S 6 RA 1219/02

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 6 RA 1219/02
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
in obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

1. beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen der Klägerin:
04/59 - 03/62 erfolgreiche Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau
- 07/65 Verkäuferin
08/65 - 06/78 Bürogehilfin
01/80 - 09/82 Lagerarbeiterin
10/82 - 04/01 Verkäuferin/Sportgeschäft (Eigenkündigung)

2. Gesundheitliches Restleistungsvermögen der Klägerin: Vollschichtig körperlich leichte Arbeiten mit Heben u. Tragen von Lasten bis zu 5 kg. Im gelegentlichen Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, Tätigkeiten mit ausschließlichem Stehen und Gehen sollten wegen des asthenischen Gesamt- habitus der Klägerin nicht abverlangt werden. Mindestens 30 % der täglichen Arbeitszeit sollten im Sitzen absolviert werden können. Anhaltende oder überwiegende Überkopfarbeiten, Tätigkeiten mit gehäuften Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, auch Tätigkeiten mit gehäuftem oder ausschließlichem Bücken sind ihr nicht zumutbar. Keine besonderen (überdurchschnittlichen) Anforderungen an das Auffassungs- vermögen oder an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit (geistige Beweg- lichkeit), keine besonderen (überdurchschnittlichen) Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit und das Verantwortungs- bewusstsein, keine besonderen (überdurchschnittlichen) Anforderungen an das Konzentrationsvermögen oder an die Merkfähigkeit, keine besonderen (überdurchschnittlichen) oder auch nur durchschnittlichen Anforderungen an das Durchsetzungsvermögen, keine besonderen (überdurchschnittlichen) oder auch nur durchschnittlichen nervlichen Belastungen, keine Schichtarbeit, keine Nachtarbeit, keine Akkordarbeit, keine Fließbandarbeit, kein besonderer (überdurchschnittlicher) Zeitdruck, kein sehr häufiger Publikumsverkehr, nicht in sehr engen und geschlossenen Räumen wegen der berichteten „Platzangst“ und keine Tätigkeiten in absturzgefährdeten Situationen, z. B. auf Leitern oder Gerüsten, wegen der berichteten Schwindel/Kreislauf-Beschwerden.

II. Beweisfragen:

1. Kommen insbesondere folgende Tätigkeiten in Betracht
kaufmännische Angestellte oder Verwaltungsangestellte für Bürohilfstätigkeiten im kaufmännisch-verwaltenden Bereich von Handels- u. Wirtschaftsunternehmen u. in Behörden nach den Gehaltsgruppen K 1 / BAT IX.

2. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann d. Kl. noch ausüben?

3. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

4. Welche Ausbildungszeiten erdorfern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

5. Kann d. Kl. unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.1 nach einer Bis zu 3 Monate dauernden Einareitung und Einweisung die für die in Betracht Kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundes- Gebiet) zur Verfügung?

7. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1) Die Klägerin kann aufgrund ihres gesundheitlichen Restleistungsvermögens noch Bürohilfstätigkeiten im kaufmännisch- verwaltenden Bereich von Handels- und Wirtschaftsunternehmen und in Behörden nach den Gehaltsgruppen K 1 / BAT IX verrichten.

zu 2) An berufsnahen Tätigkeiten kann die Klägerin noch die unter Punkt 1 genannten Tätigkeiten verrichten. An berufsfremden Tätigkeiten ist z.B. noch die Tätigkeit eines Parkhauswächters oder eines Telefonisten möglich.

zu 3) Büro-/Verwaltungshilfskraft Diese Tätigkeiten umfassen einfache, routinemäßige Bürohilfsarbeiten, die ohne besondere Ausbildung und ohne längere Einarbeitungszeit nach vorgegebenem Schema oder nach jeweiligen Anordnungen verrichtet werden können (z. B. Abheften, Sortieren, Aufschreiben, Notieren, Vergleichen).

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und Datenverarbeitung, zunehmend Arbeit am Bildschirm.

Parkhauswächter
Sie sind beschäftigt in Parkhäusern z.B. an Bahnhöfen, Flughäfen oder Kaufhäusern. Ihnen obliegen die Sicherheitsüberwachung der Parkdecks über Monitore oder sonstigen sicherheitsrelevanten technischen Einrichtungen, das Kassieren der Parkgebühren, die Überwachung der Öffnungszeiten u.a.m. Sie sind häufig Angestellte der Betreiberfirmen aber auch von Wach- und Schließgesellschaften.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen temperierten Räumen. Überwiegend wird im Sitzen gearbeitet. Wichtig für die Ausübung dieser Beschäftigung ist neben einem guten Sehvermögen auch ein gut durchschnittliches Reaktionsvermögen zur Gefahrenabwehr bei Bränden, Personengefährdung u.ä.

Telefonist
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telegrammen, Telefaxen u. ä., die Entgegennahme und Niederschrift von Nachrichten für Teilnehmer, die vorübergehend abwesend sind. Je nach Art des Betriebes/der Behörde können diese Tätigkeiten auch mit der Verrichtung von einfachen Büroarbeiten und/oder dem Empfangen und Anmelden von Besuchern gekoppelt sein. Die Anforderungen an Telefonistinnen sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind recht unterschiedlich. Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeiten in der Regel auf das Bedienen einer z.T. recht umfangreichen Telefonanlage beschränken, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit einfachen Bürotätigkeiten, Schreibtätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten. Während bei Telefonisten in Großunternehmen ein bedarfsmässiger Wechsel der Körperhaltung zumindest bezweifelt werden darf, kann man bei dieser Tätigkeit in kleineren Betrieben davon ausgehen, dass eine wechselweise Körperhaltung zum einen aufgrund des breiteren Betätigungsfeldes, zum anderen aber auch im Bedarfsfalle jederzeit möglich ist.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und Datenverarbeitung, zunehmend Arbeit am Bildschirm. Gelegentlich findet die Arbeit unter Zeitdruck statt.

zu 4) Bei den Tätigkeiten einer Büro-/Verwaltungshilfskraft, eines Parkhauswächters und eines Telefonisten handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist.

Die erbetene Auskunft über die tarifliche Einstufung kann ich nicht erteilen, da die Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit keine Tarifsammlung führen. Entsprechende Anfragen bitte ich an die Tarifvertragsparteien oder an die Tarifregisterstelle im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung zu richten.

zu 5) Für die genannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens der Klägerin - auch für sie ausreichend sein.

zu 6) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten einer Büro-/Verwaltungshilfskraft, eines Parkhauswächters und eines Telefonisten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang -mehr als 300 besetzte oder unbesetzte Arbeitsplätze- zur Verfügung.

zu 7.) Die genannten Verweistätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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