L 6 AS 336/22 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 20 AS 327/22 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 336/22 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Zur Auslegung von § 6 UnbilligkeitsV

I.    Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 30. Juni 2022 wird zurückgewiesen.

II.    Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren Kosten nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutz dagegen, dass die Antragsgegnerin ihn auf der Grundlage von § 5 Abs. 3 Satz 1, § 12a Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) aufgefordert hat, eine vorgezogene Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu beantragen, und einen entsprechenden Antrag mittlerweile im Wege des Selbsteintritts für ihn gestellt hat.

Der 1959 geborene, alleinstehende Antragsteller erhält seit mehreren Jahren von der Antragsgegnerin laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch. Vor der Einleitung des hiesigen Verfahrens gewährte sie ihm durch Bescheid vom 3. Dezember 2020 Leistungen für die Zeit von Januar 2021 bis Dezember 2021 in Höhe von 866,- Euro monatlich; zuletzt bewilligte sie ihm mit Bescheid vom 22. November 2021 Leistungen in Höhe von 869,- Euro monatlich für die Zeit vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022.

Nach entsprechender Aufforderung der Antragsgegnerin legte der Antragsteller eine Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Hessen vor. Nach der ihm unter dem 5. November 2021 erteilten Auskunft würde ihm Regelaltersrente ab dem 1. August 2025 gezahlt werden und diese – bei Berücksichtigung nur der bisher gespeicherten rentenrechtlichen Zeiten – monatlich 496,57 Euro brutto betragen. Die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente für langjährig Versicherte sei ab 1. Juni 2022 möglich und hätte eine Rentenminderung von 11,4 Prozent zur Folge. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 6 ff. der von der Antragsgegnerin elektronisch übermittelten Leistungsakte, Akte 02 – im Folgenden: LA – Bezug genommen.

Daraufhin forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller – nach entsprechender Anhörung durch Schreiben vom 12. November 2021 (LA Bl. 33 f.) – mit Bescheid vom 3. Dezember 2021 auf, bis zum 31. März 2022 Altersrente zu beantragen (LA Bl. 38 ff.). Der Antragsteller legte am 7. Januar 2022 Widerspruch ein, da die Aufforderung zur vorzeitigen Inanspruchnahme unbillig sei, weil er auf diese Weise von einer Rückkehr in den sozialversicherungspflichtigen Arbeitsmarkt und der Zahlung weiterer Beiträge „in die Rentenkasse“ ausgeschlossen werde. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 48 Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2022 zurück. Auf LA Bl. 51 ff. wird verwiesen. Anschließend stellte sie am 23. Mai 2022 bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen einen Antrag auf vorgezogene Altersrente für den Antragsteller (LA Bl. 64 f.).

Der Antragsteller hat mit Eingang am 13. Juni 2022 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben, die dort unter dem Aktenzeichen S 20 AS 328/22 geführt wird, und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht, wobei er beantragt hat, die Antragsgegnerin zu „verpflichten, vorläufig keinen Rentenantrag für mich zu stellen“. Die ihm auferlegte „Zwangsverrentung“ führe zu Altersarmut.

Das Sozialgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 30. Juni 2022 abgelehnt. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, gemäß § 39 Nr. 2 SGB II hätten Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert werde, keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht könne in diesem Fall auf Antrag gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die aufschiebende Wirkung anordnen.

Nach der in diesem Rahmen gebotenen Prüfung ordne das Gericht die aufschiebende Wirkung an, wenn der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt sei; demgegenüber werde die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet, wenn die Klage aussichtslos sei. Seien die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, sei eine allgemeine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei die Aussichten des Hauptsacheverfahrens mitberücksichtigt werden könnten. Es gelte der Grundsatz: Je größer die Erfolgsaussichten seien, umso geringer seien die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Umkehrt seien die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirke. Gegenüberzustellen seien die Folgen, die einträten, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, die Klage aber später Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rn. 12f). Bei der Interessenabwägung sei in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG zudem zu berücksichtigen, dass aufgrund der vom Gesetzgeber in diesen Fällen grundsätzlich angeordneten sofortigen Vollziehung ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Vollziehungsinteresses gegenüber dem Aufschubinteresse des Antragstellers abzuleiten sei (Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 12f). 

