L 4 KA 89/17

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 2 KA 534/15
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 89/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 24. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Honorars des Klägers für das Quartal III/2012. Der Kläger macht einen Härtefall und Praxisbesonderheiten geltend. Dabei rügt er insbesondere den Zuschnitt des zugewiesenen qualifikationsbedingten Zusatzvolumens (QZV). In weiteren Berufungsverfahren des Senats sind die Honorare der Quartale I/2009 bis II/2010, I/2011 und I und II/2012 streitig.

 

Der Kläger ist seit dem Quartal I/2008 in P_____ als Chirurg mit der Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie und der Zusatzbezeichnung Proktologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, zunächst in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und ab dem Quartal II/2008 in einer Einzelpraxis.

 

Im Quartal III/2008 erzielte der Kläger ein Honorar in Höhe von 47.054,54 €.

 

Mit Bescheid vom 30. Mai 2012 teilte die Beklagte dem Kläger für das Quartal III/2012 ein Gesamtvolumen in Höhe von 26.925,42 € mit. Das Regelleistungsvolumen (RLV) betrug 19.810,58 €, das QZV 7.114,84 €. Die Fallzahl des Klägers lag bei 712. Der Durchschnitt der Gruppe der Fachärzte für Chirurgie, Kinderchirurgie und Plastische Chirurgie betrug 729,4 Fälle. Der Fallwert der Fachgruppe lag bei 27,53 €. Das QZV errechnet sich aus Leistungen der Gastroenterologie I in Höhe von 3.548,96 €, aus Leistungen der Behandlungen von Hämorrhoiden in Höhe von 3.029,60 € und Leistungen der Teilradiologie in Höhe von 536,28 €. Mit seinem Widerspruch vom 12. Februar 2013 begehrte der Kläger eine Anpassung der Höhe des QZV Gastroenterologie I und bemängelte die Fallzahl im QZV für Leistungen der Teilradiologie. Die Höhe des QZV Gastroenterologie I sei nicht nachvollziehbar. Er habe innerhalb des QZV ausschließlich Leistungen nach der Gebührenordnungsposition (GOP) 13400 EBM (Zusatzpauschale Ösophago-Gastroduodenoskopie) abgerechnet. Diese seien im EBM mit 82,71 € bewertet worden, er habe hierfür im QZV jedoch nur 44,87 € je Fall zuerkannt bekommen. Leistungen der Teilradiologie habe er seit dem Quartal II/2010 abgerechnet.

 

Mit Bescheid vom 22. August 2014 lehnte das H-Team der Beklagten eine Anhebung des QZV Gastroenterologie I ab. Die Berechnung der QZV erfolge arztgruppenspezifisch für jedes QZV einzeln. Jeder Arztgruppe stehe dafür ein bestimmtes Verteilungsvolumen zur Verfügung, aus dem die unterschiedlichen Zusatzvolumina ermittelt würden. Der Fallwert errechne sich aus dem für das Zusatzvolumen vorhandenen Verteilungsvolumen geteilt durch die gesamte Leistungsfallzahl der Ärzte der Arztgruppe. Die Zuweisung des jeweiligen QZV an den einzelnen Arzt erfolge auf Basis der individuellen Leistungsfallzahl des Vorjahresquartals. Der Leistungsfall definiere sich dabei als Anzahl der Patienten in einer Arztpraxis in einem Quartal, an denen QZV-relevante Leistungen erbracht und abgerechnet worden seien. Der Bescheid enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.

 

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2012 gewährte die Beklagte dem Kläger für das Quartal III/2012 ein Honorar in Höhe von 83.748,54 €. Die Anforderung des Klägers für RLV/QZV-relevante Leistungen betrug 37.551,99 €. Die Budgetüberschreitung in Höhe von 10.626,57 € wurde mit 1.464,62 € vergütet (13,786 %). Dem widersprach der Kläger am 12. Februar 2013 mit gleicher Begründung.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. August 2015 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Sie stellte die Rechtslage zu den RLV und QZV dar. Honorarausgleichsmaßnahmen seien nicht vorzunehmen und ein Härtefall sei nicht anzuerkennen, da der Kläger gegenüber dem Vergleichsquartal des Jahres 2008 keinen Honorarverlust in Höhe von mindestens 15 % habe. Praxisbesonderheiten seien nicht anzuerkennen, da der Fallwert des Klägers den durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe nicht um wenigstens 30 % überschreite. Das QZV Gastroenterologie I sei nicht anzuheben. Das Verteilungsvolumen für diese Leistungen werde durch die gesamte Leistungsfallzahl der Ärzte geteilt. Die Leistungsfallzahl des einzelnen Arztes orientiere sich an den Abrechnungen des Vorjahresquartals. Die GOP 13400 EBM sei keine Praxisbesonderheit, da sie keine RLV-Leistung sei. Praxisbesonderheiten könnten nur Leistungen im RLV sein. Eine Vergütung von Leistungen nach der Euro-Gebührenordnung sei nicht möglich, da die Fallzahl des Klägers sich nicht durch Veränderungen in seinem Praxisumfeld erhöht habe. Die Leistungen seien zwar in der Mitteilung nicht ausgewiesen, wohl aber im Honorarbescheid. Deren Fallzahl sei zutreffend ermittelt worden.

