L 11 KR 1253/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 5544/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1253/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung für Implantationen (phaker) Vorderkammerlinsen (Artisan-Intraokularlinsen) in beiden Augen sowie eines refraktiven laserchirurgischen Eingriffs (Lasik-Operation) in Höhe von 6.150,52 EUR nebst Zinsen hieraus streitig.

Die 1967 geborene Klägerin war als kaufmännische Angestellte bis Ende 2005 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie litt an einer starken Kurzsichtigkeit (rechts mit -12,5 sph. -1,5 cyl./51° = 0,8; links mit -13,25 sph. -1,0 cyl.98° = 0,7).

Im April 2004 beantragte sie bei der Beklagten die Implantation von Vorderkammerlinsen als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung nach Aktenlage durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung. Dr. G. führte aus, dass die beantragte Implantation von Vorderkammerlinsen nach der Anlage B Ziffer 13 der BUB-Richtlinien als vertragsärztliche Leistung nicht erbracht werden dürfe.

Nach Voruntersuchung vom 27.04.2004 wurde der Klägerin am 25.05.2004 im Klinikum M. eine phake Vorderkammerlinse am linken Auge implantiert; am 01.06.2004 wurde ein gleichartiger Eingriff am rechten Auge durchgeführt.

Mit Bescheid vom 08.06.2004 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die beantragten Intrakularlinsen-Implantationen unter Hinweis auf die Empfehlungen des Bundesausschusses von Ärzten und Krankenkassen ab. Verfahren der refraktiven Augenchirurgie, wie sie die Implantation einer Intrakularlinse darstelle, dürften von den gesetzlichen Krankenkassen nicht geleistet werden.

Am 11.09.2004 wurde im Klinikum M. noch an beiden Augen der Klägerin eine Lasik-Operation durchgeführt.

Am 16.08.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten (erneut) die Erstattung der ihr entstandenen Kosten wegen der Implantationen der Vorderkammerlinsen in beiden Augen sowie der anschließend durchgeführten Lasik-Operationen in Höhe von insgesamt 6.150,52 EUR unter Vorlage der entsprechenden Rechnungen. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund ihrer Dioptrienwerte (links -14 Dioptrien; rechts -13,5 Dioptrien) und der Hornhautdicke sei die Implantation der Vorderkammerlinsen notwendig gewesen. Der im Anschluss an die Implantation verbliebene Restfehler habe die Durchführung der Lasik-Operationen erforderlich gemacht. Beigefügt war ein Schreiben von Prof. Dr. Dr. F. von der Universitäts-Augenklinik F. sowie ein Befundbericht von Prof. Dr. K. vom Klinikum M ...

Die Beklagte wies zunächst mit Schreiben vom 18.08.2005 darauf hin, dass der Bescheid vom 08.06.2004 bestandskräftig geworden sei, wertete dann aber das Schreiben als Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.06.2004 und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2005 mit der Begründung zurück, eine Kostenerstattung sei nicht möglich, weil der Gemeinsame Bundesausschuss die Intrakularlinsen-Implantation von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen habe. In der Anlage B der BUB-Richtlinien sei das Verfahren der refraktiven Augenchirurgie, wozu die Intrakularlinsen-Implantation ebenso wie die zur Korrektur der verbliebenen Fehlsichtigkeit durchgeführte Lasikoperation zähle, ausgeschlossen. Seit dem 01.01.2004 bestehe für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, ohnehin nur unter sehr engen - hier nicht erfüllten - Voraussetzungen ein Anspruch auf Sehhilfen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 23.11.2005 zur Post aufgegeben.

Am 27.12.2005 (dem Dienstag nach dem zweiten Weihnachtsfeiertag) hat die Klägerin dagegen Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. In ihrer Begründung hat sie vorgetragen, sie habe an einer extremen Kurzsichtigkeit mit manigfaltigen Augenproblemen gelitten, insbesondere dem Auftreten oftmaliger Zustände von trockenen Augen. Deswegen habe sie sich allein in den Jahren 2003 und 2004 mehrfach in fachaugenärztliche und auch Behandlung durch die Augenärzte der F. Universitäts-Augenklinik begeben müssen. Dort habe man ihr Augentropfen und zum Teil Antibiotika verabreichen müssen. Dies hätte aber an der ausgeprägten Kurzsichtigkeit nichts ändern können. Man habe sie daraufhin an das Universitätsklinikum M. verwiesen, wo schon vor 2004 Implantationen von Kunstlinsen durchgeführt worden wären. Der Eingriff sei bei ihr erfolgreich verlaufen. Deswegen liege ein evidentes Versäumnis des Gemeinsamen Bundesausschusses vor, denn augenärztliche Korrekturen durch Lasik-Behandlungen oder Intrakularlinsen-Implantationen seien zwischenzeitlich in der wissenschaftlichen Literatur anerkannt und entsprächen dem Stand der medizinischen Wissenschaft. Vor diesem Hintergrund müssten ihr auch unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts die Kosten erstattet werden.

