L 7 R 119/22 ZV

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 34 R 266/18 ZV
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 119/22 ZV
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Nach Ausschöpfung aller im konkreten Einzelfall gebotenen Ermittlungen kommt in Konstellationen der Glaubhaftmachung des Zuflusses von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien die Glaubhaftmachung von Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes des einzelnen Beschäftigten in Betracht. Dies gilt nur für die Zeit von Juli 1968 bis Dezember 1982 und damit für die Planjahre von 1968 bis 1982.

Bemerkung

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes

     
   
 

 

  1. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. Februar 2022 abgeändert. Die Beklagte wird, unter Aufhebung des Überprüfungsablehnungsbescheides vom 27. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2018, verurteilt, den Feststellungsbescheid vom 25. Februar 2004 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1976 bis 1979 weitere Arbeitsentgelte des Klägers wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt festzustellen sind:

Für das Jahr:             

1976

216,67 Mark

1977

239,64 Mark

1978

256,23 Mark

1979

311,26 Mark

 

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

 

  1. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu drei Vierteln.

 

  1. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

 

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens und im Berufungsverfahren nur noch – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1976 bis 1979 (Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.

 

Dem 1952 geborenen Kläger wurde, nach erfolgreichem Abschluss eines in der Zeit von September 1970 bis August 1974 absolvierten Hochschulstudiums in der Fachrichtung Fertigungstechnik an der Technischen Universität Z...., mit Urkunde vom 9. Oktober 1974 der akademische Grad "Diplomingenieur" verliehen. Er war vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Konstrukteur, Gruppenleiter des Bereichs Konstruktion und Abteilungsleiter Konstruktion im volkseigenen Betrieb (VEB) Polygraph Druckmaschinenwerk Y.... X.... beschäftigt. Er erhielt zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) keine Versorgungszusage und war nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

 

Am 28. Januar 2004 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und legte – im Laufe des Verfahrens – eine Entgeltbescheinigung der W.... AG Y....-Bogenoffset X.... vom 16. Februar 2004 (für den Beschäftigungszeitraum vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990) vor. Mit Bescheid vom 25. Februar 2004 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1974 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (= Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigung der W.... AG Y....-Bogenoffset X.... vom 16. Februar 2004, fest.

 

Mit Überprüfungsantrag vom 17. Oktober 2017 (Eingang bei der Beklagten am 20. Oktober 2017) begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Jahresendprämien bei den festgestellten Arbeitsentgelten für die Planjahre 1974 bis 1979 und 1988 bis 1989 als glaubhaft gemachte Entgelte. Zur Glaubhaftmachung legte er eine schriftliche Erklärung des Zeugen V.... vom 31. Mai 2017 vor, in der ausgeführt ist, dass der VEB Polygraph Druckmaschinenwerk Y.... X.... jährlich Jahresendprämien an alle Mitarbeiter auszahlte.

 

Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. November 2017 ab.

 

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 1. Dezember 2017 (Eingang bei der Beklagten am 12. Dezember 2017) Widerspruch ein und begehrte weiterhin die Anerkennung von Jahresendprämien auf der Grundlage der Glaubhaftmachung.

 

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2018 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss und die Höhe der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen.

 

Hiergegen erhob der Kläger am 23. Februar 2018 Klage zum Sozialgericht Dresden und begehrte die Berücksichtigung von Jahresendprämien als glaubhaft gemachte Entgelte, zunächst für die Planjahre 1974 bis 1979, 1983 und 1988 bis 1989, später für die Zuflussjahre 1975 bis 1979 und 1983 in einer Mindesthöhe.

