L 19 AS 1975/11 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 45 AS 4532/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1975/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 10.10.2011 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe.

Die am 00.00.1963 geborene Klägerin stellte im September 2010 einen Antrag auf Leis-tungen zur Sicherung des Lebensunterhalte nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Ausweislich der Verwaltungsakte wandte sich die Klägerin erstmalig mit Schreiben vom 09.09.2010 an die Beklagte und bat - unter Hinweis auf eine persönliche Vorsprache am 02.09.2010 - um die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Das Schreiben ging am 10.09.2010 bei der Beklagten ein. Nach Vorlage der fehlenden Antragsunterlagen bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 05.10.2010 der Klägerin vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 10.09.2010 bis zum 28.02.2011. Am 13.10.2010 legte die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, Widerspruch gegen den Bescheid mit der Begründung ein, die Antragstellung sei bereits am 02.09.2010 erfolgt. Die Klägerin habe zu diesem Zeitpunkt in Begleitung eines Zeugen die Beklagte aufgesucht.

Am 18.10.2011 erließ die Beklagte auf den Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.10.2010 einen Abhilfebescheid mit folgendem Tenor:

1. Dem Widerspruch wird abgeholfen.
2. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten wird für nicht notwendig erklärt.
3. Verwaltungskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Sie führte weiter aus, der Leistungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 02.09.2010 bis 09.09.2010 in Höhe von 73,85 EUR werde überwiesen.

Mit Schreiben vom 28.10.2010 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Abhilfebescheid ein, da dieser die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nicht für notwendig erkläre. Darüber hinaus sehe sie der Erteilung eines endgültigen Bescheids entgegen, da der Bescheid vom 05.10.2010 mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen war.

Am 15.11.2010 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten bezüglich des Widerspruchs vom 12.10.2010 gegen den Bewilligungsbescheid über Leistungen nach dem SGB II vom 05.10.2010 für notwendig zu erklären sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 309,40 EUR zu übernehmen und ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N zu bewilligen.

Mit Beschluss vom 10.10.2011 hat das Sozialgericht Duisburg den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt N abgelehnt. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.

Hiergegen hat die Klägerin am 28.10.2011 beim Sozialgericht Beschwerde eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, die Ablehnung der Prozesskostenhilfe sei rechtswidrig.

Sie beantragt,

ihr unter Aufhebung des Beschlusses vom 10.10.2011 Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen. Es habe sich um einen einfachen Sachverhalt gehandelt, für den die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nicht erforderlich gewesen wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Prozesskostenhilfe steht der Klägerin nach §§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht zu, da die von ihr erhobene Klage nach hier allein möglicher summarischer Prüfung keine hinreichende Erfolgsaussicht hat.

Die Klägerin begehrt zum einen die Verpflichtung der Beklagten, die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten festzustellen. Rechtsgrundlage für eine solche Feststellung ist § 63 Abs. 2 des Zehnten Buch des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). In der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte ist geklärt, dass es bei der Frage der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten darauf ankommt, ob es die Klägerin für erforderlich halten durfte, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden und dann einen Rechtsanwalt zugezogen hat (BSG Beschluss v. 29.09.1999 - B 6 KA 30/99 B = juris Rn. 6, unter Verweis auf BSG Urteil v. 15.12.1987 - 6 RKa 21/87 = juris Rn 25; BVerwG Urteil v. 26.02.1993 - 8 C 68/91 = juris Rn 16; Urteil v. 26.01.1996 - 8 C 15/95 = Rn 11; BFH Beschluss v. 09.03.1976 - VII B 24/74 = juris Rn 8). Es ist - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - darauf abzustellen, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwaltes bedient hätte. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten ist dann als notwendig anzusehen, wenn es dem Beteiligten bei Beurteilung ex ante, also im Zeitpunkt der Auftragserteilung, nach den jeweils gegebenen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann, das Verfahren selbst zu führen (BSG, Urteil v. 15.12.1987, a.a.O.; BSG Beschluss v. 29.09.1999, a.a.O.).

Dies war vorliegend nicht der Fall. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts, denen er sich anschließt.

Ergänzend sei darauf verwiesen, dass es, entgegen der Darstellung des Prozessbevollmächtigten in seinem Beschwerdeschriftsatz, auch keineswegs "merkwürdig" erscheint, dass nunmehr der frühere Beginn des Leistungszeitpunkts unstreitig ist, wurde der Beklagte doch erstmals durch den Widerspruch auf diesen Fehler hingewiesen. Für diese Mitteilung hätte aber die Klägerin nach obigen Maßstäben keine Bevollmächtigten benötigt. Es ist vorliegend nicht etwa so, dass die Klägerin selbst bereits darauf hingewiesen hätte und der Beklagte erst durch das Einschalten des Prozessbevollmächtigten reagiert hätte. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten war damit nicht erforderlich.

Soweit die Klägerin die Übernahme der Kosten in Höhe von 309,40 EUR geltend macht, sei darauf verwiesen, dass insoweit eine ausdrückliche Kostengrundentscheidung des Beklagten derzeit noch fehlt. Nach § 63 SGB X hat die Behörde, die über den Widerspruch entschieden hat, eine Kostengrundentscheidung zu treffen (vgl. Roos, in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 63 Rn 31 ff.). Die Feststellung, dass Verwaltungskosten für das Verfahren selbst nicht angefallen sind, genügt insoweit nicht. Es geht auch um Kosten, die der Klägerin selbst entstanden sein können. Selbst wenn man aber in der Ablehnung, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären, eine konkludent ablehnende Kostengrundentscheidung sehen wollte, so könnte die auf Kostenübernahme gerichtete Klage keine Aussicht auf Erfolg haben. Voraussetzung für einen solchen Anspruch wäre unabhängig davon die Durchführung eines entsprechenden Kostenfestsetzungsverfahrens der Beklagten (vgl. Roos, a.a.O, § 63 Rn 42). Ein solches ist jedenfalls nach Aktenlage bislang nicht durchgeführt worden. Einen entsprechenden Antrag der Klägerin bei der Behörde findet sich nicht in den Akten. Die Klage ist insoweit unzulässig. Nachdem die Zuziehung des Bevollmächtigten jedoch nicht notwendig war (s.o.), dürfte die Festsetzung der geltend gemachten Kosten durch den Beklagten auch nicht in Betracht kommen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind entsprechend § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.

Dieser Beschluss ist endgültig, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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