L 2 R 199/06

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 2 R 199/06
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:
gelernter Melker, später bis 2003, Beifahrer bei der Müllentsorgung.

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers: Leitungsvermögen:
leichte Arbeit ganztags, vorwiegend im Sitzen, ohne Heben von mehr als 10 kg; nicht auf Leitern und Gerüsten und auf unebenen Flächen, ohne Einwirkung von starker Nässe, Hitze, Trockenheit, Staub, Rauch, Gasen, ohne besonderen Zeitdruck und nervliche Belastung sowie Konzentrationsfähigkeit; ohne besondere Anforderung an taktile Fähigkeit, Motorik, Feinmotorik der Hände.

II. Beweisfragen:

1. Kann der Kläger als Pförtner oder Parkhauswächter arbeiten?

2. Falls keine der zur Frage 1 genannten Tätigkeiten in Betracht kommt:

a) Welche sonstigen berufsnahen Tätigkeiten kann der Kläger ausüben?
b) Welche sonstigen berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger ausüben?

3. Handelt es sich bei der/den bei Frage 1 bis 2 genannten Tätigkeit/en um

a) gelernte Arbeiten mit einer mehr als 2-jährigen Ausbildungszeit,
b) Arbeiten mit einer Anlernzeit von mehr als 3 Monaten bis zu 2 Jahren,
c) ungelernte Arbeiten mit lediglich betrieblichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeit bis zu drei Monaten?

4. Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I. 1 innerhalb einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang zur Verfügung?

Sollten Sie aufgrund des Akteninhaltes abweichende Anknüpfungstatsachen zu I für gegeben halten, bitte ich Sie, diese Abweichung kenntlich zu machen und die Beweisfragen alternativ zu beantworten.
Auskunft
Stellungnahme:

Zu 1) Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich den Kläger aus berufskundlicher Sicht für in der Lage die Tätigkeiten als Pförtner und Parkhauswächter ausüben zu können:

Parkhauswächter:
Parkhauswächter sind beschäftigt in Parkhäusern z.B. an Bahnhöfen, Flughäfen oder Kaufhäusern. Ihnen obliegen u. a. die Sicherheitsüberwachung der Parkdecks über Monitore oder sonstigen sicherheitsrelevanten technischen Einrichtungen, das Kassieren der Parkgebühren und die Überwachung der Öffnungszeiten. Sie sind häufig Angestellte der Betreiberfirmen aber auch von Wach- und Schließgesellschaften.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen temperierten Räumen. Überwiegend wird im Sitzen gearbeitet. Wichtig für die Ausübung dieser Beschäftigung ist neben einem guten Sehvermögen auch ein gut durchschnittliches Reaktionsvermögen zur Gefahrenabwehr bei Bränden, Personengefährdung u.ä ...

Pförtner/Tagespförtner
Diese Tätigkeit umfasst das Überwachen des Personenverkehrs in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen von Betrieben, Behörden oder Krankenhäusern, das Überprüfen von Ausweisen, das Anmelden von Besuchern, das Ausfüllen von Besucherzetteln und das Weiterleiten von Besuchern an die zu besuchenden Stellen oder Personen innerhalb des Betriebes, der Behörde oder des Krankenhauses.

Die Arbeit ist grundsätzlich körperlich leicht, in der Regel wird in temperierten Räumen gearbeitet, es überwiegt sitzende Körperhaltung (ein Bewegungswechsel ist möglich). Erforderlich sind ein gutes Hörvermögen, eine ausreichende sprachliche Darstellungsfähigkeit sowie ein gutes Personengedächtnis.

Zu 2a) Berufsnahe Verweistätigkeiten kommen aus berufskundlicher Sicht nicht in Betracht.

Zu 2b) Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich den Kläger aus berufskundlicher Sicht noch für in der Lage, folgende berufsfremde bzw. qualifizierte Verweistätigkeiten zu verrichten:

Warenaufmacher / Versandfertigmacher
Die wesentlichen Aufgaben umfassen das verschönernde und zweckbedingte Aufmachen von Erzeugnissen der gewerblichen Wirtschaft und die vorbereitenden Arbeiten für deren Versand. Im einzelnen wären hier zu nennen: Das Entfernen produktionsbedingter Verschmutzungen durch Blankreiben, Polieren o.ä., das Aufkleben, Einnähen oder Befestigen von Reklame-, Prüf-, Waren- oder Gütezeichen, Etiketten, Preisauszeichnungen o.ä., das Abzählen, Abwiegen, Abmessen oder Abfüllen von Waren, das Einwickeln bzw. Einlegen von Waren in Papp- oder Holzschachteln, Kisten oder sonstigen Behältnissen, verkaufsfördernden Zierhüllen oder Zierkartons, das Verschließen dieser Behältnisse, das Anbringen von Kennzeichen oder Versandhinweisen o.ä.

Es handelt sich um körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen und in wechselnder Körperhaltung.

Mitarbeiter in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde
Die Tätigkeit, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist, kann wechselweise im Sitzen, Stehen und Umhergehen verrichtet werden. Sie umfasst das Öffnen der täglichen Eingangspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, das Anbringen eines Posteingangsstempels; das Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen bzw. Sachbearbeiter (üblicherweise mehrmals täglich unter Zuhilfenahme eines Postverteilerwagens) und Mitnahme der zur Weiterleitung an andere Fachabteilungen/Sachgebiete oder zum Versand bestimmten Vorgänge; das Kuvertieren, Wiegen und Frankieren der Ausgangspost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher.

Zu 3) und 4) Bei den vorgenannten Verweistätigkeiten handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können.

Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt.

Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers - auch für ihn ausreichend sein.

Zu 5) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auf Betriebsfremden zur Verfügung.

Zu 6) Die genannten Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.
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