S 7/1 RJ 481/03

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 7/1 RJ 481/03
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

a) beruflicher Werdegang
15.07.1978 – 23.10.2001 Reinigungskraft in einer Schule ohne Berufsausbildung seit 23.10.2001 arbeitslos

b) gesundheitliches Restleistungsvermögen
„Leistungsvermögen 6 Std./Tag für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit folgenden Einschränkungen?“

Die Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule stehen einer Tätigkeit in Verbindung mit Hebe- und Trageleistungen sowie Tätigkeiten in ungünstiger Körperhaltung entgegen.

Überschneidungen hinsichtlich der Einschränkungen ergeben sich hier zusätzlich durch die Reizerscheinungen im Bereich beider Kniegelenke.

Tätigkeiten, die überwiegend im Gehen und Stehen ausgeübt werden müssen, kommen ebenfalls nicht in Betracht.

Auf Grund der krankhaften Veränderungen im Bereich der Daumensattelgelenke ist die Gebrauchsfähigkeit beider Hände eingeschränkt.

Zusätzlich kommen wegen der Probleme von Seiten des rechten Schultergelenkes Über-Kopf-Arbeiten nicht mehr in Betracht.

Größere Kontrollgänge in einem umfangreichen Gebäudekomplex- u. U. verbunden mit bestimmten Reinigungsaufgaben - wären der Klägerin nicht zumutbar.

Sollte sich die Tätigkeit ausschließlich auf ein beheizbares „Kassenhäuschen“ beschränken, so wäre eine Einsatzfähigkeit durchaus zu diskutieren.

„Die Beweglichkeit der Daumen ist zwar eingeschränkt, die Daumen-Finger-Opposition gelingt unter beidseits mit allen Langfingern, wobei die Kraftentwicklung hierbei eingeschränkt ist.“

Fragen

1) Welches fach- und gesundheitliche Anforderungsprofil hat eine Tätigkeit als Parkplatzwächterin und als Pförtnerin an einer Nebenstelle oder in Verwaltungsgebäuden?

2) Welche der zu 1. genannten Tätigkeiten kann die Klägerin sechs Std./Arbeitstag ausüben?

3) Falls keine der bei Frage 1. genannten Tätigkeiten in Betracht kommt:

a) Welche sonstigen berufsnahen Tätigkeiten kommen für die Klägerin noch in Betracht?

b) Welche berufsfremden Tätigkeiten kommen für die Klägerin noch in Betracht?

(bitte auch bei Fragen 3a und b das jeweilige fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil angeben)

4) Handelt es sich bei den Fragen 1 bis 3. genannten Tätigkeiten um

a) gelernte Arbeiten mit einer mehr als zweijährigen Ausbildungszeit,

b) angelernte Arbeiten mit einer Einarbeitungs- bzw. Ausbildungszeit von mehr als drei Monaten bis zu zwei Jahren

c) ungelernte Arbeiten mit lediglich betrieblichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeiten bis zu drei Monaten?

5) Kann die Klägerin unter Berücksichtigung des beruflichen Werdeganges und sonstiger beruflicher Qualifikation innerhalb einer bis zu drei Monate dauernden Einarbeitung- und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben?

6) Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?

7) Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang – mehr als 300 besetzte oder unbesetzte Arbeitsplätze auf dem gesamten Arbeitsmarkt in Deutschland – zur Verfügung?

Sollten Sie dabei aufgrund des Akteninhaltes einen abweichenden beruflichen Werdegang oder ein abweichendes gesundheitliches Restleistungsvermögen für gegeben halten, bitte ich Sie, diese Abweichung kenntlich zu machen und die Beweisfragen alternativ zu beantworten.
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1.) Parkplatzwächter:
Sie sind beschäftigt in Parkhäusern z.B. an Bahnhöfen, Flughäfen oder Kaufhäusern. Ihnen obliegen die Sicherheitsüberwachung der Parkdecks über Monitore oder sonstigen sicherheitsrelevanten technischen Einrichtungen, das Kassieren der Parkgebühren, die Überwachung der Öffnungszeiten u.a.m. Sie sind häufig Angestellte der Betreiberfirmen aber auch von Wach- und Schließgesellschaften. Wichtig für die Ausübung dieser Beschäftigung ist neben einem guten Sehvermögen auch ein überdurchschnittlich gutes Reaktionsvermögen zur Gefahrenabwehr bei Bränden, Personengefährdung u.ä.

