L 7 U 88/00

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 10 U 116/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 U 88/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. Mai 2000 wird zurückgewiesen und die Klagen abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungs-verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rechtmäßigkeit des Beitrages der Klägerin zur gesetzlichen Unfallversicherung für die Umlagejahre 1998 bis 2000 sowie der für die Jahre 1999 bis 2001 zu leistenden Beitragsvorschüsse.

Die Klägerin betreibt ein Hoch- und Tiefbauunternehmen und ist seit 01.01.1991 Mitglied der Beklagten. Diese setzte mit Bescheid vom 26. April 1999 für das Veranlagungsjahr 1998 einen Beitrag in Höhe von insgesamt 55 033,10 DM fest. Gegenüber dem Veranlagungsjahr 1997 war der der Berechnung zugrunde liegende Beitragsfuß für je 1 000,00 DM Arbeitsentgelt von 5,30 DM auf 5,93 DM gestiegen, so dass sich ein um 3 446,33 DM höherer Bruttounfallversicherungsbeitrag gegenüber dem Umlagejahr 1997 ergab. Darüber hinaus war der Klägerin für das Jahr 1998 ein Beitragszuschlag in Rechnung gestellt worden, während für das Jahr 1997 noch ein Beitragsnachlass gewährt worden war. Insoweit hatte sich der Beitrag zur Beklagten von 40 887,45 DM für das Jahr 1997 - ohne Nebenumlagebeiträge - auf 51 134,33 DM für das Jahr 1998 - ebenfalls ohne Nebenumlagebeiträge (also Umlagen für Arbeitsmedizinischen Dienst, Konkursausfallgeld und Ausgleichslast) - erhöht. Ebenfalls mit Bescheid vom 26. April 1999 wurde ein Beitragsvorschuss für das Jahr 1999 von insgesamt 52 979,00 DM - zahlbar in drei Raten - festgesetzt; der Beitragsvorschuss für das Jahr 1998 hatte noch insgesamt 50 347,00 DM betragen. Veranlagungsbescheide der Beklagten datieren vom 29. März 1993 - für die Zeit ab 01. Januar 1993 - sowie vom 09. April 1999 - für die Zeit ab 01. Januar 1999.

Mit Eingang vom 19. Mai 1999 bei der Beklagten erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Beitragsbescheid für 1998 und den Beitragsvorschussbescheid für 1999, den sie damit begründete, dass erläuterungsbedürftig sei, inwieweit von der Beklagten geleistete erhöhte Rentenzahlungen für Altrentenfälle trotz sinkender Kosten für neue Leistungsfälle im Jahre 1998 zu einem höheren Beitrag geführt hätten. Darüber hinaus seien in die umzulegenden Kosten auch solche für ausländische Betriebe eingerechnet worden, die in Deutschland tätig, aber nicht beitragspflichtig seien. Hierfür bestünde keine Rechtsgrundlage.

Mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10. August 1999 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Vorstand der Beklagten in seiner Sitzung am 30. März 1999 den Beschluss gefasst habe, den Beitragssatz für die Umlage des Jahres 1998 auf 5,93 DM je 1 000,00 DM Arbeitsentgelt in der Gefahrklasse 1,0 festzustellen. Beitragspflichtig seien die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig seien oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stünden. Dies schließe auch ausländische Unternehmen ein, deren Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland eingestellt würden. Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzten, würden sie allerdings nicht für Personen gelten, die im Rahmen eines außerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgesetzbuches bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in diesen Geltungsbereich entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sei. Darüber hinaus habe der Vorstand der Beklagten am 30. März 1999 noch den Beschluss gefasst, den Beitragsvorschusssatz für die Umlage der Berufsgenossenschaft des Jahres 1999 auf 6,28 DM je 1 000,00 DM Arbeitsentgelt in der Gefahrklasse 1,0 festzusetzen. Hierbei habe er sich an dem zu finanzierenden Volumen orientiert und die Lohnsummenentwicklung des Jahres 1998 berücksichtigt.

