S 46 SO 304/17

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 46 SO 304/17
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Eine besondere Härte nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII kann vorliegen, wenn der Nachlass im Wesentlichen aus dem hälftigen Miteigentum an der gemeinsamen Eigentumswohnung besteht, die der überlebende Ehegatte und Erbe weiter bewohnt und auch für diesen Schonvermögen nach § 90 Abs. 3 Nr. 8 SGB XII wäre. Es sind aber auch in dieser Situation die weiteren Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Eine Stundung der Forderung kann zusammen mit dem Bescheid zum Kostenersatz erfolgen. Eine Stundung, etwa auf Lebzeiten des Erben, kann Einfluss auf das Bestehen einer besonderen Härte haben. Zur Klage eines Sozialhilfeträgers gegen einen Widerspruchsbescheid, der den Ausgangsbescheid aufhebt.

 

 

I. Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2017
wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 4.411,05 Euro festgesetzt.


T a t b e s t a n d :

Der Kläger, ein überörtlicher Träger der Sozialhilfe, wendet sich gegen einen Widerspruchsbescheid, der seinen Kostenersatzbescheid nach § 102 SGB XII gegen den Ehemann der verstorbenen Leistungsempfängerin aufgehoben hat.

Der Kläger erbrachte ab 01.12.2015 an die 1935 geborene Frau A2. (künftig Ehefrau) Leistungen der Sozialhilfe im Rahmen deren stationären Aufenthalts in einem Pflegeheim. Die Ehefrau wohnte zuvor mit ihrem Ehemann in einer Eigentumswohnung in Germering. Es handelt sich um eine Zweizimmerwohnung mit 56 qm Wohnfläche, die je hälftig im Eigentum der Ehefrau und des 1932 geborenen Ehemanns stand. Die Ehefrau erzielte eine Altersrente von monatlich 159,- Euro, der Ehemann eine Altersrente von monatlich 651,65 Euro. Mit Bescheid vom 21.01.2016 lehnte der Kläger Leistungen für die Zeit von 20.07.2015 bis einschließlich November 2015 wegen vorhandener Eigenmittel des Ehepaars ab. Ab 01.12.2015 bewilligte der Kläger der Ehefrau Grundsicherungsleistungen nach § 41 SGB XII in Höhe von monatlich 778,35 Euro, Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen in Form eines Barbetrags in Höhe von monatlich 107,73 Euro bzw. 109,08 Euro, Bekleidungsbeihilfe und, nach Abzug der Leistung der Pflegeversicherung, Hilfe zur Pflege in Höhe von monatlich 1315,09 Euro.

Die Ehefrau verstarb am 09.03.2016. Sie wurde von ihrem Ehemann als Alleinerbe beerbt.

Der Ehemann beantragte die Übernahme der von Bestattungskosten von insgesamt 2.509,- Euro. Dabei gab er an, neben der Eigentumswohnung über Geldvermögen in Höhe von insgesamt 1759,- Euro zu verfügen. Dies lehnte der Kläger mit Bescheid vom 11.07.2016 ab, weil der Kläger eine halbe Eigentumswohnung geerbt habe.

Nach Anhörung zur beabsichtigten Verpflichtung zum Kostenersatz als Erbe teilte der Bevollmächtigte des Ehemanns mit, dass der Ehemann die kleine Eigentumswohnung selber bewohne und insgesamt über ein Einkommen von weniger als 800,- Euro monatlich verfüge. Mit Bescheid vom 11.07.2016 verpflichtete der Kläger den Ehemann, 4.411,05 Euro an Leistungen der Sozialhilfe zu ersetzen. Die Verpflichtung beruhe auf § 102 SGB XII. Die Sozialhilfeaufwendungen für die Ehefrau hätten 6.835,05 Euro betragen. Abzüglich des Freibetrags von 2424,- Euro ergebe sich ein Betrag von 4.411,05 Euro, den der Ehemann als Erbe der Leistungsempfängerin zu ersetzen habe. Zum Nachlass gehöre unter anderem der hälftige Anteil an der Eigentumswohnung in Germering.

Der Ehemann legte dagegen über seinen Rechtsanwalt Widerspruch ein. Laut einem internen Aktenvermerk sollten daraufhin die Bestattungskosten übernommen werden, über eine Stundung der Ersatzforderung sollte erst entschieden werden, wenn die Forderung bestandskräftig geworden sei.

Der Ehemann verstarb am 29.11.2016.