 

Das Sozialgericht Dresden hat die Klage – nach Einholung einer schriftlichen Auskunft des Zeugen V.... vom 12. Oktober 2021 sowie Beiziehung arbeitsvertraglicher Unterlagen des Klägers – mit Gerichtsbescheid vom 11. Februar 2022 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zufluss und Höhe der begehrten Jahresendprämien habe der Kläger weder nachgewiesen, noch glaubhaft gemacht. Über Unterlagen verfüge er nicht. Auch der Zeuge hätte zur Höhe der Jahresendprämien keine substantiierten Angaben gemacht. Allgemeine Erklärungen seien nicht ausreichend. Eine Mindestjahresendprämie hätten die DDR-Regelungen nicht vorgesehen. Die Festsetzung einer Mindesthöhe von Jahresendprämien sei unzulässig, da sie die tatsächliche Prämienhöhe in keiner Weise wiederspiegele.

 

Gegen den am 22. Februar 2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. März 2022 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren nach Feststellung von Jahresendprämien – nach einem Hinweis des Senats mit gerichtlichem Schreiben vom 27. Mai 2022 – nur noch für den Zeitraum von 1976 bis 1979 (Zuflussjahre) in einer Mindesthöhe weiterverfolgt. Die Jahresendprämienzahlungen seien dem Grunde nach durch die Zeugenaussagen glaubhaft gemacht worden. Deren Höhe sei zumindest in der Mindesthöhe von einem Drittel entsprechend der Rechtsprechung des 5. und 7. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts glaubhaft gemacht worden.

 

Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. Februar 2022 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Überprüfungsablehnungsbescheides vom 27. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2018, zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 25. Februar 2004 abzuändern und Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1976 bis 1979 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der nachgewiesenen Zusatzversorgungszeiten festzustellen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und führt ergänzend aus: Die Gewährung einer Jahresendprämie in einer Mindesthöhe sei rechtlich nicht zulässig. Die Prämienverordnungen der DDR hätten keine individuelle Mindesthöhe einer Jahresendprämie vorgesehen. Das unzulässige Schätzergebnis würde nur mit einem anderen Namen versehen. Die bloß einfache Möglichkeit, dass den Anspruchsstellern Arbeitsentgelt im Minimum zugeflossen sei, genüge keinesfalls. Ein solches Ergebnis beruhe hauptsächlich auf Annahmen. Die Vorgehensweise des 5. und 7. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts sei mit den rechtlichen Regularien unvereinbar. So habe sich der 4. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts nun auch "rechtsförmlich" mit seinen Entscheidungen vom 21. April 2020 (in den Verfahren L 4 R 703/19 ZV und L 4 R 461/19 ZV) gegen die "Mindest-JEP"-Judikatur des 7. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts gestellt. Ebenso habe sich bereits das Bayerische Landessozialgericht "als erstes Obergericht" mit rechtskräftigem Urteil vom 24. Oktober 2019 (im Verfahren L 1 RS 2/16) positioniert. Im Übrigen habe das Landessozialgericht Berlin/Brandenburg mit Urteilen vom 10. März 2022 (im Verfahren L 17 R 471/19) und vom 24. März 2022 (im Verfahren L 17 R 360/19) ihre Ansicht gestärkt, sodass sie sich deren Begründungen zu eigen mache und zum Gegenstand ihrer Berufungserwiderung erkläre.

 

Das Gericht hat arbeitsvertragliche Unterlagen von Kläger angefordert.

 

Mit Schriftsätzen vom 12. Juli 2022 (Kläger) sowie vom 13. Juli 2022 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

 

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

 

I.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

 

 

 

II.

Die statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist überwiegend begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage überwiegend zu Unrecht abgewiesen hat. Denn der Kläger hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihm in den Jahren 1976 bis 1979 zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits mit Bescheid vom 25. Februar 2004 festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben. Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1989 und 1990 begehrt der Kläger ausdrücklich und ausweislich seines Berufungsschriftsatzes vom 11. März 2022 nicht (mehr). Eine Jahresendprämie für das Zuflussjahr 1983 begehrt der Kläger – in Reaktion auf das gerichtliche Hinweisschreiben des Senats vom 27. Mai 2022 – ausdrücklich und ausweislich seines Schriftsatzes vom 23. Juni 2022 nicht (mehr). Insoweit ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden bereits (jeweils) rechtskräftig geworden (§ 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG).

