L 3 AS 1320/19

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 10 AS 3567/15
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 1320/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Zu den möglichen Anspruchsgrundlagen bezüglich der Erteilung einer Zusicherung der Kostenübernahme für eine vollbiologische Kläranlage.

2. Um die Angemessenheit von Aufwendungen im Sinne von § 22 SGB II prüfen zu können, muss ein die aufzuwendenden Kosten konkretisiertes Angebot vorliegen. Dies gilt auch für die Übernahme von Aufwendungen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II oder § 22 Abs. 2 SGB II.

     
   
 

 

I.     Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 8. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.

II.    Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III.   Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

 

Die Klägerin wendet sich gegen einen Gerichtsbescheid, mit dem das Sozialgericht ihre Klage, gerichtet auf die Erteilung einer Zusicherung der Kostenübernahme für eine vollbiologische Kläranlage, abgewiesen hat.

 

Die 1970 geborene Klägerin ist Eigentümerin eines 1900 errichteten, ca. 130 m² großen Hauses mit einem Wohnflächenanteil von ca. 114 m². Dieses bewohnte sie unter anderem im Jahr 2014 zusammen mit ihrem 1966 geborenen Lebensgefährten und ihren 2000 und 2007 geborenen Söhnen. Die Familie bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Die letzten Bescheide betrafen nach den nicht bestrittenen Angaben des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2021 den Zeitraum von Januar bis Juni 2020. Die Abwasserentsorgung erfolgte mit einer wasserrechtlichen Erlaubnis über das Einleiten des ungeklärten Abwassers in einen Bach. Fäkalien wurden in eine Sammelgrube eingeleitet und in regelmäßigen Abständen entsorgt.

 

Der Abwasserzweckverband Z.... teilte der Klägerin mit Bescheid vom 18. April 2011 mit, dass das Grundstück mittel- und langfristig nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werde. Das Grundstück sei vom Abwasserbeseitigungsanschlusszwang befreit. Die Anpassung der Grundstücksentwässerung an die jeweiligen Rechtsvorschriften sowie die Herstellung, Änderung und Unterhaltung der Grundstücksentwässerungsanlagen entsprechend der Regelungen in der Abwassersatzung obliege dem Grundstückseigentümer. Mit Schreiben vom selben Tag wies er zudem darauf hin, dass nach den wasserrechtlichen Bestimmungen vorhandene Abwasseranlagen, die nicht dem Stand der Technik entsprächen, bis spätestens 31. Dezember 2015 an die maßgebenden Anforderungen anzupassen seien.

 

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 23. Juni 2014 die Kostenübernahme für die Errichtung einer Kleinkläranlage. Sie reichte drei Kostenvoranschläge ein, von denen sie eines (Angebot vom 27. Juni 2013, gültig für 3 Monate) als zu teuer und eines (Beton Kleinkläranlage; gültig bis 30. November 2013) wegen des besonderen Erfordernisses der Anfahrt als nicht geeignet ansah. Das dritte Angebot für eine Kunststoffanlage (gültig bis 30. November 2013) belief sich auf 4.194,75 EUR zuzüglich 672,35 EUR für einen Versickerungsschacht sowie 4.290,25 EUR für Erdarbeiten und Einbau, insgesamt 9.157,35 EUR. Die Klägerin sicherte zu, Fördermittel zu beantragen und nach Erhalt an das Jobcenter zu erstatten.

 

Das Landratsamt des Landkreises Y.... erteilte der Klägerin mit Bescheid vom 18. Dezember 2014 die wasserrechtliche Erlaubnis zum Einleiten von gereinigtem Abwasser in Gewässer. Die Erlaubnis gilt bis zum 31. Dezember 2034.

 

Mit Schreiben vom 29. Januar 2015 stellte die Klägerin nochmals einen Antrag auf Kostenübernahme. Die Angebote waren dieselben wie beim ersten Antrag.

