine Stufenbildung, keine Pseudarthrose und keine Dystrophiezeichen hinterlassen. Der unter Stufenbildung verheilte A1- bis A2-Bruch des linken Kahnbeins aus dem Jahr 1987 habe die jetzt erkennbare leichte Arthrose zwischen Kahnbein und großem Vieleckbein des linken Handgelenks hinterlassen, sodass die jetzt geklagten Beschwerden und die Bewegungseinschränkung auf den Unfall von 1987 zurückzuführen seien.
Am 16.11.2000 erstattete Prof. Dr. H. , Ärztlicher Direktor des Zentrums für Chirurgie am K hospital in S., für die Privatversicherung des Klägers ein Gutachten. Er fand - ebenso wie Dr. G., Oberärztin am Zentrum für Radiologie am K hospital in S. - röntgenologisch keine Residuen einer stattgehabten Fraktur des linken Kahnbeins und im Bereich der Handwurzel keine Zeichen einer Arthrose. Insofern könne das Gutachten von Prof. Dr. B. nicht nachvollzogen werden. Als Unfallfolgen bestünden noch eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks nach kleiner knöcherner Absprengung am Os scaphoid sowie eine Kraftminderung der linken Hand.
Auf Veranlassung des Klägers äußerte sich Dr. St. unter dem 28.02.2001 gegenüber der Beklagten bezüglich der Folgen des Unfalls vom 16.07.1998. Er wies darauf hin, dass in keinem radiologischen Befund eine vorbestehende Arthrose beschrieben werde. Damit scheide ein Vorschaden auf Grund des Unfalls von 1987 als Ursache der jetzt bestehenden Beschwerden aus.
Mit Bescheid vom 26.07.2001 und Widerspruchsbescheid vom 19.12.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen über den 05.09.1999 hinaus ab, weil die nun beim Kläger bestehenden Beschwerden nicht mehr auf den Unfall vom 16.07.1998 zurückzuführen seien.
Dagegen hat der Kläger am 18.01.2002 Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben und vorgebracht, bis zum Unfall vom 16.07.1998 sei er voll und uneingeschränkt in seinem Beruf als Messebauer tätig gewesen und habe dort schwere körperliche Arbeiten verrichten können. Jetzt sei er nicht mehr arbeitsfähig.
Das Sozialgericht hat Dr. C. ergänzend gutachterlich gehört. Er hat ausgeführt, der Kahnbeinbruch im Jahr 1987 sei ausweislich der ihm vorliegenden Röntgenbilder des Krankenhauses S. aus dem Jahr 1987 ausgeheilt gewesen, jedoch eindeutig mit einer Dellenbildung in der körperfernen Kahnbeingelenkfläche und eine solche Dellenbildung sei eine praearthrotische Deformität, nämlich eine Veränderung, die - da sie das Gelenk betreffe - einen vorzeitigen Gelenkverschleiß erwarten lasse. Der Bruch aus dem Arbeitsunfall von 1998 sei allenfalls noch an einer diskreten Verdichtung andeutungsweise erkennbar. Hieraus ergebe sich keine Erklärung, dass dieser Bruch noch Beschwerden machen solle. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. St. ein Gutachten erstattet (mit Befundbericht der Radiologin Dr. Schn.). Er hat darauf hingewiesen, dass ein Vergleich der Aufnahmen vom Unfalltag (16.07.1998) zu den jetzigen Kontrollaufnahmen keinerlei Fortschreiten der minimalsten Veränderungen im beschriebenen distalen Naviculare-trapezium Gelenk ergebe. Als neue Veränderung bestehe jetzt lediglich laut neuerlichem MRT vom 27.07.2005 (Radiologin Dr. Schn.) eine allenfalls geringgradige perilunäre Arthrose, die durchaus der Zweitverletzung zuzuschreiben sei. Allerdings ließen sich die gravierenden subjektiven Klagen des Klägers nicht den radiologischen Veränderungen zuordnen. Die geklagten Beschwerden müssten eine andere Ursache haben. Dafür spreche auch, dass erst nach dem zweiten Unfall diese Symptomatik aufgetreten sei und der Kläger zuvor völlig schmerzfrei in seinem Beruf habe arbeiten können. Erklärbar wären die Beschwerden durch Narbenzüge, nervöse Störungen mit Verletzungen und Verwachsungen von kleinen Nervenfasern, die einfach nicht durch eine neurologische Untersuchung feststellbar seien.