 

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 7. September 2015 beim Sozialgericht Kiel zugleich mit den Widerspruchsbescheiden betreffend die Quartale I und III/2012 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 10. September 2015 die Verfahren nach den einzelnen Quartalen getrennt.

 

Der Kläger hat vorgetragen, das QZV Gastroenterologie I sei nicht nachvollziehbar. Die GOP 13400 EBM sei mit 82,71 € bewertet. Der QZV-Fallwert habe unter 45 € gelegen, ohne dass zu erkennen sei, wie der Wert ermittelt worden sei. Die Beklagte habe darzulegen, wie viele Praxen der Fachgruppe berücksichtigt worden seien und wie sich die Leistungsmenge entwickelt habe. Nur vier Ärzte rechneten die Leistung ab. Es sei damit eine fachgruppenuntypische Leistung, die eine Praxisbesonderheit und damit ein Wachstum oberhalb des Fachgruppendurchschnitts erfordere. Hilfsweise stelle er einen Härtefallantrag.

 

Der Kläger hat beantragt,

 

die RLV-/QZV-Mitteilungen und die Honorarabrechnung für das Quartal III/2012 in der Fassung der Entscheidung des
H-Teams vom 22. August 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2015 abzuändern
und die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

 

Die Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Sie hat ausgeführt, die QZV seien arztgruppenspezifisch berechnet worden. Jeder Arztgruppe stehe ein bestimmtes Verteilungsvolumen zur Verfügung. Der Fallwert errechne sich aus dem Volumen geteilt durch die Leistungsfallzahl der Arztgruppe. Die Zuweisung an den einzelnen Arzt werde auf der Grundlage seiner Leistungsfallzahlen im Vorjahresquartal errechnet. Die QZV seien zusammen mit den Berufsverbänden gebildet worden. Leistungen, die von mehr als ¾ der Ärzte der Fachgruppe erbracht worden seien, fielen in das RLV. Die Beklagte hat die Berechnungen für die QZV Gastroenterologie I und Teilradiologie dargelegt und ausgeführt, der Bewertungsausschuss habe die Geldzuordnung für die RLV und QZV je Fachgruppe auf Basis der Leistungsanteile 2008 festgelegt. Für das QZV Teilradiologie habe ein Honorartopf von 483.703,24 € zur Verfügung gestanden, der auf 36.981 Fälle der 109,5 Erbringerpraxen mit einem Fallwert von 13,08 € habe verteilt werden müssen. Entsprechend entfielen für das QZV Gastroenterologie I 16.662,80 € auf 385 Fälle der sechs Erbringerpraxen mit einem Fallwert von 43,28 €. Abweichungen von diesen Festlegungen seien nur bei einem Anstieg der Ärzte der Fachgruppe um über 10 % möglich. Ein solcher Anstieg liege bei den Chirurgen nicht vor.

 

Mit Urteil vom 20. Oktober 2017 hat das Sozialgericht Kiel die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Bildung der QZV beruhe auf Teil F I.3.3 in Verbindung mit Anlage 3 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 und den Honorarvereinbarungen der Vertragspartner auf Landesebene. Die dortigen Vorgaben habe die Beklagte rechnerisch richtig umgesetzt, Fehler in der Berechnung seien nicht ersichtlich. Es sei nicht zu beanstanden, dass der QZV-Fallwert den Wert der GOP 13400 EBM nur teilweise abdecke. Nach ständiger Rechtsprechung müsse der H mehrere Parameter miteinander in Einklang bringen. Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung sei begrenzt und nicht alle von den Vertragsärzten erbrachten Leistungen könnten zum geltenden Orientierungspunktwert vergütet werden. Der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit erfordere nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden müssten. Vielmehr handele es sich hierbei nur um einen Grundsatz, von dem aus sachlichem Grund abgewichen werden könne. Dem liege eine Abwägung zwischen dem Ziel einer angemessenen Vergütung und einer Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung zugrunde. Der Ausgleich zwischen diesen Zielen sei dann nicht mehr verhältnismäßig realisiert, wenn in einem fachlichen oder örtlichen Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr bestehe, vertragsärztlich tätig zu werden und dadurch die vertragsärztliche Versorgung gefährdet sei. Ein Vertragsarzt habe daher nur einen Anspruch auf eine insgesamt leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung. Dem Honorar liege eine Mischkalkulation zugrunde. Nach ständiger Rechtsprechung müssten nicht in jedem Behandlungsfall die wesentlichen Leistungen zu den Preisen der Euro-Ge-bührenordnung vergütet werden. Mengenbegrenzungsregelungen führten nicht dazu, dass einige Leistungen nicht vergütet würden, sondern zu einer relativ abgesenkten Vergütung aller Leistungen. Die Beklagte habe den Antrag auf Anpassung der QZV rechtmäßig abgelehnt. Ermessensfehler seien nicht zu beanstanden, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Die Voraussetzungen für eine Härtefallanpassung als Sonderregelung für den Kläger seien nicht erfüllt. Auch Praxisbesonderheiten seien nicht gegeben.