Hierbei handelt es sich um eine körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeit, die im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt werden kann. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit in Alleinarbeit erfolgt; z. T. nachts und/oder am Wochenende. Der Beschäftigte unterliegt bei der Ausübung der Tätigkeit eines Parkplatzwächters verschiedenen Umwelteinflüssen; d. h. körperliche Belastungen durch Tätigkeit im Freien, auch in geschlossenen Räumen, Nässe, Kälte, Zugluft, Geruchsbelästigung, Schmutzarbeit.

Pförtner/Tagespförtner:
Diese Tätigkeit umfasst das Überwachen des Personenverkehrs in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen von Betrieben, Behörden oder Krankenhäusern, das Überprüfen von Ausweisen, das Anmelden von Besuchern, das Ausfüllen von Besucherzetteln und das Weiterleiten von Besuchern an die zu besuchenden Stellen oder Personen innerhalb des Betriebes, der Behörde oder des Krankenhauses.

Die Arbeit ist grundsätzlich körperlich leicht, in der Regel wird in temperierten Räumen gearbeitet, es überwiegt sitzende Körperhaltung (ein Bewegungswechsel ist möglich).

zu 2.) Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich die Klägerin aus berufskundlicher Sicht noch für in der Lage, die Tätigkeit als Pförtnerin ausüben zu können. Die Tätigkeit als Parkplatzwächterin kann bei Beachtung des beruflichen Werdegangs sowie des gesundheitlichen Leistungsvermögens nicht verrichtet werden.

zu 3.) a) Berufsnahe Verweistätigkeiten kommen aus berufskundlicher Sicht nicht in Betracht.

b) Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich die Klägerin aus berufskundlicher Sicht noch für in der Lage, folgende berufsfremde bzw. qualifizierte Verweistätigkeiten zu verrichten:

Telefonist:
Die Anforderungen an Telefonisten sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind recht unterschiedlich. Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeiten in der Regel auf das Bedienen einer zum Teil recht umfangreichen Telefonanlage beschränken, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit einfachen Bürotätigkeiten, Schreibtätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten.

Während bei Telefonisten in Großunternehmen ein bedarfsmässiger Wechsel der Körperhaltung zumindest bezweifelt werden darf, kann man bei dieser Tätigkeit in kleineren Betrieben davon ausgehen, dass eine wechselweise Körperhaltung zum einen aufgrund des breiteren Betätigungsfeldes, zum anderen aber auch im Bedarfsfalle jederzeit möglich ist.

Warenaufmacher / Versandfertigmacher
Die wesentlichen Aufgaben umfassen das verschönernde und zweckbedingte Aufmachen von Erzeugnissen der gewerblichen Wirtschaft und die vorbereitenden Arbeiten für deren Versand. Im einzelnen wären hier zu nennen: Das Entfernen produktionsbedingter Verschmutzungen durch Blankreiben, Polieren o.ä., das Aufkleben, Einnähen oder Befestigen von Reklame-, Prüf-, Waren- oder Gütezeichen, Etiketten, Preisauszeichnungen o.ä., das Abzählen, Abwiegen, Abmessen oder Abfüllen von Waren, das Einwickeln bzw. Einlegen von Waren in Papp- oder Holzschachteln, Kisten oder sonstigen Behältnissen, verkaufsfördernden Zierhüllen oder Zierkartons, das Verschließen dieser Behältnisse, das Anbringen von Kennzeichen oder Versandhinweisen o.ä.

Es handelt sich um körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen und in wechselnder Körperhaltung.

zu 4.) Bei den vorgenannten Verweistätigkeiten handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt. Für die genannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich.

zu 5.) Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens der Klägerin - auch für sie ausreichend sein.

zu 6.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.

zu 7.) Die genannten Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.
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Datum