 

Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 27. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2018 (§ 95 SGG) ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), weil mit dem Feststellungsbescheid vom 25. Februar 2004 das Recht (teilweise) unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich (teilweise) als unrichtig erweist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb waren der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. Februar 2022 (teilweise) abzuändern, der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 27. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 25. Februar 2004 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1976 bis 1979 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe, wie tenoriert, festzustellen sind. Soweit der Kläger höhere, als die tenorierten, Entgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämien begehrt, war die Berufung im Übrigen (zumindest aus Gründen der Klarstellung) zurückzuweisen.

 

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X, der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

 

Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 25. Februar 2004 ist teilweise rechtswidrig.

 

Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 25. Februar 2004 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht teilweise nicht berücksichtigt.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren „Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung“ (vgl. Kunz/Thiel, „Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch“, 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [nachfolgend: DDR-AGB] vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I 1977, Nr. 18, S. 185]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein „Anspruch“ auf Jahresendprämie, wenn

  • die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, 
  • der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und 
  • der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war.

Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog. Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit, betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).

 

Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt worden, ist.

 

Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.

 

Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat der Kläger den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen, jedoch für die Zuflussjahre 1976 bis 1979, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die zur Auszahlung an ihn gelangten, hat er zwar ebenfalls nicht nachgewiesen, zum Teil allerdings, und zwar für die Zuflussjahre 1976 bis 1979, in einer Mindesthöhe glaubhaft machen können; eine Schätzung – wie vom Kläger im Klageverfahren ursprünglich noch begehrt – hingegen ist nicht möglich (dazu nachfolgend unter 2.).

 

1.

Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für die begehrten Zuflussjahre 1976 bis 1979, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):

 

a)

Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.

 

Unterlagen über die Auszahlung von Jahresendprämien im VEB Polygraph Druckmaschinenwerk Y.... X.... liegen auch nicht mehr vor, wie sich aus den Bekundungen des Klägers und des Zeugen V.... ergibt.

 

Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch im Übrigen nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV).

 

b)

Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an den Kläger ist aber im vorliegenden Fall für die begehrten Zuflussjahre 1976 bis 1979, glaubhaft gemacht.

 

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).

 

Dies zu Grunde gelegt, hat der Kläger im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen (§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie für die begehrten Zuflussjahre 1976 bis 1979, vorlagen und er jeweils eine Jahresendprämie erhalten hat:

 

aa)

Der Kläger war in den Jahren 1975 bis 1978 jeweils während des gesamten Planjahres Angehöriger des VEB Polygraph Druckmaschinenwerk Y.... X.... (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus den vorgelegten Arbeits- und Änderungsverträgen sowie aus den Eintragungen in seinen Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung ergibt.

 

bb)

Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Kläger angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 DDR-AGB). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, „Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch“, 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S. 810) sowie in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30, S. 293), mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, sowie die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet wurden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).

 

Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, „Die ‚leere Hülle‘ ist tot – wie geht es weiter?“, rv [= Die Rentenversicherung] 2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten Einzelfall nicht eingesehen werden können.

 

cc)

Ausgehend von den schriftlichen Auskünften des Zeugen V.... sowie den sonstigen Hinweistatsachen ist zudem glaubhaft gemacht, dass der Kläger und das Arbeitskollektiv, dem er angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB).