 

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 9. April 2015 ab, weil kostengünstigere Alternativen, den gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwasserentsorgung zu genügen, bestünden, zum Beispiel mit der Errichtung einer abflusslosen Grube.

 

Unter dem Datum 4. Mai 2015 richtete der Abwasserzweckverband Z.... einen Gebührenbescheid für die Entleerung einer "abflusslosen Grube bzw. Kleinkläranlage" an die Klägerin.

 

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 15. April 2015 Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein. Die Errichtung einer abflusslosen Grube sei nicht kostengünstiger als die Errichtung einer biologischen Kleinkläranlage. Außerdem hätte der Beklagte die Kosten für die Entleerung der Grube zu übernehmen.

 

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2015 zurück. Nach den Fachlichen Weisungen bestehe kein Anspruch auf Kostenübernahme, wenn es eine kostengünstigere Alternative gebe. Zudem sei nach einer Entscheidung des Sozialgerichtes Chemnitz (Az. S 38 AS 7363/09) zunächst zu prüfen, ob Schonvermögen eingesetzt werden könne. Dies dürfe nach Aktenlage gegeben sein, weil die Klägerin über Schonvermögen in Höhe von 14.080,44 EUR verfüge.

 

Die Klägerin hat am 8. Juli 2015 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Mit Schriftsatz vom 25. November 2015 hat der Klägerbevollmächtigte eine Vollmacht unter Angabe des Aktenzeichens des Klageverfahrens vorgelegt.

 

Das Sozialgericht hat in einem Eilverfahren (Az. S 7 AS 5979/15 R) einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, wonach der Beklagte einen Betrag von 3.229,15 EUR zur Beschaffung einer konkret bezeichneten, abflusslosen Kleinkläranlage mit einem Fassungsvermögen von 10.000 Liter zahlen sollte. Die Klägerin sollte Fördermittel in maximalem Umfang beantragen und im Fall der Bewilligung an den Beklagten abtreten sowie nach deren Auszahlung an ihn weiterleiten. Die Klägerin hat den Vorschlag abgelehnt, weil Kosten für erforderliche Erdarbeiten in Höhe von ca. 6.000,00 EUR nicht berücksichtigt worden seien.

 

Auf Frage des Sozialgerichtes hat der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom 25. Juli 2018 mitgeteilt, dass das Abwasser derzeit ungeklärt in den Bach eingeleitet werde. Fäkalien würden in eine Sammelgrube eingeleitet und dort in regelmäßigen Abständen abgepumpt.

 

Auf die Aufforderung des Sozialgerichtes, zu den Kosten der begehrten Anlage im Vergleich zu den Kosten einer abflusslosen Sickergrube vorzutragen, hat der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom 12. September 2018 erklärt, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Mitwirkungshandlung verpflichtet sei, vorhandene Unterlagen vorzulegen und Angaben zu machen, nicht jedoch eigene Ermittlungen anzustellen. Zudem sei die Anforderung von Kostenvoranschlägen mittlerweile mit Kosten verbunden; die entsprechenden Unternehmen würden "ungemütlich", wenn nach Abgabe entsprechender Angebote keine Auftragserteilung erfolge.

 

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. Oktober 2019 abgewiesen. Die vorgelegten Angebote seien nicht mehr aktuell. Ob sich die begehrte Zusicherung auf eines dieser Angebote oder gar ein anderes bezogen habe, sei trotz rechtlicher Hinweise und Anforderungen des Gerichts unklar geblieben. Bezug nehmend auf den Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 25. Juli 2018 hat das Sozialgericht ausgeführt, dass möglicherweise ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten bestehen könnte, wenn bereits eine – von dem Beklagten auch als Alternative vorgeschlagene – abflusslose Sammelgrube angeschafft worden sei. Dies sei aber von der anwaltlich vertretenen Klägerin trotz eines entsprechenden richterlichen Hinweises nicht geltend gemacht worden.