Die genannten Voraussetzungen für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung seien hier nicht erfüllt. Die Aufforderung an den Antragsteller, vorzeitig Altersrente zu beantragen, sei rechtmäßig erfolgt. Rechtsgrundlage für die Aufforderung sei § 12a in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Der Antragsteller könne mit Vollendung seines 63. Lebensjahres am XX.XX 2022 eine vorzeitige Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 236 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) in Anspruch nehmen und hierdurch seine Hilfebedürftigkeit vermindern. Die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente gehöre grundsätzlich zu den vorrangigen Leistungen – trotz der mit ihr verbundenen dauerhaften Rentenabschläge für jeden Kalendermonat einer vorzeitigen Inanspruchnahme (BSG, Urteil vom 9. August 2018 – B 14 AS 1/18 R –, juris, Rn. 14). Der Antragsteller sei auch nicht nach § 1 der Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente (Unbilligkeitsverordnung – UnbilligkeitsV – vom 14. April 2008, BGBl. I 734, in der Fassung der Änderung vom 4. Oktober 2016, BGBl. I 2210) von seiner Verpflichtung zur Rentenantragstellung befreit. Die auf die Verordnungsermächtigung des § 13 Abs. 2 SGB II gestützte Unbilligkeitsverordnung regele abschließend die Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen Leistungsberechtigte zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente nicht verpflichtet seien (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 1/15 R –, juris, Rn. 23 f.; BSG, Urteil vom 9. August 2018 – B 14 AS 1/18 R –, juris, Rn. 17). Die Tatbestände der § 2 bis § 6 UnbilligkeitsV seien hier nicht erfüllt. Weder führe die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente zum Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (§ 2 UnbilligkeitsV) noch sei die Beantragung der vorgezogenen Altersrente deshalb unbillig, weil der Antragsteller in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen könne (§ 3 UnbilligkeitsV). Ein Zeitraum – wie hier – von mehr als drei Jahren zwischen dem Beginn der vorzeitigen bis zur abschlagsfreien Inanspruchnahme sei nicht als „in nächster Nähe“ beziehungsweise „alsbald“ bevorstehende abschlagsfreie Altersrente anzusehen. Davon werde bei einem Zeitraum von bis zu vier Monaten ausgegangen, der hier weit überschritten werde (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 12/20 R –, juris, Rn. 21). Schließlich sei der Antragsteller weder sozialversicherungspflichtig beschäftigt noch erziele er aus einer sonstigen Erwerbstätigkeit ein entsprechend hohes Einkommen (§ 4 UnbillikgkeitsV) noch stehe eine solche Erwerbstätigkeit in nächster Zukunft bevor (§ 5 UnbilligkeitsV). Hierfür reiche die bloße Möglichkeit oder Absichtsbekundung einer Arbeitsaufnahme irgendwann in der Zukunft nicht, vielmehr müsse die Aufnahme einer solchen Erwerbstätigkeit durch die Vorlage eines Arbeitsvertrages oder einer anderen ebenso verbindlichen, schriftlichen Zusage konkret glaubhaft gemacht werden. Im vorliegenden Fall genüge die vom Antragsteller aufgezeigte Möglichkeit, bis zum regulären Renteneintritt in drei Jahren noch einmal im Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können, nicht. Die bevorstehende Aufnahme einer konkreten Erwerbstätigkeit habe er nicht dargelegt.

Auch eine Unbilligkeit nach § 6 UnbilligkeitsV liege nicht vor. Nach § 6 Satz 1 UnbilligkeitsV sei die Inanspruchnahme unbillig, wenn Leistungsberechtigte dadurch hilfebedürftig im Sinne der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch werden würden. Dies sei gemäß Satz 2 insbesondere anzunehmen, wenn der Betrag in Höhe von 70 Prozent der bei Erreichen der Altersgrenze (§ 7a SGB II) zu erwartenden monatlichen Regelaltersrente niedriger sei als der zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Unbilligkeit maßgebende Bedarf der leistungsberechtigten Person nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Zwar seien die Voraussetzungen des Regelbeispiels aus Satz 2 der Vorschrift hier offensichtlich erfüllt, da der Antragsteller laut der Auskunft der Rentenversicherung lediglich eine Regelaltersrente in Höhe von 496,57 Euro zu erwarten habe und 70 Prozent hiervon seinen aktuellen Bedarf nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch in Höhe von 869,- Euro nicht einmal zur Hälfte abdeckten. Jedoch fehle es an der weiteren Voraussetzung für eine Unbilligkeit aus Satz 1 der Vorschrift, wonach die Inanspruchnahme nur dann unbillig sei, wenn hierdurch eine Hilfebedürftigkeit im Alter verursacht werde, da der Antragsteller prognostisch, also unter Berücksichtigung des erwartbaren Geschehensablaufs, auch mit seiner (abschlagsfreien) Regelaltersrente noch bedürftig und auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch angewiesen sein werde. Dass die Rentenabschläge bei einer „erzwungenen“ vorzeitigen Beantragung von Altersrente für die Entstehung der Bedürftigkeit ursächlich sein müssten, folge zum einen aus dem Wortlaut der Vorschrift („dadurch“), der ein Kausalitätserfordernis zum Ausdruck bringe. Zweitens ergebe sich dies aus dem Willen des Verordnungsgebers, wonach Ziel der Vorschrift sein solle, Hilfebedürftigkeit im Alter zu vermeiden, die „allein durch die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente und die damit verbundenen Abschläge in der Höhe der Altersrente resultiert“ (Begründung zum Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Erste Verordnung zur Änderung der Unbilligkeitsverordnung, Bearbeitungsstand 19. September 2016, S. 6). Dieses Ziel könne aber nur dann erreicht werden, wenn eine Hilfebedürftigkeit im Alter bei abschlagsfreier Rente voraussichtlich gerade nicht eintrete. Müsse der Betroffene aller Voraussicht nach ohnehin auch nach Renteneintritt bedürftigkeitsabhängige Leistungen in Anspruch nehmen, sei nicht ersichtlich, was unter Billigkeitsgesichtspunkten gegen eine vorzeitige Inanspruchnahme der Rente sprechen könnte, weil dann eine damit verbundene substantielle Verschlechterung der Lebenssituation nicht ersichtlich sei. Bei dem Antragsteller reiche die zu erwartende abschlagsfreie Rente mit knapp 500,- Euro aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aus, um seinen Lebensunterhalt dauerhaft selbständig zu bestreiten. 