 

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 2. November 2017 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die am Montag, den 4. Dezember 2017 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Der Kläger trägt vor, die Vorgaben des BewA im Beschluss vom 26. März 2010 zur Ermittlung des QZV enthielten einen weiten Spielraum für die Bildung der QZV und die Zusammensetzung der Arztgruppen. Er habe einen Anspruch auf die Darstellung der Grundlagen der Berechnung, um die Möglichkeit zu erhalten, seine Rechte wahrzunehmen. Aus diesen Unterlagen müssten die Zahl der Leistungserbringer im Jahr 2008 und die Entwicklung der Fallzahlen und der Zahl der Leistungserbringer zwischen dem Bezugszeitraum und dem Abrechnungszeitraum hervorgehen. Die GOP 13400 EBM sei insgesamt nur von sieben Praxen erbracht worden. Dabei liege sein Leistungsanteil mit 99 Fällen und einem Falldurchschnitt von 11,6 % deutlich über dem Fachgruppendurchschnitt von 7,4 %. Er decke einen besonderen Versorgungsbedarf ab und es verstoße gegen das Erfordernis einer leistungsproportionalen Vergütung, wenn diesem nicht Rechnung getragen werde. In der Anlage 2 zur HVV 2013 sei die Möglichkeit eingeräumt, diese Leistungen als besonders förderungswürdige Leistungen anzuerkennen. Die Differenz zwischen der Bewertung der Leistung im EBM und dem Wert im QZV verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Die GOP 13400 EBM werde nach der Euro-Gebührenordnung mit 82,71 € bewertet. Gemäß Teil F I 3.3 des Beschlusses des BewA vom 26. März 2010 wäre es den Vertragspartnern auf Landesebene möglich gewesen, von den Vorgaben im Beschluss abzuweichen. Die Leistungen seien eine Praxisbesonderheit.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 24. Oktober 2017 und die Bescheide vom 30. Mai 2012 und 14. Januar 2013 sowie
den Bescheid des H-Teams vom 22. August 2014, alle in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2015,
abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihn hinsichtlich des RLV/QZV und des Honorars für das Quartal III/2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hat ausgeführt, dass der EBM keinen Vorrang vor den Bestimmungen der Honorarverteilung habe, sofern er nicht selbst entsprechende Regelungen enthalte. Art und Umfang der Leistungen seien nicht die einzigen Kriterien der Honorarverteilung, sondern die Vertragspartner könnten im Rahmen ihrer Regelungsbefugnisse daneben noch weitere Gesichtspunkte berücksichtigen, auch wenn dies zu Abweichungen von den Bewertungen im EBM führe. Die feststehenden Gesamtvergütungen der Krankenkassen seien unvereinbar mit der Vorstellung einer Leistungsvergütung mit festen Euro-Beträgen. Abweichende Leistungsmengen führten daher unvermeidbar zu deren Absenkungen. Den Vertragspartnern komme hierbei ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Bei der Ausgestaltung der QZV in der Honorarvereinbarung (HVV) hätten diese sich an die Vorgaben des BewA gehalten. Die Höhe der QZV ergebe sich zwangsläufig aus den Bundesvorgaben. Nur dann entstehe ein Anspruch der Vertragsärzte auf eine von höherrangigem Recht abweichende Regelung, wenn die vertragsärztliche Versorgung in ihrer Gesamtheit oder in Teilbereichen gefährdet sei, etwa weil die berufliche Existenz der an ihr teilnehmenden Ärzte gefährdet sei. Bei einer niedrigen Bewertung einzelner Leistungen sei dies regelmäßig nicht der Fall.

 

Die Verwaltungsakten der Beklagten und die Verfahrensakte haben dem Senat vorgelegen. Zur Ergänzung der Einzelheiten wird darauf Bezug genommen.


 

Entscheidungsgründe

 

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Insbesondere ist sie statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingegangen. Sie ist aber nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Dieses hat zutreffend die Entscheidungen der Beklagten hinsichtlich des Honorars für das Quartal II/2012 bestätigt. Diese sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

 

Gemäß § 85 Abs. 4 SGB V in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I Seite 378 – hier wie auch im Folgenden herangezogene Fassung) verteilt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Gesamtvergütungen im Sinne des § 85 Abs. 1 SGB V an die Vertragsärzte. In der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt gemäß der Untergliederung des § 73 SGB V in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Sie wendet bei der Verteilung gemäß § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an. Gemäß Abs. 4 Satz 3 sind bei der Verteilung Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zugrunde zu legen. Für die Honorarverteilung ab dem 1. Januar 2009 enthält § 87b Abs. 2 SGB V besondere von den Vertragspartnern zu beachtende Bestimmungen. Nach § 87b Abs. 1 SGB V muss ab diesem Stichtag die Vergütung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V erfolgen. Nach § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V sind hierzu ab dem ersten Quartal 2009 zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen. Ein RLV in diesem Sinne ist gemäß Abs. 2 Satz 2 die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 SGB V enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten sind. Die das RLV überschreitende Leistungsmenge ist abweichend von Abs. 1 Satz 1 gemäß Abs. 2 Satz 3 mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden. Die Werte der RLV sind nach § 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen. Soweit dazu Veranlassung besteht, sind gemäß § 87b Abs. 3 Satz 3 SGB V auch Praxisbesonderheiten bei der Bestimmung des RLV zu berücksichtigen. Nach § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Abs. 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten.