Der Kläger gab das Widerspruchsverfahren an die Widerspruchsbehörde ab mit dem Antrag, den Widerspruch abzuweisen. Die Widerspruchsbehörde teilte dem Kläger daraufhin mit, dass der Kostenersatz im vorliegenden Fall eine besondere Härte gemäß § 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII darstelle, weil die hälftig ererbte Eigentumswohnung geringer Größe für jeden Ehepartner als Schonvermögen geschützt gewesen sei. Der Kläger werde deshalb gebeten, die Ausgangsentscheidung zurückzunehmen und dem Widerspruch abzuhelfen. Der Kläger lehnte eine Abhilfe ab. Es handle sich um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Ein atypischer Fall liege nicht vor. Es komme regelmäßig vor, dass ein überlebender Ehegatte zum Kostenersatz herangezogen werde, weil er einen Miteigentumsanteil einer Immobilie geerbt hatte.

Die Regierung von Oberbayern hob daraufhin den Bescheid vom 11.07.2016 mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2017 auf. Es liege eine besondere Härte gemäß § 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII vor. Entsprechend der Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts (Urteil vom 23.02.2012, L 8 SO 113/09, Rn. 63) sei eine besondere Härte zu bejahen, wenn der Vermögensgegenstand vor dem Erbfall im Miteigentum des Leistungsberechtigten und des Erben stand und für beide gleichermaßen als Schonvermögen geschützt war. Die geringe Größe der Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von unter 60 qm sei bis 2015 von beiden Ehegatten bewohnt worden und auch für den Erben allein sozialhilferechtlich angemessen und Schonvermögen. Dies sei eine atypische Fallgestaltung, die über die häufig anzutreffende Konstellation des ererbten Miteigentums hinausgehe.

Der Kläger hat am 28.06.2017 Klage zum Sozialgericht München erhoben mit dem Ziel der Aufhebung des Widerspruchsbescheids. Im vom Beklagten genannten Urteil des Bay LSG sei es nicht auf die vorliegende Konstellation angekommen, weil im dortigen Fall das Haus ohnehin zu groß gewesen sei. Ein hälftiger Immobilienbesitz sei ein typischer Fall. Die Regelung zum Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII (angemessenes Hausgrundstück) sei nicht direkt anzuwenden, sondern nur ein Kriterium im Rahmen der Härtefallprüfung. Neben dem theoretischen Vermögenschutz nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII müssten weitere Umstände hinzutreten, damit im konkreten Einzelfall eine besondere Härte bestehe.

Das Sozialgericht hat die fünf Erben des Ehemanns notwendig beigeladenen.

Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2017 zu verurteilen, den Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.07.2016 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Sie ist aber unbegründet, weil der Bescheid zum Kostenersatz rechtswidrig ist und daher der strittige Widerspruchsbescheid zu Recht ergangen ist.

1. Streitgegenstand ist der Widerspruchsbescheid vom 30.05.2017. Der Kläger begehrt dessen Aufhebung zur Wiederherstellung des Bescheids zum Kostenersatz vom 11.07.2016 und zugleich, zum Abschluss des dann wieder offenen Widerspruchverfahrens, die Verpflichtung des Beklagten einen neuen Widerspruchsbescheid zu erlassen, der den Widerspruch zurückweist. Statthaft ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Der Kläger ist klagebefugt gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Der Kläger ist eine eigenständige Gebietskörperschaft mit Selbstverwaltungsbefugnis (Art. 1 Bezirksordnung des Freistaates Bayern). Er nimmt die Aufgaben der Sozialhilfe nach SGB XII als überörtlicher Träger der Sozialhilfe im eigenen Wirkungskreis wahr gemäß Art. 81 Abs. 1 Bayerisches Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze - AGSG in der bis 16.01.2018 geltenden Fassung [Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AGSG aktueller Fassung]. Der Kläger kann daher geltend machen, durch die Aufhebung seines Kostenersatzbescheids nach § 102 SGB XII in eigenen Rechten, konkret in seinem kommunalen Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG nund Art. 10 Abs. 1 und 2 Bayerische Verfassung, verletzt zu sein (vgl. Bay LSG, Urteil vom 21.09.2006, L 11 SO 28/06, Rn. 35). Aus dieser möglichen Rechtsverletzung ergibt sich auch, dass der Widerspruchsbescheid ausnahmsweise entsprechend § 79 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wegen einer zusätzlichen selbständigen Beschwer alleiniger Klagegegenstand sein kann (zur entsprechenden Anwendbarkeit von § 79 VwGO im sozialgerichtlichen Verfahren vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Auflage 2020, § 95 Rn. 3).