Soweit der Antragsteller einen Altfall-Bestandsschutz geltend mache, da er schon seit 2007 im SGB-II-Leistungsbezug stehe, vermöge auch dieser Einwand nicht durchzugreifen, da die Ausnahmetatbestände in der Unbilligkeitsverordnung abschließend geregelt seien. Erfasst seien eng umgrenzte Fälle, in denen die Verpflichtung, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, unbillig wäre. Auch im Übrigen sei die Aufforderung zur Rentenantragstellung nicht zu beanstanden. Insbesondere habe die Antragsgegnerin bei der Entscheidung über die Aufforderung ihr Entschließungsermessen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 1/15 R –, BSGE 119, 271) erkannt und fehlerfrei ausgeübt. Zudem sei das Vorliegen eines besonderen, atypischen Falles im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ersichtlich, der überhaupt erst das Erfordernis zur umfangreichen Ermessensabwägung auslösen würde. Trotzdem habe die Antragsgegnerin die relevanten Belange im Widerspruchsbescheid umfassend und unter Berücksichtigung des Ermessenszwecks abgewogen. In der an den Antragsteller gerichteten Aufforderung, eine abschlagsbehaftete Altersrente zu beantragen, sei auch kein Verfassungsverstoß zu erkennen. Insofern werde auf die entsprechenden Ausführungen in den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 23. Juni 2016 (BSG, Urteil vom 23. Juni 2016 – B 14 AS 46/15 R –, juris) und 19. August 2015 (a.a.O.) Bezug genommen (ebenso Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 15. Dezember 2020 – L 6 AS 554/20 B ER –, juris). Zudem habe die Antragsgegnerin zwischenzeitlich von ihrem Antragsrecht nach § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II Gebrauch gemacht. Da die Antragstellung bereits am 23. Mai 2022 erfolgt sei, komme das Eilrechtschutzgesuch des Antragstellers zu spät, um eine Antragstellung zu verhindern.

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung des angegriffenen Beschlusses wird auf Bl. 26 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.

Der Antragsteller hat nach Zustellung des Beschlusses am 2. Juli 2022 mit Eingang am 18. Juli 2022 Beschwerde erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen.

Er beantragt sinngemäß, 
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Darmstadt vom 30. Juni 2022 die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Dezember 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2022 anzuordnen sowie anzuordnen, dass die Antragsgegnerin den für ihn gestellten Rentenantrag bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen zurücknimmt, hilfsweise, diese zu verpflichten, einer Antragsrücknahme durch ihn selbst zuzustimmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss und ihren Bescheid.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des elektronisch übermittelten Teils der zum Antragsteller geführten Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Dezember 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2022 zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen des insoweit maßgeblichen § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG liegen nicht vor. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug auf die ausführlichen und nach eigener Prüfung des Senats zutreffenden Erwägungen des Sozialgerichts (vgl. § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Weder die Beschwerdebegründung noch sonstige Umstände geben zu einer abweichenden Beurteilung Anlass. Allerdings lässt der Senat die Erfolgsaussichten in der Hauptsache insbesondere mit Blick auf die Auslegung von § 6 UnbilligkeitsVO letztlich offen, auch wenn deutlich mehr für das vom Sozialgericht zugrunde gelegte Verständnis der Vorschrift spricht als dagegen.