 

Die erste Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgaben erfolgte mit Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses (eBewA) vom 27./28. August 2008. Für die Abrechnungsquartale ab 1. Juli 2010 (III/2010) ist der Beschluss des BewA vom 26. März 2010 heranzuziehen. Dieser führte die bereits seit 2009 bestehende Regelung der RLV fort und ergänzte sie durch Einführung qualifikationsgebundener Zusatzvolumina (QZV) in Teil F I 1.1, 3. Spiegelstrich. Gemäß F I 3.3 werden für die in Anlage 3 des Beschlusses aufgeführten Leistungsbereiche QZV gebildet, deren Leistungen mit der in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 SGB V enthaltenen Preisen zu vergüten sind. Ein Arzt hat unter den in der Anlage 3 genannten näheren Voraussetzungen Anspruch auf die arztgruppenspezifischen qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina. In der Anlage 3 ist Fachärzten für Chirurgie, Kinderchirurgie, Plastische Chirurgie und Neurochirurgie unter anderem ein QZV Gastroenterologie I zugeordnet, das die Leistungen 13400, 13401, 13402, 13410, 13411 und 13412 umfasst. Gemäß F I 1.3.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses erfolgt die Zuweisung der QZV praxisbezogen, wenn mindestens einer der Ärzte, die innerhalb der Arztpraxis tätig sind, über die Voraussetzung gemäß Ziffer F I 3.3 in Verbindung mit Anlage 3 für das jeweilige QZV verfügt. Dabei ergibt sich die Höhe des jeweiligen QZV aus der Addition der QZV je zur Abrechnung der entsprechenden Leistungen berechtigtem Arzt, der in der Praxis tätig ist, unabhängig von seinem Zulassungsstatus. Die Berechnung der QZV erfolgt entweder arztbezogen oder fallbezogen, jeweils gemäß Anlage 8 des Beschlusses vom 26. März 2010. Eine arztbezogene Zuweisung bedeutet, dass der Arzt unabhängig davon, in welchen Fällen er Leistungen gemäß der Anlage 3 abgerechnet hat, das QZV zugeteilt erhält. Eine fallbezogene Zuweisung bedeutet, dass der Arzt lediglich für die Behandlungsfälle, in denen eine Leistung gemäß Anlage 3 abgerechnet wurde, ein QZV erhält. Die Vertragspartner haben diese Regelung in Abschnitt Teil D 2.6 der für 2011/2012 geltenden HVV von April/Mai 2011 in der Weise umgesetzt, dass das QZV fallbezogen errechnet wird.

 

Der Senat hat die ab Januar 2009 bestehende Regelung der RLV auf der Grundlage des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 in ständiger Rechtsprechung für rechtmäßig erachtet (vgl. Urteile vom 16.06.2015 – L 4 KA 20/15; 20.10.2015 – L 4 KA 2/13 u. a.; 17.01.2017 – L 4 KA 75/14 u. a.; 09.05.2017 – L 4 KA 93/14 u. a.; 13.06.2017 – L 4 KA 86/15; 18.07.2017 – L 4 KA 48/15 u. a.). Auch die Erweiterung der Regelungen über das RLV um die Regelungen des QZV mit Beschluss vom 26. März 2010 hält der Senat für rechtmäßig. Diese Regelungen bewegen sich auf der gesetzlichen Grundlage des § 87b Abs. 2 und 3 SGB V. Zwar sind dort nur RLV, nicht aber QZV erwähnt, jedoch stellen die QZV eine Erweiterung der RLV dar, die geeignet ist, individuelle fachliche Ausrichtungen der Arztpraxen und unterschiedliche Mengenentwicklungen besser nachzuzeichnen, als dies durch die Anerkennung von Praxisbesonderheiten auf der Grundlage des RLV möglich ist. Für die RLV-Systema-tik ist die Mengenbegrenzung der zu vergütenden Leistungen und die Sicherheit der Vertragsärzte an festen Punktwerten in einem bestimmten Honorarbereich prägend (BSG vom 06.02.2013 – B 6 KA 13/12 R – SozR 4-2500 § 85 Nr. 73). Diese Voraussetzungen sind auch in einem um QZV erweiterten RLV-System gewahrt. Auch das BSG wendet in seiner jüngeren Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 23.03.2016 – B 6 KA 33/15 R; Urteil vom 17.07.2013 – B 6 KA 45/12 R; Beschluss vom 28.06.2017 –  B 6 KA 76/16 B; Beschluss vom 12.01.2017 – B 6 KA 69/16 B) die Regelungen des Beschlusses vom 26. März 2010 ohne weiteres an.

