L 10 R 492/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 4039/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 492/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.12.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 1946 geborene Kläger hat nach seinen Angaben in seinem Herkunftsland, dem ehemaligen J., den Beruf eines Kfz-Mechanikers erlernt. Nach dem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1969 war er bis zuletzt im Juni 2000 als Kraftfahrzeugmechaniker beschäftigt, wobei er an der Volksuniversität "D. S.", S. am 24.09.1986 die Prüfung im Bereich hochqualifizierter Automechaniker bestanden hat. Seit Juni 2000 ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Seit 01.10.2006 bezieht er von der Beklagten eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit.

Der Kläger leidet im Wesentlichen an Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet (Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule mit endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit ohne neurologische Ausfallserscheinungen bei altersentsprechenden degenerativen Verschleißerscheinungen, Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in die Gluteal-/Beinregion mit Einschränkung der LWS-Beweglichkeit in Vornüberneigung ohne neurologische Ausfallserscheinungen bei mäßiggradigen Verschleißerscheinungen im unteren Lendenwirbelsäulenbereich, Schmerzen im Bereich des linken Ellenbogengelenkes ohne Einschränkung der Streck- und Beugefähigkeit bei leichter Sehnenansatzverkalkung links, Schmerzen im Bereich des rechten und linken Kniegelenkes ohne wesentliche Bewegungseinschränkung bei degenerativen Veränderungen, Senk-Spreizfüße sowie beginnender Morbus Dupuytren links).

Den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 20.01.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.04.2004 und Widerspruchsbescheid vom 18.06.2004 ab. Dem lag ein Gutachten des Chirurgen Dr. R. (neben den Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet bestehende Harnsäurestoffwechselstörung, gut eingestellter Bluthochdruck ohne Anhalt für Herzinsuffizienz, mit Hörgeräten versorgte Hörminderung; der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, auch die eines Kfz-Mechanikers weiterhin vollschichtig ausüben) zu Grunde.

Der Kläger hat am 28.06.2004 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, die Beklagte habe bei ihm bestehende Leiden auf neuropsychiatrischem und internistischem Gebiet außer Acht gelassen. Das SG hat die behandelnden Ärzte Dr. P. , Orthopäde (erhebliche Einschränkungen für eine Tätigkeit als KfZ-Mechaniker, ansonsten seien Tätigkeiten auch bei qualitativen Einschränkungen noch für sechs bis 24 Monate drei bis sechs Stunden zumutbar), Dr. P. , Neurologe und Psychiater (Hypersomnie bei Burnout Syndrom, Spannungskopfschmerz, Schulter-Arm-Beschwerden, insgesamt nur sporadische Behandlung seit Februar 2000) und Dr. Sch. , Internist (aus internistischer Sicht Übereinstimmung mit dem von Dr. R. festgestellten Leistungsvermögen) schriftlich als sachverständige Zeugen befragt und eine Auskunft der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers, Firma Auto S. , S. (Beschäftigung als Kraftfahrzeugmechaniker) sowie ein fachorthopädisches Gutachten von Dr. Sch. (vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in wechselnder Körperhaltung, mit Heben und Tragen von Lasten von 10 bis 15 kg, ohne Arbeiten vorwiegend in kniender oder gebückter Haltung sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und somit nur noch eingeschränkte Einsetzbarkeit im Beruf eines Kfz-Mechanikers) eingeholt.

Die Beklagte hat als dem Kläger zumutbare Verweisungstätigkeiten diejenige eines Hochregallagerarbeiters und eines Ersatzteilspezialisten im Kfz-Gewerbe benannt.

Mit Urteil vom 21.12.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. Sch. sei der Kläger noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit den von Dr. Sch. bezeichneten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, weshalb er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI sei. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 SGB VI. Als Facharbeiter sei er auf die Tätigkeit eines Hochregallagerarbeiters in großen Hochregallagern und auf die Tätigkeit eines Registrators mit in den Urteilen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.11.2005 (L 11 RJ 4993/03) und 20.07.2005 (L 3 R 1356/04) dargelegten beruflichen Anforderungen sozial und medizinisch zumutbar verweisbar.

