L 5 R 50/15

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 5 R 50/15
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:
- Regelschulbesuch (9 Klassen)
- Ausbildung:
- Fleischer (01.09.1976 - 31.08.1979)
- Gießer (01.02.1985 - 31.08.1985)
- Schweißer (16.06.1988 - 08.11.1988)
- zunächst tätig als Fleischer, anschließend als
- Schmied (01.09.1985 - 20.04.1990)
- Schweißer (01.05.1990 - 30.09.1991)
- arbeitslos (01.10.1991 - 08.06.1992)
- Schlosser (09.06.1992 - 01.09.2002)
- arbeitslos (02.09.2002 - 06.04.2003)
- Schlosser (07.04.2003 - 19.09.2003)
- arbeitslos (20.09.2003 - 18.04.2004)
- Schlosser (19.04.2004 - 15.07.2006)
- Schlosser (07.08.2006 - 18.05.2012)
- Schlosser (21.05.2012 - 18.07.2012)
- ab 19.07.2012 arbeitsunfähig/arbeitslos

Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers:
- ohne erhöhte Exposition gegenüber Rauchen, Dämpfen, Gasen, Stäuben und extremen klimatischen Bedingungen
- ohne Zwangshaltungen
- ohne ständiges Heben und Bücken
- ohne Heben und Tragen schwerer Lasten über 5 kg
- ohne Über-Kopf-Arbeiten
- ohne Akkordarbeiten

II. Beweisfragen

Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben?
- Fleischer
- Schweißer
- Montierer in der Metall- und Elektroindustrie
- Warensortierer
- Warenaufmacher/Versandfertigmacher
- Pförtner
- Telefonist
- Mitarbeiter in der Poststelle eines Betriebs oder einer Behörde
- Büro- oder Verwaltungshilfskraft

- Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

- Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

- Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

- Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

- Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

Zu den Beweisfragen

a) Berufsnahe Tätigkeiten kommen für den Kläger nicht in Betracht. Aufgrund seines gesundheitlichen Restleistungsvermögens ist der Kläger aus berufskundlicher Sicht in der Lage, die Tätigkeiten eines Warensortierers, eines Warenaufmachers/Versandfertigmachers, eines Pförtners, eines Telefonisten und eines Mitarbeiters in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde vollwertig verrichten zu können. Bei den vorgenannten Tätigkeiten handelt es sich um berufsfremde Tätigkeiten.

Die Tätigkeit eines Fleischers kann der Kläger u.a. deshalb nicht mehr verrichten, weil er in der Regel Lasten über 5 kg heben und tragen müsste und extremen Klimaschwankungen ausgesetzt wäre.

Die Tätigkeit eines Schweißers kann der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten. Hier wäre er - in Abhängigkeit von dem zu schweißenden Metall und der Schweißart - Rauch, Dämpfen und Gasen ausgesetzt.

Als Büro-/Verwaltungshilfskraft ist der Kläger m.E. nicht wettbewerbsfähig einsetzbar.
Die Tätigkeit einer Büro-/Verwaltungshilfskraft setzt in der Regel ein gewisses Interesse für kaufmännisch-verwaltende Arbeiten, kaufmännische Grundkenntnisse und meist ordentliche PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) voraus. Neben einfachen, routinemäßigen Bürohilfsarbeiten, die ohne besondere Ausbildung und ohne längere Einarbeitungszeit verrichtet werden können, wirken Büro-/Verwaltungshilfskräfte auch oft bei der Erstellung von Statistiken und Auswertungen mit und müssen einfache Buchführungsarbeiten verrichten. Sie sollten daher idealerweise im Umgang mit modernen Büro- und Kommunikationsmitteln vertraut sein. Aus dem beruflichen Werdegang und dem Akteninhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von kaufmännischen Grundkenntnissen bzw. für ein verstärktes Interesse an kaufmännisch-verwaltenden Tätigkeiten.

Die Tätigkeit eines Montierers in der Metall- und Elektroindustrie kommt für den Kläger nicht in Betracht, da die Montiertätigkeiten häufig im Einzel- und Gruppenakkord erfolgen. Abhängig vom Betrieb kann auch Schichtarbeit vorkommen.

Warensortierer/in
Die wesentlichen Aufgaben umfassen Sortierarbeiten im Elektrobereich, in Betrieben der Kunststoffherstellung und Kunststoffbearbeitung, der chemischen Industrie sowie Sortierarbeiten in der Nahrungs- und Genussmittelherstellung.

Bei dieser Tätigkeit handelt es sich meist um körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen oder Lagerhallen. Es wird überwiegend sitzend gearbeitet. Ein Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ist meist möglich. Gutes Sehvermögen, Beidhandgeschick und Fingerfertigkeit sind neben Aufmerksamkeit und normalem Konzentrationsvermögen übliche Anforderungsvoraussetzungen.

