Hartz-IV-Empfänger wehrt sich erfolgreich gegen Leistungseinstellung

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Kategorie
Entscheidungen
Einem Hartz-IV-Bezieher, der seinen Verpflichtungen aus einer sogenannten Eingliederungsvereinbarung
wiederholt nicht nachkommt, darf der Grundsicherungsträger dennoch die Leistung nicht ohne weiteres auf Null kürzen.

Das Sozialgericht Kassel stellte in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eines 19-jährigen Arbeitssuchenden daher die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid
der Arbeitsförderung der Stadt Kassel mit der Folge fest, dass der Grundsicherungsträger vorläufig die (zunächst) auf 60% gekürzten Leistungen weiterzahlen muss und diese nicht zur Gänze einstellen darf. In verfassungswidriger Weise hatte der Grundsicherungsträger in dem Bescheid, der die vollständige Leistungseinstellung für 3 Monate vorsah, nicht über ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen entschieden. Das Gericht sah hierin einen Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Verpflichtung, für Bedürftige jedenfalls das zur physischen Existenz Unerlässliche zu gewähren. Die sich aus Art. 1 GG ergebende staatliche Schutzpflicht hinsichtlich der Rechtsgüter Leben, körperliche Unversehrtheit und Würde des Menschen gebiete
es, so das SG, dieser bei der Auslegung der Sanktionsnorm des § 31 SGB II Rechnung zu tragen.
Andernfalls bestehe die konkrete Gefahr, dass dem Hilfebedürftigen im Sanktionszeitraum das zum Überleben Notwendige nicht zur Verfügung stehe. Vor Ausspruch der Sanktion müsse der Hilfebedürftige daher vom Grundsicherungsträger über die Möglichkeit der ergänzenden Sachleistungen oder der geldwerten Leistungen informiert werden, auch um vor dem Hintergrund dieser Leistungen weiterhin den Schutz der Krankenversicherung zu haben.

Sozialgericht Kassel, Beschluss vom 18.11.2009, Az.: S 3 AS 322/09 ER
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