 

Auch die Honorarverteilung über die RLV/QZV eröffnet die Anerkennung von Praxisbesonderheiten. Teil F I 3.7 BBewA vom 26. März 2010 bestimmt, dass Praxisbesonderheiten sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben. Die Regelungen erfolgen durch die Gesamtvertragspartner. In der HVV 2011/2012 ist bestimmt, dass neben den Voraussetzungen des besonderen Versorgungsauftrags oder der fachlichen Spezialisierung die Anerkennung einer Praxisbesonderheit dann in Betracht kommt, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen RLV/QZV-Wertes von mindestens 30 % vorliegt. Die HVV sieht ferner in Teil D 4.3.1 eine Härtefallregelung vor; der Härtefall ist als unangemessene Auswirkung bei der Abstaffelungsregelung bei Bildung der RLV je Arzt oder als eine Inhomogenität gegenüber der RLV-Gruppenbildung definiert, die zu einer Verringerung des Gesamtvolumens gegenüber dem entsprechenden Quartal 2008 um über 15 % führt. Bei einer entsprechenden Honorarminderung können ferner gemäß BBewA Teil F I 3.8 und HVV D 4.3.2 befristete Ausgleichszahlungen geleistet werden. Im Übrigen kann gemäß BBewA vom 26. März 2010, Teil F I 3.5 und HVV D 4.2 von der Abstaffelung der Vergütung bei Überschreiten des RLV/QZV abgesehen werden, wenn die Fallzahl sich infolge einer Veränderung der Bedingungen im Praxisumfeld oder innerhalb der eigenen Praxis erhöht. Schließlich kann der Vorstand der Beklagten gemäß HVV D 4.2.6 auf Antrag aus Sicherstellungsgründen das RLV/QZV der Praxis neu festlegen, wenn besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen. Hierzu zählen insbesondere Veränderungen in der vertragsärztlichen Versorgung im Umfeld der Praxis.

Dieses Regelwerk ist in sich stimmig und die Beklagte hat es in rechtlich nicht zu beanstandender Weise im Rahmen der Zuweisung des RLV und der Berechnung des Honoraranspruchs des Klägers umgesetzt.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Bewertung seines QZV für die Leistungen der Gastroenterologie. Die Beklagte hat die Berechnung des Fallwertes für die Leistungen rechnerisch zutreffend vorgenommen. Die Parameter hat sie im Einzelnen dargelegt. Danach entfiel auf die gastroenterologischen Leistungen, die im QZV Gastroenterologie I enthalten sind, entsprechend der Leistungsanteile im Zuordnungsquartal 2008 ein Betrag in Höhe von 16.662,80 €. Zwar hält der Kläger diesen Betrag für intransparent; jedoch sind die von ihm geforderten weiteren Berechnungsunterlagen darüber, wie viele Praxen der gebildeten Fachgruppe bei der Berechnung der QZV im Bezugszeitraum berücksichtigt wurden und wie sich die erbrachte Leistungsmenge innerhalb der gebildeten Gruppe für die Bildung der QZV bis zu den jeweiligen Abrechnungszeiträumen entwickelt haben, nicht geeignet, diese Honorarsumme für das QZV zu erhellen. Die Leistungs-menge selbst lässt sich an der Anzahlstatistik ablesen. Es ergibt sich aus der Berechnung der Betrag für das QZV in Höhe von 43,28 €. Auch der Rechenweg ist zutreffend. Er ist im Beschluss des BewA vom 26. März 2010 vorgegeben. Nach dessen Teil F I 3.3 errechnen sich die QZV nach der Anlage 8 zu dem Beschluss. Aus deren Ziffer 1 ist zu ersehen, dass die oben genannten Leistungsanteile für die in einem QZV zusammengefassten Leistungen sich am anerkannten Leistungsbedarf aus dem Jahr 2008 ableiten. Die Beklagte hat daher zutreffend den Betrag von 16.662,80 € zugrunde gelegt.

Diese Systematik führt notwendigerweise dazu, dass Ausweitungen der Menge an QZV-Leistungen durch die Arztgruppe innerhalb des Zeitraums zwischen 2008 und dem Abrechnungsquartal zu einem Absinken des Fallwerts im QZV führen und damit zu Lasten der Ärzte der Arztgruppe gehen. Diese Auswirkung ist systemkonform; sie entspricht dem Gebot des § 87b Abs. 1 Satz 1 SGB V, eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes zu verhindern. Dieses Gebot gegenüber dem einzelnen Arzt richtet sich mittelbar auch an eine Arztgruppe und an die Gesamtheit der Ärzte. Es liegt kein Verstoß gegen den aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz abgeleiteten Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit vor, weil die GOP 13400 nach der Euro-Gebührenordnung höher bewertet sind als der Fallwert des Fachgruppendurchschnitts im QZV und damit die Leistungen nicht nach den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Es ist nicht erforderlich und nicht realisierbar, dass die RLV und QZV die für die Fachgruppen wesentlichen Leistungen zu den Preisen der Euro-Gebührenordnung mit deren vollen Wert abbilden (ausführlich zum RLV BSG, Urteil vom 11. Dezember 2013 – aaO). Zwar geht § 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V von dieser Tatsache als Idealkonzeption aus. Angesichts der gedeckelten und damit begrenzten Gesamtvergütungen ist das Konzept jedoch lediglich als Leitlinie, nicht aber als Grundlage eines für jede Leistung bestehenden Anspruchs auszugestalten. Denn eine steigende Leistungsmenge zu festen Punktwerten führt zwangsläufig zu einer Mengenausweitung im Honorar, die mit der Gesamtvergütung nicht mehr korrespondiert. Unabhängig davon erfolgt über die Gesamtzahl der Fälle eine Nivellierung innerhalb des RLV/QZV; ebenso, wie in einzelnen Fällen der Fallwert der Fachgruppe im RLV überschritten wird, unterschreiten andere Fälle den Fallwert. Die Praxis erhält nach der Definition des § 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V kein RLV für den einzelnen Behandlungsfall, sondern ein RLV für die Gesamtheit der RLV-relevan-ten Fälle. Entsprechendes gilt für das QZV. Zu Unrecht macht der Kläger geltend, er erbringe von den im QZV Gastroenterologie I zusammengefassten Leistungen allein die der GOP 13400, die alle höher als das QZV bewertet sind. Dies übersieht, dass gemäß Teil F I 3.3 BBewA vom 26. März 2010 die QZV arztgruppenspezifisch gebildet werden. Das QZV Gastroenterologie I enthält neben der GOP 13400 auch die Leistungen nach den GOP 13401, 13402, 13410, 13411 und 13412, von denen die Leistungen 13400 mit 835 Punkten, 13411 mit 840 Punkten und 13412 mit 990 Punkten verhältnismäßig hoch bewertet werden, die Leistungen 13401 mit 512 Punkten, 13402 mit 278 Punkten und 13410 mit 246 wesentlich niedriger. Auch diese geringer bewerteten Leistungen prägen den Zuschnitt des QZV. Es obliegt der unternehmerischen Entscheidung des Klägers, nur hoch bewertete Leistungen des QZV zu erbringen, kann aber nicht zu einem anderen Zuschnitt des QZV führen, da dieser einer Pauschalierung unterliegt. Schließlich sind die grundsätzlichen Ausführungen des Sozialgerichts zur Honorierung vertragsärztlicher Leistungen in vollem Umfang zutreffen. Der Senat macht sie sich zu eigen und verzichtet insoweit auf eine eigene Darstellung (§ 153 Abs. 2 SGG).