Hiergegen hat die nunmehr durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) am 24. August 1999 Klage erhoben und ihr Begehren auf Aufhebung des Beitragsbescheides 1998 bzw. des Beitragsvorschussbescheides für das Jahr 1999 weiter verfolgt. Ergänzend ist vorgetragen worden, dass die Festsetzung der Beitragshöhe durch die Beklagte nicht auf wirksame Rechtsgrundlagen gestützt werden könne. Die entsprechenden Ermächtigungsvorschriften, jedenfalls die §§ 157, 85 Abs. 2 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) seien verfassungswidrig. Der Gesetzgeber müsse die wesentlichen Grundlagen der Beitragserhebung selbst inhaltlich regeln und dürfe die Regelungskompetenz dafür nicht der Beklagten überlassen. Zudem verstoße die faktische Beitragserhöhung von deutlich mehr als 10 % gegen das grundgesetzliche Übermaßverbot und führe zur ernsthaften Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Klägerin. Darüber hinaus verstoße die Beitragserhebung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG). Mit den Beiträgen würden versicherungsfremde Leistungen finanziert, wie insbesondere alkohol- und drogenbedingte Arbeitsunfälle/Wegeunfälle, wobei dem Eigenverschulden des versicherten Arbeitnehmers keine ausreichende Relevanz zukomme bzw. Aufwendungen der Beklagten für von Drittschädigern verursachte Unfallkosten ohne Berücksichtigung von Erstattungen, die diese Drittschädiger an die Beklagte erbringen würden, in die Berechnung eingestellt würden. Im Übrigen bestünden Bedenken auch gegen die Überversorgung von Unfallrentenbeziehern, die neben Altersruhegeld oder Arbeitsverdienst weiter Unfallrenten erhielten. Auch die alleinige Beitragspflicht der Unternehmer ohne Beteiligung der Versicherten sei verfassungsrechtlich bedenklich. Schließlich bestehe die Vermutung, dass die Regelung des § 56 SGB VII unberücksichtigt bleibe, nach der Rentenansprüche erst entstünden, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall andauere.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

den Beitragsbescheid für 1998 und den Beitragsvorschuss-bescheid für 1999 vom 26. April 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. August 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Klägerin neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, dass den angefochtenen Bescheiden die bindenden Veranlagungsbescheide der Beklagten vom 29. März 1993 und 09. April 1999 zugrunde lägen. § 157 SGB VII sei nicht verfassungswidrig, da diese Vorschrift die wesentlichen Entscheidungen der Tarifstellenbildung und Berechnung von Gefahrklassen vorgebe. Der Beitragssprung von 5,30 DM pro 1 000,00 DM Arbeitsentgelt in Gefahrklasse I für das Jahr 1997 auf 5,93 DM für das Jahr 1998 habe deshalb besonderes krass ausfallen müssen, weil die Beklagte den Beitragsfuß durch Entnahme von Betriebsmitteln nicht mehr habe stützen können. Wären keine Betriebsmittel entnommen worden, hätte der Beitragsfuß schon für das Jahr 1997 auf 5,73 DM festgesetzt werden müssen; die eigentliche Beitragssteigerung betrage also nur 0,20 DM statt 0,63 DM je 1 000,00 DM Arbeitsentgelt in Gefahrklasse I. Eine Erdrosselungswirkung der Beitragsbelastung sei somit nicht erkennbar. Auch die Tatsache, dass mit den Beiträgen versicherungsfremde Leistungen finanziert würden, führe nicht zur Verfassungswidrigkeit. Im Rahmen der Sozialversicherung stehe dem Gesetzgeber auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die Berücksichtigung "versicherungsfremder Leistung" führe nicht zur Verfassungswidrigkeit der Beitragserhebung.