Mit Urteil vom 23.01.2008, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 25.02.2008, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Augenoperation sei nicht unaufschiebbar gewesen. Die Klägerin hätte die Entscheidung der Beklagten ohne weiteres abwarten können. Dem Kostenerstattungsanspruch stehe daher entgegen, dass die Ablehnung der beantragten Implantation von Intrakularlinsen als Sachleistung für die Selbstbeschaffung der Leistung nicht ursächlich gewesen wäre. Unabhängig davon könnten Kosten schon deswegen nicht erstattet werden, weil es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handle, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Richtlinien ausgeschlossen worden wäre. Eine Leistungspflicht bestehe auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Systemversagens. Denn als aus dem vorgelegten Schreiben von Prof. Dr. Dr. F. ergebe sich, dass die Implantation von Intrakularlinsen schon wegen fehlender langfristiger Erfahrungen mit dieser Operationsmethode keine Behandlungsmethode sei, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Kenntnisse entspreche.

Mit ihrer dagegen am 12.03.2008 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, es habe sich bereits um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt. Denn sie hätte die Operation nicht zu einem späteren Zeitpunkt durchführen können. Die Ärzte seien mit ihrem medizinischen Latein am Ende gewesen. Ihre Sehfähigkeiten seien derart eingeschränkt gewesen, dass unmittelbar die Entziehung der Fahrerlaubnis bevorgestanden hätte. Weiterhin habe die Beklagte auch zu Unrecht die Leistung abgelehnt. Sie habe über Jahrzehnte hinweg, seit dem Grundschulalter, kulanzhalber von der Beklagten mehr an Sehhilfen, Kontaktlinsen, Brillen etc. erhalten als es üblich gewesen wäre. Sie habe regelrecht darauf vertrauen können, dass ihre gesetzliche Krankenversicherung für ihre massiven medizinischen und körperlichen Einschränkungen in Form von äußerst schlechter Sehqualität einstehen werde. Deswegen habe sie auch angenommen, dass die nunmehr als Ultima ratio anstehende Augenoperation ebenfalls von der Beklagten bezahlt werde. Schließlich resultiere ihr Anspruch auch aus der vom Bundesverfassungsgericht formulierten Pflicht der gesetzlichen Krankenkassen zur Bereitstellung von Behandlungsmethoden, da eine nicht nur ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung vorgelegen habe.

Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 08. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der augenchirurgischen Operationen im Jahr 2004 in Höhe von 6.150,52 EUR nebst gesetzlicher Zinsen seit dem 18. August 2005 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass sich weder aus den eingereichten Privatrechnungen noch aus den ärztlichen Bescheinigungen Anhaltspunkte für eine Unaufschiebbarkeit ergäben. Diese könne auch nicht durch die unmittelbar bevorstehende Entziehung der Fahrerlaubnis begründet werden. Im Übrigen habe Prof. Dr. Dr. F. gerade nicht eingeräumt, dass er mit seinem "Latein am Ende" gewesen sei, sondern er habe lediglich ausgeführt, dass die Implantation einer Kunstlinse zusätzlich zur eigenen Linse eine Operation sei, die zwar technisch nicht besonders schwierig wäre, im derzeitigen Stadium aber noch als "experimentelle Chirurgie" bezeichnet werden müsse. Er habe weiter darauf hingewiesen, dass die Gefahr von schweren Komplikationen aber "nicht gering" sei, daher würden solche Operationen in dem Universitätsklinikum F. nicht angeboten werden. Hätte man aber das Ergebnis vorher gekannt, hätte die Operation auch in F. durchgeführt werden können. Selbst bei unterstellter Unaufschiebbarkeit ergebe sich damit vorliegend kein anderes Ergebnis. Denn die Klägerin habe sich eine Maßnahme beschafft, die vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sei. Infolge dessen bestehe der Kostenerstattungsanspruch unabhängig von der Eilbedürftigkeit nur für medizinische Maßnahmen, die ihrer Art nach oder allgemein von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistungen zu erbringen wären. Dies sei nicht der Fall, die Operationen seien privat außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung erbracht worden und wären den neuen Untersuchung- und Behandlungsmethoden zuzuordnen. Die Feststellung, ob eine solche Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche, obliege dem Gemeinsamen Bundesausschuss, dessen Entscheidungen für die gesetzlichen Krankenkassen, Ärzte und Versicherte bindend seien. Auch aus dem Gesichtspunkt des Systemversagens (wofür hier keinerlei Anhaltspunkte vorlägen) bzw. unter Berücksichtigung des Verfassungsrechts käme hier eine Kostenübernahme nicht in Betracht. Bei der Klägerin liege weder eine lebensbedrohlich noch regelmäßig tödliche verlaufende Erkrankung vor. Dies gelte umso mehr, als der Gemeinsame Bundesausschuss bereits zu einer negativen Bewertung gelangt sei.

Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtige, den Rechtsstreit im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden. Die Klägerin hat hierauf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

II.

Die nach den §§ 143, 153 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG entscheidet, da er die Berufung einstimmig für unbegründet erachtet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält, wobei das Einverständnis der Beteiligten nicht erforderlich ist (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Auflage 2005, § 153 Rdnr. 17), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die Erstattungsforderung die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR übersteigt.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nicht das Schreiben der Beklagten vom 18.08.2005. Darin trifft die Beklagte keine eigenständige Regelung, sondern weist lediglich darauf hin, dass der Ablehnungsbescheid vom 08.06.2004 nach einem Jahr bestandskräftig geworden ist. Nachdem die Beklagte in der Folge über das von ihr sachlich als Widerspruch gewertetes Schreiben der Klägerin entschieden hat, kommt es auch rechtlich nicht mehr darauf an, dass der Widerspruch verfristet war (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 84 Rdnr. 7).

Die insgesamt zulässige Berufung der Klägerin ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Erstattung der ihr durch die Intrakularlinsen-Implantation bzw. Lasik-Operation entstandenen Kosten.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Krankenbehandlung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V, für eine Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V sowie die Bedeutung der Entscheidung des (jetzt) Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA; vormals Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen) und der BUB-Richtlinie (vormals NUB-Richtlinie) - Erlaubnisvorbehalt in § 135 Abs. 1 SGB V - für den hier streitigen Anspruch sind im Urteil des SG zutreffend dargestellt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Nach Auffassung des Senats ist die Berufung bereits aus den vom SG ausführlich dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des SG, denen er sich voll inhaltlich anschließt, Bezug und verzichtet auf deren erneute Darstellung.

Der Sachverhalt ist aufgeklärt, insbesondere bedarf es der Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens nicht, da eine Kostenerstattung bereits aus formalen Gründen ausscheidet, es auch nicht darauf ankommt, ob im Einzelfall die Operation medizinisch erforderlich war.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren auszuführen, dass auch zur Überzeugung des Senats keine Anhaltspunkte für eine Notfallbehandlung vorliegen. Dies ist nur anzunehmen, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zur Entscheidung der Krankenkasse mehr besteht (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, B 1 KR 8/06 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 12). Der ärztlichen Bescheinigung des Prof. Dr. Dr. F. ist nicht zu entnehmen, dass medizinische Risiken drohen, wenn die Operation nicht sofort durchgeführt wird. Gegen eine sofortige Behandlungsnotwendigkeit spricht schon der zeitliche Abstand zwischen der Erstuntersuchung vom 27.04.2005 und der am 25.05.2005 durchgeführten Operation. Schließlich begründet der drohende Führerscheinentzug nicht die Behandlungsdringlichkeit. Insofern kommt es allein auf medizinische Gründe an.

Die Beklagte hat die Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt (2. Fall des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V). § 13 Abs 3 SGB V gewährt einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre.

Dass dieser vorgesehene Beschaffungsweg bei der Klägerin ebenfalls nicht eingehalten wurde, hat das SG ausführlich begründet dargelegt.

In jedem Fall scheidet eine Kostenerstattung aus, weil die Beklagte nicht verpflichtet gewesen wäre, die durchgeführte Operationen als Sachleistung zu gewähren. Eine Krankenkasse ist zwar zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine notwendige Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht allerdings nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch, er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. BSG vom 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R und vom 27.09.2005 - B 1 KR 6/04 -).