Bei dem Kläger waren weder Praxisbesonderheiten noch ein Härtefall anzuerkennen. Der gerichtlichen Prüfung von Praxisbesonderheiten und Härtefallgesichtspunkten im Verfahren gegen die RLV-Mitteilung und den Honorarbescheid steht nicht entgegen, dass das H-Team der Beklagten im Bescheid vom 23. August 2012 über Praxisbesonderheiten und einen Härtefall entschieden, der Kläger diesen Bescheid aber nicht mit Widerspruch angefochten hat (vgl. Urteile des Senats vom 13. Juli 2017 – L 4 KA 87/15 und vom 17. Januar 2017 – L 4 KA 55/14 und L 4 KA 53/14 – juris). Eine zusprechende oder ablehnende Entscheidung des H-Teams wird nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand eines Klageverfahrens gegen die RLV/QZV-Mitteilung und den Honorarbescheid, da diese mit jener Entscheidung abgeändert oder bestätigt werden.

Die Beklagte hat es zutreffend abgelehnt, gastroenterologische und proktologische Leistungen des Klägers als Praxisbesonderheit anzuerkennen. Bei der Bestimmung der RLV sind nach § 87b Abs. 3 Satz 3 Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen, wenn dazu Veranlassung besteht. Dies gilt auch für QZV (Urteil des Senats vom 10. Oktober 2017 – L 4 KA 68/15). Nach Teil F I 3.7 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 werden die Praxisbesonderheiten zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Praxisbesonderheiten ergeben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge. Gemäß Teil D 4.3.3 der HVV 2011/2012 kann der Arzt für Praxisbesonderheiten Zuschläge auf den durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe beantragen. Der Antrag soll die Leistungen unter Angabe der EBM-Gebührennummern benennen, in denen sich die Praxisbesonderheit ausdrückt. Praxisbesonderheiten können sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen RLV-Fall-wertes der Arztgruppe von mindestens 30 % vorliegt. Diese Rechtslage hat das BSG für rechtmäßig erachtet (BSG, Urteil vom 26. Juni 2019 – B 6 KA 1/18 R – SozR 4-2500 § 87b Nr. 20) und der Senat hat sie mehrfach angewandt (z. B. Urteil vom 16. Juni 2015 – L 4 KA 20/15 –; Urteil vom 13. Juni 2017 – L 4 KA 87/15 –). Die Entscheidung der Beklagten ist ermessensgerecht; insbesondere hat sie sich im Widerspruchsbescheid auf diese Regelung bezogen und Praxisbesonderheiten im Bereich der QZV nicht entgegen dieser Normsituation grundsätzlich in Abrede gestellt (vgl. Urteil des Senats vom 10. Oktober 2017 ­– L 4 KA 68/15 –).

Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen – wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist – nicht. Somit kommt der Senat zu der Überzeugung, dass die gastroenterologischen und die proktologischen Leistungen ein gewisses Schwergewicht in der Praxis des Klägers hatten, ohne dass sie die Grenze von 30 % für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit im Sinne des Regelwerks für die Honorarberechnung überschritten.

