Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 4218/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 5649/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.09.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1950 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Er war von 1976 bis 1995 als Druckereihelfer beschäftigt, anschließend war er arbeitslos.
Am 09.02.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung und wies auf ein seit 1992 bestehendes HWS- und LWS-Syndrom sowie eine Schultersteife links hin.
Nach Beiziehung ärztlicher Befundberichte ließ die Beklagte den Kläger von dem Arzt für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. Schl. untersuchen. Dieser diagnostizierte im Gutachten vom 01.04.2005 ein langjähriges Schulter-Arm-Syndrom links mit mäßiger Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks, ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei mäßigen degenerativen Veränderungen sowie eine unter Medikation deutlich rückläufige depressive Episode, eine somatoforme Schmerzstörung sowie eine geringgradige Polyneuropathie. Nebenbefundlich wurde ein nicht medikamentenpflichtiger Diabetes mellitus sowie ein fortbestehender Nikotin- und mäßiggradiger Alkoholkonsum und ein beginnender Morbus Dupuytren angegeben. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Vermeidung von längeren Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie Arbeiten in und über Kopfhöhe links, unter Vermeidung von Alkoholkontakt und von Arbeit mit besonderen Anforderungen an die psychische Stabilität, ohne Nachtschicht oder wechselnde Schichtzeiten sechs Stunden täglich und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 04.04.2005 und Widerspruchsbescheid vom 23.09.2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Dagegen hat der Kläger am 24.10.2005 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, das die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört hat. Der Internist M. hat darauf hingewiesen, dass die Hauptbeschwerden des Klägers im orthopädischen und psychiatrischen Bereich lägen und hat keine Beurteilung der Leistungsfähigkeit abgegeben. Der Neurologe und Psychiater Dr. D. hat unter dem 30.01.2006 vom Vorliegen einer reaktiven Depression berichtet und psychisch nicht belastende Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich für zumutbar gehalten.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Orthopäden Dr. J., Oberarzt der Orthopädischen Klinik an den St. V.-Kliniken K. eingeholt. Er hat im Wesentlichen eine leichte Fehlstatik im Bereich der Wirbelsäule, eine mäßig vermehrte Brustwirbelsäulenkyphose, eine geringe Einschränkung der Seitneigung sowie Rotation der Brust- und Lendenwirbelsäule, eine leichte Verschmächtigung der schulterumspannenden Muskulatur beidseits mit auffällig eingeschränkter Schultergelenksbeweglichkeit und röntgenologisch nachgewiesenen leichten degenerativen Schultergelenksveränderungen sowie im Bereich beider Hohlhände eine Dupuytren’sche Kontraktur ohne Funktionsdefizit der Finger diagnostiziert. Der Kläger könne noch leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 12 kg unter Vermeidung von häufigen Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung und in Wirbelsäulenzwangshaltungen, Über-Kopf-Arbeiten beidseits, Zwangshaltungen der Arme sowie wiederkehrende Arbeiten in der Hocke und im Knien mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Weiter hat das Sozialgericht ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. W. eingeholt. Er hat eine Dysthymie, einen Alkoholmissbrauch, ein Nikotinabhängigkeitssyndrom sowie eine beginnende, rein sensible alkoholtoxische Polyneuropathie ohne motorische Störungen im Sinne von Lähmungen diagnostiziert. Leichte und teilweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis maximal 12 kg, ohne Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung und Wirbelsäulenzwangshaltung, ohne Über-Kopf-Arbeiten beidseits, Zwangshaltungen der Arme sowie wiederkehrende Arbeiten in der Hocke und im Knien, unter Vermeidung von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie von Schicht-, Akkord- und Nachtarbeit könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich ausführen.
Mit Urteil vom 07.09.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gem. § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1 SGB VI). Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag verrichten. Dies ergebe sich überzeugend aus den Gutachten des Dr. J. und des Dr. W ...
Gegen das am 10.10.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.11.2006 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, er sei keinesfalls in der Lage, Gegenstände bis zu 12 kg zu heben und zu tragen. Im Übrigen sei die bei ihm bestehende Depression nicht ausreichend berücksichtigt worden, insbesondere dass sich bei seiner stetig verschlechternden sozialen Situation eine latente Suizidalität entwickelt habe. Außerdem habe sich seine psychische Erkrankung weiter verschlechtert und es seien verstärkte Lähmungserscheinungen an der linken Hand aufgetreten. Zudem halte Dr. Schl. in seinem Gutachten Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die psychische Stabilität nicht mehr für zumutbar, weshalb es der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedürfe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.09.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.02.2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Dr. D. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat vom Vorliegen einer mittelschweren depressiven Verstimmung und einer chronifizierten Anpassungsstörung berichtet. Der Kläger sei nicht mehr dazu in der Lage, täglich sechs Stunden und mehr zu arbeiten. Der Gesundheitszustand des Klägers habe sich im Laufe des letzten Jahres eher noch verschlechtert. Die depressiven Stimmungsschwankungen seien häufiger geworden, dabei sei von Zeit zu Zeit eine latente Suizidalität spürbar. Vor allem seine schwierige soziale Situation scheine den Kläger immer stärker zu belasten.