 

Die Klägerin hat gegen den ihr am 9. Oktober 2019 zugestellten Gerichtsbescheid am 9. November 2019 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe offenbar den streitentscheidenden Sachverhalt überhaupt nicht richtig erfasst. Sie, die Klägerin, habe nicht vorgetragen, dass in der Zwischenzeit eine abflusslose Sammelgrube angeschafft worden sei. Vielmehr habe sie bereits in dem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 28. Februar 2015 dargelegt, weshalb die bisherige Sammelgrube nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen ab dem 1. Januar 2016 entspreche. Auch sei der Auffassung des Sozialgerichtes entgegenzutreten, dass es nur auf die einmaligen Anschaffungskosten ankomme. Die Kosten für eine Kläranlage würden sich auf 4.195,75 EUR belaufen, die für eine abflusslose Sammelgrube auf 3.784,99 EUR. Der Umstand, dass der geringe Unterschied zwischen den beiden Positionen bereits mit der ersten Leerung ausgeglichen sein dürfte, rechtfertige es, hier Folgekosten einzubeziehen. Angesichts der geringen Differenz würde kein vernünftig denkender Eigenheimbesitzer die Errichtung einer abflusslosen Sammelgrube in Betracht ziehen. Sie würde aber einem Vergleich dahingehend zustimmen, dass der Beklagte lediglich die Kosten einer abflusslosen Grube übernehme, wenn bei dem Vergleich die Einbauarbeiten berücksichtigt würden. Diese seien nämlich bei einer abflusslosen Grube deutlich höher als bei einer Kleinkläranlage.

 

Die Klägerin, die keinen Antrag formuliert hat, beantragt – unter Anlehnung an das in der Klageschrift beschriebene Rechtsschutzbegehren – sinngemäß,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 8. Oktober 2019 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 9. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2015 zu verpflichten, der Klägerin eine Zusicherung der Kostenübernahme für die Erneuerung der Kläranlage der Klägerin zu erteilen.

 

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Berufung sei unzulässig, weil der Klägerbevollmächtigte die Berufung in eigenem Namen eingelegt habe, jedoch nicht prozessführungsbefugt sei.

 

Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 28. Mai 2020 eine Vollmacht mit dem Betreff "Eilverfahren zum Ablehnungsbescheid v. 09.04.15" vorgelegt.

 

Die mündliche Verhandlung vom 11. November 2021 ist auf Antrag des Klägerbevollmächtigten vertagt worden.

 

Mit Beschluss vom 15. Dezember 2021 ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden.

 

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

I. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten verhandeln und entscheiden, weil sie hierauf in der Ladung hingewiesen worden sind (vgl. § 153 Abs. 1 i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

 

II. Die Berufung ist zulässig. Denn der Klägerbevollmächtigte hat die Berufung für die Klägerin und nicht in eigenem Namen eingelegt (1.). Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht zu Recht die Klage abgewiesen hat. Der Bescheid der Beklagten vom 9. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2015 ist im Ergebnis rechtmäßig, weil die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Zusicherung hat (2.).

 

1. Der Klägerbevollmächtigte hat die Berufung bei verständiger Würdigung der Berufungsschrift namens und in Vollmacht der Klägerin erhoben.

 

Zwar hat er dies so nicht formuliert. Er hat lediglich erklärt, dass "ich gegen den Gerichtsbescheid vom 08.010.2019 Berufung" einlege. Jedoch hat er im Betreff das Aktenzeichen des Klageverfahrens sowie die Beteiligtenbezeichnung "A., ./. JC" angegeben.