Mit Urteil vom 30.05.2006 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des streitigen Bescheides verurteilt, dem Kläger auf Grund des Unfalls vom 16.07.1998 über den 05.09.1999 hinaus Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Gegen das am 03.07.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.07.2006 Berufung eingelegt. Ihrer Ansicht nach sind die vom Kläger über den 05.09.1999 hinaus geltend gemachten Beschwerden nicht auf den Arbeitsunfall vom 16.07.1998 zurückzuführen.
Die Beklagte beantragt.
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.05.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat ein Gutachten mit ergänzender Stellungnahme von Dr. Scho., Oberarzt an der Klinik für Handchirurgie des M hospitals S., eingeholt. Er hat ausgeführt, die bestehenden Funktionseinschränkungen und Beschwerden an der linken Hand seien mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 16.07.1998 zurückzuführen. Es lasse sich nur ein minimaler Gelenkverschleiß feststellen, der bereits zum Zeitpunkt des Unfalls vom Juli 1998 vorgelegen habe. Ein derart minimaler Befund sei nicht in der Lage, die geklagten Beschwerden des Klägers hervorzurufen. Die geklagten Beschwerden passten nicht zu den minimalen radiologischen Veränderungen. Das fortbestehende Schmerzsyndrom der linken Hand könne durchaus Folge der nach dem Arbeitsunfall durchgemachten Dystrophie sein, auch wenn von neurologischer Seite kein Anhalt für eine Läsion peripherer Nerven im Bereich der linken Hand vorliege. Es komme durchaus nicht selten vor, dass nach durchgemachten Dystrophien eine fortbestehende, teils auch dauerhafte Schmerzhaftigkeit verbleibe. Bereits in der BG-Unfallklinik T. sei von einem CRPS I (Complex Regional Pain Syndrome = komplexes regionales Schmerzsyndrom) ausgegangen worden.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nicht begründet.
Der Kläger erstrebt bei sachdienlicher Auslegung seines Klagebegehrens (§ 123 SGG) im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG die Aufhebung der weitere Leistungen ablehnenden Verwaltungsentscheidungen sowie die gerichtliche Feststellung von nach dem 05.09.1999 fortbestehenden Unfallfolgen. Denn er macht - nachdem die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen pauschal abgelehnt hat - keine konkreten Ansprüche auf bestimmte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (z. B. Heilbehandlung, Verletztengeld oder Verletztenrente) geltend. Vielmehr begehrt er zunächst nur eine Klärung von Grundlagen der in Frage kommenden Leistungsansprüche, hier des von der Beklagten verneinten Ursachenzusammenhanges zwischen dem erlittenen Arbeitsunfall und den von ihm geklagten Gesundheitsstörungen. Eine solche Klärung kann der Versicherte im Wege der Feststellungsklage herbeiführen. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2).
Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung belastungsabhängiger Schmerzen sowie einer Kraftminderung der linken Hand als Unfallfolge gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Dementsprechend fasst der Senat den Tenor des angefochtenen Urteils insoweit neu.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Nach diesen Maßstäben kommt der Senat im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass der Arbeitsunfall vom 16.07.1998 mit Wahrscheinlichkeit zu belastungsabhängigen Schmerzen sowie einer Kraftminderung der linken Hand geführt hat. Der Senat folgt hierbei den überzeugenden Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. St. und Dr. Scho ... Danach ist - so überzeugend Dr. Scho. - das beim Kläger fortbestehende Schmerzsyndrom auf die in Folge der Kahnbeinquerfraktur am 16.07.1998 entstandene Dystrophie zurückzuführen. So diagnostizierte Prof. Dr. W. bei der Untersuchung am 06.05.1999 eine Dystrophie der linken Hand mit livider Verfärbung der Hand. Im Bericht vom 19.08.1999 über die vom 08.06. bis 17.06.1999 in der B. Unfallklinik T. durchgeführte stationäre Behandlung wurde nach wie vor eine minimal livide Verfärbung der linken Hand sowie ein intermittierendes Taubheitsgefühl der Finger IV und V links mit deutlicher Kraftminderung in der linken Hand beschrieben. Insgesamt sei es beim Kläger während des stationären Heilverfahrens lediglich zu einer leichten Besserung der Beschwerden am linken Handgelenk gekommen und es bestehe noch ein belastungsabhängiges Schmerzsyndrom. Im Abschlussbericht vom 08.09.1999 berichtete Prof. Dr. Scha. nach der am 02.09.1999 durchgeführten ambulanten Untersuchung von einer Besserung der Dystrophie der linken Hand. Die Beschwerden dauerten indessen an. Dr. St. konnte nach Untersuchung des Klägers am 23.09.1999 im Vergleich zum Entlassungsbefund der BG Klinik T. vom 19.08.1999 keine wesentliche Verbesserung feststellen. Der Kläger klage immer noch über starke Schmerzen im Bereich des linken Handgelenkes sowie über eine deutliche