Der Senat hat den Kläger erneut durch Dr. W. begutachten lassen. Er hat eine anhaltende affektive Störung im Sinne einer Dysthymie diagnostiziert. Gelegentlich steigere sich die Dysthymie zu einer depressiven Episode, derzeit am ehesten i. S. einer leichten Episode. Darüber hinaus bestünden Anpassungsstörungen, ein Zustand nach Alkoholmissbrauch und ein Nikotinabhängigkeitssyndrom sowie Zeichen einer leichten, rein sensiblen Polyneuropathie im Bereich der linken Fußsohle sowie ein chronischer Wirbelsäulenschmerz im Sinne einer Lumbago ohne neurologische Reiz- oder Ausfallserscheinungen. Der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten über 12 kg, ohne Wirbelsäulenzwangshaltung und Über-Kopf-Arbeiten sowie ohne Arbeiten unter Schicht-, Akkord- und Nachtarbeitsbedingungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Hierzu hat sich Dr. D. dahingehend geäußert, dass er sich den diagnostischen Überlegungen von Dr. W. anschließe, allerdings auf Grund der chronifizierten depressiven Verstimmung auch leichte berufliche Tätigkeiten nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich für zumutbar halte. Er hat den Arztbrief von Prof. Dr. E., Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Städtischen Klinikum K., über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 16.07. bis 14.08.2007 beigefügt (Diagnose: mittelschwere depressive Episode, schädlicher Gebrauch von Alkohol, Sigma Divertikulose - Entlassung in psychisch gut stabilisiertem Zustand).
Der Senat hat noch den Internisten M. unter dem 06.01.2008 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat eine Behandlung des Klägers wegen eines diätetischen Diabetes mellitus, einer Blutstoffwechselstörung, Gallensteinen, chronischen Skelettschmerzen, einer psychoreaktiven Entwicklung mit depressiven und aggressiven Elementen sowie eines Zustandes nach Alkoholabusus angegeben.
Weiter hat der Senat die Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Städtischen Klinikum K., P.-B. schriftlich als sachverständige Zeugin gehört. Sie hat sich nicht in der Lage gesehen, auf Grund der stationären Behandlung des Klägers Aussagen zu dessen beruflicher Leistungsfähigkeit zu machen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt (§§ 43, 240 SGB VI) und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten und die Ermittlungen des Senats im Berufungsverfahren noch auszuführen: Auch auf Grund des weiteren bei Dr. W. im Oktober 2007 eingeholten Gutachtens ergibt sich für den Senat überzeugend, dass der Kläger nach wie vor trotz der bei ihm vorliegenden anhaltenden affektiven depressiv getönten Verstimmung im Sinne einer Dysthymie, die sich episodisch auch zu einer echten depressiven Episode steigern kann, sowie der chronischen Schmerzsymptomatik im Bereich der Wirbelsäule leichte körperliche Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten über 12 kg, ohne Wirbelsäulenzwangshaltung, Über-Kopf-Arbeiten, Arbeiten unter Schicht-, Akkord- und Nachtarbeitsbedingungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann. Nicht zu folgen vermag der Senat der Auffassung von Dr. D., der lediglich leichte berufliche Tätigkeiten unter sechs Stunden täglich für zumutbar hält, obwohl er sich den diagnostischen Überlegungen von Dr. W. anschließt. Diese Leistungsbeurteilung ist insbesondere deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Kläger - worauf Dr. W. zu Recht hinweist - den Haushalt versorgt, einkauft, kocht und durchaus seinen Tag strukturiert. Eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht aus der sachverständigen Zeugenaussage des Internisten M. vom 06.01.2008. Dieser weist erneut wie bereits gegenüber dem Sozialgericht auf die im Vordergrund stehende psychische Störung hin und berichtet über die von ihm behandelnden Dauerdiagnosen diätetischer Diabetes mellitus, Blutstoffwechselstörung und Gallensteine. Hierzu hatte der Internist M. bereits in der sachverständigen Zeugenaussage vom 12.12.2005 ausgeführt, dass die Befunde aus dem hausärztlich internistischen Bereich einen diätetisch ausgezeichnet eingestellten Diabetes mellitus, noch erhöhte Blutfette ergeben hätten, ohne dass die Notwendigkeit einer Behandlung mit Medikamenten vorliege. Auch aus den in der Anlage zur Aussage vom 06.01.2008 erwähnten Diagnosen ergeben sich keine quantitativen Leistungseinschränkungen. Im Vordergrund dieser Aufstellung stehen auch die psychischen Beschwerden des Klägers.