 

Zudem ist er zur Berufungseinlegung durch die im Klageverfahren vorgelegte Vollmacht ermächtigt. Nach § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG ist die (Prozess)Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Die Vollmachtserklärung darf keinen Zweifel daran lassen, wer bevollmächtigt ist, wer bevollmächtigt hat und wozu bevollmächtigt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 2016 – B 14 AS 180/15 BSozR 4-1500 § 73 Nr. 10 = juris, jeweils Rdnr. 6, m. w. N.; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [13. Aufl., 2020], § 73, Rdnr. 61, m. w. N.; Arndt, in: Fichte/Jüttner, SGG [3. Aufl., 2020], § 73 Rdnr. 48). Die im Klageverfahren vorgelegte Vollmacht ist von der Klägerin für den Klägerbevollmächtigten erteilt und gilt unter anderem auch für "das gerichtliche Verfahren in allen Instanzen". Daraus folgt, dass der Klägerbevollmächtigte die Berufung einlegen durfte. Die Frage, ob für diese Prozesshandlung die im Berufungsverfahren vorgelegte, auf ein Eilverfahren ausgestellte Vollmacht ausreichend gewesen wäre, bedarf deshalb keiner Erörterung.

 

2. Die Berufung ist – wie zuvor bereits die Klage – unter anderem deshalb unbegründet, weil die Klägerin keine aktuellen Angebote oder Kostenvoranschläge für die Errichtung der gewünschten vollbiologischen Kläranlage vorgelegt hat. Zudem hat die Klägerin inzwischen auch allein deshalb keinen Anspruch auf die Zusicherung mehr, weil sie nicht ihre Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 SGB II dargelegt und nachgewiesen hat.

 

a) Die Klägerin begehrt – wie sich bereits aus der Klageschrift ergibt – mit dem Gerichtsverfahren, den Beklagten nicht zur Zahlung eines bestimmten Betrages zu verurteilen, sondern zur Erteilung einer Zusicherung der Kostenübernahme für eine vollbiologische Kläranlage zu verpflichten. Die begehrte Zusicherung ist ein Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) (so zur Zusicherung der Übernahme der Maklergebühr: BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 – B 4 AS 28/09 R – info also 2010, 186 = FEVS 62, 6 ff. = juris Rdnr. 24, m. w. N.; zur Zusicherung zum Umzug z. B. BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 37/13 RFEVS 66, 348 f. = juris Rdnr. 11, m. w. N.). Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Verpflichtungsklage regelmäßig der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. die Nachweise bei Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [13. Aufl., 2020], § 54 Rdnr. 34).

 

b) Als Anspruchsgrundlagen kommen § 22 Abs. 2 SGB II (so LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Mai 2014 – L 2 AS 172/14 B ER – juris Rdnr. 34 [Herstellung einer Abwassersammelanlage]) und § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (so SG Chemnitz, 27. April 2017 – S 10 AS 5373/14 – juris Rdnr. 19 ff. [Kosten für die Anpassung einer teilbiologischen Kleinkläranlage an die wasserrechtlichen Regelungen entsprechend der gesetzlichen Vorschriften]) in Betracht.

 

Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II werden als Bedarf für die Unterkunft auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Wenn unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1 übersteigen, kann nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll.

 

Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 19. März 2008 unter Bezugnahme auf zivilgerichtliche Rechtsprechung ausgeführt, dass Instandhaltung die Erhaltung des vertrags- und ordnungsgemäßen Zustandes der Mietsache bedeutet, das heißt die Beseitigung der durch Abnutzung, Alter und Witterungseinwirkungen entstehenden baulichen und sonstigen Mängel. Schönheitsreparaturen sind Maßnahmen zur Beseitigung von Mängeln, die durch vertragsgemäßen Gebrauch entstanden sind. Sonstige Reparaturen sind solche, die auf anderen Ursachen beruhen oder anderen Zwecken dienen (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 2008 – B 11b AS 31/06 RSozR 4-4200 § 22 Nr. 10 = FEVS 60, 268 ff. = juris Rdnr. 19, m. w. N.).

