L 2 R 226/14

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 2 R 226/14
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

- Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:
keine Ausbildung, Produktionsarbeiter und Anlagenführer bis 2009,

- Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers:
leichte Arbeiten im Wechselrhythmus sechs Stunden täglich, ohne: Zeitdruck, besondere Anforderungen an die geistig-emotionale Belastbarkeit, das Anpassungsvermögen und die Umstellungsfähigkeit, Wechselschicht, Nachtarbeit, Heben und Tragen schwerer Lasten, häufiges Bücken, länger andauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Treppensteigen, Absturzgefahr, vermehrte manuelle Beanspruchung der dominanten rechten Hand, kräftiges Zupacken und Greifen, länger andauernde repetetive Handgelenksbelastung rechts, Gehen auf rutschigem und unebenem Gelände.

II. Beweisfragen

- Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben?

- Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

- Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

- Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

- Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

- Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

Zu 1) Berufsnahe Tätigkeiten kommen für den Kläger nicht in Betracht. Aufgrund seines gesundheitlichen Restleistungsvermögens ist der Kläger aus berufskundlicher Sicht in der Lage, die Tätigkeit eines Warenaufmachers/Versandfertigmachers vollwertig verrichten zu können. Bei der vorgenannten Tätigkeit handelt es sich um eine berufsfremde Tätigkeit.

Anmerkung: Bei dieser Stellungnahme wurden alleinig die in der gerichtlichen Anfrage vom 13.07.2015 genannten Anknüpfungstatsachen und das im fachorthopädischen Gutachten vom 08.12.2012 dargelegte gesundheitliche Restleistungsvermögen berücksichtigt! Lt. fachpsychiatrischem Gutachten vom 03.02.2015 ist der Kläger aufgrund einer schweren depressiven Störung nur noch in der Lage regelmäßig unter 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Zu 2) Warenaufmacher/Versandfertigmacher/in
Die wesentlichen Aufgaben umfassen das verschönernde und zweckbedingte Aufmachen von Erzeugnissen der gewerblichen Wirtschaft und die vorbereitenden Arbeiten für deren Versand. Im Einzelnen wären hier zu nennen: Das Entfernen produktionsbedingter Verschmutzungen durch Blankreiben, Polieren, das Aufkleben, Einnähen oder Befestigen von Reklame-, Prüf-, Waren- oder Gütezeichen, Etiketten, Preisauszeichnungen, das Abzählen, Abwiegen, Abmessen oder Abfüllen von Waren, das Einwickeln bzw. Einlegen von Waren in Papp- oder Holzschachteln, Kisten oder sonstigen Behältnissen, verkaufsfördernden Zierhüllen oder Zierkartons, das Verschließen dieser Behältnisse, das Anbringen von Kennzeichen oder Versandhinweisen. Schließlich gehört zu ihren Aufgaben auch, die Waren in geeigneter Form manuell oder maschinell zu verpacken und für den Versand auszuzeichnen.

Warenaufmacher/Versandfertigmacher können in Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftsbereiche tätig sein. Nachfolgend finden Sie eine exemplarische Auswahl: Handel, Nahrung und Genussmittel, Chemie, Pharmazie, Metall- und Elektroindustrie, Herstellung und Reparatur von Büromaschinen und Computern, Textil, Bekleidung, Leder, Kunststoff, Holz und Möbel, Glas, Keramik, Feinmechanik, Optik.

Bei dieser Tätigkeit handelt es sich um körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen oder Lagerhallen, überwiegend sitzend mit gelegentlichem Gehen. Ein Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ist meist möglich. Weitestgehende Funktionstüchtigkeit beider Arme und Hände sollte gegeben sein. Für diese Tätigkeiten sind meist keine Lese- und Rechtschreibkenntnisse erforderlich. Bewegungsabläufe verändern sich in Abhängigkeit vom zu prüfenden/verpackenden Artikel. Auch lassen sich Arbeitsvorgänge oft variieren. Die Tätigkeit unterliegt daher in der Regel keinen -andauernden repetitiven Handgelenksbelastungen-.

Zu 3) Bei der vorgenannten Tätigkeit handelt es sich um eine ungelernte Tätigkeit, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist. Im Regelfall beträgt die betriebliche Einarbeitungs- und Einweisungszeit maximal drei Monate. Hinsichtlich der tarifvertraglichen Einstufung verweise ich auf das Tarifregister des Landes Hessen.

Zu 4) Aufgrund seines gesundheitlichen Restleistungsvermögens halte ich den Kläger aus berufskundlicher Sicht für in der Lage, die Tätigkeit eines Warenaufmachers/Versandfertigmachers nach einer betrieblichen Einarbeitungs-/Einweisungszeit von maximal drei Monaten unter arbeitsmarkt- und betriebsüblichen Bedingungen vollwertig verrichten zu können.

Zu 5 + 6) Die in Betracht kommende Tätigkeit eines Warenaufmachers/Versandfertigmachers steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang –mehr als 300 besetzte oder unbesetzte Arbeitsplätze– auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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