1. Das Beschwerdegericht hat über das erkennbare Rechtsschutzbegehren des Beschwerdeführers zu entscheiden, ohne an den Wortlaut der von ihm gestellten Anträge gebunden zu sein (vgl. den Rechtsgedanken aus § 123 SGG). Es ist daher unschädlich, dass das vom Antragsteller formulierte Rechtsschutzbegehren in dieser Form schon bei Einleitung des erstinstanzlichen Verfahrens überholt war, weil die Antragsgegnerin den Rentenantrag bereits gestellt hatte. 
Inhaltlich ist das Sozialgericht zu Recht von einem Begehren ausgegangen, dass auf die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Aufforderungsbescheid gerichtet ist, die wegen § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 2 SGB II nicht von Gesetzes wegen eintritt. Bei der Aufforderung zur Rentenantragstellung handelt es sich um einen (eingreifenden) Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X), da die Antragsgegnerin auf diese Weise die allgemein bestehende Pflicht des Beziehers von Grundsicherungsleistungen zur Inanspruchnahme vorrangiger Leistung im Rahmen des ihr insoweit zustehenden Ermessens konkretisiert (vgl. für viele BSG, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 12/20 R –, juris, Rn. 12; BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 1/15 R –, BSGE 119, 271, Rn. 12; Schwabe, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 12a SGB II – Stand: September 2020 – Rn. 13a). Dies wird nur zusätzlich bestätigt durch die Regelung in § 39 Nr. 2 SGB II, der zudem – in Verbindung mit § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG – kraft gesetzlicher Anordnung zum Wegfall der regelhaft in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG vorgesehenen aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage führt. 
Der Bescheid vom 3. Dezember 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2022 hat sich auch nicht etwa durch die zwischenzeitlich erfolgte Rentenantragstellung erledigt. Ein Bescheid behält vielmehr grundsätzlich seine Regelungswirkung, solange er Grundlage für daran anknüpfende Rechtsfolgen ist. In diesem Sinne ist die Aufforderung zur Rentenantragstellung Voraussetzung für das in § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II vorgesehene Selbsteintrittsrecht des Grundsicherungsträgers und daher weiterhin von Relevanz für das Rechtsverhältnis der Beteiligten: Solange das auf dem Antrag der Antragsgegnerin beruhende Rentenverfahren noch nicht abgeschlossen ist, begründet und erhält die angefochtene Aufforderung deren Verfahrensführungsbefugnis im Rentenverfahren für den Antragsteller (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 12/20 R –, juris, Rn. 12; BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 1/15 R –, BSGE 119, 271, Rn. 13), so dass er ein fortdauerndes berechtigtes Interesse an dessen Beseitigung beziehungsweise an der Verhinderung oder Korrektur seiner Vollziehung hat.
Das Sozialgericht ist dementsprechend zu Recht davon ausgegangen, dass vorliegend ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG) statthaft ist. Angesichts des bereits gestellten Rentenantrags wird man diesen allerdings bei einer an den erkennbaren Interessen des Antragstellers orientierten Auslegung seines Begehrens um den Antrag ergänzen, das Gericht möge die Antragsgegnerin verpflichten, den für ihn gestellten Rentenantrag bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen zurückzunehmen, hilfsweise, einer Antragsrücknahme durch ihn selbst zuzustimmen: Die Antragstellung durch die Antragsgegnerin lässt sich als Vollziehung des Bescheides vom 3. Dezember 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2022 verstehen. In diesem Falle kann das Gericht auf der Grundlage von § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG ergänzend zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung die Aufhebung der Vollziehung und die dafür notwendigen Maßnahmen anordnen. Nachdem aus dem gesamten Vorbringen des Antragstellers deutlich wird, dass es ihm gerade um die Verhinderung der Rentenantragstellung geht, die als solche jedoch nicht mehr erreichbar ist, lässt sich sein Begehren entsprechend auslegen. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller nicht selbst rechtskundig und auch nicht rechtskundig vertreten ist, so dass keine übermäßigen Anforderungen an die juristische Präzision des von ihm formulierten Antrags gestellt werden dürfen.
Ob ein solcher ergänzender Antrag zwingend geboten ist oder ob – wofür viel spricht – die Antragsgegnerin ohnehin von Amts wegen zur Rücknahme des Rentenantrags verpflichtet wäre, wenn die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Aufforderungsbescheid angeordnet würde (vgl. zu vergleichbaren Überlegungen Sächsisches LSG, Urteil vom 17. Oktober 2019 – L 3 AS 330/17 –, BeckRS 2019, 40771), kann offenbleiben; jedenfalls entspricht ein entsprechendes Verständnis dem erkennbaren Rechtsschutzbegehren des Antragstellers.

2. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere nach § 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 143, § 144 Abs. 1 SGG ohne Weiteres statthaft, da das Verfahren keine Geld , Dienst  oder Sachleistung betrifft, sowie form- und fristgerecht erhoben (vgl. § 173 SGG).

3. In der Sache ist das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Aufforderungsbescheid nicht vorliegen; auch für die Anordnung von Maßnahmen zur Aufhebung der Vollziehung ist daher kein Raum. 
a) Hinsichtlich des für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen einen eingreifenden Verwaltungsakt nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuwendenden Maßstabs verweist der Senat auf die Ausführungen des Sozialgerichts.
b) In der Hauptsache spricht jedenfalls mehr gegen als für einen Erfolg des Antragstellers. 