 

Der Zeuge V...., der den Kläger aus der betrieblichen Zusammenarbeit seit 1974 kannte und mit diesem in den Konstruktionsabteilungen des Betriebes in benachbarten Büros zusammenarbeitete, gab in seinen schriftlichen Zeugenerklärungen vom 31. Mai 2017 und vom 12. Oktober 2021 sinngemäß an, dass der Kläger – wie alle Mitarbeiter des Betriebes auch – jährlich Jahresendprämien vom Betrieb für die Jahre 1974 bis 1989 ausgezahlt erhielt. Er führte dazu weitergehend jeweils aus: Seiner Einschätzung nach hat der Kläger eine gleich hohe Wertschätzung durch seinen Leiter wie er mit vergleichbaren Bewertungen der Leistung genossen. Eine Jahresendprämie ist in jedem Jahr von 1974 bis 1989 in bar ausgezahlt worden. Der VEB Druckmaschinenwerk Y.... X.... war ein wichtiger Exportbetrieb. Deshalb wurden alle Anstrengungen darauf gerichtet, auch mit Zusatzleistungen die Plankennziffern im Bereich Entwicklung und Konstruktion in jedem Jahr zu erfüllen. Die Leistungen der Mitarbeiter wurden durch den Abteilungsleiter und den Gruppenleiter in regelmäßigen Abständen (z.B. jährlich) eingeschätzt und dem Mitarbeiter im persönlichen Gespräch mitgeteilt. Auf dieser Basis wurde auch die Höhe der Jahresendprämie errechnet und vorgeschlagen. Die Leistungsbewertung des Klägers wurde ihm zwar nicht zugänglich gemacht, allerdings tauschten sich der Zeuge und der Kläger – aufgrund des langjährigen persönlichen Vertrauensverhältnisses (seit der gemeinsamen Studienzeit) – über die Prämienzahlungen und die Prämienhöhen aus. Der Kläger erhielt auf Grund der gleichartigen anspruchsvollen Konstruktionsaufgaben und gleicher Betriebszugehörigkeit die gleiche Bewertung und Einschätzung durch den Bereichsleiter. Eine Kürzung oder Aussetzung der Auszahlung der Jahresendprämie hat es nicht gegeben. Durch die Stellung des VEB Druckmaschinenwerk Y.... X.... als wichtiger Exportbetrieb wurde die Jahresendprämie von den Mitarbeitern auch als Anerkennung und Förderung der Aufgabenerfüllung angesehen. Der Zeuge V.... konnte beispielhafte Belege, der an ihn für die Planjahre 1983, 1984, 1985, 1986 und 1988 gezahlten Jahresendprämien des Betriebes vorlegen, aus denen sich ergibt, dass diese Jahresendprämien regelmäßig am Anfang des auf das Planjahr folgenden Jahres (im Februar) ausgezahlt wurden.

 

Unzulänglichkeiten des Klägers, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie in den Zuflussjahren 1976 bis 1979 zur Folge hätten haben können, ergeben sich auch nicht aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben des Zeugen V.... sind vor dem Hintergrund der beigezogenen arbeitsvertraglichen Unterlagen plausibel und bestätigen die berechtigte Annahme, dass der Kläger die individuellen Leistungskennziffern konkret erfüllte:

 

Den Arbeitsänderungsverträgen ist zu entnehmen, dass der Kläger kontinuierliche Gehaltssteigerungen wegen seiner hervorragenden betrieblichen Arbeitsleistungen erreichte. Die Verdienstveränderungsmitteilungen vom 14. Juli 1976, vom 29. Juni 1977 und vom 20. Juli 1978 führen jeweils aus, dass die erfolgten Gehaltssteigerungen "auf Grund [seiner] guten Arbeit" erfolgten. Die Verdienstveränderungsmitteilungen vom 16. Dezember 1980, vom 1. August 1981, vom 12. Oktober 1981 und vom 13. August 1985 führen jeweils aus, dass die erfolgten Gehaltssteigerungen, "in Anerkennung [seiner] bisherigen Leistungen" erfolgten.

 

In einer betrieblichen Niederschrift vom 23. September 1977 über ein mit dem Kläger am 22. September 1977 geführtes Kadergespräch wird unter anderem hervorgehoben, dass der Kläger

  • konstant überdurchschnittlich gute fachliche Leistungen zeigte und sein Leistungsverlauf stets steigend war,
  • in der Lage war, sich innerhalb kurzer Zeit auch in schwierige fachliche Probleme einzuarbeiten,
  • es verstand, eine Aufgabe theoretisch zu durchdringen und zielstrebig zur praktischen Lösung zu führen,
  • entwickelte organisatorische Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Geschick bei der Führung bzw. Anleitung ihm zugeordneter Kollegen besaß.