Das Verfahren der refraktiven Augenchirurgie, wozu die Intrakularlinsen-Implantationen wie die Lasik-Operationen gehören, ist als neue Behandlungsmethode anzusehen und unterliegt daher dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Es war beim Inkrafttreten dieser Vorschrift nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung und ist seitdem nicht einbezogen worden. Bei dem Merkmal der "neuen" Untersuchungs- und Behandlungsmethode ist nämlich im Interesse der Rechtssicherheit vorzugsweise an formale Kriterien anzuknüpfen. Deswegen wird bei ärztlichen Leistungen regelmäßig anhand des hierfür aufgestellten einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) geprüft, ob eine Methode als neu einzustufen ist (BSGE 81, 54 ff.). Für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gilt zwar generell, dass diese zeitnah in das vertragsärztliche Versorgungssystem aufzunehmen sind. Dazu bedarf es aber einer Bewertung der neuen Verfahren, wozu aufgrund seiner Sachkunde allein der GBA nach §§ 91, 92 SGB V beauftragt ist. Diesem Auftrag ist der Bundesausschuss durch die Anlage B Nr. 13 der BUB-Richtlinie nachgekommen (Beschlüsse vom 11.05.1993 und 10.12.1999). Durch die Richtlinien des Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V wird nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, der Umfang der dem Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2002 - B 1 KR 16/00 R - in SozR 3 - 2500 § 92 Nr. 12). Der Leistungsausschluss gilt auch im Verhältnis zum Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95 - SozR 3-2500 § 135 Nr 4). Diese Richtlinien sind nunmehr nach § 91 Abs. 9 SGB V in der seit 01.01.2004 gültigen Fassung für die Versicherten verbindlich. Diese Vorschrift setzt lediglich die Rechtsprechung des BSG um, wonach der Bundesausschuss über den therapeutischen Nutzen neuer Behandlungsmethoden verbindlich auch für die Gerichte entscheidet, sodass ihnen die Qualität untergesetzlicher Rechtsnormen zukommt (vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 138 Nr. 2; BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R - a.a.O.).

Anhaltspunkte für ein sog. Systemversagen, d.h., dass der GBA nach der Zuweisung der Verfahren der refraktiven Augenchirurgie in die Anlage B (Nr. 13) am 10.12.1999 sich erneut mit der Lasik-Methode hätte befassen müssen, bestehen nicht. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der GBA nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V auf Antrag einer kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen tätig wird und nur bei einer entsprechenden Antragstellung in Richtlinien nach § 92 SGB V Empfehlungen abgibt über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu den bereits von den Krankenkassen erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung. Ein solcher Antrag gemäß § 135 Abs. 1 SGB V auf erneute Überprüfung der Verfahren der refraktiven Augenchirurgie bzw. der Lasik-Operation ist bisher nicht gestellt worden. Es haben sich seit dem Beschluss des GBA auch keine neuen Erkenntnisse ergeben, die eine andere Entscheidung nahe legen könnten (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26.03.2004 - L 4 KR 4024/02 - und Urteile des erkennenden Senats vom 25.10.2005 - L 11 KR 3304/05 -, 15.11.2005 - L 11 KR 3823/05 - und vom 14.02.2006 - L 11 KR 5227/05 -). Insoweit ist nämlich der Nachweis wissenschaftlich einwandfrei geführter Studien erforderlich. Der Bundesausschuss hat nicht selbst über den medizinischen Nutzen einer bestimmten Methode zur urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R -). Allein der Umstand, dass der Beschluss des GBA über den Ausschluss der refraktiven Augenchirurgie längere Zeit zurückliegt und die Behandlungsmethode inzwischen verbessert wurde und vermehrt durchgeführt wird, begründet noch kein Systemversagen (Beschluss des LSG Rheinland-Pfalz vom 16.03.2006 - L 5 KR 20/06 - und Urteil des Thüringer LSG vom 27.03.2006 - L 6 KR 195/04 -).

Das Vorbringen der Klägerin, dass die Intrakularlinsen-Implantationen wie die Lasik-Operation die einzige Möglichkeit war, um Schäden für die Augen abzuwenden, ist mangels positiver Empfehlung in den Richtlinien unbeachtlich und für das Ergebnis nicht relevant (vgl. BSG in SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 4). Die gesetzliche Krankenversicherung kennt keine Leistung oder Erstattung nach dem Erfolgsprinzip, insoweit kommt es nicht auf den Einzelfall an.

Auch dass die Klägerin durch die durchgeführte Operation möglicherweise Folgekosten erspart hat, da sie in Zukunft keiner Sehhilfen bedarf, begründet keinen Kostenerstattungsanspruch, denn ein solcher besteht nicht schon deshalb, weil eine Krankenkasse dadurch, dass der Versicherte Leistungen außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, vermeintlich Aufwendungen anderer Art erspart (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 26.07.2004 - B 1 KR 30/04 -; BSGE 79, 125).

Schließlich folgt zu Gunsten der Klägerin auch nichts aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 (NZS 2006, 84 = NJW 2006, 891), worauf das SG zutreffend hingewiesen hat. Denn das BVerfG hat eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass aus dem Grundgesetz keine konkreten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüche hergeleitet werden können, nur für lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankungen, für die eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, gemacht. Um eine derartige Konstellation ging es bei der Klägerin jedoch nicht.

Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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