L 6 AS 538/22 B ER, L 6 AS 539/22 B und L 6 SF 123/22 AB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 53 AS 483/22 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 538/22 B ER, L 6 AS 539/22 B und L 6 SF 123/22 AB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Das Gesuch der Antragsteller, den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht H wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 10.03.2022 werden zurückgewiesen.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe:

I. Der Senat kann ungeachtet des (in der Beschwerdeschrift vom 11.04.2022 u.a.) gegen den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht H angebrachten Befangenheitsgesuches in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung über die Beschwerde entscheiden, weil es unzulässig ist.

Nach § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Entscheidend ist, ob ein Grund vorliegt, der den Antragsteller von seinem Standpunkt aus nach objektiven Maßstäben befürchten lassen darf, der von ihm abgelehnte Richter werde nicht unparteilich entscheiden. Allein die subjektive Überzeugung oder Besorgnis des Antragstellers, der Richter sei befangen, berechtigt nicht zur Ablehnung (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschlüsse vom 12.07.1986, 1 BvR 713/83, 1 BvR 1190/84 und 1 BvR 497/85; dass., Beschluss vom 05.04.1990, 2 BvR 413/88; dass., Beschluss vom 02.12.1992, 2 BvF 2/90 und 5/92; Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 01.03.1993, B 12 RK 45/92; Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.07.2011, L 11 SF 157/11 AB).

Ein Ablehnungsgesuch ist jedoch schon unzulässig, wenn dessen Begründung völlig ungeeignet ist, zum Beispiel wenn keinerlei substantiierte Tatsachen vorgetragen werden oder nur Tatsachen, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt begründen lassen, oder wenn pauschal, ohne konkrete Anhaltspunkte vorzubringen, alle Mitglieder eines Spruchkörpers abgelehnt werden; unzulässig ist das Ablehnungsgesuch im Übrigen, wenn es rechtsmissbräuchlich gestellt ist (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Auflage 2020, § 60 Rn. 10b). Eine völlige Ungeeignetheit eines Ablehnungsgesuchs ist nur anzunehmen, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist. In diesen Fällen verstößt die (Mit-)Entscheidung des abgelehnten Richters selbst nicht gegen das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz), weil die Prüfung keine Beurteilung des eigenen Verhaltens des abgelehnten Richters voraussetzt und deshalb keine Entscheidung in eigener Sache ist.

So liegt der Fall hier. Denn die Antragsteller haben mit dem genannten Schriftsatz lediglich ihre (nicht näher bezeichneten) „Ablehnungsgesuche gegen die in dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht NRW als Richter, Urkundsbeamten, Verwaltungsbeamten usw. installierten eurochristlichen CDUCSUSPDFDPB90G-Verbrecher […] H […]“ aufrecht erhalten, ohne hierzu auch nur den Ansatz einer inhaltlichen Begründung zu liefern.

II. Die nach §§ 172, 173 SGG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsteller im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist unbegründet.

Der Senat verweist nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts (SG) und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Hinzuzufügen ist lediglich Folgendes:

Soweit die Antragsteller die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes für Leistungen bereits vor Anbringung des Eilantrages beim SG – also für die Zeit von Oktober 2017 bis Februar 2022 – beanspruchen, dürfte diesem Begehren bereits die Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidungen des SG und des LSG Nordrhein-Westfalen entgegenstehen, soweit diese sich mit diesem Gegenstand befassen. Denn die Antragsteller haben keine Änderung geschweige denn eine Verschlimmerung ihrer Lage geltend gemacht (vgl. zur Rechtskraft von Beschlüssen im einstweiligen Rechtschutz etwa LSG Bayern, Beschluss vom 18.06.2009, L 8 SO 68/09 B ER Rn. 14 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.03.2014, L 19 AS 183/14 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.12.2020, L 20 SO 321/20 B ER Rn. 31; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rn. 19a m.w.N.)

Für den Zeitraum ab März 2022 fehlt es für den Eilantrag bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis. Denn es ist nicht erkennbar, dass sich der Antragsgegner einem Leistungsbegehren der Antragsteller verschließen würde, wenn diese nach ihrer Abmeldung „nach unbekannt“ (seit Oktober 2018) ihren aktuellen Aufenthalt sowie ihre Einkommens- und Vermögenssituation schildern und durch geeignete Unterlagen belegen würden (vgl. dazu bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.03.2022, L 7 AS 260/22 B ER – mit gleichem Rubrum).

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es hier auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes fehlt, weil wegen der Unklarheit über den tatsächlichen Aufenthalt der Antragsteller – der Schriftwechsel mit ihnen ist seit längerer Zeit nur über eine c/o-Adresse außerhalb des örtlichen Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners möglich – Zweifel bestehen, ob sie etwaige Leistungen des Antragsgegners überhaupt erreichen (auch hierzu bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.03.2022, L 7 AS 260/22 B ER).

III. Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG hinsichtlich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ist zwar ebenfalls zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren mangels hinreichender Erfolgsaussichten (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO) unter Berücksichtigung der Ausführungen unter II. zu Recht abgelehnt.

IV. Mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung war auch für das Beschwerdeverfahren den Anträgen auf Prozesskostenhilfe nicht zu entsprechen.

V. Die Kostenentscheidung folgt mit Blick auf die Kosten für das Eilverfahren aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und mit Blick auf die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

VI. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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