Rückblick auf ein Rekordjahr am Sozialgericht Dresden - Jahrespressegespräch vom 27.02.2009

Bundesland
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Kategorie
Verwaltung
Auch das Jahr 2008 war für das Sozialgericht Dresden geprägt von einer Rekordzahl neuer Verfahren zum Thema „Hartz IV“. Nach 4.468 im Jahr 2007 in diesem Rechtsgebiet eingegangenen Klagen und Eilverfahren erreichten die Eingänge im Jahr 2008 mit 6.731 einen neuen Höchststand. Der Anstieg betrug damit über 50 %. Insgesamt gingen beim Sozialgericht 16 % mehr Verfahren ein als im Vorjahr.

Inzwischen ist knapp die Hälfte der anhängigen Verfahren im Bereich „Hartz IV“ anzusiedeln. Zwar konnte die personelle Ausstattung des Gerichts im Verlauf des Jahres leicht auf nunmehr 37 Richterinnen und Richter erhöht werden. Hierzu gehören weiterhin vorübergehend abgeordnete Kolleginnen und Kollegen von Arbeits-, Verwaltungs- und Landgericht sowie der Staatsanwaltschaft. Wegen des enormen Arbeitspensums konnte ein Anstieg der anhängigen Verfahren von 10.382 auf 11.927 nicht verhindert werden.

Strittig sind weiterhin die verschiedensten Rechtsfragen, die durch die Berechnung des Arbeitslosengeldes II aufgeworfen werden. Als besonders kompliziert erweist sich die Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft, der Wohnkosten bei Eigenheimbesitzern, die Anrechnung von Einkünften bei Aufstockern und die Feststellung, ob ein Paar als Bedarfsgemeinschaft oder als reine Wohngemeinschaft anzusehen ist. Auch Mehr- und Sonderbedarfe sowie Rückforderungen führen häufig zu Streit.

Nachdem das Bundessozialgericht Ende Januar 2009 die Berechnung der Höhe des Sozialgeldes für Kinder bis 14 Jahre für verfassungswidrig gehalten und zwei Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat, ist zu erwarten, dass auch zu dieser Frage zunehmend Streitigkeiten auftreten werden.

Die Ursachen für die enorme Zahl an Klagen zu „Hartz IV“ sind vielfältig. In erster Linie ergibt sie sich aus der gesellschaftlichen Realität, dass eine große Zahl Menschen auf den Bezug von Arbeitslosengeld II angewiesen ist. Allein die bloße der Zahl der von den Behörden erlassenen Bescheide in diesem Bereich bringt erheblichen gerichtlichen Klärungsbedarf mit sich.

Probleme bereiten dem Gericht ferner die immer noch nicht zügige und richtige Umsetzung der bereits ergangenen höchstrichterlichen Urteile. Dadurch werden – darauf hat auch das Bundessozialgericht in seinem diesjährigen Jahrespressegespräch hingewiesen – unnötige Prozesse provoziert. Einige Grundsicherungsträger berücksichtigen selbst in neu erlassenen Richtlinien nicht die von der Rechtsprechung seit 2006 entwickelten Grundsätze zur Angemessenheit von Wohnraum und Heizkosten.

Auffällig ist schließlich die hohe Anzahl von Untätigkeitsklagen. Dieses Rechtsmittel sieht das Gesetz insbesondere vor, wenn die Behörde ohne wichtigen Grund über einen Widerspruch nicht binnen drei Monaten entscheidet. Im Jahr 2008 gingen zu „Hartz IV“ insgesamt 1.217 Untätigkeitsklagen ein. Dies deutet darauf hin, dass die Behörden auch im 4. Jahr nach Einführung des Arbeitslosengeldes II noch erheblich überlastet sind. Eine bessere personelle Ausstattung der Widerspruchsstellen könnte die Sozialgerichte entlasten.

Das Sozialgericht Dresden hatte sich aber auch 2008 zahlreichen anderen Bereichen des Sozialrechts zu widmen. Der Anlage 2 können Sie einige jüngere Entscheidungen zu verschiedenen Rechtsgebieten entnehmen. Auffällig war in diesem Zusammenhang, dass auch das 2007 eingeführte Elterngeld inzwischen vermehrt zu Streitigkeiten führt. Waren hierzu 2007 noch 22 neue Verfahren eingegangen, so hatte sich diese Zahl 2008 bereits auf 69 mehr als verdreifacht.

Anlage 1: Statistische Daten zur Arbeit des Sozialgerichts Dresden PDF1

Anlage 2: Auswahl interessanter Entscheidungen des Sozialgerichts PDF2



Dokumente
SG_DD_3003_1.pdfSG_DD_3003_2.pdf
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