L 2 RA 836/02

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 2 RA 836/02
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

Anknüpfungstatsachen:

• beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen der Klägerin: gelernte Kinderkrankenschwester, Zahnarzthelferin, Krankenschwester und von 1993 bis 1999 Altenpflegerin

• gesundheitliches Restleistungsvermögen der Klägerin: vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, vorwiegend im Sitzen und gelegentlich im Stehen, ohne Heben und Tragen von Lasten, ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule

Beweisfragen:

a) Welche berufsnahen Tätigkeiten kann die Klägerin ausüben?

b) Welche sonstigen berufsfremden Tätigkeiten kann die Klägerin ausüben?

c) Kann die Klägerin noch in den von der Beklagten benannten Tätigkeiten arbeiten?

1. Handelt es sich bei den genannten Tätigkeiten um

• gelernte Arbeiten mit einer mehr als 2-jährigen Ausbildungszeit,

• Arbeiten mit einer Anlernzeit von mehr als 3 Monaten bis zu 2 Jahren,

• ungelernte Arbeiten mit lediglich betrieblichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeit bis zu drei Monaten?

2. Kann die Klägerin innerhalb einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben?

3. Kann die Klägerin die in Betracht kommenden Tätigkeiten unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten? Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?

4. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu a) Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich die Klägerin aus berufskundlicher Sicht noch für in der Lage, folgende berufsnahe Verweistätigkeiten zu verrichten:

Angestellte in Krankenhäusern, Kliniken, öffentlichen Blutzentralen, Krankenkassen und bei Dienststellen des öffentlichen Gesundheitswesens

Diese Tätigkeiten umfassen einfache, routinemäßige Bürohilfsarbeiten, die ohne besondere Ausbildung und ohne längere Einarbeitungszeiten nach vorgegebenem Schema oder nach jeweiligen Anordnungen verrichtet werden können (z.B. Abheften, Sortieren, Aufschreiben, Notieren, Vergleichen u.ä.). Medizinische und pharmazeutische Grundkenntnisse sowie Erfahrungen in Krankenhausorganisation und -betrieb sind hierbei sicherlich von Vorteil.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln, zunehmend Arbeiten am Bildschirm.

Arzthelferin im administrativen Bereich

Die wesentlichen Aufgaben umfassen die Terminabsprache mit Patienten, das Führen des Patientenbestell- und Praxistagebuchs, der Empfang der Patienten und die Betreuung im Wartezimmer, die Karteiführung und das Ausfüllen von Formularen verschiedenster Art, die Vorbereitung von Rezepten und Überweisungsscheinen sowie Einweisungen in stationäre Behandlungen, die Durchführung von allgemeinen Schreibarbeiten und des Telefondienstes. die Betreuung Hilfsbedürftiger handelt, lassen sich diese, zum Teil schweren Tätigkeiten, nicht vermeiden oder zumindest nicht ausschließen.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Arbeit erfolgt überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln, zunehmend Arbeiten am Bildschirm. Erforderlich sind gute Umgangsformen, Kontaktfähigkeiten, sicheres Auftreten. Zeitweise erfolgen die Arbeiten unter Zeitdruck (Termine, hoher Kundenandrang).

zu b) Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich die Klägerin aus berufskundlicher Sicht noch für in der Lage, folgende berufsfremde Verweistätigkeiten zu verrichten:

Telefonist Die Anforderungen an Telefonisten sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind recht unterschiedlich. Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeiten in der Regel auf das Bedienen einer zum Teil recht umfangreichen Telefonanlage beschränken, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit einfachen Bürotätigkeiten, Schreibtätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten.

Während bei Telefonisten in Großunternehmen ein bedarfsmässiger Wechsel der Körperhaltung zumindest bezweifelt werden darf, kann man bei dieser Tätigkeit in kleineren Betrieben davon ausgehen, dass eine wechselweise Körperhaltung zum einen aufgrund des breiteren Betätigungsfeldes, zum anderen aber auch im Bedarfsfalle jederzeit möglich ist.

zu c.) Krankenschwester in Kurkliniken und Sanatorien Zum fachlichen Anforderungsprofil einer Krankenschwester in Kurkliniken und Sanatorien gehören insbesondere die Kenntnisse und Fertigkeiten, die für Diagnostik und Therapieplanung, Aufnahmen und Entlassungen, Verwaltung von Krankenakten und zur psychologischen Betreuung von Patienten und Angehörigen im Berufsbild einer Krankenschwester enthalten sind. Da in vielen dieser Einrichtungen (insbesondere der Herz- Kreislaufbehandlung oder der Onkologie) üblicherweise ausschließlich stationsfähige Patienten, d.h. Patienten, die sich auf der Station selbst bewegen und versorgen können, betreut werden, entfallen hier die mittleren bis schweren Tätigkeiten, die in einem Akutkrankenhaus von einer Krankenschwester ausgeübt werden müssen, wie z.B. Intensivpflege, Heben und Tragen von Patienten, Arbeiten unter Zeitdruck beim Anwenden von notfallmedizinischen Maßnahmen.

Es handelt sich dabei um körperlich leichte Arbeiten bei wechselnder Körperhaltung in geschlossenen, temperierten Räumen, die üblicherweise ohne Zeitdruck und ohne besondere psychische Belastungen ausgeführt werden.

zu 1.) Bei den unter a) aufgeführten Verweistätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten, die in der Regel von ausgebildeten Arzthelferinnen oder von Mitarbeitern mit einer kaufmännischen Ausbildung von mehr als 2 Jahren Dauer ausgeübt werden. Darüber hinaus kommen auch Kräfte mit einer Ausbildung im Bereich der Krankenpflege hierfür in Betracht.

Bei der unter b) genannten Verweistätigkeit handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt.

Bei den unter c) aufgeführten Verweistätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten, die in der Regel von ausgebildetem Krankenpflegepersonal ausgeübt werden.

Für alle vorgenannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens der Klägerin - auch für sie ausreichend sein.

zu 2.) Für die genannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens der Klägerin - auch für sie ausreichend sein.

zu 3.) Die genannten Verweistätigkeiten können von der Klägerin unter arbeitsmarkt- und betriebsüblichen Bedingungen verrichtet werden und stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.

zu 4.) Die genannten Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.
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Datum