aa) Als Konkretisierung des systematischen Nachrangs der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, wie er für das Verhältnis zu anderen Möglichkeiten zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit allgemein insbesondere in § 3 Abs. 3 Halbs. 1 SGB II formuliert ist, sieht § 12a Satz 1 SGB II die Verpflichtung der Leistungsberechtigten vor, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Dies gilt auch und gerade für die vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrenten, wie für Leistungsberechtigte, die – wie der Antragsteller – das 63. Lebensjahr vollendet haben, aus einem Umkehrschluss zu § 12 a Satz 2 Nr. 1 SGB II folgt. Dass es auch für Bezieher von Grundsicherungsleistungen, die diese Altersgrenze überschritten haben, unter Billigkeitsgesichtspunkten Ausnahmen von der Inanspruchnahmepflicht gibt, ergibt sich (nur) aus der Verordnungsermächtigung in § 13 Abs. 2 SGB II.
Die auf dieser Grundlage erlassene Unbilligkeitsverordnung regelt dementsprechend abschließend Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen die Verpflichtung, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, auf Grund der damit einhergehenden Unbilligkeit unzumutbar wäre (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 12/20 R –, juris, Rn. 20). Der im Kern der hiesigen Auseinandersetzung stehende § 6 der Unbilligkeitsverordnung, der durch die Änderungsverordnung zur Unbilligkeitsverordnung vom 4. Oktober 2016 (BGBl I S. 2210) mit Wirkung zum 1. Januar 2017 eingeführt wurde, sieht vor, dass die Aufforderung zur Renteninanspruchnahme unbillig ist, wenn der Leistungsberechtigte durch die vorgezogene Rentenantragstellung hilfebedürftig im Sinne der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch werden würde (§ 6 Satz 1 UnbilligkeitsVO); nach § 6 Satz 2 UnbilligkeitsVO ist eine entsprechende Unbilligkeit insbesondere anzunehmen, wenn der Betrag in Höhe von 70 Prozent der bei Erreichen der Altersgrenze (§ 7a SGB II) zu erwartenden monatlichen Regelaltersrente niedriger ist als der zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Unbilligkeit maßgebende Bedarf der leistungsberechtigten Person nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (§ 6 Satz 2 UnbilligkeitsVO).
Der Senat geht mit dem Sozialgericht davon aus, dass der Wortlaut von § 6 Satz 1 UnbilligkeitsVO durch die Verwendung des Wortes „dadurch“ deutlich dafür spricht, dass von einer Unbilligkeit nur auszugehen ist, wenn durch den Verzicht auf die vorzeitige Inanspruchnahme Hilfebedürftigkeit im Sinne des Vierten Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch tatsächlich vermieden werden kann. Das erfordert die prognostische Beantwortung der Frage, ob der Betroffene gerade bei vorzeitiger Inanspruchnahme auf entsprechende Leistungen angewiesen sein wird, während dies durch den Verzicht auf eine Aufforderung zur vorzeitigen Inanspruchnahme und die damit bewirkte Möglichkeit, die Rente später und daher abschlagfrei in Anspruch zu nehmen, verhindert werden könnte. 
Allerdings ist nicht zu übersehen, dass es auch Auslegungsgesichtspunkte gibt, die in eine andere Richtung weisen. So bringt namentlich die konkretisierende Regelung aus § 6 Satz 2 UnbilligkeitsVO das Kausalitätserfordernis jedenfalls nicht selbst zum Ausdruck und sieht vor allem eine Berechnung vor, die in allen Fällen, in denen auch die abschlagsfreie Rente den Existenzbedarf nicht deckt, dennoch zur Annahme einer Unbilligkeit führen würde. Auch ist die vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung veröffentlichte Begründung des (Referenten ) Entwurfs zur Änderungsverordnung vom 4. Oktober 2016 (vgl. https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetze/unbilligkeitsaenderungsverordnung-begruendung.pdf?__blob=publicationFile&v=1; abgerufen am 17. August 2022) wenig eindeutig. Zu dieser hat allerdings das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 9. August 2018 – B 14 AS 1/18 R –, SozR 4-4200 § 12a Nr. 2, Rn. 22) überzeugend darauf hingewiesen, dass Ausführungen im Begründungsteil eines Referentenentwurfs, der keine amtliche Begründung der Unbilligkeitsverordnung darstellt, für die Auslegung der Verordnung keine maßgebliche Wirkung zukommen kann. Bei einem derartigen Referentenentwurf mit Begründung handelt es sich nicht um Gesetzesmaterialien im herkömmlichen Sinne, die den in den amtlichen Drucksachen der gesetzgebenden Körperschaften veröffentlichten Dokumenten entsprechen, wobei selbst deren Status für die Gesetzesauslegung methodisch umstritten ist (im Sinne einer – im Vergleich zur früheren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – eher gesteigerten Bedeutung dieser Materialien für die Rechtsanwendung durch die Gerichte vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juni 2018 – 1 BvL 7/14 u.a. –, BVerfGE 149, 126, Rn. 74 f.). Der Referentenentwurf gibt lediglich einen Zwischenstand der Vorbereitung des Verordnungserlasses im Ministerium wieder; seine Begründung wird dementsprechend nicht Gegenstand von in Drucksachen nachzuvollziehenden Beratungen der gesetzgebenden Körperschaften und vermag für die Rechtsanwendung damit nicht in gleicher Weise wie die amtlichen Gesetzesmaterialien Bedeutung zu erlangen. 
Vor diesem Hintergrund kommt nach Auffassung des Senats der folgenden, an Sinn und Zweck des Regelungsgefüges aus § 12a, § 13 Abs. 2 SGB II und § 6 UnbilligkeitsVO orientierten Überlegung deutlich stärkeres Gewicht zu: Danach lässt sich von einer Unbilligkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente nicht sprechen, wenn der Antragsteller – mit erheblicher Wahrscheinlichkeit – ohnehin auf existenzsichernde Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen sein wird. Mit § 6 UnbilligkeitsVO erkennt der Gesetzgeber zwar ein Interesse der Betroffenen an, im Alter ihren Lebensunterhalt statt mit bedürftigkeitsabhängigen Leistungen durch Versicherungsleistungen zu bestreiten. Das ist insbesondere dann plausibel, wenn die Versicherungsleistungen (ohne die Kürzung auf Grund der vorzeitigen Inanspruchnahme) höher sind als die existenzsichernden Leistungen oder dem Betroffenen nach Renteneintritt sonstiges Einkommen – etwa aus einer Betriebsrente – oder Vermögen zur Verfügung stehen wird, das auf die Grundsicherungsleistungen, nicht aber auf die Versicherungsleistungen angerechnet wird. Ausreichen kann möglicherweise aber auch der Aufwand, der mit der immer wieder zu wiederholenden Antragstellung wegen der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch verbunden ist, und die Notwendigkeit, umfassend Rechenschaft über Einkommen und Vermögen abzulegen, so dass eine Unbilligkeit auch dann nachvollziehbar ist, wenn die Rente (gegebenenfalls mit weiterem Einkommen und Vermögen) dem Existenzsicherungsbedarf (nur) mehr oder weniger entspricht. Muss der Betroffene aber aller Voraussicht nach ohnehin auch nach Renteneintritt bedürftigkeitsabhängige Leistungen in Anspruch nehmen, ist nicht ersichtlich, was unter Billigkeitsgesichtspunkten gegen eine vorzeitige Inanspruchnahme der Rente sprechen könnte, weil eine damit verbundene substantielle Verschlechterung der Lebenssituation dann gar nicht ersichtlich ist. Für den Gesetzgeber mögen weitere Gesichtspunkte wie etwa die Verteilung des Finanzierungsaufwandes zwischen den verschiedenen Leistungsträgern oder der mit einer vorzeitigen Inanspruchnahme verbundene Verwaltungsaufwand eine Rolle spielen; unter Billigkeitsgesichtspunkten – und nur auf solche stellt die Verordnungsermächtigung aus § 13 Abs. 2 SGB II ab – ist aber nicht zu sehen, dass die vorzeitige Inanspruchnahme eine gewichtige Rolle spielen könnte, wenn der Betroffene ohnehin auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch angewiesen sein wird.
Im Ergebnis sprechen daher gewichtige Gründe dafür, § 6 UnbilligkeitsVO in dem Sinne auszulegen, in dem ihn auch das Sozialgericht verstanden hat. Die Regelung aus § 2 Abs. 2 Halbs. 2 SGB I kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen: Aus dieser allgemeinen Einweisungsvorschrift ergibt sich keine Grundlage dafür, gesetzliche Beschränkungen eines Leistungsanspruchs, die sich aus den konkreten Regelung der einzelnen Sozialleistungsbereiche ergeben, zu überwinden. 