Durch Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. Mai 2000 ist die Klage abgewiesen worden. In den Entscheidungsgründen des Urteils hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die alleinige Beitragspflicht der Unternehmen kein Verstoß gegen die Grundregeln des Versicherungsprinzips darstelle. Vielmehr rechtfertige das Prinzip der Solidarhaftung der in den Berufsgenossenschaften zusammengeschlossenen Unternehmer mit der Ablösung der zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche der Arbeitnehmer gegen ihre Arbeitgeber aus Arbeitsunfällen dessen Pflicht, in der Unfallversicherung die Beiträge allein zu tragen. Das erhöhte Umlagesoll für das Jahr 1998 sei von der Beklagten nachvollziehbar erklärt worden. Soweit in diesem Zusammenhang ein Verstoß gegen das "Versicherungsprinzip" geltend gemacht worden sei, weil die aus Beiträgen finanzierten Ausgaben auch versicherungsfremde Leistungen umfassten, sowie Aufwendungen, die nicht in die Risikosphäre des Betriebes fielen (Wegeunfälle), überzeuge dies nicht. Das "Versicherungsprinzip" habe keinen Verfassungsrang und sei auch nicht nach Maßgabe des Grundgesetzes inhaltlich zu bestimmen. Es fehlten insoweit grundgesetzliche Vorgaben für seine Ausgestaltung und für die Abgrenzung zwischen Leistungen wegen Eintritts versicherungseigener Risiken und Leistungen aufgrund versicherungsfremder Leistungen. Insoweit könne ein Verstoß gegen das Grundgesetz in der Finanzierung versicherungsfremder Leistungen nicht gesehen werden. Soweit die Klägerin die Verfassungswidrigkeit von § 157 SGB VII rüge, der die durch die Unfallversicherungsträger vorzunehmende Festsetzung eines Gefahrtarifs als autonomes Recht und Feststellung von Gefahrklassen zur Abstufung der Beiträge normiere, sei darauf zu verweisen, dass sowohl der Veranlagungsbescheid vom 29. März 1993 als auch der Veranlagungsbescheid vom 09. April 1999, in welchem die für die Klägerin maßgeblichen Gefahrklassen festgelegt worden seien, von der Klägerin nicht angegriffen und deshalb bestandskräftig geworden seien. Aus diesem Grunde sei es der Kammer auch verwehrt, die Rechtmäßigkeit der Veranlagung der Klägerin zu den einzelnen Gefahrklassen zu prüfen, da dies nur im Rahmen eines Veranlagungsrechtsstreits erfolgen könne. Im Übrigen seien die parlamentarischen Leitentscheidungen in den Vorschriften des SGB VII zur Aufbringung der Mittel vorgegeben, so dass ein Verstoß gegen die so genannten "Wesentlichkeitstheorie" nicht vorliege. Der Gesetzgeber selbst habe auch zum Gefahrtarif grundlegende Regelungen aufgestellt und allein die Festsetzungen des Gefahrtarifs durch die Unfallversicherungsträger als autonomes Recht geregelt. Die Beklagte habe die entsprechenden Regelungen in § 25 ihrer Satzung erlassen. Dass diese Satzungsnorm (wie auch die weiteren Regelungen in der Satzung) auf einer weitreichenden Ermächtigung durch den Gesetzgeber beruhe, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil die für Rechtsverordnungen engen Grenzen des Art. 80 GG insoweit nicht gelten würden. Es liege auch kein Verstoß gegen das Verbot der übermäßigen Belastung im Sinne des Art. 20 GG vor. Zwar müssten nach dem Gebot der Verhältnismäßigkeit das gewählte Mittel und der gewollte Zweck in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen, wobei die Unzumutbarkeit einer Regelung dann gegeben sei, wenn das Maß der Belastung des Einzelnen außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache stünde. Hiervon könne im vorliegenden Fall aber nicht ausgegangen werden. Zum einen habe die Beklagte sowohl bei der Feststellung des Umlagesolls als auch der Lohnsummen (als Faktor zur Berechnung der Beitragseinheiten) keinen Spielraum, da es sich um objektiv gegebene Größen handele. Die weitere Berechnung der Beiträge und speziell des Beitragsfußes, gegen dessen Erhöhung sich die Klägerin wende, sei durch klare gesetzliche Regelungen vorgegeben, so dass ein Beurteilungsspielraum der Beklagten zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit nicht gegeben sei. Des Weiteren sei nicht erkennbar, dass das Maß der Belastung der Klägerin außer Verhältnis zur Sache stünde. Wenn durch Steigerung der Ausgaben und Verminderung der Einnahmen eine Erhöhung des Umlagesolls eintrete, sei die Verhältnismäßigkeit gewahrt, wenn alle beitragspflichtigen Unternehmen gleichmäßig an der Verringerung des Umlagesolls durch Erhöhung der Beiträge beteiligt würden. Die Beklagte sei auch berechtigt gewesen, zur Sicherung des Beitragsaufkommens einen Vorschuss bis zur Höhe des voraussichtlichen Jahresbedarfs zu erheben. Sie hatte hierbei neben den Versicherungssummen und den Gefahrklassen den von ihrem Vorstand festgesetzten Beitragsvorschusssatz zu berücksichtigen. Insoweit gelte das bereits Gesagte.

Gegen das ihr am 24. Oktober 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. November 2000 Berufung beim Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt. Sie ist weiterhin der Meinung, dass gesetzliche Grundlagen, auf denen der angegriffene Beitragsbescheid bzw. Beitragsvorschussbescheid beruhen, unter dem Gesichtspunkt der "Wesentlichkeitstheorie" verfassungswidrig seien. Das gelte sowohl im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber von der Verordnungsermächtigung des § 122 Abs. 1 SGB VII bisher keinen Gebrauch gemacht habe, als auch im Hinblick auf § 157 SGB VII. Unerörtert geblieben sei bisher insbesondere, ob die volle Risikoabwälzung auf den Arbeitgeber bei Wegeunfällen überhaupt der Interessenlage entspreche und eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Gestaltung des Solidarausgleichs in der Unfallversicherung darstelle. Im Übrigen sei die Kritik an der alleinigen Beitragspflicht des Arbeitgebers nur unbefriedigend behandelt worden. Es gehe um die Frage, ob die dort unterstellte Prämisse (Ablösung ansonsten bestehender zivilrechtlicher Haftung) die Interessen der Arbeitnehmer an der Unfallversicherung ausreichend berücksichtige.

