S 2 RJ 291/01

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 2 RJ 291/01
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

Beruflicher Werdegang
Dargestellt nach den Angaben der Versicherten und den vorliegenden Unterlagen:

(1) 2/60 bis 9/62 Ausnäherin,
(2) 5/81 bis 1/00 Arbeiterin bei der X. bzw. Y. im Briefzustelldienst

Die Leistungsakte des Arbeitsamtes Fulda zeigt zunächst zahlreiche kurzfristige Arbeitsverhältnisse vom 08.09.1984 bis 25.05.1996, der Versicherungsverlauf vom 29.08.2000 sodann die kontinuierliche Beschäftigung mit Entgeltzahlung vom 05.06.1996 bis 18.02.2000.

Restleistungsvermögen
Dazu äußern sich ausführlich die Sachverständigengutachten:

Die untersuchte Versicherte wird als fähig angesehen, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit ohne körperliche Belastung auszuüben (leichte körperliche Arbeiten). Das Leistungsvermögen ist hauptsächlich durch die Folgen des Arbeitsunfalls vom 07.01.2000 beeinträchtigt (erhebliche Behinderung des rechten Armes). Die erwähnten medizinischen Gutachten legen außerdem dar, dass der Klägerin die Beschäftigung nur mit zusätzlichen Einschränkungen zumutbar ist, nämlich

• in wechselnder Haltung ohne einseitige Zwangshaltung der Wirbelsäule,
• in beheizbaren Räumen ohne Witterungseinfluss am Arbeitsplatz (Kälte, Nässe, Zugluft,
• ohne Heben/Tragen von Gegenständen über 5 kg Gewicht mit dem rechten Arm,
• nicht in gebückter, kniender oder gehockter Haltung,
• zu ebener Erde ohne Klettern und Steigen,
• nur unter Berücksichtigung der erheblichen Gebrauchsbehinderung des rechten Armes, den die Versicherte aktiv nur wenig anheben kann, so dass Arbeiten mit der rechten Hand nur in Tischhöhe ausführbar sind.

Fragestellung

(I) Können konkrete Beschäftigungen benannt werden, die die Klägerin nach betrieblicher Einweisung bis zu drei Monaten unter Berücksichtigung

(1) ihres beruflichen Werdeganges und
(2) des geminderten Leistungsvermögens

unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes noch vollschichtig auszuüben in der Lage ist?

(II) Wenn ja:

(1) Welche Arbeitsplätze mit welchem Anforderungsprofil kommen in Betracht? (2) Sind die vom Versicherungsträger genannten Tätigkeiten mit dem geminderten Leistungsvermögen vereinbar?
Auskunft
Stellungnahme:

I

zu 1) Aufgrund ihres beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Restleistungsvermögens kann Frau F. nach einer betrieblichen Einweisung bis zu drei Monaten noch Tätigkeiten als Pförtnerin, Parkhauswächterin und Telefonistin unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten

II

zu 1) Folgende Tätigkeiten kommen in Betracht:

Pförtnerin/Tagespförtnerin
Diese Tätigkeit umfasst das Überwachen des Personenverkehrs in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen von Betrieben, Behörden oder Krankenhäusern, das Überprüfen von Ausweisen, das Anmelden von Besuchern, das Ausfüllen von Besucherzetteln und das Weiterleiten von Besuchern an die zu besuchenden Stellen oder Personen innerhalb des Betriebes, der Behörde oder des Krankenhauses.

Die Arbeit ist grundsätzlich körperlich leicht, in der Regel wird in temperierten Räumen gearbeitet, es überwiegt sitzende Körperhaltung (ein Bewegungswechsel ist möglich). Erforderlich ist ein gutes Hörvermögen, eine ausreichende sprachliche Darstellungsfähigkeit sowie ein gutes Personengedächtnis.

Parkhauswächterin
Sie sind beschäftigt in Parkhäusern z.B. an Bahnhöfen, Flughäfen oder Kaufhäusern. Ihnen obliegen die Sicherheitsüberwachung der Parkdecks über Monitore oder sonstigen sicherheitsrelevanten technischen Einrichtungen, das Kassieren der Parkgebühren, die Überwachung der Öffnungszeiten u.a.m. Sie sind häufig Angestellte der Betreiberfirmen aber auch von Wach- und Schließgesellschaften.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen temperierten Räumen. Überwiegend wird im Sitzen gearbeitet. Wichtig für die Ausübung dieser Beschäftigung ist neben einem guten Sehvermögen auch ein gutes Reaktionsvermögen zur Gefahrenabwehr bei Bränden, Personengefährdung u.ä.

Telefonistin
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telegrammen, Telefaxen u. ä., die Entgegennahme und Niederschrift von Nachrichten für Teilnehmer, die vorübergehend abwesend sind. Je nach Art des Betriebes/ der Behörde können diese Tätigkeiten auch mit der Verrichtung von einfachen Büroarbeiten und /oder dem Empfangen und Anmelden von Besuchern gekoppelt sein. Die Anforderungen an Telefonistinnen sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind recht unterschiedlich. Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeiten in der Regel auf das Bedienen einer z.T. recht umfangreichen Telefonanlage beschränken, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit einfachen Bürotätigkeiten, Schreibtätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten. Während bei Telefonistinnen in Großunternehmen ein bedarfsmässiger Wechsel der Körperhaltung zumindest bezweifelt werden darf, kann man bei dieser Tätigkeit in kleineren Betrieben davon ausgehen, dass eine wechselweise Körperhaltung zum einen aufgrund des breiteren Betätigungsfeldes, zum anderen aber auch im Bedarfsfalle jederzeit möglich ist.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und Datenverarbeitung, zunehmend Arbeit am Bildschirm. Gelegentlich findet die Arbeit unter Zeitdruck statt.

zu 2) Die vom Versicherungsträger genannten Tätigkeiten einer Pförtnerin bzw. Parkhauswächterin sind mit dem gemindertem Leistungsvermögen vereinbar. Die genannten Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.
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