bb) Im konkreten Fall ist vor diesem Hintergrund eine Unbilligkeit nicht zu erkennen: Es ist weder glaubhaft gemacht noch sonst erkennbar, dass dem Antragsteller bei Renteneintritt über die gesetzliche Rente hinaus weiteres Einkommen und/oder Vermögen zufließen würde. Angesichts der erheblichen Differenz zwischen der zu erwartenden Rente – auch ohne die mit der vorzeitigen Inanspruchnahme verbundenen Abschläge – und dem zur Existenzsicherung notwendigen Bedarf wird er daher aller Voraussicht nach in jedem Fall auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch angewiesen sein. Soweit der Antragsteller eine davon unabhängige Existenzsicherung in den Raum gestellt und dabei namentlich auf die Möglichkeit einer zukünftigen Beschäftigung und der weiteren Zahlung von Rentenbeiträgen verwiesen hat, ist dies angesichts des deutlichen Fehlbetrags, der sich zwischen der zu erwartenden Rente und dem Existenzsicherungsbedarf ergibt, bei weitem nicht ausreichend, um zu einer anderen Bewertung zu gelangen. Dies gilt nur umso mehr, als das entsprechende Vorbringen ganz allgemein und die konkrete Möglichkeit einer zeitnahen Beschäftigungsaufnahme nicht ersichtlich und vom Antragsteller nicht dargetan ist.
Auch sonst sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die es überwiegend wahrscheinlich machten, dass der Aufforderungsbescheid rechtswidrig sein könnte, namentlich sind weder sonstige Unbilligkeitstatbestände erfüllt noch sonstige Fehler des Aufforderungsbescheides ersichtlich. Insoweit verweist der Senat wiederum auf die Ausführungen des Sozialgerichts.
Soweit der Antragsteller darauf abstellt, die Sozialgerichte seien an die in der Unbilligkeitsverordnung – der Antragsteller spricht von einer „zukünftigen Härtefallverordnung“ – nicht gebunden, trifft dies nicht zu. Grundsätzlich bindet auch Verordnungsrecht die Gerichte. Anhaltspunkte dafür, dass die Unbilligkeitsverordnung von ihrer Ermächtigungsgrundlage in § 13 Abs. 2 SGB II nicht gedeckt wäre, sieht der Senat nicht. Daher ist von einer abschließenden Regelung der Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen die Verpflichtung, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, für den Leistungsberechtigten unbillig wäre, durch die Unbilligkeitsverordnung auszugehen (vgl. in diesem Sinne BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 14 AS 1/15 R = BSGE 119, 271, Rn. 19, 23 f. sowie BSG, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 12/20 R –, juris, Rn. 20).
Auch der Verweis des Antragstellers auf die sogenannte „58er-Regelung“ ist nicht tragfähig. Zwar ergibt sich aus den Materialien der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, wonach der grundsätzliche Vorrang der vorzeitigen Altersrenten im Verhältnis zu den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nur „vorbehaltlich der in § 65 Abs. 4 SGB II geregelten Fälle“ anzunehmen ist (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, auf das die Einführung von § 12a SGB II zurückgeht, BT-Drucks. 16/7460, S. 12). Hieraus folgt, dass § 12a SGB II in den von § 65 Abs. 4 SGB II erfassten Fällen nicht anwendbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 1/15 R –, BSGE 119, 271, Rn. 22; Kühl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 12a – Stand: 21. September 2021 – Rn. 33). 
Der 1959 geborene Antragsteller unterfällt jedoch dem Anwendungsbereich von § 65 Abs. 4 SGB II gar nicht. Diese Übergangsregelung gilt gemäß § 65 Abs. 4 Satz 2 SGB II seit dem 1. Januar 2008 nur noch, wenn der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch vor diesem Stichtag entstanden war und der erwerbsfähige Hilfebedürftige bereits vor diesem Tag das 58. Lebensjahr vollendet hatte, mithin bis zum 1. Januar 1950 geboren war. Alternativ ist die Übergangsregelung anzuwenden, wenn der Betroffene vor dem 1. Januar 2008 Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) unter den Voraussetzungen des § 428 Abs. 1 SGB III bezogen hatte und die Hilfebedürftigkeit erstmals nach dem 31. Dezember 2007 eingetreten ist, § 65 Abs. 4 Satz 4 SGB II. Auch ein Bezug von Arbeitslosengeld unter den erleichterten Voraussetzungen der auch im Arbeitsförderungsrecht nur noch übergangsweise geltenden „58-er Regelung“ in der Zeit vor dem 1. Januar 2008 setzt allerdings eine Geburt bis spätestens 1. Januar 1950 voraus. Zudem stand der Antragsteller nach seinem eigenen Vorbringen bereits vor 2007 im Bezug von Arbeitslosengeld II, so dass die Hilfebedürftigkeit nicht erst nach dem 31. Dezember 2007 eingetreten ist.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller – entgegen seiner aus seinem Vorbringen erkennbaren Annahme – auch durch den Rentenbezug keineswegs gehindert ist, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

