Sonderkündigungsrecht bei Beitragssatzerhöhung - auch wenn die Erhöhung zum Beginn der Mitgliedschaft erfolgt

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Kategorie
Entscheidungen
Ein gesetzlich Krankenversicherter hat auch dann ein Sonderkündigungsrecht, wenn der Beitragssatz mit Beginn seiner Mitgliedschaft erhöht wird. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 1. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Versicherte kündigt bereits wenige Wochen nach Beitritt
Die 55-jährige Klägerin aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf wechselte zum 1. April 2004 die gesetzliche Krankenkasse und wurde Mitglied einer Betriebskrankenkasse. Diese hob zum gleichen Zeitpunkt den Beitragssatz von 12,8 % auf 13,8 % an. Aufgrund dieser Erhöhung berief sich die Klägerin im Mai 2004 auf ihr Sonderkündigungsrecht. Die Krankenkasse vertrat hingegen die Auffassung, dass eine Beitragssatzerhöhung nicht vorliege. Schließlich habe der erhöhte Beitragssatz bereits gegolten, als die Klägerin Mitglied geworden sei.

Landessozialgericht: Beitragssatzerhöhung berechtige zur Sonderkündigung
Die Darmstädter Richter entschieden, die Kläger habe rechtswirksam von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht. Zwar seien Versicherte grundsätzlich mindestens 18 Monate an ihre Krankenkassenwahl gebunden. Bei einer Beitragssatzerhöhung könnten sie jedoch zum Ablauf des auf die Erhöhung folgenden Monats kündigen. Dieses Sonderkündigungsrecht bestehe auch, wenn die Mitgliedschaft des betreffenden Versicherten an dem Tag beginne, an welchem auch die Beitragssatzerhöhung erfolge. Denn die Mitgliedschaft sei bereits durch die wirksame Wahlrechtserklärung der Klägerin im Februar 2004 rechtlich begründet worden. Außerdem sei nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht Voraussetzung für eine Sonderkündigung, dass der Versicherte von der Erhöhung unmittelbar betroffen ist. Dies entspreche dem Zweck des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes. Danach sollen die Krankenkassen bei jeder Beitragssatzerhöhung das Risiko haben, dass ihre Mitglieder vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Dies zwinge die Kassen mittelbar dazu, eine Beitragssatzanhebung nur als „letztes Mittel“ einzusetzen.

Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 04.12.2008, Az.: L 1 KR 219/06
Ab Datum
Bis Datum
Saved