Warenaufmacher/Versandfertigmacher/in
Die wesentlichen Aufgaben umfassen das verschönernde und zweckbedingte Aufmachen von Erzeugnissen der gewerblichen Wirtschaft und die vorbereitenden Arbeiten für deren Versand. Im Einzelnen wären hier zu nennen: Das Entfernen produktionsbedingter Verschmutzungen durch Blankreiben, Polieren, das Aufkleben, Einnähen oder Befestigen von Reklame-, Prüf-, Waren- oder Gütezeichen, Etiketten, Preisauszeichnungen, das Abzählen, Abwiegen, Abmessen oder Abfüllen von Waren, das Einwickeln bzw. Einlegen von Waren in Papp- oder Holzschachteln, Kisten oder sonstigen Behältnissen, verkaufsfördernden Zierhüllen oder Zierkartons, das Verschließen dieser Behältnisse, das Anbringen von Kennzeichen oder Versandhinweisen. Schließlich gehört zu ihren Aufgaben auch, die Waren in geeigneter Form manuell oder maschinell zu verpacken und für den Versand auszuzeichnen. Warenaufmacher/Versandfertigmacher können in Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftsbereiche tätig sein. Nachfolgend finden Sie eine exemplarische Auswahl: Handel, Nahrung und Genussmittel, Chemie, Pharmazie, Metall- und Elektroindustrie, Herstellung und Reparatur von Büromaschinen und Computern, Textil, Bekleidung, Leder, Kunststoff, Holz und Möbel, Glas, Keramik, Feinmechanik, Optik.

Bei dieser Tätigkeit handelt es sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen Räumen oder Lagerhallen, überwiegend sitzend mit gelegentlichem Gehen. Ein Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ist meist möglich. Weitestgehende Funktionstüchtigkeit beider Arme und Hände sollte gegeben sein. Für diese Tätigkeiten sind meist keine Lese- und Rechtschreibkenntnisse erforderlich. Die Bewegungsabläufe verändern sich in Abhängigkeit vom zu prüfenden/verpackenden Artikel. Auch lassen sich Arbeitsvorgänge oft variieren.

Pförtner/in
Pförtner/innen kontrollieren in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen den Zugang zu Gebäuden oder Betriebsgeländen. Sie sind erste Ansprechpartner für Besucher. Je nach Art des Betriebes oder der Behörde haben sie unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte. Sie überwachen zeitliche bzw. örtliche Zugangsberechtigungen. Sie kontrollieren Werksausweise, stellen Besucherkarten/Passierscheine für Besucher aus und melden diese in den verschiedenen Bereichen an. Zu ihren Aufgaben gehören teilweise auch das Aushändigen von Formularen, sowie das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck und das Verwalten von Schlüsseln und Schließanlagen. Auch die Kontrolle des Kfz- und Warenverkehrs gehört in manchen Betrieben zu ihrer Tätigkeit. Darüber hinaus können auch einfache Bürotätigkeiten, die Postverteilung im Betrieb sowie der Telefondienst zu ihren Aufgaben gehören. Pförtner/innen werden u. a. als Werkspförtner, Pförtner in Betrieben, Büro- und Geschäftshäusern und öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Heimen oder Museen eingesetzt.

Es handelt sich dabei meist um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen. Die erforderlichen Lese- und Schreibkenntnisse sind als normal zu bewerten. Die Tätigkeit beinhaltet in der Regel keine ständige nervliche Belastung bzw. keinen dauernden Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit. Je nach Arbeitsort kann Schichtdienst vorkommen.

Telefonist/in
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Weiterleitung und Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telefonnotizen, Telefaxe, E-Mails u. ä. Die Anforderungen an Telefonisten/Telefonistinnen sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind, recht unterschiedlich.

Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeit in der Regel auf das Bedienen einer zum Teil recht umfangreichen Telefonanlage beschränkt, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit Bürotätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten. Oft sind allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit kann in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen ausgeübt werden. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert gute Sprech- und Hörfähigkeit. Gelegentlich ist Zeitdruck nicht auszuschließen.

Mitarbeiter/in in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde
Die Tätigkeit umfasst das Öffnen der täglichen Eingangspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, das Anbringen eines Posteingangsstempels; das Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen bzw. Sachbearbeiter (üblicherweise mehrmals täglich unter Zuhilfenahme eines Postverteilerwagens) und Mitnahme der zur Weiterleitung an andere Fachabteilungen/Sachgebiete oder zum Versand bestimmten Vorgänge; das Kuvertieren, Wiegen und Frankieren der Ausgangspost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher.

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte bis zeitweise mittelschwere Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und zunehmend Arbeit am Bildschirm. Gelegentlich findet die Arbeit unter Zeitdruck statt.

b + c) Bei den vorgenannten, dem Kläger aus gesundheitlichen Gründen noch möglichen Tätigkeiten, handelt es sich um ungelernte Tätigkeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist. Im Regelfall beträgt die betriebliche Einarbeitungs- und Einweisungszeit maximal drei Monate. Hinsichtlich der tarifvertraglichen Einstufung verweise ich auf das Tarifregister des Landes Hessen.

d) Aufgrund seines gesundheitlichen Restleistungsvermögens halte ich den Kläger aus berufskundlicher Sicht für in der Lage, die Tätigkeiten eines Warensortierers, eines Warenaufmachers/Versandfertigmachers, eines Pförtners, eines Telefonisten und eines Mitarbeiters in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde nach einer betrieblichen Einarbeitungs-/Einweisungszeit von maximal drei Monaten unter arbeitsmarkt- und betriebsüblichen Bedingungen vollwertig verrichten zu können.

e + f) Die vorgenannten für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang – mehr als 300 besetzte oder unbesetzte Arbeitsplätze - auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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