Kraftminderung und Sensibilitätsstörungen. Dieses Schmerzsyndrom hat dann über die Jahre bis heute angehalten. So gab der Kläger u. a. bei der Begutachtung durch Dr. C. im Juni 2000 permanente Schmerzen im linken Handgelenk in Ruhe und bei Belastung sowie eine Kraftminderung der linken Hand an. Dieses Vorbringen des Klägers ist zum einen deshalb glaubhaft, weil in keinem der Gutachten Aggravations- oder Simulationstendenzen beschrieben werden und zum anderen weil die Handbeschwielung sowie die Fingerverarbeitungszeichen von Dr. C. als seitengleich zart mit verschmächtigter Handgelenksinnenmuskulatur links beschrieben werden. Auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. im November 2000 berichtete der Kläger über Schmerzen in der linken Hand mit Wetterfühligkeit und Prof. Dr. H. stellte einen links gegenüber rechts reduzierten Armumfang sowie eine rechts deutlich größere Kraftentfaltung als links fest. Bei der Begutachtung durch Dr. St. im August 2005 hat der Kläger angegeben, dass er seit der letzten Vorstellung im September 1999 keine Besserung der Beschwerden verspürt habe, diese seien eher schlimmer geworden und würden eigentlich bei jeglicher Tätigkeit auftreten. Dieses Vorbringen des Klägers wird wiederum durch den von Dr. St. erhobenen Befund einer leichten Muskelverschmächtigung des linken Armes sowie einer verminderten Beschwielung der linken Hand mit einer beim Faustschluss etwa zu 50 % reduzierten Kraftentfaltung in der linken Hand bestätigt. Von ständigen Schmerzen im Bereich des linken Handgelenks mit Kraftverlust hat der Kläger dann auch bei der Begutachtung durch Dr. Scho. im April 2007 berichtet. Auch hier hat sich nach dreimaliger Messung mit dem Dynamometer die grobe Kraft links als deutlich vermindert gezeigt.
Die beim Kläger vorliegenden lediglich minimalen radiologischen Veränderungen zwischen Skaphoid und Trapezium können dabei nicht für die bestehenden Schmerzen ursächlich sein. Der Senat folgt der Beurteilung der Sachverständigen Dr. St. und Dr. Scho ... Insbesondere Dr. St. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass bei nahezu jedem schwer arbeitenden Menschen nach langjähriger Arbeit eine Handgelenksarthrose festzustellen ist, die meist nur rein zufällig gefunden werde, also normalerweise zu keinen Beschwerden führt. So konnte auch der Kläger trotz des Unfalles im Jahre 1987 von 1991 bis zum Arbeitsunfall seine schwere Montagetätigkeit ausüben. Damit kann es dahingestellt bleiben, ob diese minimalsten radiologischen Veränderungen auf den privaten Unfall vom 11.10.1987 oder auf den Arbeitsunfall vom 16.07.1998 zurückzuführen sind.
Dr. Scho. kommt in seinem Gutachten vom 10.09.2007/21.01.2008 vielmehr zu dem für den Senat schlüssigen Ergebnis, dass beim Kläger ein CRPS I vorliegt. Zwar bereiten die klinischen Erscheinungsformen des CRPS I häufig diagnostische Schwierigkeiten, besonders wenn nicht - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - das typische Bild einer schmerzhaften, überwärmten, geschwollenen und in ihrer Bewegung eingeschränkten Extremität vorliegt und röntgenologisch keine fleckige Osteoporose nachweisbar ist. Zutreffend weist die Beklagte auch darauf hin, dass die in der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 472 ff.) geforderten besonderen Kennzeichen eines CRPS beim Kläger nicht alle vorliegen. Nach Schönberger/Mehrtens/Valentin (a. a. O.) wird das CRPS I definiert als eine an Weichteilen und Knochen ablaufende neurogene Durchblutungs- und Stoffwechselstörung mit Entzündungscharakter und der Neigung zur Chronizität. Als Symptome werden u. a. Schmerzen, Sensibilitätsstörungen, Verfärbung der Haut und Verminderung der groben Kraft gefordert. Diese Symptome lagen während des stationären Aufenthalts des Klägers vom 08.06. bis 17.06.1999 in der B. Unfallklinik T. vor. Prof. Dr. Scha. in der BG Unfallklinik in T. diagnostizierte im Mai 1999 eine Dystrophie der linken Hand nach Kahnbeinbruch und beschrieb in seinem Bericht vom 19.08.1999 eine livide Verfärbung der linken Hand und ein intermittierendes Taubheitsgefühl der Finger IV und V links mit deutlicher Verminderung der Kraft an der linken Hand. Dass die außerdem genannten Symptome wie Ödem, Temperaturdifferenz, gestörte Schweißsekretion, Paresen und Tremor nicht vorliegen, ist unschädlich, denn die Diagnose eines CRPS I ist - so überzeugend Dr. Scho. - eine klinische Diagnose, die vom erfahrenen Kliniker gestellt werden kann, auch wenn nicht alle Kriterien erfüllt werden, insbesondere weil das CRPS I in unterschiedlichen Ausprägungsgraden vorliegen kann. Zu Recht weist Dr. Scho. im Übrigen darauf hin, dass die von der Beklagten gerügte fehlende Nervenschädigung im Bereich des linken Handgelenks nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines CRPS I ist, weil eine Nervenläsion lediglich Voraussetzung für die Feststellung eines CRPS II ist.