cc) Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung aus § 12a und § 5 Abs. 3 SGB II sieht der Senat nicht. Vielmehr geht er mit dem Bundessozialgericht (vgl. hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 1/15 R –, BSGE 119, 271, Rn. 45 ff.) davon aus, dass sowohl der Nachranggrundsatz als solcher als auch die den Grundsicherungsträgern eingeräumte Möglichkeit, die Leistungsbezieher trotz der damit verbundenen Abschläge zur Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente zu veranlassen, mit Verfassungsrecht im Einklang steht; das gilt sowohl im Allgemeinen als auch im konkreten Fall des Antragstellers.
Die Verfassungsmäßigkeit des Nachranggrundsatzes als Strukturprinzip des Existenzsicherungsrechts hat das Bundesverfassungsgericht jüngst in seiner Entscheidung zu Zulässigkeit und Grenzen von Leistungsminderungen nach §§ 31 ff. SGB II (erneut) ausdrücklich bejaht (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019 – 1 BvL 7/16 –, BVerfGE 152, 68, Rn. 123 ff.). Vor diesem Hintergrund sieht der Senat – jedenfalls für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – keinen Anlass zu weiteren Ausführungen zur prinzipiellen Rechtfertigung der Regelungen aus § 5 und § 12a SGB II
Die Aufforderung des Leistungsberechtigten zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente ebenso wie die anschließende Antragstellung durch den Leistungsträger anstelle des Leistungsberechtigten nach § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II steht auch im Übrigen mit Verfassungsrecht in Einklang. Insbesondere folgt aus den mit der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente verbundenen dauerhaften Rentenabschlägen keine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG. Vielmehr ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wie des Bundessozialgerichts geklärt, dass Rentenabschläge bei Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. November 2008 – 1 BvL 3/05 u.a. –, BVerfGE 122, 151; BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. Februar 2009 – 1 BvR 1631/04 –, BVerfGK 15, 59; BSG, Urteil vom 19. November 2009 – B 13 R 5/09 R –, SozR 4-2600 § 236 Nr. 1). Vor diesem Hintergrund ist nach Auffassung des Senats auch das Ergebnis aus der Kombination des – verfassungsrechtlich unbedenklichen – Nachranggrundsatzes mit den – verfassungsrechtlich ebenfalls unbedenklichen – Abschlägen bei der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente seinerseits verfassungsrechtlich unbedenklich, jedenfalls sofern der Gesetz- beziehungsweise Verordnungsgeber – wie durch § 13 Abs. 2 SGB II und die darauf beruhende Unbilligkeitsverordnung geschehen – Ausnahmen im Falle unbilliger Härten ermöglicht. Im Grundsatz aber begegnet die Obliegenheit zur Selbsthilfe auch dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der „vorgezogene“ Einsatz anderer Mittel mit wirtschaftlichen Verlusten im Verhältnis zu einem „störungsfreien“ Verlauf verbunden ist, wie das etwa bei dem Rückkauf einer Lebensversicherung oder der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente der Fall ist. 
Ob, wie der Antragsteller vorbringt, die Regelung, wonach die Grundsicherungsträger die Leistungsberechtigten auf die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente verweisen können, im Widerspruch zu dem politischen Ziel einer Förderung der Beschäftigung älterer Menschen steht, ist als solches kein rechtliches Kriterium für die Beurteilung der entsprechenden Regelungen im Allgemeinen und des konkreten Bescheides im Besonderen und daher vom Senat nicht zu entscheiden. Der Verweis des Antragstellers auf drohende Altersarmut führt ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung: Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind der Höhe nach vergleichbar mit denen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, so dass nicht erkennbar ist, warum mit deren Bezug eine (größere) Unbilligkeit einhergehen könnte als mit dem von Arbeitslosengeld II, das der Antragsteller der Sache nach vorliegend geltend macht.
Soweit schließlich in der Rentenantragstellung durch den Leistungsträger anstelle des Leistungsberechtigten ein eigenständiger Eingriff in dessen Dispositionsfreiheit als Ausdruck seiner allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG liegen sollte, weil sich der Leistungsberechtigte gerade gegen die Inanspruchnahme der Rente entschieden hat, ist dieser Eingriff jedenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Denn die diese Ermächtigung des Leistungsträgers regelnden Vorschriften des Sozialgesetzbuches Zweites Buch dienen mit der Sicherung des Nachrangs existenzsichernder Leistungen einem verfassungsrechtlich legitimen Zweck und sind geeignet, diesen Zweck zu erreichen, ohne dass ein gleich geeignetes, aber den Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Sicherung des Nachrangs bei fehlender Mitwirkung des Leistungsberechtigten zur Verfügung steht. Der Senat folgt dem Bundessozialgericht auch darin, dass diese Heranziehung des Leistungsberechtigten zur Selbsthilfe gegen seinen Willen die Grenzen der Angemessenheit wahrt: Denn im Rahmen der verfassungsrechtlichen Abwägung steht dem Existenzsicherungsanspruch des Einzelnen unter Wahrung seiner Dispositionsfreiheit zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente das Interesse der Allgemeinheit gegenüber, durch steuerfinanzierte Mittel nur denen zu helfen, die sich mangels zumutbarer Selbsthilfemöglichkeiten nicht selbst zu helfen vermögen und deshalb der Unterstützung im Rahmen des Existenzsicherungsrechts bedürfen (vgl. dazu neben BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 1/15 R –, BSGE 119, 271, Rn. 45 ff. nochmals BVerfG, Urteil vom 5. November 2019 – 1 BvL 7/16 –, BVerfGE 152, 68, Rn. 123 ff.). Den Interessen des Leistungsberechtigten wird auch unter diesem Gesichtspunkt durch die Regelungen der Unbilligkeitsverordnung hinreichend Rechnung getragen. 
An der Vereinbarkeit der auf diese Weise faktisch erzwungenen Selbsthilfe mit Art. 2 Abs. 1 GG ändert sich schließlich nichts dadurch, dass der Bezieher einer vorzeitigen Altersrente durch sein Ausscheiden aus dem Leistungssystem der Grundsicherung für Arbeitsuchende von den Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch ausgeschlossen ist und die Betroffenen unter Umständen im Falle einer nicht bedarfsdeckenden Altersrente existenzsichernde Leistungen (nur) unter den Voraussetzungen des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch beanspruchen können: Die mit den § 12 a, § 13 Abs. 2 SGB II und der Unbilligkeitsverordnung durch den Gesetz- und Verordnungsgeber geschaffene generalisierende Regelung, wonach die erwerbsbiographische Lebensphase bei einem auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch angewiesenen und daher typischerweise gar nicht mehr oder nur in geringem Umfang beschäftigten Arbeitnehmer nach Vollendung des 63. Lebensjahres insoweit abgeschlossen ist, dass er – abgesehen von den Fällen der Unbilligkeit (vgl. gerade für diesen Fall § 4 UnbilligkeitsVO) und sonstigen im Rahmen des Ermessens berücksichtigungsfähigen Ausnahmesituationen – auf eine (vorgezogene) Altersrente verwiesen werden kann, überschreitet nicht die Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums. 
Auch sonst sind durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen oder deren Anwendung im Einzelfall nicht ersichtlich.