Auch aus der sachverständigen Zeugenaussage der Ärztin für Psychiatrie und Neurologie P.-B. und dem von ihr beigefügten Bericht vom 10.09.2007 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 16.07. bis 14.08.2007 in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Städtischen Klinikum K. ergeben sich keine quantitativen Leistungseinschränkungen. Die Oberärztin P.-B. gibt zwar keine Leistungsbeurteilung ab, jedoch ist dem Bericht über die stationäre Behandlung zu entnehmen, dass der Kläger dort in psychisch gut stabilisiertem Zustand entlassen wurde. Außerdem wurde der Kläger am 27.09.2007, also kurz danach, von Dr. W. begutachtet, der von einer täglichen Leistungsfähigkeit von über sechs Stunden ausgegangen ist. Die während der stationären Behandlung diagnostizierte Sigma Divertikulose wurde mittels Schlingenektomie behandelt und ergab keinen Anhalt für eine Malignität.
Entgegen der Auffassung des Klägers bedarf es im vorliegenden Fall nicht der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, etwa weil er sich nicht auf die Aufnahme einer Tätigkeit umstellen könnte. So hat Dr. Schl. in seinem Gutachten vom 31.03.2005, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, lediglich Tätigkeiten ausgeschlossen die besondere Anforderungen an die psychische Stabilität stellen. Zudem hat Dr. W. als Fachgutachter in beiden Gutachten das Fehlen einer Umstellungsfähigkeit nicht erwähnt. Auch hat er im Gutachten vom 06.10.2007 das Vorliegen von Lähmungen verneint und von keiner Suizidalität berichtet.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1950 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Er war von 1976 bis 1995 als Druckereihelfer beschäftigt, anschließend war er arbeitslos.
Am 09.02.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung und wies auf ein seit 1992 bestehendes HWS- und LWS-Syndrom sowie eine Schultersteife links hin.
Nach Beiziehung ärztlicher Befundberichte ließ die Beklagte den Kläger von dem Arzt für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. Schl. untersuchen. Dieser diagnostizierte im Gutachten vom 01.04.2005 ein langjähriges Schulter-Arm-Syndrom links mit mäßiger Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks, ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei mäßigen degenerativen Veränderungen sowie eine unter Medikation deutlich rückläufige depressive Episode, eine somatoforme Schmerzstörung sowie eine geringgradige Polyneuropathie. Nebenbefundlich wurde ein nicht medikamentenpflichtiger Diabetes mellitus sowie ein fortbestehender Nikotin- und mäßiggradiger Alkoholkonsum und ein beginnender Morbus Dupuytren angegeben. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Vermeidung von längeren Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie Arbeiten in und über Kopfhöhe links, unter Vermeidung von Alkoholkontakt und von Arbeit mit besonderen Anforderungen an die psychische Stabilität, ohne Nachtschicht oder wechselnde Schichtzeiten sechs Stunden täglich und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 04.04.2005 und Widerspruchsbescheid vom 23.09.2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Dagegen hat der Kläger am 24.10.2005 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, das die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört hat. Der Internist M. hat darauf hingewiesen, dass die Hauptbeschwerden des Klägers im orthopädischen und psychiatrischen Bereich lägen und hat keine Beurteilung der Leistungsfähigkeit abgegeben. Der Neurologe und Psychiater Dr. D. hat unter dem 30.01.2006 vom Vorliegen einer reaktiven Depression berichtet und psychisch nicht belastende Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich für zumutbar gehalten.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Orthopäden Dr. J., Oberarzt der Orthopädischen Klinik an den St. V.