 

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Bei einem selbst genutzten Eigenheim zählen zu den Kosten der Unterkunft die Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte als mit dem Eigentum tatsächlich und unmittelbar verbundene Lasten zu tragen hat (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 61/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 44 = juris, Rdnr. 14 f.). Dies sind neben den zur Finanzierung geleisteten Schuldzinsen auch die Nebenkosten, wie zum Beispiel Beiträge zur Wohngebäudeversicherung, Grundsteuern, Wasser- und Abwassergebühren und ähnliche Aufwendungen im jeweils maßgebenden Bewilligungszeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011, a. a. O., Rdnr. 14). Als Aufwendungen in diesem Sinne sind unter anderem Kanalanschlusskosten für ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011, a. a. O., Rdnr. 15) und Straßenausbaubeiträge (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. März 2011 – L 5 AS 181/07 – juris Rdnr. 39; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 10. Januar 2019 – L 8 AS 247/18 B ER – FEVS 71, 36 ff. = juris Rdnr. 25) anerkannt worden.

 

Vorliegend kann dahingestellt bleiben, welche der beiden Anspruchsgrundlagen maßgebend ist, wenn bei einem selbst genutzten Wohneigentum auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften keine Abgaben oder sonstige Zahlungen zu leisten, sondern bauliche Maßnahmen am Haus oder auf dem Grundstück vorzunehmen sind. Denn die Klägerin erfüllt für beide Anspruchsgrundlagen nicht die Anspruchsvoraussetzungen.

 

c) Um die Angemessenheit von Aufwendungen im Sinne von § 22 SGB II prüfen zu können, muss ein die aufzuwendenden Kosten konkretisiertes Angebot vorliegen (so zum Wohnungsangebot im Falle einer begehrten Zusicherung zum Umzug: BSG, Urteil vom 22. November 2011 – B 4 AS 219/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 57 = juris Rdnr. 14, m. w. N.; ebenso zur Zusicherung für die Übernahme von Umzugskosten und Mietkaution: Sächs. LSG, Urteil vom 20. März 2021 – L 7 AS 439/21 B ER – juris Rdnr. 23, m. w. N.). Nichts anderes gilt für die Übernahme von Aufwendungen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II oder § 22 Abs. 2 SGB II.

 

Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 23. Juni 2014 die Kostenübernahme für die Errichtung einer Kleinkläranlage beantragt. Sie reichte drei Kostenvoranschläge oder Angebote ein: eines vom 27. Juni 2013 mit einer Geltungsdauer für 3 Monate, ein zweites (Beton Kleinkläranlage) mit einer Geltungsdauer bis zum 30. November 2013 und ein drittes (Kunststoffanlage) mit einer Geltungsdauer ebenfalls bis zum 30. November 2013 Im Klageverfahren legte sie zwei weitere Angebote vor. Das eine vom 19. Juni 2013 in Höhe von 4.194,75 EUR brutto sollte bis zum 30. November 2013 gültig sein, das zweite vom 18. Juni 2014 in Höhe von 4.290,25 EUR brutto hatte kein "Gültigkeitsdatum".

 

Sämtliche Angebote waren schon zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung – und davor bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 8. Juli 2015 – nicht mehr aktuell. Wegen fehlender aktueller, gültiger Angebote oder Kostenvoranschläge ist der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung zur Kostenübernahme im Berufungsverfahren – und war es im Klageverfahren – nicht bewilligungsfähig.

 

d) Hinzu kommt nunmehr, dass nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung am 11. November 2021 die 1970 geborene Klägerin jedenfalls seit Mitte 2020 keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II mehr bezieht. Dies deutet darauf hin, dass sie nicht mehr hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 SGB II ist. Trotz Kenntnis der Angaben des Beklagten hat die Klägerseite nichts in Bezug auf eine fortbestehende Hilfebedürftigkeit der Klägerin im Sinne der genannten Regelungen vorgetragen und nachgewiesen. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin keine erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II mehr ist und somit keine Leistungen nach dem SGB II mehr erhalten kann.

 

III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

 

IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

 

 

Rechtskraft
Aus
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