S 6 R 224/10

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 6 R 224/10
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:
1965-1968 Lehre als Maler (erfolgreich absolviert)
1968 Maler 1969 Kranfahrer
1970-1973 Staplerfahrer im Bergbau über Tage
1975-1980 Baumaschinenführer
1980-lfd. Baufacharbeiter - Schwerpunkt Kanalbau -
(BRTV Baugewerbe Lohn-/Gehaltsgruppe 3)

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers: Nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen sind dem Kläger nur noch leichte Arbeiten für 6 Stunden und mehr mit folgenden Einschränkungen zumutbar:
- keine Tätigkeiten, die den Einsatz des linken Armes erfordern (der Kläger ist Rechtshänder),
- keine Hebe- oder Bückarbeiten mit Hebebelastung des rechten Armes von mehr als 7kg als Dauer- oder Einzelleistung,
- keine Tätigkeiten mit Absturzgefahr, z.B. auf Leitern oder Gerüsten, keine Tätigkeiten, die Zwangshaltungen für die Lendenwirbelsäule oder eine anhaltende Rumpfbeugehaltung erfordern.

II. Beweisfragen
- Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben?

- Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

- Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

- Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

- Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

- Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1.+2.) Berufsnahe Tätigkeiten kommen für den Kläger nicht in Betracht. Aufgrund seines gesundheitlichen Restleistungsvermögens ist der Kläger aus berufskundlicher Sicht in der Lage, die Tätigkeiten eines Telefonisten, einer Büro-/Verwaltungshilfskraft eines Pförtners und eines Parkhauswächters vollwertig verrichten zu können. Bei den vorgenannten Tätigkeiten handelt es sich um berufsfremde Tätigkeiten.

Telefonist/innen
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Weiterleitung und Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telefonnotizen, Telefaxen, E-Mails u. ä ... Die Anforderungen an Telefonisten/Telefonistinnen sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind, recht unterschiedlich. Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeit in der Regel auf das Bedienen einer zum Teil recht umfangreichen Telefonanlage beschränkt, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit Bürotätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten. Oft sind allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit kann in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen ausgeübt werden. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert gute Sprech- und Hörfähigkeit. Gelegentlich ist Zeitdruck nicht auszuschließen.

Büro-/Verwaltungshilfskraft
Diese Tätigkeit umfasst einfache, routinemäßige Bürohilfsarbeiten, die ohne besondere Ausbildung und ohne längere Einarbeitungszeit verrichtet werden können (z.B. Abheften, Sortieren, Aufschreiben, Notieren, Vergleichen).

Es handelt sich dabei um körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und elektronischer Datenverarbeitung/Bildschirmarbeit.

Pförtner/innen/Tagespförtner/innen
Pförtner/innen kontrollieren in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen den Zugang zu Gebäuden oder Betriebsgeländen. Sie sind erste Ansprechpartner für Besucher. Je nach Art des Betriebes oder der Behörde haben sie unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte. Sie überwachen zeitliche bzw. örtliche Zugangsberechtigungen. Sie kontrollieren Werksausweise, stellen Besucherkarten/Passierscheine für Besucher aus und melden diese in den verschiedenen Bereichen an. Zu ihren Aufgaben gehören teilweise auch das Aushändigen von Formularen, sowie das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck und das Verwalten von Schlüsseln und Schließanlagen. Auch die Kontrolle des Kfz- und Warenverkehrs gehört in manchen Betrieben zu ihrer Tätigkeit. Darüber hinaus können auch einfache Bürotätigkeiten, die Postverteilung im Betrieb sowie der Telefondienst zu ihren Aufgaben gehören. Pförtner/innen werden u. a. als Werkspförtner, Pförtner in Betrieben, Büro- und Geschäftshäusern und öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Heimen oder Museen eingesetzt.

Es handelt sich dabei meist um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen. Die erforderlichen Lese- und Schreibkenntnisse sind als normal zu bewerten. Die Tätigkeit beinhaltet keine ständige nervliche Belastung bzw. keinen dauernden Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit. Ganz sind Stress-Situationen erfahrungsgemäß jedoch nicht zu vermeiden. Je nach Arbeitsort kann Schichtdienst vorkommen.

Parkhauswächter/innen
Parkhauswächter/innen sind z.B. in Parkhäusern von Bahnhöfen, Flughäfen, Kaufhäusern oder Betreiberfirmen beschäftigt. Ihnen obliegen u. a. das regelmäßige Kontrollieren des Parkhauses zu Fuß, die Sicherheitsüberwachung der Parkdecks über Monitore oder Überwachung sonstiger sicherheitsrelevanter elektronischer und technischer Einrichtungen, das Kassieren der Parkgebühren, die Überwachung der Öffnungszeiten. Im Kundengespräch erklären sie beispielsweise die Bedienung der Kassenautomaten oder erteilen Auskünfte, nehmen Mängelmeldungen entgegen und leiten diese weiter. Sie sind häufig Angestellte der Betreiberfirmen, aber auch von Wach- und Schließgesellschaften.

Es handelt sich im Allgemeinen um körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend in geschlossenen Räumen, zum Teil auch im Freien (z. B. bei Kontrollgängen). Die Ausübung der Tätigkeit erfolgt im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen. Zum Teil wird im Schichtdienst (Wechsel-, Nachtschicht) gearbeitet.

zu 3.) Bei den vorgenannten Tätigkeiten handelt es sich um ungelernte Tätigkeiten, für die keine besonderen Ausbildungen erforderlich sind. Im Regelfall betragen die betrieblichen Einarbeitungs- und Einweisungszeiten maximal drei Monate. Hinsichtlich der tarifvertraglichen Einstufung verweise ich auf das Tarifregister des Landes Hessen.

zu 4.) Aufgrund seines gesundheitlichen Restleistungsvermögens halte ich den Kläger aus berufskundlicher Sicht für in der Lage, die Tätigkeiten eines Telefonisten, einer Büro-/Verwaltungshilfskraft eines Pförtners und eines Parkhauswächters nach einer betrieblichen Einarbeitungs-/Einweisungszeit von maximal drei Monaten unter arbeitsmarkt- und betriebsüblichen Bedingungen vollwertig verrichten kann. Bei der Tätigkeit einer Büro-/Verwaltungshilfskraft ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und elektronischer Datenverarbeitung üblich. Sollte der Kläger über einfache PC-Kenntnisse verfügen (z. B. weil er privat einen PC besitzt), so kann er sich sicherlich in kurzer Zeit in eine solche Tätigkeit einarbeiten.

zu 5.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang -mehr als 300 besetzte oder unbesetzte Arbeitsplätze- zur Verfügung.

zu 6.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung
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