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte an dieser Grenze von 30 % Fallwertüberschreitung, die bereits auch auf Bundesebene im Beschluss des eBewA vom 27./28. August 2008 für die Abrechnungsquartale I/2009 bis II/2010 eingeführt war, festgehalten und im Fall des Klägers keine Abweichung hiervon vorgenommen hat. Der Bewertungsausschuss (Urteil des BSG vom 17. Juli 2013 – B 6 KA 44/12 R – aaO) und die Partner der Gesamtverträge haben hierbei grundsätzlich einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum. Die Grenze von 30 % verstößt nicht gegen den aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz abgeleiteten Grundsatz der Honorargerechtigkeit. Vielmehr haben die Normgeber bei der Ausgestaltung der Honorarverteilungsregelungen zu typisieren und zu pauschalisieren. Der Grundsatz der leistungsproportionalen Vergütung besagt zwar, dass die ärztlichen Leistungen prinzipiell gleichmäßig zu vergüten sind. Da es sich jedoch um einen Grundsatz handelt, verbleibt den untergesetzlichen Normgebern im Rahmen ihrer Rechtsetzungsbefugnis ein Spielraum für sachlich gerechtfertigte Abweichungen (BSG, Beschlüsse vom 6. November 2002 – B 6 KA 43/02 B und 19. Januar 2017 – B 6 KA 37/16 B, jeweils juris).

Das ist bei Praxisbesonderheiten einer Praxis im Vergleich zur Fachgruppe grundsätzlich der Fall. Die Grenzziehung für eine berücksichtigungsfähige Fallwertüberschreitung im Vergleich zur Fachgruppe erst bei plus 30 % vorzunehmen, ist vertretbar. Dabei hält der Senat es für möglich, nicht nur für Wirtschaftlichkeitsprüfungen (so das BSG in seiner Entscheidung vom 18. Juni 1997 (6 RKa 52/96 – juris)), sondern auch für die Systematik zur Verteilung des budgetierten Anteils der Gesamtvergütung an die teilnehmenden Vertragsärzte anzunehmen, dass sich Überschreitungen des durchschnittlichen Fallwertes in Punkten um bis zu 20 % noch innerhalb einer normalen Streuung bewegen können. Das ist deshalb gerechtfertigt, weil in die Berechnung des durchschnittlichen Fallwertes in Punkten alle von der Gruppe erbrachten RLV-relevanten Leistungen mit ihrer im EBM niedergelegten Bewertung in Punkten einfließen, und zwar sowohl die hoch als auch die niedrig bewerteten Leistungen. Ferner werden innerhalb des RLV sowohl die typischen als auch die speziellen Leistungen einer Arztgruppe honoriert (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2013 – B 6 KA 6/13 R – SozR 4-2500 § 87 Nr. 29). Ein im Vergleich zum durchschnittlichen Fallwert der Gruppe erhöhter praxisindividueller Fallwert kann sich dadurch ergeben, dass die Praxis in jedem Behandlungsfall im Vergleich zur Fachgruppe mehr Leistungen erbringt, beispielsweise wenn auch niedrig dotierte fachgruppentypische Untersuchungsmethoden regelmäßig angewandt oder alle fachgruppentypischen Leistungen zwar nicht in signifikant, aber in leicht erhöhtem Umfang erbracht werden. Eine dadurch bedingte Erhöhung des praxisindividuellen Fallwertes in Punkten resultiert dann nicht zwangsläufig aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen fachlichen Spezialisierung der Praxis. Eine signifikante Verschiebung des praxisindividuellen Fallwertes in Punkten gegenüber dem durchschnittlichen Fallwert in Punkten ergibt sich auch dann, wenn eine Praxis eine oder mehrere vergleichsweise hoch dotierte Leistungen zwar nicht in jedem Behandlungsfall, aber im Vergleich zu den übrigen Mitgliedern der Fachgruppe in signifikant höherem Ausmaß erbringt. In einem solchen Fall liegt eine Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes vor, die berücksichtigungsfähig ist, da sie auf Praxisbesonderheiten beruht. Dass der Bewertungsausschuss und die Partner der Gesamtverträge in S typisierend davon ausgingen, dass sich eine solche Besonderheit erst ab einer Fallwertüberschreitung um 30 % bemerkbar macht, ist nach allem vertretbar. Es war nicht erforderlich, für die Gruppe der Fachärzte für Chirurgie, Kinderchirurgie, Plastische Chirurgie, Herzchirurgie und Neurochirurgie von diesen Grundsätzen abzuweichen. Dem Kläger ist darin Recht zu geben, dass in der Gruppe unterschiedlich tätige Chirurgen zusammengefasst sind, ohne dass allerdings damit erkennbar wäre, dass die Gruppe heterogen und einem statistischen Vergleich nicht zugänglich wäre. Auch bei der Ausgestaltung der Fachgruppen hat der BewA einen Gestaltungsspielraum; es ist nicht erkennbar, dass dieser verletzt wäre. Dies ergibt sich daraus, dass die Gruppe der Chirurgen sehr groß ist und dass sich dadurch Nivellierungen im Abrechnungsverhalten ergeben. Kurz gesagt: der Kläger mag zwar gastroenterologische und proktologische Leistungen häufiger als die Fachgruppe abgerechnet haben, jedoch zeigt die Anzahlstatistik, dass die Fachgruppe ihrerseits andere Leistungen häufiger als der Kläger abgerechnet hat.