Ein neues Vorverfahren vor Erhebung der Anfechtungsklage ist nicht erforderlich, weil der Widerspruchsbescheid eine selbständige Beschwer enthält (B. Schmidt, a.a.O. § 78 Rn. 8). Es wäre auch nicht sinnvoll, die Widerspruchsbehörde nach einem zurückgewiesenen Abhilfeverfahren und dem Widerspruchsbescheid mit der nochmaligen Überprüfung der eigenen Entscheidungen zu beauftragen.

Durch den Tod des Erben der Leistungsempfängerin hat sich der Kostenersatzbescheid nicht auf andere Weise nach § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war nicht ein höchstpersönlicher Anspruch, sondern ein Geldanspruch. Die Forderung von Kostenersatz gemäß § 102 SGB XII ist zusammen mit dem weiteren Nachlass Bestandteil der Erbschaft des Ehemanns der Leistungsempfängerin geworden und besteht nach dem Tod des Ehemanns im Nachlass des Ehemanns fort. Die Forderung richtet sich nun gegen die Erben des Ehemanns, die deshalb notwendig beizuladen waren.

2. Die Widerspruchsbehörde bei der Regierung von Oberbayern ist als Behörde nicht beteiligtenfähig, weil es dafür keine landesrechtliche Bestimmung gibt, § 70 Nr. 3 SGG. Der beklagte Freistaat Bayern ist als Rechtsträger der Widerspruchsbehörde der richtige Beklagte.

3. Die Klage ist unbegründet, weil der Widerspruchsbescheid rechtmäßig ist. Es besteht kein Anspruch auf Kostenersatz gegen den Ehemann der Leistungsempfängerin.

a) Der Widerspruchsbescheid ist formell rechtmäßig ergangen. Die Regierung von Oberbayern war gemäß § 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGG i.V.m. Art. 82 Abs. 2 Satz 2, Art. 80 Abs. 2 Satz 2 AGSG in der bis 16.01.2018 geltenden Fassung [Art. 80 Abs. 3 AGSG aktueller Fassung] die zuständige Widerspruchsbehörde. Durch die Rückgabe des Vorverfahrens zur Abhilfeprüfung wurde dem Kläger rechtliches Gehör gewährt. Eine Beteiligung sozial erfahrener Dritter beim Erlass eines Widerspruchsbescheids nach § 116 Abs. 2 SGB XII ist in Bayern gemäß Art. 93 AGSG in der bis 16.01.2018 geltenden Fassung [Art. 90 AGSG aktueller Fassung] generell nicht vorgesehen und auch von dem Regelungsgegenstand her nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 23.08.2013, B 8 SO 7/12 R, Rn. 11).

Durch den Tod des Ehemanns im Widerspruchsverfahren ist im Ergebnis auch keine Unterbrechung eingetreten. In einem Verwaltungsverfahren erfolgt keine Unterbrechung (BSG, Urteil vom 21.09.2017, B 8 SO 4/16 R, Rn. 17). Das Widerspruchsverfahren wird dagegen durch den Tod des Widerspruchsführers entsprechend § 239 ZPO unterbrochen; fand jedoch eine Vertretung durch einen Bevollmächtigten statt, tritt eine Unterbrechung nicht ein (BSG, Urteil vom 13.07.2010, B 8 SO 11/09 R, Rn. 12). Hier war der Ehemann der Leistungsempfängerin im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten. Deshalb war das Widerspruchsverfahren nicht zu unterbrechen.

b) Der Widerspruchsbescheid ist auch materiell rechtmäßig. Der Anspruch auf Kostenersatz war gemäß § 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII nicht geltend zu machen, weil die Inanspruchnahme des Erben nach den Besonderheiten des Einzelfalls eine besondere Härte bedeutet hätte.

Eine derartige besondere Härte liegt vor, soweit ein auffallend atypischer Sachverhalt vorliegt, der es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als unbillig erscheinen lässt, den Erben für den Ersatz der Kosten der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Die Härte muss besonders gewichtig sein, also objektiv besonders schwer wiegen. Gründe in der Person des Erben können ebenso maßgebend sein wie Gesichtspunkte wirtschaftlicher Art (BSG, Urteil vom 27.02.2019, B 8 SO 15/17 R, Rn. 23).

Nicht ausreichend wäre, dass das geerbte Vermögen zu Lebzeiten des Leistungsempfängers dessen Schonvermögen war, insbesondere in Form eines selbstgenutzten angemessenen Hausgrundstücks nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. § 90 SGB XII begründet Schonvermögen für den Leistungsempfänger, kein "postmortales Schonvermögen" für den Erben (BSG a.a.O., Rn. 20).