Nachdem die Klägerin noch die Beitragsbescheide vom 25. April 2000 und 24. April 2001 für die Umlagejahre 1999 und 2000 sowie die Beitragsvorschussbescheide vom 25. April 2000 und 24. April 2001 für die Jahre 2000 und 2001 übersandt hat, beantragt sie,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. Mai 2000 sowie den Beitragsbescheid der Beklagten vom 26. April 1999 für 1998 und den Beitragsvorschussbescheid vom 26. April 1999 für 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 1999 sowie den Beitragsbescheid für 1999 vom 25. April 2000, den Beitragsvorschussbescheid für 2000 vom 25. April 2000, den Beitragsbescheid für 2000 vom 24. April 2001 und den Beitragsvorschussbescheid für 2001 vom 24. April 2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die im Berufungsverfahren angefallenen Klagen abzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist im Übrigen auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. April 2000 (Aktenzeichen B 2 U 2/99 R) zur rechtmäßigen Berücksichtigung der Altlasten-Ost beim Umlagesoll.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Verfahrens im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten (Aktenzeichen ...), die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht im Sinne des § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist auch gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; denn bei den streitgegenständlichen Bescheiden - die weiteren Beitragsbescheide für die Umlagejahre 1999 und 2000 vom 25. April 2000 bzw. 24. April 2001 sowie die Beitragsvorschussbescheide für die Jahre 2000 und 2001 vom 25. April 2000 und 24. April 2001 waren gemäß § 96 Abs. 1 SGG in analoger Anwendung im Wege der Klage in das Verfahren einzubeziehen - handelt es sich um wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr.

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Bescheide vom 26. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 1999 rechtmäßig sind.

Dies gilt auch für die weiteren Beitragsbescheide der Beklagten für die Umlagejahre 1999 und 2000 sowie die Beitragsvorschussbescheide für die Jahre 2000 und 2001.

Anzuwenden sind die Vorschriften des SGB VII, da die streitgegenständlichen Bescheide die Aufbringung der Mittel der Beklagten für die Haushaltsjahre nach dem Haushaltsjahr 1996 im Verhältnis zur Klägerin regeln (§§ 212, 219 Abs. 1 SGB VII, Art. 36 Unfallversicherungseinordnungsgesetz).

Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Von der Klägerin werden keine Gründe vorgetragen, die Zweifel hieran begründen könnten. Verstöße gegen verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmungen sind nicht ersichtlich. Die angefochtenen Beitragsbescheide sind auch materiell rechtmäßig. Soweit die Klägerin rügt, dass der Gesetzgeber von der Verordnungsermächtigung des § 122 Abs. 1 SGB VII bisher keinen Gebrauch gemacht habe und insoweit die Zuständigkeit der Beklagten sich grundsätzlich nach der Bekanntmachung betreffend die Bildung der Berufsgenossenschaften vom 22. Mai 1885 richtet (§§ 12 und 15 des Unfallversicherungsgesetzes vom 06. Juli 1884, RGBl. Seite 69), hat sie zwar erkannt, dass der die sachliche Zuständigkeit der Berufsgenossenschaften regelnde Bundesratsbeschluss vom 21. Mai 1885 weiterhin geltendes Recht ist (vgl. Watermann in Lauterbach: Unfallversicherung Sozialgesetzbuch VII, Band 2, 4. Auflage, Stand: 6. Lieferung März 1996, § 122 Rz. 5). Mit diesem "Einwand" rügt die Klägerin aber nicht die sachliche Unzuständigkeit der Beklagten; sie hat sich insoweit auch nicht gegen die Aufnahme in das Unternehmerverzeichnis gewandt und die Mitgliedschaft bei der Beklagten bestritten. Vielmehr möchte die Klägerin, dass der Verordnungsgeber tätig wird und eine neue Zuständigkeit als Regelung auf der Grundlage des § 122 SGB VII schafft. Einen solchen Anspruch auf Tätigwerden des Verordnungsgebers hat die Klägerin nicht. Darüber hinaus wird verkannt, dass die Ermächtigung nach § 122 SGB VII nur die Änderungen der Zuständigkeiten unter den bestehenden Berufsgenossenschaften und nicht die Auflösung bestehender oder die Gründung neuer Berufsgenossenschaften betrifft (vgl. Krasney in Brackmann: Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 92. Lieferung Dezember 1998, § 122 Rz. 6). Deshalb verbleibt es zu Recht weiterhin bei den bisherigen, sich im Detail aus den Satzungen der Berufsgenossenschaften ergebenden Bestimmungen, im Fall der Klägerin der Vorschrift des § 3 der Satzung vom 25. Juni 1997 in der Fassung vom 25. Juni 1998, und des die sachliche Zuständigkeit der Berufsgenossenschaften regelnden Bundesratsbeschlusses vom 12. Mai 1885 sowie des ebenso noch zu beachtenden "Alphabetischen Verzeichnisses der Gewerbezweige, welche zu den bis zum 01. Oktober 1885 gebildeten Berufsgenossenschaften gehören" (Alphabetisches Verzeichnis, vom früheren Reichsversicherungsamt aufgestellt und fortgeführt), ergebenden Zuständigkeitsregelungen. Von der Weitergeltung geht auch das BSG in ständiger Rechtsprechung aus (vgl. Krasney, wie oben, mit weiteren Nachweisen). Ebenso wenig hat die Klägerin einen Anspruch auf die - freiwillige - Vereinigung von Berufsgenossenschaften zur Verminderung ihres Beitrages, die gemäß § 118 SGB VII zulässig wäre. Insoweit handelt es sich nicht um subjektiv-rechtliche Position der Klägerin.

Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung der Beklagten sind die §§ 24 und 29 der Satzung der Beklagten vom 25. Juni 1997 in der Fassung vom 25. Juni 1998. Die angefochtenen Bescheide selbst stützen sich auf § 154 SGB VII bzw. § 168 SGB VII in Verbindung mit den §§ 150 ff. SGB VII. Den Unternehmern, die nach § 150 Abs. 1 SGB VII die Mittel für Ausgaben der Berufsgenossenschaft durch Beiträge aufzubringen haben, ist hiernach ein Beitragsbescheid mitzuteilen (§ 168 Abs. 1 SGB VII, § 29 Abs. 1 und 2 der Satzung der Beklagten). Dabei gilt das Prinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung (§§ 152 Abs. 1 SGB VII, § 24 Abs. 1 Satz 3 der Satzung der Beklagten), d. h., der anfallende Bedarf von Mitteln für das abgelaufene Geschäftsjahr wird nach dem in der Satzung festgelegten Verteilungsmaßstab auf den jeweils vorhandenen Bestand an beitragspflichtigen Unternehmen umgelegt. Zum Gesamtbedarf gehören alle Kosten, die den Berufsgenossenschaften durch die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erwachsen (§ 21 SGB IV, §§ 150 Abs. 1, 152 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, § 24 Abs. 2 Satz 3 der Satzung der Beklagten), nämlich die im Veranlagungsjahr getätigten Ausgaben, die erforderlichen Betriebsmittel und die Rücklagen. Diesem Gesamtbedarf, vermindert durch die Verwaltungseinnahmen, entspricht der Umfang des auf die Gesamtheit der beitragspflichtigen Unternehmen entfallenden Umlagesolls (vgl. BSG, SozR 2200 § 725 Nr. 10). Die Höhe des Beitrags, mit dem der einzelne Unternehmer am Umlagesoll zu beteiligen ist, richtet sich nach dem Entgelt der Versicherten und dem Grad der Unfallgefahr in dem Unternehmen (§§ 153, 157 Abs. 1, 167 Abs. 1; Ausnahme: § 155 SGB VII). Die Beklagte wendet diese Art der Beitragsberechnung in § 24 Abs. 1 und 3 ihrer Satzung an. Nach § 167 Abs. 2 SGB VII, § 24 Abs. 3 der Satzung der Beklagten werden die Beiträge dadurch ermittelt, dass das in dem Unternehmen gezahlte Arbeitsentgelt mit den jeweils zugehörigen Gefahrklassen multipliziert (Beitragseinheit) und das Umlagesoll durch die Gesamtsumme der Beitragseinheiten aller Mitglieder dividiert wird (Beitragsfuß). Durch Multiplikation der Beitragseinheiten mit dem Beitragsfuß wird dann der Beitrag errechnet. Der im Fall der Klägerin in den angegriffenen Bescheiden angewandte Beitragsfuß von 5,93 DM, 6,06 DM bzw. 6,28 DM bezieht sich auf je 1 000 Beitragseinheiten. Vorliegend ist weder die Veranlagung des klägerischen Unternehmens zur Gefahrtarifstelle und zu den Gefahrklassen noch die Berechnung der Beitragshöhe substantiiert von der Klägerin angegriffen worden, noch ist insoweit eine Fehlerhaftigkeit ersichtlich. Insbesondere enthalten die streitgegenständlichen Beitragsbescheide sowie die streitgegenständlichen Beitragsvorschussbescheide entsprechend § 168 Abs. 1 SGB VII die Angabe der Faktoren der Beitragsberechnung (Arbeitsentgelt, Versicherungssumme, Gefahrklasse, Beitragsfuß, vgl. § 167 SGB VII) sowie die Einzelheiten zu dem Beitragszuschlagsverfahren (§ 162 SGB VII) der Beklagten. Insoweit lässt sich eine Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Bescheide nicht erkennen. Von der Klägerin wird auch eine Verletzung des materiellen (Beitrags-)Rechts nicht geltend gemacht.

Die angegriffenen Bescheide sind auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Für eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG liegt nichts vor.