-Kliniken K. eingeholt. Er hat im Wesentlichen eine leichte Fehlstatik im Bereich der Wirbelsäule, eine mäßig vermehrte Brustwirbelsäulenkyphose, eine geringe Einschränkung der Seitneigung sowie Rotation der Brust- und Lendenwirbelsäule, eine leichte Verschmächtigung der schulterumspannenden Muskulatur beidseits mit auffällig eingeschränkter Schultergelenksbeweglichkeit und röntgenologisch nachgewiesenen leichten degenerativen Schultergelenksveränderungen sowie im Bereich beider Hohlhände eine Dupuytren’sche Kontraktur ohne Funktionsdefizit der Finger diagnostiziert. Der Kläger könne noch leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 12 kg unter Vermeidung von häufigen Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung und in Wirbelsäulenzwangshaltungen, Über-Kopf-Arbeiten beidseits, Zwangshaltungen der Arme sowie wiederkehrende Arbeiten in der Hocke und im Knien mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Weiter hat das Sozialgericht ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. W. eingeholt. Er hat eine Dysthymie, einen Alkoholmissbrauch, ein Nikotinabhängigkeitssyndrom sowie eine beginnende, rein sensible alkoholtoxische Polyneuropathie ohne motorische Störungen im Sinne von Lähmungen diagnostiziert. Leichte und teilweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis maximal 12 kg, ohne Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung und Wirbelsäulenzwangshaltung, ohne Über-Kopf-Arbeiten beidseits, Zwangshaltungen der Arme sowie wiederkehrende Arbeiten in der Hocke und im Knien, unter Vermeidung von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie von Schicht-, Akkord- und Nachtarbeit könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich ausführen.
Mit Urteil vom 07.09.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gem. § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1 SGB VI). Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag verrichten. Dies ergebe sich überzeugend aus den Gutachten des Dr. J. und des Dr. W ...
Gegen das am 10.10.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.11.2006 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, er sei keinesfalls in der Lage, Gegenstände bis zu 12 kg zu heben und zu tragen. Im Übrigen sei die bei ihm bestehende Depression nicht ausreichend berücksichtigt worden, insbesondere dass sich bei seiner stetig verschlechternden sozialen Situation eine latente Suizidalität entwickelt habe. Außerdem habe sich seine psychische Erkrankung weiter verschlechtert und es seien verstärkte Lähmungserscheinungen an der linken Hand aufgetreten. Zudem halte Dr. Schl. in seinem Gutachten Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die psychische Stabilität nicht mehr für zumutbar, weshalb es der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedürfe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.09.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.02.2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Dr. D. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat vom Vorliegen einer mittelschweren depressiven Verstimmung und einer chronifizierten Anpassungsstörung berichtet. Der Kläger sei nicht mehr dazu in der Lage, täglich sechs Stunden und mehr zu arbeiten. Der Gesundheitszustand des Klägers habe sich im Laufe des letzten Jahres eher noch verschlechtert. Die depressiven Stimmungsschwankungen seien häufiger geworden, dabei sei von Zeit zu Zeit eine latente Suizidalität spürbar. Vor allem seine schwierige soziale Situation scheine den Kläger immer stärker zu belasten.
Der Senat hat den Kläger erneut durch Dr. W. begutachten lassen. Er hat eine anhaltende affektive Störung im Sinne einer Dysthymie diagnostiziert. Gelegentlich steigere sich die Dysthymie zu einer depressiven Episode, derzeit am ehesten i. S. einer leichten Episode. Darüber hinaus bestünden Anpassungsstörungen, ein Zustand nach Alkoholmissbrauch und ein Nikotinabhängigkeitssyndrom sowie Zeichen einer leichten, rein sensiblen Polyneuropathie im Bereich der linken Fußsohle sowie ein chronischer Wirbelsäulenschmerz im Sinne einer Lumbago ohne neurologische Reiz- oder Ausfallserscheinungen. Der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten über 12 kg, ohne Wirbelsäulenzwangshaltung und Über-Kopf-Arbeiten sowie ohne Arbeiten unter Schicht-, Akkord- und Nachtarbeitsbedingungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Hierzu hat sich Dr. D. dahingehend geäußert, dass er sich den diagnostischen Überlegungen von Dr. W. anschließe, allerdings auf Grund der chronifizierten depressiven Verstimmung auch leichte berufliche Tätigkeiten nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich für zumutbar halte. Er hat den Arztbrief von Prof. Dr. E., Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Städtischen Klinikum K., über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 16.07. bis 14.08.2007 beigefügt (Diagnose: mittelschwere depressive Episode, schädlicher Gebrauch von Alkohol, Sigma Divertikulose - Entlassung in psychisch gut stabilisiertem Zustand).
