Behörde muss sich an einem „versehentlich versandten Bescheid“ festhalten lassen

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Kategorie
Entscheidungen
Verschickt eine Behörde einen positiven Bescheid an den Antragsteller, obwohl dieser nur als Duplikat für den internen Gebrauch erstellt war, ist die Behörde zur Leistung verpflichtet. Dies entschied das Sozialgericht Wiesbaden in einem heute veröffentlichten Urteil.

Der aus dem Rheingau stammende Kläger hatte bei der Deutschen Rentenversicherung die Kostenübernahme für eine Rehabilitation für Abhängigkeitskranke beantragt. Vor Erstellung des notwendigen Sozialberichts beantragte er die zeitnahe Durchführung einer Entgiftung und anschließenden Therapie in der O-Klink und führte die Therapie zunächst auf eigene Kosten (ca. 13.000,00 Euro) durch. Die Beklagte teilte dem zwischenzeitlich wieder als Ingenieur tätigen Kläger mit, dass die Kosten übernommen werden. Am Ende des Bescheides war der Zusatz „Duplikat für ALGR 5411“ vermerkt. Drei Monate später erhielt der Rheingauer einen weiteren Bescheid, worin die Behörde zusagte, ihm nur die anteiligen Kosten in Höhe von knapp 3.000,00 Euro zu erstatten, die für eine Entwöhnungsbehandlung in der R-Klinik entstanden wären.

Das Sozialgericht Wiesbaden verurteilte die Rentenversicherung zur Übernahme der vollen Kosten. Bei der Kostenzusage handele es sich um einen wirksamen Bescheid, der dem Adressaten bekannt gegeben worden sei. Die Deutsche Rentenversicherung habe nicht erklären können, warum und wann die Bescheidduplikate an den Kläger übersandt worden seien. Seien die Bescheide nicht mit Wissen und Wollen der Behörde versandt worden, sei dies von der Behörde zu beweisen. Jedenfalls handele es sich um sog. „Scheinverwaltungsakte“ die nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit als wirksam zu behandeln seien.

Sozialgericht Wiesbaden, Urteil vom 01.09.2011, Az.: S 9 R 163/09
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