L 12 RA 119/02

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 12 RA 119/02
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

1. beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen der Klägerin:

Die 1949 geborene Klägerin absolvierte nach eigenen Angaben keine Berufsausbildung. Sie übte im Wesentlichen folgende berufliche Tätigkeiten aus: Schreib-/Bürokraft bei einer Bank im Zeitraum von April 1965 bis Dezember 1968 und seit Januar 1972 Lebensmittelverkäuferin (halbtags, 5 Stunden pro Tag) in einem Großmarkt. Bezug von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit für den Zeitraum vom 17. Juli 1990, verlängert bis zum 30. September 1997. Zwischen den Beteiligten ist streitig die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, über den 30. September 1997 hinaus.

2. Gesundheitliches Restleistungsvermögen der Klägerin:

Diesbezüglich wird auf die gutachtlichen Feststellungen der Sachverständigen Bezug genommen:

a) Dr. S., fachinternistisch-arbeitsmedizinisches Gutachten vom 31. Juli 2002.

b) Dr. B., nervenärztliches Gutachten vom 22. April 2003.

c) Dr. A., orthopädieärztliches Fachgutachten vom 23. November 2003.

Hiernach kann die Klägerin zusammenfassend noch regelmäßig vollschichtig leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen: Ohne Heben oder Tragen von Lasten über 10 kg, oder Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an lauten und ungeschützten Maschinen (Dr. S.), die Arbeiten sollten überwiegend im Sitzen, ab und zu im Umhergehen, Hebe- oder Bückarbeiten bis 5 kg, nicht auf Leitern und Gerüsten und nur in geschlossenen, warmen Räumen ausgeübt werden (Dr. A.), keine besonderen (überdurchschnittlichen) Anforderungen an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit (geistige Beweglichkeit), an die Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit und das Verantwortungsbewusstsein, an das Konzentrationsvermögen, keine besonderen (überdurchschnittlichen) oder auch nur durchschnittliche Anforderungen an das Durchsetzungsvermögen, keine besonderen (überdurchschnittlichen) oder auch nur durchschnittlichen nervlichen Belastungen, keine Schicht-, Nacht-, Akkord- und Fließbandarbeit, kein besonderer (überdurchschnittlicher) Zeitdruck und kein sehr häufiger Publikumsverkehr (Dr. B.).

Nach den gutachterlichen Feststellungen des Dr. B. kann die Klägerin ihren bisherigen Beruf als Verkäuferin in einem Lebensmittelgeschäft und auch nicht die im Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2004 des Sozialgerichts Frankfurt am Main benannte Verweisungstätigkeit „Verkäuferin an einer Sammel- und Umtauschkasse“ nicht mehr vollschichtig verrichten, maximal halbschichtig (etwa 3 – 4 Stunden pro Arbeitstag). Zudem sollte die Möglichkeit einer verlängerten Mittagspause bestehen, sodass die Klägerin z. B. 1 – 2 Stunden vormittags und 1 – 2 Stunden nachmittags beruflich tätig ist.

II. Beweisfragen:

Die zu beantwortenden Fragen stellen sich wie folgt:

1. Welche berufsnahen oder bisher ausgeübte Tätigkeiten kommen noch in Betracht?

2. Welche berufsfremden Tätigkeiten kommen noch in Betracht?

3. Welche qualifizierten Tätigkeiten kommen noch in Betracht?

4. Handelt es sich bei den in Frage kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) um

a) gelernte Arbeiten (mehr als 2-jährige Ausbildungszeit)

b) angelernte Arbeiten (3-monatige bis zu 2-jährige Ausbildungszeit)

c) ungelernte Arbeiten (lediglich betriebliche Einarbeitungs- oder Einweisungszeiten)?

5. Welche betrieblichen Einweisungs- bzw. Einarbeitungszeiten erfordern die jeweils in Betracht kommenden Tätigkeiten, um sie vollwertig ausüben zu können?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang zur Verfügung?

7.Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?

Sollten Sie aufgrund des Akteninhaltes abweichende Anknüpfungstatsachen zu I für gegeben halten, bitte ich Sie, diese Abweichung kenntlich zu machen und die Beweisfragen alternativ zu beantworten.
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1.) Berufsnahe oder bisher ausgeübte Tätigkeiten kommen nicht in Betracht.

zu 2.) und 3.) Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich die Klägerin aus berufskundlicher Sicht noch für in der Lage, folgende berufsfremde bzw. qualifizierte Verweistätigkeiten zu verrichten:

Büro-/Verwaltungshilfskraft Diese Tätigkeiten umfassen einfache, routinemäßige Bürohilfsarbeiten, die ohne besondere Ausbildung und ohne längere Einarbeitungszeit nach vorgegebenem Schema oder nach jeweiligen Anordnungen verrichtet werden können (z.B. Abheften, Sortieren, Aufschreiben, Notieren, Vergleichen).

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und Datenverarbeitung, zunehmend Arbeit am Bildschirm.

Mitarbeiter/Mitarbeiterin in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde Mitarbeiter/Mitarbeiterin in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde üben Tätigkeiten aus, die wechselweise im Sitzen, Stehen und Umhergehen verrichtet werden. Sie umfasst das Öffnen der täglichen Eingangspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, das Anbringen eines Posteingangsstempels; das Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen bzw. Sachbearbeiter (üblicherweise mehrmals täglich unter Zuhilfenahme eines Postverteilerwagens) und Mitnahme der zur Weiterleitung an andere Fachabteilungen/Sachgebiete oder zum Versand bestimmten Vorgänge; das Kuvertieren, Wiegen und Frankieren der Ausgangspost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und zunehmend Arbeit am Bildschirm. Gelegentlich findet die Arbeit unter Zeitdruck statt.

Warenaufmacher/in bzw. Versandfertigmacher/in Die wesentlichen Aufgaben umfassen das verschönernde und zweckbedingte Aufmachen von Erzeugnissen der gewerblichen Wirtschaft und die vorbereitenden Arbeiten für deren Versand. Im einzelnen wären hier zu nennen: Das Entfernen produktionsbedingter Verschmutzungen durch Blankreiben, Polieren o.ä., das Aufkleben, Einnähen oder Befestigen von Reklame-, Prüf-, Waren- oder Gütezeichen, Etiketten, Preisauszeichnungen o.ä., das Abzählen, Abwiegen, Abmessen oder Abfüllen von Waren, das Einwickeln bzw. Einlegen von Waren in Papp- oder Holzschachteln, Kisten oder sonstigen Behältnissen, verkaufsfördernden Zierhüllen oder Zierkartons, das Verschließen dieser Behältnisse, das Anbringen von Kennzeichen oder Versandhinweisen o.ä.

Es handelt sich um körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen und in wechselnder Körperhaltung.

zu 4.) Bei den vorgenannten Verweistätigkeiten handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt.

zu 5.) Für die genannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens - für die Klägerin auch ausreichend sein.

zu 6.) Die genannten Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

Zu 7.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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