Der Senat hat noch den Internisten M. unter dem 06.01.2008 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat eine Behandlung des Klägers wegen eines diätetischen Diabetes mellitus, einer Blutstoffwechselstörung, Gallensteinen, chronischen Skelettschmerzen, einer psychoreaktiven Entwicklung mit depressiven und aggressiven Elementen sowie eines Zustandes nach Alkoholabusus angegeben.
Weiter hat der Senat die Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Städtischen Klinikum K., P.-B. schriftlich als sachverständige Zeugin gehört. Sie hat sich nicht in der Lage gesehen, auf Grund der stationären Behandlung des Klägers Aussagen zu dessen beruflicher Leistungsfähigkeit zu machen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt (§§ 43, 240 SGB VI) und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten und die Ermittlungen des Senats im Berufungsverfahren noch auszuführen: Auch auf Grund des weiteren bei Dr. W. im Oktober 2007 eingeholten Gutachtens ergibt sich für den Senat überzeugend, dass der Kläger nach wie vor trotz der bei ihm vorliegenden anhaltenden affektiven depressiv getönten Verstimmung im Sinne einer Dysthymie, die sich episodisch auch zu einer echten depressiven Episode steigern kann, sowie der chronischen Schmerzsymptomatik im Bereich der Wirbelsäule leichte körperliche Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten über 12 kg, ohne Wirbelsäulenzwangshaltung, Über-Kopf-Arbeiten, Arbeiten unter Schicht-, Akkord- und Nachtarbeitsbedingungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann. Nicht zu folgen vermag der Senat der Auffassung von Dr. D., der lediglich leichte berufliche Tätigkeiten unter sechs Stunden täglich für zumutbar hält, obwohl er sich den diagnostischen Überlegungen von Dr. W. anschließt. Diese Leistungsbeurteilung ist insbesondere deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Kläger - worauf Dr. W. zu Recht hinweist - den Haushalt versorgt, einkauft, kocht und durchaus seinen Tag strukturiert. Eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht aus der sachverständigen Zeugenaussage des Internisten M. vom 06.01.2008. Dieser weist erneut wie bereits gegenüber dem Sozialgericht auf die im Vordergrund stehende psychische Störung hin und berichtet über die von ihm behandelnden Dauerdiagnosen diätetischer Diabetes mellitus, Blutstoffwechselstörung und Gallensteine. Hierzu hatte der Internist M. bereits in der sachverständigen Zeugenaussage vom 12.12.2005 ausgeführt, dass die Befunde aus dem hausärztlich internistischen Bereich einen diätetisch ausgezeichnet eingestellten Diabetes mellitus, noch erhöhte Blutfette ergeben hätten, ohne dass die Notwendigkeit einer Behandlung mit Medikamenten vorliege. Auch aus den in der Anlage zur Aussage vom 06.01.2008 erwähnten Diagnosen ergeben sich keine quantitativen Leistungseinschränkungen. Im Vordergrund dieser Aufstellung stehen auch die psychischen Beschwerden des Klägers.
Auch aus der sachverständigen Zeugenaussage der Ärztin für Psychiatrie und Neurologie P.-B. und dem von ihr beigefügten Bericht vom 10.09.2007 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 16.07. bis 14.08.2007 in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Städtischen Klinikum K. ergeben sich keine quantitativen Leistungseinschränkungen. Die Oberärztin P.-B. gibt zwar keine Leistungsbeurteilung ab, jedoch ist dem Bericht über die stationäre Behandlung zu entnehmen, dass der Kläger dort in psychisch gut stabilisiertem Zustand entlassen wurde. Außerdem wurde der Kläger am 27.09.2007, also kurz danach, von Dr. W. begutachtet, der von einer täglichen Leistungsfähigkeit von über sechs Stunden ausgegangen ist. Die während der stationären Behandlung diagnostizierte Sigma Divertikulose wurde mittels Schlingenektomie behandelt und ergab keinen Anhalt für eine Malignität.
Entgegen der Auffassung des Klägers bedarf es im vorliegenden Fall nicht der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, etwa weil er sich nicht auf die Aufnahme einer Tätigkeit umstellen könnte. So hat Dr. Schl. in seinem Gutachten vom 31.03.2005, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, lediglich Tätigkeiten ausgeschlossen die besondere Anforderungen an die psychische Stabilität stellen. Zudem hat Dr. W. als Fachgutachter in beiden Gutachten das Fehlen einer Umstellungsfähigkeit nicht erwähnt. Auch hat er im Gutachten vom 06.10.2007 das Vorliegen von Lähmungen verneint und von keiner Suizidalität berichtet.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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