c) Nach allem ist die Aufforderung zur Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig; vielmehr spricht viel dafür, dass sich der Bescheid vom 3. Dezember 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2022 als rechtmäßig erweisen wird.
Gewichtige Argumente, die bei der danach gebotenen Interessenabwägung Anlass dafür geben könnten, dennoch die aufschiebende Wirkung anzuordnen, hat der Antragsteller für seinen konkreten Fall weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Das gilt auch unter Berücksichtigung der regelmäßig besonders gewichtigen grundrechtlichen Belange des Antragstellers: Namentlich fällt das in Verfahren, die Leistungen der Grundsicherung zum Gegenstand haben, häufig besonders gewichtige Grundrecht auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG vorliegend nicht zu Gunsten des Antragstellers ins Gewicht, weil dieses gegenwärtig durch die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, gegebenenfalls nach Rentenbewilligung in Kombination mit der vorgezogenen Altersrente, und nach Erreichen der Regelaltersgrenze durch die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gesichert ist.
Bei den Ausführungen des Antragstellers zu den Gründen, warum die aufschiebende Wirkung anzuordnen sei, die letztlich nur auf die mit der Rentenantragstellung durch die Antragsgegnerin regelmäßig verbundenen Folgen abstellen, verkennt er das durch § 39 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG bewirkte Regel-Ausnahme-Verhältnis, auf das bereits das Sozialgericht hingewiesen hat: Bei offenen Aussichten in der Hauptsache müssten überwiegende sonstige Interessen für eine Aussetzung sprechen, um das vom Gesetzgeber für den Regelfall höher gewichtete Vollziehungsinteresse zurücktreten zu lassen. Das ist nicht erkennbar: Allein der Verweis des Antragstellers darauf, dass sein rentenrechtliches Dispositionsrecht eingegriffen werde, und allgemeine Einwände gegen „die Zwangsverrentung“ reichen insoweit nicht aus, weil dies gerade der mit einem Aufforderungsbescheid wie dem hier streitigen verbundene und vom Gesetzgeber gewollte Regelfall ist. Ausgehend von dem vom Sozialgericht zutreffend entwickelten Maßstab für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kann die Beschwerde daher keinen Erfolg haben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
 

Rechtskraft
Aus
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