Gegen das am 17.01.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.01.2007 Berufung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, er habe von 1961 bis 2000 als Kfz-Mechaniker gearbeitet, sich in dieser Zeit beruflich weitergebildet und alle Arbeiten eines Kfz-Meisters ausführen können, weshalb er als qualifizierter Facharbeiter einzustufen sei. Des Weiteren halte ihn der behandelnde Orthopäde Dr. P. für nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich leistungsfähig.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.12.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 30.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hat im Berufungsverfahren das Zeugnis der Volksuniversität "D. S.", S. über die bestandene Abschlussprüfung vom 24.09.1986 im Berufsbild hochqualifizierter Automechaniker, Fachkraft Auto-Metall vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - und die zur Frage der Berufsunfähigkeit einschlägige Rechtsprechung dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen, die ihm auch sozial zumutbar sind, noch vollschichtig ausüben kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist anzumerken, dass auch nach Überzeugung des Senats die schriftliche sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. P. nicht geeignet ist, Zweifel an der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch. zu begründen. Dr. P. hat keine von den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch. abweichenden Befunde erhoben und eine Begründung für die von ihm angenommene quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit auch für leichte körperliche Tätigkeiten nicht angegeben. Eine derartige Einschränkung lässt sich auf Grund der von Dr. Sch. anlässlich seiner Untersuchung erhobenen Befunde nicht nachvollziehen. Dr. Sch. hat eine lediglich endgradige Einschränkung der Halswirbelsäulenbeweglichkeit in der Seitneigung und insbesondere in Linksrotation, allerdings ohne pseudoradikuläre Schmerzausstrahlungen oder radikuläre Phänomene mit Sensibilitätsstörungen, eine nur leicht verminderte Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule ohne ausgeprägte Schmerzhaftigkeit in der Beinregion, eine freie Beweglichkeit im Bereich der Schultergelenke ohne Angabe wesentlicher Schmerzen und eine regelrechte Beweglichkeit der Handgelenke mit beidseits kräftigem Händedruck festgestellt. Im Bereich des linken Ellenbogens hat Dr. Sch. zwar eine Druckschmerzhaftigkeit festgestellt, allerdings folgen hieraus - so Dr. Sch. - keine wesentlichen Einschränkungen der Streck- und Beugefähigkeit, die Unterarmumwendbeweglichkeit ist nicht eingeschränkt. Das Gangbild ist bei der Untersuchung durch Dr. Sch. zwar verlangsamt gewesen und mit leichtem Schonhinken rechts, der Stand zu ebener Erde ist jedoch sicher gewesen und das Sitzen auf dem Untersuchungsstuhl hat dem Kläger keine wesentlichen Schwierigkeiten bereitet. Insgesamt hat Dr. Sch. unter Berücksichtigung dieser Befunde nachvollziehbar dargelegt, dass aus den Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet zwar gewisse qualitative Einschränkungen folgen, eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in quantitativer Hinsicht jedoch nicht vorliegt.

Im Übrigen ist der Kläger - wie vom SG zutreffend erkannt - sozial und unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen für täglich mindestens sechs Stunden zumutbar auf die Tätigkeit eines Registrators verweisbar. Auch nach Überzeugung des Senats kann der Kläger nicht als besonders hoch qualifizierter Facharbeiter angesehen werden. Darunter sind Versicherte zu verstehen, die wesentlich höherwertige Arbeiten als ihre zur Gruppe der Facharbeiter zählenden Arbeitskollegen verrichten und diese nicht nur bezüglich der Entlohnung, sondern auf Grund besonderer geistiger und persönlicher Anforderungen auch in der Qualität ihrer Berufstätigkeit deutlich überragen (BSG, Urteil vom 03.11.1982, 1 RJ 12/81 in SozR 2200 § 1246 Nr. 102). Der Kläger hat zwar vorgetragen, er habe fachlich alle Arbeiten eines Kfz-Meisters ausführen können und ein Zeugnis über die Absolvierung eines Ausbildungsprogramms zum hochqualifizierten Automechaniker im ehemaligen Jugoslawien in den Jahren 1985 und 1986 vorgelegt. Er war jedoch während seiner zuletzt dauerhaft ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht als Kraftfahrzeugmeister, sondern - wie sich aus der schriftlichen Auskunft der Firma Auto S. ergibt - als Kraftfahrzeugmechaniker beschäftigt. Darüber hinaus ist der in J. erworbene Abschluss in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt worden. Bei seinem letzten Arbeitgeber, der Firma R. , war der Kläger nach eigenen Angaben noch nicht einmal eine Woche tätig, weshalb insoweit weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind. Insgesamt hat das SG den Kläger damit zutreffend als Facharbeiter nach der dritten Stufe des Mehrstufenschemas bewertet. Auch nach Überzeugung des Senats ist der Kläger auf Grund der Kenntnisse und Fähigkeiten, die er im Rahmen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Kraftfahrzeugmechaniker erlangt hat in der Lage, sich innerhalb von drei Monaten in die Tätigkeit eines Registrators einzuarbeiten und diese gemessen an den sich aus den Urteilen des 3. und 11. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (a.a.O.) ergebenden und zutreffenden beruflichen Anforderungen vollwertig auszuüben. Ob darüber hinaus - wie vom Sozialgericht angenommen - auch eine Verweisung auf eine Tätigkeit als Hochregallagerarbeiter in Betracht kommt, kann im Hinblick auf die dem Kläger zumutbare Tätigkeit eines Registrators dahingestellt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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