Nicht zu folgen vermag der Senat der Beklagten insoweit, als diese darauf hinweist, dass der Befundbericht von Dr. Schi. gegen eine Verursachung der Schmerzzustände des Klägers durch den Arbeitsunfall von 1998 spreche. Zum einen folgt der Senat bezüglich der Diagnosestellung den Ausführungen von Dr. Scho., zum anderen hat Dr. Schi. in ihrem Befundbericht vom 05.02.1999 nicht - wie die Beklagte angibt - eine traumatische Schädigung der Nerven der linken Hand durch den Unfall vom Juli 1998 verneint, sondern sie hat lediglich für eine Schädigung der Nerven keinen Anhalt gefunden.
Weiter ist zwar richtig, dass - wie die Beklagte zur Berufungsbegründung vorträgt - Dr. C. im Gutachten vom 19.06.2000 auf Grund der radiologischen Befunde von einer knöchern in achsengerechter Stellung verheilten Fraktur vom 16.07.1998 gesprochen hat. Der Senat ist jedoch - wie oben ausgeführt - der Auffassung, dass sich die seit dem Arbeitsunfall vom Juli 1998 bestehenden Beschwerden des Klägers nicht auf Grund knöcherner Fehlverwachsungen ergeben, sondern dass sich beim Kläger ein CRPS I entwickelt hat. Auch das Vorbringen der Beklagten zum radiologischen Befundbericht von Dr. Schn., wonach sich zwischenzeitlich eine Arthrose im Bereich des Os lunatum neu entwickelt habe und diese auf Grund der seit langem geklagten Beschwerdesymptomatik nicht ursächlich für diese sein könne, ist richtig. Jedoch geht der Senat - wie bereits oben ausgeführt - ohnehin nicht davon aus, dass die minimalsten radiologischen Veränderungen beim Kläger zu den seit dem Unfall vom Juli 1998 bestehenden Beschwerden geführt haben.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Folgen des Unfalls vom 16.07.1998 streitig.
Der am 1959 geborene Kläger ist Linkshänder und hatte am 11.10.1987 bei einem privaten Sportunfall eine Navicularelängsfraktur links erlitten, die keine funktionellen Beeinträchtigungen oder Beschwerden hinterließ. Ab 1991 war er im Stahl- und Gewächshausbau selbständig tätig und bei der Beklagten seit 23.07.1996 als selbständiger Gewächshaus-/Metallbauer freiwillig versichert. Am 16.07.1998 stürzte er auf dem Weg zu einem Verkaufsgespräch und stützte sich dabei mit der linken Hand ab, wobei er sich eine Navicularequerfraktur links zuzog (Durchgangsarztbericht von Dr. St., Oberarzt der Chirurgischen Klinik am Krankenhaus Bad C.) mit Absprengung eines kleinen Fragments aus dem Os naviculare radialseitig (Kernspintomographie vom 11.01.1999), das am 04.03.1999 in der Chirurgischen Klinik des Krankenhauses Bad C. entfernt wurde. Im Zwischenbericht vom 06.04.1999 teilte Dr. St. mit, die beiden Frakturen könnten nicht in unmittelbaren Zusammenhang gebracht werden, es könne somit auch nicht von einer Refraktur gesprochen werden.
In der Folgezeit kam es zu persistierenden Schmerzen und einer Kraftminderung, ein neurologisches Korrelat fand sich nicht (Bericht der Ärztin für Neurologie Dr. Schi. vom Februar 1999). Bei einer am 06.05.1999 durchgeführten Nachuntersuchung in der B. Unfallklinik T. diagnostizierte deren Ärztlicher Direktor Prof. Dr. W. eine Dystrophie der linken Hand.