Angesichts des Katalogs in § 90 Abs. 2 SGB XII ist ein angemessenes Hausgrundstück regelmäßig der wertvollste Vermögensgegenstand, der auf den Erben übergehen kann (BSG, Urteil vom 27.02.2019, B 8 SO 15/17 R, Rn. 20) und es kommt auch häufiger vor, dass das hälftige Miteigentum an einer von Ehegatten bewohnten Wohnung nach dem Erbfall auf den überlebenden Ehegatten übergeht (Bay LSG, Urteil vom 23.02.2012, L 8 SO 113/09, Rn. 61). Das bedeutet aber keineswegs, dass dieser Gesichtspunkt bei der Berücksichtigung der Gesamtumstände keine oder eine nur untergeordnete Rolle spielen würde. Es ist vielmehr zu prüfen, ob und inwieweit im konkreten Fall der Kostenersatz eine besondere Härte wäre.

Insbesondere in dem Fall, dass der Nachlass für den Erben selbst Schonvermögen wäre, kann ein atypischer Lebenssachverhalt im Sinn einer besonderen Härte vorliegen, (BSG, Urteil vom 27.02.2019, B 8 SO 15/17 R, Rn. 23 und BSG, Urteil vom 23.03.2010, B 8 SO 2/09 R, Rn. 28). Diese Situation ist hier gegeben, weil die kleine Eigentumswohnung von 56 qm Wohnfläche vor dem Erbfall für das Ehepaar und nach dem Erbfall für den Ehemann allein Schonvermögen gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII wäre. In einem solchen Fall liegt eine besondere Härte im Sinn von § 102 Abs. 3Nr. 3 SGB XII nahe.

Weil es um die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geht, sind auch die weiteren Umstände in den Blick zu nehmen. Der Erbe verfügte neben der kleinen Eigentumswohnung nur über ein geringes Barvermögen von 1759,- Euro und damit über weniger als der Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII. Der Ehemann war nicht einmal in der Lage, die Bestattungskosten für seine Ehefrau zu tragen. Der Ehemann verfügte auch nicht über Einkommen, aus dem er die Kostenerstattung in überschaubarer Zeit hätte abzahlen können. Der Ehemann konnte mit seinem Renteneinkommen allenfalls knapp seinen eigenen existentiellen Lebensbedarf decken. Deshalb war auch eine Beleihung der Eigentumswohnung zur Bezahlung der Ersatzforderung angesichts der fehlenden Kapitaldienstfähigkeit des Ehemanns tatsächlich nicht möglich. In der Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls hätte der Ehemann die kleine Eigentumswohnung, in der er wohnte, veräußern müssen, um die Kostenerstattung zu bezahlen. An einem besonderen Härtefall bestehen für das Gericht keine Zweifel.

Eine Stundung der Forderung von Kostenersatz, sprich ein Zahlungsaufschub, ist nicht erfolgt. Mit einer Stundung etwa auf Lebzeiten des Ehemanns hätte einem Verlust des Lebensmittelpunktes des Erben vorgebeugt werden können. Damit hätte eine Stundung Einfluss auf das Bestehen einer besonderen Härte haben können. Nach dem Urteil des BSG vom 25.04.2018, B 4 AS 29/17 R, Rn. 32, ist sogar ein Erlass einer Forderung vor deren Bestandskraft möglich. Dann ist auch eine Entscheidung über eine Stundung zugleich mit dem Bescheid zur Kostenerstattung möglich (Becker, SGb 2018, S 129 ff (136), Veränderung von Ansprüchen durch Stundung, Niederschlagung und Erlass). Haushaltsrechtliche Vorschriften sollten dem nicht entgegenstehen, weil sie eine Stundung regelmäßig vom Bestehen eines Härtefalles abhängig machen und im vorliegenden Fall auch eine dingliche Sicherung des Anspruchs durch ein Grundpfandrecht möglich ist (vgl. Art. 59 Abs. 1 Nr. 1 Bayerische Haushaltsordnung - BayHO, wonach Ansprüche nur gestundet werden dürfen, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für den Schuldner verbunden wäre und die Erfüllung des Anspruchs durch die Stundung nicht gefährdet wird).

Weil die Inanspruchnahme des Erben der Leistungsempfängerin auch nicht teilweise ohne eine besondere Härte (§ 102 Abs. 2 Nr. 3. SGB XII "soweit") möglich war, war der Kostenersatzbescheid vom 11.07.2016 rechtwidrig. Er wurde zu Recht durch den strittigen Widerspruchsbescheid aufgehoben. Aus diesem Grund kann dahinstehen, dass der Kläger in den Kostenersatz auch die Zahlung der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung einstellte, was nach § 102 Abs. 5 SGB XII nicht möglich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts in Höhe der strittigen Geldleistung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

 

 

Rechtskraft
Aus
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