Das gilt zunächst für die Frage, ob der Gesetzgeber ausschließlich die Unternehmer in die Pflichtversicherung einbeziehen durfte. Anders als in den sonstigen Zweigen der Sozialversicherung (Kranken- Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung) werden die Beiträge in der gesetzlichen Unfallversicherung - wirtschaftlich - grundsätzlich ausschließlich von den Unternehmern und nicht auch von den Beschäftigten getragen, d. h., Beitragspflichtige und Versicherte sind meist nicht identisch. Dieser seit Bestehen der gesetzlichen Unfallversicherung herrschende Grundsatz der Finanzierung ist auch im SGB VII beibehalten worden. Die alleinige Beitragslast der Unternehmer in der gesetzlichen Unfallversicherung beruht auf dem das Recht dieses Versicherungszweiges beherrschenden Prinzip der Solidarhaftung der in den Berufsgenossenschaften zusammengeschlossenen Unternehmer; es besteht in der Ablösung der zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche der Beschäftigten gegen ihre Arbeitgeber aus Unfällen, die bei ihrer Tätigkeit eingetreten sind. Die Arbeitnehmer haben keine Schadensersatzansprüche gegen den sie beschäftigenden Unternehmer (§ 104 SGB VII) oder gegen andere Arbeitnehmer in demselben Unternehmen (§ 105 SGB VII) - außer im Fall des Vorsatzes. Darüber hinaus fällt die Pflicht des Unternehmers, in der gesetzlichen Unfallversicherung die Mittelaufbringung allein zu tragen, in den Bereich der allgemeinen Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beschäftigten, soweit er zugleich deren Arbeitgeber ist. Bei dieser dem Gedanken der Betriebsbezogenheit der Unfallversicherung Rechnung tragenden Regelung der Beitragspflicht ist es grundsätzlich geblieben, obwohl der Versicherungsschutz in der Unfallversicherung nicht mehr auf reine Betriebsarbeit beschränkt blieb, sondern in erheblichem Umfang auf Verrichtungen erstreckt worden ist, die - wie z. B. Wegeunfälle - nicht mehr betrieblicher Art im ursprünglichen Sinne sind (vgl. Burchardt in Brackmann: Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 93./99. Lieferung November 1999, § 150 Rdnr. 9, 10). Diese herkömmliche Art der Mittelaufbringung in der Unfallversicherung mag aus der Sicht der Klägerin unzweckmäßig sein, sie ist aber nicht verfassungswidrig. Denn der Gesetzgeber hat gerade auch in der Frage, wen er in die Pflichtversicherung einbezieht, einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl. Maunz in Maunz-Dürig: Grundgesetz, Kommentar, Art. 74 Rz. 176 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Das Bundesverfassungsgericht hat in bisherigen Entscheidungen, in denen es im Wesentlichen die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit des gesetzlichen Lastenausgleichsverfahrens in der Unfallversicherung festgestellt hat, diese gewachsene Form der Mittelaufbringung gedanklich vorausgesetzt: Denn im Hinblick auf die dem Unfallversicherungswesen eigene Solidarität der Unternehmen sei es dem Gesetzgeber auch nicht verwehrt gewesen, die wirtschaftliche Stützung eines Gewerbezweigs durch eine Umverteilung innerhalb der Berufsgenossenschaften herbeizuführen (vgl. BVerfGE 23, Seite 12 ff., 23/24). Die Frage der Behebung der Finanzschwierigkeiten einer Berufsgenossenschaft durch Erhebung eines Beitrages auch von den Arbeitnehmern hat es sich nicht gestellt. Unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG hat es außerdem ausdrücklich festgestellt, dass es nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts sei zu prüfen, ob der Gesetzgeber jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, sondern lediglich, ob die tatsächlichen Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (vgl. BVerfGE 23, Seite 12 ff., 25). Was den Personenkreis derer betrifft, die die Mittel der Berufsgenossenschaften aufbringen müssen, behandelt der Gesetzgeber aber alle Unternehmer in den gewerblichen Berufsgenossenschaften gleich.

Was die Einbeziehung der Entschädigung von Wegeunfällen in die gesetzliche Unfallversicherung betrifft (§ 8 Abs. 2 SGB VII), verstößt auch dies nicht gegen das Grundgesetz. Denn es handelt sich dabei nicht um eine versicherungsfremde Leistung, auch wenn zuzugeben ist, dass der versicherungspflichtige Unternehmer - insoweit anders als in seinem Betrieb - kaum Möglichkeiten des Einflusses auf die Verminderung von Unfallgefahren im allgemeinen Straßenverkehr hat. Der Anknüpfungspunkt für die Entschädigung von Wegeunfällen weist durchaus eine betriebsbezogene Komponente auf, denn eine Entschädigung kommt prinzipiell nur für Unfälle in Betracht, die auf dem Weg von und zum Ort der Tätigkeit, also betriebsdienlich, geschehen sind. Die zeitliche Komponente bezieht sich prinzipiell auf den Zeitraum, der für die Zurücklegung des Weges angemessen ist. Die kausale Komponente bezieht sich auf die Gefährdung, der der Versicherte auf diesem Weg als Objekt des Geschehens ausgesetzt ist. Da diese Gefährdung nicht unmittelbar durch betriebliche Faktoren, sondern in erster Linie durch die allgemeinen Gefahren des Verkehrs bedingt ist, ist ihre kausale Zurechnung zum Betrieb nur bedingt möglich. Daher bedarf es zusätzlich einer weiteren Konkretisierung des Unfallgeschehens im finalen Sinne, nämlich dass sich der Unfall bei einer versicherten Tätigkeit - bei der Zurücklegung des Weges nach und vom Ort der Tätigkeit - ereignet hat. Es kommt somit entscheidend darauf an, ob die Handlungstendenz des Versicherten zur Zeit des Unfalls wesentlich betrieblich motiviert war; denn nur dann ist sie rechtlich relevant. In Analogie zum Arbeitsunfall sind auch beim Wegeunfall die aufgezeigten Beurteilungskomponenten einer rechtlichen Erfassung zugrunde zu legen und im Hinblick auf deren Wesentlichkeit zu bewerten. Insoweit ist gerade durch die entsprechende Kasuistik in der Rechtsprechung zur Beurteilung eines Wegeunfalls eine Abgrenzung vorgenommen worden, die es rechtfertigt, die Risiken aus solchen Sachverhalten nicht aus Mitteln der Allgemeinheit, sondern durch Sozialversicherungsbeiträge - der Unternehmer - zu finanzieren. Im Übrigen ist die Abgrenzung zwischen Aufgaben der Sozialversicherung und den Aufgaben der Gesamtgesellschaft verfassungsrechtlich nicht im Einzelnen vorgegeben, sondern politischer Natur und allein vom Gesetzgeber zu treffen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 1998, B 12 Kr 35/95 R, SozR 3-2600 § 158 Nr. 1).

Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf einen Aufsatz von Hans-Jürgen Papier und Johannes Möller ("Verfassungsrechtliche Fragen der Festsetzung der Beiträge in der Unfallversicherung") in der Zeitschrift "Die Sozialgerichtsbarkeit", Heft 8, 1998, Seite 337 f., die Bildung des Gefahrtarifs auf der Grundlage des § 157 SGB VII für verfassungswidrig hält, hat das Sozialgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der insoweit ergangene Veranlagungsbescheid vom 29. März 1993, der Grundlage der angegriffenen Beitragsbescheide für das Jahr 1998 ist, ebenso bindend geworden ist wie der Veranlagungsbescheid vom 09. April 1999, der Grundlage der weiteren angegriffenen Bescheide der Beklagten ist.

Abgesehen davon ist in dem genannten Aufsatz im Übrigen die Meinung vertreten worden, § 157 SGB VII verletze das verfassungsrechtlich entwickelte "Wesentlichkeitsgebot", weil die Vorschrift den Selbstverwaltungsorganen Raum lasse, durch den Gefahrtarif in grundrechtlich geschützte Positionen einzugreifen. Dem ist nicht zu folgen. Die Auffassung verkennt den dichten Regelungsgehalt des § 157 SGB VII, der den Selbstverwaltungsorganen bei der Bewertung des Zahlenmaterials, das dem Gefahrentarif zugrunde liegt, keine Entscheidung ermöglicht, die über die gesetzgeberische Intention des § 157 hinausgehen. Die Unternehmer werden nach Maßgabe der Gefährdungsrisiken des Gewerbezweiges, dem sie angehören, zu Gefahrklassen veranlagt (vgl. hierzu die Erwiderung zum Aufsatz von Papier/Möller von Udo Schulz in "Die Sozialgerichtsbarkeit", Heft 4, 1999, Seite 172 ff.). Diese Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten der zu Gefahrengemeinschaften zusammengefassten Gewerbezweige berechnet. Die Gefahrklassen sind ein maßgeblicher Faktor der Beitragshöhe. Darüber hinaus werden individualisierte Maßstäbe der Unfallgefahr bei der Beitragsberechnung für den einzeln Betrieb im Rahmen von Zuschlägen und Nachlässen (§ 162 SGB VII) berücksichtigt. Hinsichtlich des Inhalts des Gefahrtarifs haben die Unfallversicherungsträger einen sehr weit bemessenen Entscheidungsspielraum, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten Ermächtigung Recht setzen (ständige Rechtsprechung, vgl. Platz in Lauterbach: Unfallversicherung, Sozialgesetzbuch VII, 4. Auflage, 12. Lieferung März 2000, § 157 Rdnr. 6 mit weiteren Nachweisen). Dies entspricht dem Sinn und Zweck des Gefahrtarifs. Er soll dem Unfallversicherungsträger die Möglichkeit geben, nach den Besonderheiten der in der Berufsgenossenschaft zusammengefassten Gewerbszweige Gefährdungsgemeinschaften zu bilden. Hinsichtlich Anzahl und Größe der einzelnen Tarifstellen hat die Selbstverwaltung einen weiten Gestaltungsspielraum. Im Rahmen des durch den Gesetzgeber vorgegebenen Spannungsverhältnisses von solidarischer Lastentragung unter Abstufung der Beiträge nach Gefährdungsrisiken muss die Selbstverwaltung nach sachgerechten Lösungen suchen, die die jeweils besonderen Strukturen der in der Berufsgenossenschaft zusammengefassten Erwerbszweige und Unternehmen berücksichtigt. Die Gestaltungsmöglichkeiten werden begrenzt durch den Gleichheitssatz (vgl. BSGE 73, 253; 75, 45) sowie durch das Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG). So darf eine Strukturveränderung des Gefahrtarifs nicht dazu führen, dass die zu erbringende Beitragssumme kurzfristig um das Dreifache erhöht wird. Solche grundlegenden Änderungen sind nur zulässig, wenn durch Übergangsvorschriften dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Vertrauensschutz angemessen Rechnung getragen wird (vgl. Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.10.1998, Breithaupt 1999, 176 ff.). Abgesehen davon, dass sich der Beitrag der Klägerin hier nicht um das Dreifache erhöht hat, beruht die Erhöhung des Beitrages der Klägerin auch nicht auf einer grundlegenden Änderung des Gefahrtarifs, sondern sowohl auf der Berücksichtigung der individuellen Unfallgefahr im Betrieb der Klägerin, die ihren Ausdruck in dem Beitragszuschlag von 4 648,58 DM gefunden hat (vgl. § 162 SGB VII in Verbindung mit § 29 der Satzung der Beklagten), als auch auf einer Erhöhung des Beitragsfußes von 5,30 DM pro 1 000,00 DM Arbeitsentgelt für das Jahr 1997 auf 5,93 DM für das Jahr 1998. Der Beitragsfuß ist der Anteil des Umlagesolls, der auf eine Beitragseinheit entfällt. Die Berechnungsformel lautet: Beitragsfuß = Umlagesoll x 1 000: Beitragseinheiten. Der Beitragsfuß wird durch den Vorstand der Berufsgenossenschaft jährlich neu festgesetzt, da sowohl die Gesamtausgaben der Berufsgenossenschaft als auch die Beitragseinheiten, die durch die Arbeitsentgelte beeinflusst werden, von Jahr zu Jahr verschieden sind. Der Beitragsfuß erhöht sich, wenn das Umlagesoll, der finanzielle Bedarf der Berufsgenossenschaften, der nach § 152 SGB VII durch die Beiträge aufgebracht werden muss, schneller steigt als die Arbeitsentgelte der Unternehmen. Konnte die Beklagte den Beitragsfuß von 5,00 DM für das Jahr 1996 und von 5,30 DM für das Jahr 1997 noch durch die Entnahme von 20 000 000,00 DM (1996) und von 40 000 000,00 DM (1997) aus Betriebsmitteln stützen, war dies für das Jahr 1998 nicht mehr möglich, ohne die Zahlungsfähigkeit der Beklagten auf Dauer zu gefährden (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 11.10.1999). Wären keine Betriebsmittel entnommen worden, hätte der Beitragsfuß für das Jahr 1997 nach Auskunft der Beklagten auf 5,73 DM festgesetzt werden müssen. Die Beklagte hat somit offensichtlich für die Jahre 1996 und 1997 versucht, den Rückgang des durch eine wirtschaftliche Rezession im Baugewerbe verursachten Lohnvolumens bei steigenden Altlasten beitragsmäßig durch Auflösung von Rücklagen auszugleichen. Da dies für das Jahr 1998 nicht mehr möglich gewesen ist, die Beiträge aber so zu bemessen sind, dass die Berufsgenossenschaft die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben erfüllen können sowie ausreichend Betriebsmittel und Rücklagen gehalten werden (vgl. § 152 SGB VII), ist es zu der Steigerung des Beitragsfußes von 1997 auf das Jahr 1998 um ca. 12 % gekommen. Diese Erhöhung stellt, wie das Sozialgericht im angegriffenen Urteil zu Recht festgestellt hat, keinen Verstoß gegen das Gebot der übermäßigen Belastung im Sinne des Art. 20 GG dar. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 18. April 2000 (B 2 U 2/99 R, HVBG-Info 2000, Seite 1816 bis 1824), in dem es die Rechtmäßigkeit der Berücksichtigung der Altlasten-Ost beim Umlagesoll festgestellt hat, einer Beitragsanhebung sogar um 57 % keine "erdrosselnde" Wirkung beigemessen. Die Klägerin hat im Übrigen auch nicht dargelegt, dass und inwieweit sie gerade durch die Anhebung des Beitrages zur gesetzlichen Unfallversicherung für das Jahr 1998 bzw. den Beitragsvorschuss für das Jahr 1999 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sein will. Für das Umlagejahr 1999 ist der Beitrag der Klägerin - ohne Nebenumlagebeiträge - ohnehin auf 46 242,13 DM, also um 4 892,20 DM im Vergleich zum Umlagejahr 1998 gesunken. Für das Umlagejahr 2000 bestand dann noch ein Beitrag zur Beklagten in Höhe von 38 586,11 DM - ohne Nebenumlagebeiträge -, also ein wiederum - diesmal noch erheblicherer - Rückgang der Beitragslast der Klägerin.

Nach alledem muss der Berufung der Klägerin der Erfolg versagt bleiben; die Klagen waren entsprechend abzuweisen.

Die Kostenentscheidung, die dem Ausgang des Verfahrens entspricht, beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen dafür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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