Nach einer vom 08.06. bis 17.06.1999 in der B. Unfallklinik durchgeführten stationären Behandlung und einer weiteren Untersuchung am 02.09.1999 stellte Prof. Dr. Scha. von der Abteilung Handchirurgie eine Besserung der Dystrophie der linken Hand fest. Die jetzigen Beschwerdeangaben des Klägers seien auf die vorbestehende Arthrose nach Kahnbeinbruch im Jahr 1987 zurückzuführen. Vom medizinischen Standpunkt bestehe Arbeitsfähigkeit ab 06.09.1999. Dem entsprechend gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24.11.2000 Verletztengeld für die Zeit vom 16.07.1998 bis 05.09.1999.
Im April 2000 erstattete Prof. Dr. B., Chefarzt der Radiologischen Abteilung der Städtischen Krankenanstalten E., im Auftrag der Beklagten ein Gutachten. Die Röntgenaufnahmen der Navicularelängsfraktur vom Oktober 1987 lagen ihm nicht vor. Er führte aus, die Röntgenaufnahmen vom Unfalltag (16.07.1998) zeigten vorbestehende arthrotische Veränderungen, die zu der protrahierten Beschwerdesymptomatik sicherlich auch beigetragen hätten.
Am 19.06.2000 erstattete Dr. C., Oberarzt und Leiter der Abteilung Unfallchirurgie am K.-O. Krankenhaus in S., ein erstes Rentengutachten im Auftrag der Beklagten. Auf Grund der nach dem Unfall von 1987 gefertigten Röntgenaufnahmen ergebe sich, dass damals eine Abscherfraktur des Scaphoid Typ A1-A2 (AO-Klassifikation) vorgelegen habe. Bei der Kahnbeinfraktur vom Juli 1998 handle es sich dagegen um einen verheilten Querbruch vom Typ der AO-Klassifikation B1. Dieser Unfall habe keine Stufenbildung, keine Pseudarthrose und keine Dystrophiezeichen hinterlassen. Der unter Stufenbildung verheilte A1- bis A2-Bruch des linken Kahnbeins aus dem Jahr 1987 habe die jetzt erkennbare leichte Arthrose zwischen Kahnbein und großem Vieleckbein des linken Handgelenks hinterlassen, sodass die jetzt geklagten Beschwerden und die Bewegungseinschränkung auf den Unfall von 1987 zurückzuführen seien.
Am 16.11.2000 erstattete Prof. Dr. H. , Ärztlicher Direktor des Zentrums für Chirurgie am K hospital in S., für die Privatversicherung des Klägers ein Gutachten. Er fand - ebenso wie Dr. G., Oberärztin am Zentrum für Radiologie am K hospital in S. - röntgenologisch keine Residuen einer stattgehabten Fraktur des linken Kahnbeins und im Bereich der Handwurzel keine Zeichen einer Arthrose. Insofern könne das Gutachten von Prof. Dr. B. nicht nachvollzogen werden. Als Unfallfolgen bestünden noch eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks nach kleiner knöcherner Absprengung am Os scaphoid sowie eine Kraftminderung der linken Hand.
Auf Veranlassung des Klägers äußerte sich Dr. St. unter dem 28.02.2001 gegenüber der Beklagten bezüglich der Folgen des Unfalls vom 16.07.1998. Er wies darauf hin, dass in keinem radiologischen Befund eine vorbestehende Arthrose beschrieben werde. Damit scheide ein Vorschaden auf Grund des Unfalls von 1987 als Ursache der jetzt bestehenden Beschwerden aus.
Mit Bescheid vom 26.07.2001 und Widerspruchsbescheid vom 19.12.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen über den 05.09.1999 hinaus ab, weil die nun beim Kläger bestehenden Beschwerden nicht mehr auf den Unfall vom 16.07.1998 zurückzuführen seien.
Dagegen hat der Kläger am 18.01.2002 Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben und vorgebracht, bis zum Unfall vom 16.07.1998 sei er voll und uneingeschränkt in seinem Beruf als Messebauer tätig gewesen und habe dort schwere körperliche Arbeiten verrichten können. Jetzt sei er nicht mehr arbeitsfähig.