Die Beklagte hat es auch zutreffend abgelehnt, bei dem Kläger einen Härtefall anzuerkennen. Der Beschluss des eBewA vom 26. März 2010 enthält in Teil F I 3.8 eine Regelung zum Ausgleich überproportionaler Honorarverluste in Höhe von über 15 % gegenüber dem entsprechenden Quartal 2008 durch befristete Ausgleichszahlungen. Diese Regelung hat die HVV 2011/2012 in Teil D 4.3.2 5.4.3 übernommen und ferner einen Härtefall angenommen, wenn das Gesamthonorar des Arztes um diesen Prozentsatz gegenüber dem entsprechenden Quartal 2008 gesunken ist (Ziffer 4.3.1). Diese Voraussetzung liegt beim Kläger nicht vor. Im Quartal III/2008 erzielte er ein Honorar in Höhe von 47.054,54 €. Im Verhältnis dazu ist sein Honorar im Quartal III/2012 mit 83.748,54 € angestiegen. Das Kriterium von 15 % wird dadurch keinesfalls erreicht.

Ein Härtefall liegt auch nicht vor, weil die GOP 13400 und 13421 EBM nach der Euro-Gebührenordnung höher bewertet sind als der Fallwert des Fachgruppendurchschnitts im RLV. Indem das RLV niedriger als der Wert der Leistungen nach der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 SGB V liegt, liegt kein Fehler in der Berechnung der RLV bzw. der Obergrenze vor. Hier gilt das bereits zur hinreichenden Bemessung der QZV oben Gesagte.

Der Härtefall ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Kläger einen Teil des angeforderten Honorars nur in abgestaffelter Höhe erhält. Dies ist bei einer Überschreitung des RLV systemimmanent, ohne dass das System deshalb rechts-widrig wäre. Das BSG und der Senat haben dieses System gleichwohl in der zitierten Rechtsprechung vielfach in seiner Grundkonzeption als nicht rechtswidrig erachtet. Die Abstaffelungen des Honorars des Klägers ergeben sich auch nicht aus einer fehlerhaften Bemessung des RLV oder der Obergrenze, sondern daraus, dass die Praxis von Anfang an einen relativ großen Zuschnitt hatte und keine Wachstumspraxis im eigentlichen Sinne war. Bereits im Quartal I/2009 war sie mit einer Fallzahl in Höhe von 107 % und einem Fallwert in Höhe von 115 % des Fachgruppendurchschnitts überdurchschnittlich groß. Sein Gesamthonorar lag bei nahezu 165 % des Fachgruppendurchschnitts. Er unterfiel bereits zu Beginn des zweiten Jahres seiner vertragsärztlichen Tätigkeit nicht als Wachstumspraxis der Regelung über die Obergrenze, sondern im Hinblick auf die Regelung in Ziffer 3.2.3 der 1. Ergänzungsvereinbarung zur HVV, nach der bei Erreichen des Fachgruppendurchschnitts während der Wachstumsphase für insgesamt vier Quartale die durchschnittlichen saisonalen RLV der Fachgruppe zugeordnet werden. Diese überdurchschnittlichen Fallzahlen und Fallwerte und damit ein gegenüber der Fachgruppe überdurchschnittliches Honorar haben sich seitdem bis zum Abrechnungsquartal erhalten geblieben.

Zur Überzeugung des Senats ergibt sich unter keinem relevanten rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch des Klägers auf ein höheres Honorar. Zu Unrecht weist der Kläger darauf hin, dass ab dem Quartal III/2010 für die Leistungen der Gastroskopie ein eigenes qualitätsgebundenes Zusatzvolumen (QZV) eingerichtet wurde. Das System der RLV/QZV stellt eine Erweiterung des Systems der RLV dar, in welchem den RLV Leistungen entnommen und mit vormals sogenannten freien Leistungen in den QZV zusammengefasst wurden. Mag die Einrichtung der QZV zur besseren individuellen Abbildung der Leistungsverhalten der Vertragsärzte sinnvoll gewesen sein, führt dies jedoch nicht dazu, dass die Regelung der RLV mit ihrer weiter gehenden Pauschalierung rechtswidrig wäre. Aus demselben Grund ist es auch unerheblich, dass die Gastroskopie im HVV 2013 von den Vertragspartnern als besonders förderungswürdige Leistung erachtet wurde. Denn der Bedeutungsgehalt einer Leistung für die vertragsärztliche Versorgung bemisst sich nach den Verhältnissen im jeweils betreffenden Quartal. Schließlich beruft sich der Kläger zu Unrecht darauf, dass in einem vergleichbaren Abrechnungsfall ein zweckgebundenes QZV eingerichtet sein soll. Die Beklagte hat die Vergleichbarkeit der Fälle bestritten. Der Senat sah sich nicht veranlasst, dieser Frage nachzugehen. Im Fall des Klägers besteht keine rechtliche Veranlassung für ein „zweckgebundenes QZV“. Sollte jener Fall tatsächlich vergleichbar sein, wären die Voraussetzungen dort ebenso nicht gegeben. Der Kläger hätte jedoch keinen Anspruch, in einem rechtswidrigen Fall gleich behandelt zu werden. Dass die Beklagte zweckgebundene QZV in ständiger Verwaltungspraxis eingerichtet hätte, aus der sich ein Anspruch auf Gleichbehandlung ergeben könnte, legt der Kläger nicht dar. 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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