Fußballtrainer sind keine Künstler – jedenfalls nicht außerhalb des Fußballplatzes

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Kategorie
Pressemitteilungen


Für einen Fußballtrainer, der aufgrund seiner Popularität zu Werbezwecken einer Firma beauftragt wird, besteht keine Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung. Dies hat die 8. Kammer des Sozialgerichts Darmstadt am 30. August 2021 unter dem Aktenzeichen S 8 R 316/17 entschieden. Im zugrundeliegenden Fall verlangte die Deutsche Rentenversicherung von einem Automobilunternehmen, das Werbung mit verschiedenen Schauspielern und Models, sowie einem Fußballtrainer machte, für die Jahre 2011 bis 2015 die Nachzahlung von Sozialabgaben in einer sechsstelligen Höhe. Nach der Entscheidung des Sozialgerichts, sind zwar die Abgaben für die Schauspieler nachträglich zu leisten, nicht aber für den Fußballtrainer.

Trainer sind wie Sportler zu behandeln
Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zufolge seien aktive Profisportler, die ihre Bekanntheit zu Werbezwecken nutzen und damit nicht unerhebliche Einnahmen erzielen, keine Künstler und unterfielen deshalb auch nicht der Künstlersozialversicherung. Dieser Grundsatz sei auch auf Trainer im Sport zu übertragen. Zwar handele es sich bei Trainern nicht um Sportler, da sie selbst nicht aktiv eine Sportart ausübten, vielmehr leiteten sie eine Mannschaft oder einen Einzelsportler strategisch, taktisch, technisch und konditionell an. Dennoch sei auch ihre Tätigkeit als Testimonial durch die Teilnahme an Werbespots nicht als die eines selbständigen Künstlers anzusehen. Mit dem Abschluss eines Werbevertrages, würden zusätzliche Einnahmen erzielt, ohne dass dadurch der eigentliche Hauptberuf als Trainer im Sport aufgegeben werde.

Haupttätigkeit ist für Zuordnung maßgeblich
Entscheidend sei nicht, dass durch die werbende Tätigkeit ein erheblicher Teil des Einkommens erzielt werde, sondern vielmehr, dass dies nur deshalb möglich sei, weil durch die Haupttätigkeit als Fußballtrainer eine solche Popularität bestehe, dass es für die Firma lukrativ sei, die Person zu Werbezwecken einzusetzen. Gerade wegen der großen Bekanntheit und Beliebtheit in der Tätigkeit als Fußballtrainer erfolge das Engagement als Testimonial und Markenbotschafter. Auch sei nicht die Prominenz der Person dafür entscheidend, ob jemand als Künstler anzusehen sei, sondern vielmehr, dass sich seine Werbetätigkeit maßgeblich als Annex zu der Haupttätigkeit als Trainer darstelle. Im Vordergrund stehe die vom Werbenden erhoffte Wechselwirkung zwischen der Prominenz und dem Produkt. Dieser Zweck könne durch den Einsatz eines Schauspielers nicht gleichwertig erreicht werden.

Schauspieler in Werbung bleiben Künstler
Würden dagegen bekannte Personen, die hauptberuflich Schauspieler sind, zu Werbezwecken eingesetzt, blieben sie Künstler. Zur Bestimmung des Begriffes als „Künstler“ sei darauf abzustellen, welche berufliche Tätigkeit die jeweilige Person ausübe. Eine Tätigkeit als Künstler sei dann gegeben, wenn hauptberuflich ein künstlerischer Beruf ausgeübt werde. Eine Teilbarkeit der Tätigkeit sei nicht möglich. In diesem Fall seien alle gezahlten Arbeitsentgelte in die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung einzubeziehen.

Hinweise zur Rechtslage
Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten
Künstlersozialversicherungsgesetz
§ 24
(1) 1Zur Künstlersozialabgabe ist ein Unternehmer verpflichtet, der eines der folgenden Unternehmen betreibt: 
1.    Buch-, Presse- und sonstige Verlage, Presseagenturen (einschließlich Bilderdienste),
2.    Theater (ausgenommen Filmtheater), Orchester, Chöre und vergleichbare Unternehmen; Voraussetzung ist, daß ihr Zweck überwiegend darauf gerichtet ist, künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten; Absatz 2 bleibt unberührt,
3.    Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen sowie sonstige Unternehmen, deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen; Absatz 2 bleibt unberührt,
4.    Rundfunk, Fernsehen,
5.    Herstellung von bespielten Bild- und Tonträgern (ausschließlich alleiniger Vervielfältigung),
6.    Galerien, Kunsthandel,
7.    Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte,
8.    Variete- und Zirkusunternehmen, Museen,
9.    Aus- und Fortbildungseinrichtungen für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten.

Zur Künstlersozialabgabe sind auch Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen.

(2) 1Zur Künstlersozialabgabe sind ferner Unternehmer verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen. 2Werden in einem Kalenderjahr nicht mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt, in denen künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen aufgeführt oder dargeboten werden, liegt eine nur gelegentliche Erteilung von Aufträgen im Sinne des Satzes 1 vor. 

§ 25
(1) 1Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind. 2Bemessungsgrundlage sind auch die Entgelte, die ein nicht abgabepflichtiger Dritter für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden.

Sozialgericht Darmstadt, Urteil vom 30.08.2021, Az.: S 8 R 316/17
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