Das Sozialgericht hat Dr. C. ergänzend gutachterlich gehört. Er hat ausgeführt, der Kahnbeinbruch im Jahr 1987 sei ausweislich der ihm vorliegenden Röntgenbilder des Krankenhauses S. aus dem Jahr 1987 ausgeheilt gewesen, jedoch eindeutig mit einer Dellenbildung in der körperfernen Kahnbeingelenkfläche und eine solche Dellenbildung sei eine praearthrotische Deformität, nämlich eine Veränderung, die - da sie das Gelenk betreffe - einen vorzeitigen Gelenkverschleiß erwarten lasse. Der Bruch aus dem Arbeitsunfall von 1998 sei allenfalls noch an einer diskreten Verdichtung andeutungsweise erkennbar. Hieraus ergebe sich keine Erklärung, dass dieser Bruch noch Beschwerden machen solle. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. St. ein Gutachten erstattet (mit Befundbericht der Radiologin Dr. Schn.). Er hat darauf hingewiesen, dass ein Vergleich der Aufnahmen vom Unfalltag (16.07.1998) zu den jetzigen Kontrollaufnahmen keinerlei Fortschreiten der minimalsten Veränderungen im beschriebenen distalen Naviculare-trapezium Gelenk ergebe. Als neue Veränderung bestehe jetzt lediglich laut neuerlichem MRT vom 27.07.2005 (Radiologin Dr. Schn.) eine allenfalls geringgradige perilunäre Arthrose, die durchaus der Zweitverletzung zuzuschreiben sei. Allerdings ließen sich die gravierenden subjektiven Klagen des Klägers nicht den radiologischen Veränderungen zuordnen. Die geklagten Beschwerden müssten eine andere Ursache haben. Dafür spreche auch, dass erst nach dem zweiten Unfall diese Symptomatik aufgetreten sei und der Kläger zuvor völlig schmerzfrei in seinem Beruf habe arbeiten können. Erklärbar wären die Beschwerden durch Narbenzüge, nervöse Störungen mit Verletzungen und Verwachsungen von kleinen Nervenfasern, die einfach nicht durch eine neurologische Untersuchung feststellbar seien.
Mit Urteil vom 30.05.2006 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des streitigen Bescheides verurteilt, dem Kläger auf Grund des Unfalls vom 16.07.1998 über den 05.09.1999 hinaus Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Gegen das am 03.07.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.07.2006 Berufung eingelegt. Ihrer Ansicht nach sind die vom Kläger über den 05.09.1999 hinaus geltend gemachten Beschwerden nicht auf den Arbeitsunfall vom 16.07.1998 zurückzuführen.
Die Beklagte beantragt.
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.05.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat ein Gutachten mit ergänzender Stellungnahme von Dr. Scho., Oberarzt an der Klinik für Handchirurgie des M hospitals S., eingeholt. Er hat ausgeführt, die bestehenden Funktionseinschränkungen und Beschwerden an der linken Hand seien mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 16.07.1998 zurückzuführen. Es lasse sich nur ein minimaler Gelenkverschleiß feststellen, der bereits zum Zeitpunkt des Unfalls vom Juli 1998 vorgelegen habe. Ein derart minimaler Befund sei nicht in der Lage, die geklagten Beschwerden des Klägers hervorzurufen. Die geklagten Beschwerden passten nicht zu den minimalen radiologischen Veränderungen. Das fortbestehende Schmerzsyndrom der linken Hand könne durchaus Folge der nach dem Arbeitsunfall durchgemachten Dystrophie sein, auch wenn von neurologischer Seite kein Anhalt für eine Läsion peripherer Nerven im Bereich der linken Hand vorliege. Es komme durchaus nicht selten vor, dass nach durchgemachten Dystrophien eine fortbestehende, teils auch dauerhafte Schmerzhaftigkeit verbleibe. Bereits in der BG-Unfallklinik T. sei von einem CRPS I (Complex Regional Pain Syndrome = komplexes regionales Schmerzsyndrom) ausgegangen worden.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nicht begründet.
Der Kläger erstrebt bei sachdienlicher Auslegung seines Klagebegehrens (§ 123 SGG) im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG die Aufhebung der weitere Leistungen ablehnenden Verwaltungsentscheidungen sowie die gerichtliche Feststellung von nach dem 05.09.1999 fortbestehenden Unfallfolgen. Denn er macht - nachdem die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen pauschal abgelehnt hat - keine konkreten Ansprüche auf bestimmte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (z. B. Heilbehandlung, Verletztengeld oder Verletztenrente) geltend. Vielmehr begehrt er zunächst nur eine Klärung von Grundlagen der in Frage kommenden Leistungsansprüche, hier des von der Beklagten verneinten Ursachenzusammenhanges zwischen dem erlittenen Arbeitsunfall und den von ihm geklagten Gesundheitsstörungen. Eine solche Klärung kann der Versicherte im Wege der Feststellungsklage herbeiführen. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2).
Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung belastungsabhängiger Schmerzen sowie einer Kraftminderung der linken Hand als Unfallfolge gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Dementsprechend fasst der Senat den Tenor des angefochtenen Urteils insoweit neu.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Nach diesen Maßstäben kommt der Senat im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass der Arbeitsunfall vom 16.07.1998 mit Wahrscheinlichkeit zu belastungsabhängigen Schmerzen sowie einer Kraftminderung der linken Hand geführt hat. Der Senat folgt hierbei den überzeugenden Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. St. und Dr. Scho ... Danach ist - so überzeugend Dr. Scho. - das beim Kläger fortbestehende Schmerzsyndrom auf die in Folge der Kahnbeinquerfraktur am 16.07.1998 entstandene Dystrophie zurückzuführen. So diagnostizierte Prof. Dr. W. bei der Untersuchung am 06.05.1999 eine Dystrophie der linken Hand mit livider Verfärbung der Hand. Im Bericht vom 19.08.1999 über die vom 08.06. bis 17.06.1999 in der B. Unfallklinik T. durchgeführte stationäre Behandlung wurde nach wie vor eine minimal livide Verfärbung der linken Hand sowie ein intermittierendes Taubheitsgefühl der Finger IV und V links mit deutlicher Kraftminderung in der linken Hand beschrieben. Insgesamt sei es beim Kläger während des stationären Heilverfahrens lediglich zu einer leichten Besserung der Beschwerden am linken Handgelenk gekommen und es bestehe noch ein belastungsabhängiges Schmerzsyndrom. Im Abschlussbericht vom 08.09.1999 berichtete Prof. Dr. Scha. nach der am 02.09.1999 durchgeführten ambulanten Untersuchung von einer Besserung der Dystrophie der linken Hand. Die Beschwerden dauerten indessen an. Dr. St. konnte nach Untersuchung des Klägers am 23.09.1999 im Vergleich zum Entlassungsbefund der BG Klinik T. vom 19.08.1999 keine wesentliche Verbesserung feststellen. Der Kläger klage immer noch über starke Schmerzen im Bereich des linken Handgelenkes sowie über eine deutliche Kraftminderung und Sensibilitätsstörungen. Dieses Schmerzsyndrom hat dann über die Jahre bis heute angehalten. So gab der Kläger u. a. bei der Begutachtung durch Dr. C. im Juni 2000 permanente Schmerzen im linken Handgelenk in Ruhe und bei Belastung sowie eine Kraftminderung der linken Hand an. Dieses Vorbringen des Klägers ist zum einen deshalb glaubhaft, weil in keinem der Gutachten Aggravations- oder Simulationstendenzen beschrieben werden und zum anderen weil die Handbeschwielung sowie die Fingerverarbeitungszeichen von Dr. C. als seitengleich zart mit verschmächtigter Handgelenksinnenmuskulatur links beschrieben werden. Auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. im November 2000 berichtete der Kläger über Schmerzen in der linken Hand mit Wetterfühligkeit und Prof. Dr. H. stellte einen links gegenüber rechts reduzierten Armumfang sowie eine rechts deutlich größere Kraftentfaltung als links fest. Bei der Begutachtung durch Dr. St. im August 2005 hat der Kläger angegeben, dass er seit der letzten Vorstellung im September 1999 keine Besserung der Beschwerden verspürt habe, diese seien eher schlimmer geworden und würden eigentlich bei jeglicher Tätigkeit auftreten. Dieses Vorbringen des Klägers wird wiederum durch den von Dr. St. erhobenen Befund einer leichten Muskelverschmächtigung des linken Armes sowie einer verminderten Beschwielung der linken Hand mit einer beim Faustschluss etwa zu 50 % reduzierten Kraftentfaltung in der linken Hand bestätigt. Von ständigen Schmerzen im Bereich des linken Handgelenks mit Kraftverlust hat der Kläger dann auch bei der Begutachtung durch Dr. Scho. im April 2007 berichtet. Auch hier hat sich nach dreimaliger Messung mit dem Dynamometer die grobe Kraft links als deutlich vermindert gezeigt.
Die beim Kläger vorliegenden lediglich minimalen radiologischen Veränderungen zwischen Skaphoid und Trapezium können dabei nicht für die bestehenden Schmerzen ursächlich sein. Der Senat folgt der Beurteilung der Sachverständigen Dr. St. und Dr. Scho ... Insbesondere Dr. St. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass bei nahezu jedem schwer arbeitenden Menschen nach langjähriger Arbeit eine Handgelenksarthrose festzustellen ist, die meist nur rein zufällig gefunden werde, also normalerweise zu keinen Beschwerden führt. So konnte auch der Kläger trotz des Unfalles im Jahre 1987 von 1991 bis zum Arbeitsunfall seine schwere Montagetätigkeit ausüben. Damit kann es dahingestellt bleiben, ob diese minimalsten radiologischen Veränderungen auf den privaten Unfall vom 11.10.1987 oder auf den Arbeitsunfall vom 16.07.1998 zurückzuführen sind.
Dr. Scho. kommt in seinem Gutachten vom 10.09.2007/21.01.2008 vielmehr zu dem für den Senat schlüssigen Ergebnis, dass beim Kläger ein CRPS I vorliegt. Zwar bereiten die klinischen Erscheinungsformen des CRPS I häufig diagnostische Schwierigkeiten, besonders wenn nicht - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - das typische Bild einer schmerzhaften, überwärmten, geschwollenen und in ihrer Bewegung eingeschränkten Extremität vorliegt und röntgenologisch keine fleckige Osteoporose nachweisbar ist. Zutreffend weist die Beklagte auch darauf hin, dass die in der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 472 ff.) geforderten besonderen Kennzeichen eines CRPS beim Kläger nicht alle vorliegen. Nach Schönberger/Mehrtens/Valentin (a. a. O.) wird das CRPS I definiert als eine an Weichteilen und Knochen ablaufende neurogene Durchblutungs- und Stoffwechselstörung mit Entzündungscharakter und der Neigung zur Chronizität. Als Symptome werden u. a. Schmerzen, Sensibilitätsstörungen, Verfärbung der Haut und Verminderung der groben Kraft gefordert. Diese Symptome lagen während des stationären Aufenthalts des Klägers vom 08.06. bis 17.06.1999 in der B. Unfallklinik T. vor. Prof. Dr. Scha. in der BG Unfallklinik in T. diagnostizierte im Mai 1999 eine Dystrophie der linken Hand nach Kahnbeinbruch und beschrieb in seinem Bericht vom 19.08.1999 eine livide Verfärbung der linken Hand und ein intermittierendes Taubheitsgefühl der Finger IV und V links mit deutlicher Verminderung der Kraft an der linken Hand. Dass die außerdem genannten Symptome wie Ödem, Temperaturdifferenz, gestörte Schweißsekretion, Paresen und Tremor nicht vorliegen, ist unschädlich, denn die Diagnose eines CRPS I ist - so überzeugend Dr. Scho. - eine klinische Diagnose, die vom erfahrenen Kliniker gestellt werden kann, auch wenn nicht alle Kriterien erfüllt werden, insbesondere weil das CRPS I in unterschiedlichen Ausprägungsgraden vorliegen kann. Zu Recht weist Dr. Scho. im Übrigen darauf hin, dass die von der Beklagten gerügte fehlende Nervenschädigung im Bereich des linken Handgelenks nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines CRPS I ist, weil eine Nervenläsion lediglich Voraussetzung für die Feststellung eines CRPS II ist.
Nicht zu folgen vermag der Senat der Beklagten insoweit, als diese darauf hinweist, dass der Befundbericht von Dr. Schi. gegen eine Verursachung der Schmerzzustände des Klägers durch den Arbeitsunfall von 1998 spreche. Zum einen folgt der Senat bezüglich der Diagnosestellung den Ausführungen von Dr. Scho., zum anderen hat Dr. Schi. in ihrem Befundbericht vom 05.02.1999 nicht - wie die Beklagte angibt - eine traumatische Schädigung der Nerven der linken Hand durch den Unfall vom Juli 1998 verneint, sondern sie hat lediglich für eine Schädigung der Nerven keinen Anhalt gefunden.
Weiter ist zwar richtig, dass - wie die Beklagte zur Berufungsbegründung vorträgt - Dr. C. im Gutachten vom 19.06.2000 auf Grund der radiologischen Befunde von einer knöchern in achsengerechter Stellung verheilten Fraktur vom 16.07.1998 gesprochen hat. Der Senat ist jedoch - wie oben ausgeführt - der Auffassung, dass sich die seit dem Arbeitsunfall vom Juli 1998 bestehenden Beschwerden des Klägers nicht auf Grund knöcherner Fehlverwachsungen ergeben, sondern dass sich beim Kläger ein CRPS I entwickelt hat. Auch das Vorbringen der Beklagten zum radiologischen Befundbericht von Dr. Schn., wonach sich zwischenzeitlich eine Arthrose im Bereich des Os lunatum neu entwickelt habe und diese auf Grund der seit langem geklagten Beschwerdesymptomatik nicht ursächlich für diese sein könne, ist richtig. Jedoch geht der Senat - wie bereits oben ausgeführt - ohnehin nicht davon aus, dass die minimalsten radiologischen Veränderungen beim Kläger zu den seit dem Unfall vom Juli 1998 bestehenden Beschwerden geführt haben.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
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