 

In einem betrieblichen Schreiben vom 11. Dezember 1979 wird ausgeführt, dass der Kläger

  • die ihm übertragenen Aufgaben stets termingemäß und in hoher Qualität bearbeitete,
  • die vorgegebenen Leistungsziele erfüllte und dabei die erforderliche Leistungssteigerung sicherte.

 

Für seine hervorragenden Leistungen im sozialistischen Wettbewerb wurde der Kläger vom VEB Polygraph Druckmaschinenwerk Y.... X.... zudem mit Urkunden vom 18. Mai 1982 und vom 8. August 1984 als "bester Konstrukteur" (im 1. Quartal des Jahres 1982 und im 2. Quartal des Jahres 1984) ausgezeichnet.

 

Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebende Arbeitsweise des Klägers im Übrigen durch die ihm von seinem Beschäftigungsbetrieb mit Urkunde vom 1. Mai 1981 verliehene Auszeichnung als "Aktivist der sozialistischen Arbeit". Mit dieser Auszeichnung wurden unter anderem hervorragende und beispielgebende Arbeitsleistungen gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die Verleihung des Ehrentitels ‚Aktivist der sozialistischen Arbeit‘", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war). Darüber hinaus spricht für seine vorbildliche Arbeit auch die ihm von seinem Beschäftigungsbetrieb in den Jahren 1977 und 1978 verliehenen Auszeichnungen jeweils als Mitglied eines "Kollektivs der sozialistischen Arbeit". Mit diesen Auszeichnungen wurden jeweils unter anderem beispielgebende Arbeitsleistungen des Kollektivs und jedes einzelnen Mitglieds des Kollektivs im sozialistischen Wettbewerb, also konkret auch des Klägers, gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen Verteidigung des Ehrentitels ‚Kollektiv der sozialistischen Arbeit‘", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war).

 

Zusammenfassend wird dem Kläger damit insgesamt bescheinigt, dass er die ihm übertragenen Aufgaben stets hervorragend erledigte, sodass sich keinerlei berechtigte Zweifel an der Erfüllung der vorgegebenen Leistungskriterien aufdrängen.

 

2.

Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1975 bis 1978) in den Zuflussjahren 1976 bis 1979 zur Auszahlung an den Kläger gelangten, konnte er zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für die Zuflussjahre 1976 bis 1979 zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter b). Die Höhe einer dem Grunde nach lediglich glaubhaft gemachten Jahresendprämie darf – entgegen der früheren Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts – allerdings nicht geschätzt werden (dazu nachfolgend unter c).

 

a)

Die dem Kläger für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1975 bis 1978) in den Jahren 1976 bis 1979 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach nicht nachgewiesen:

 

Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.

 

Unterlagen über die Auszahlung von Jahresendprämien im VEB Polygraph Druckmaschinenwerk Y.... X.... liegen auch nicht mehr vor, wie sich aus den Bekundungen des Klägers und des Zeugen V.... ergibt.

 

Auszahlungs- bzw. Quittierungslisten oder Anerkennungsschreiben der Abteilung des Betriebes konnte auch der Zeuge V.... nur über seine Person, nicht aber für den Kläger vorlegen.

 

Nachweise zu an die Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch im Übrigen nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV). Von einer Anfrage an das Bundesarchiv wurde im vorliegenden Verfahren abgesehen, da dort – wie aus entsprechenden Anfragen in anderen Verfahren gerichtsbekannt wurde – lediglich statistische Durchschnittwerte der in den Kombinaten gezahlten durchschnittlichen Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren vorhanden sind, die keinerlei Rückschluss auf die individuelle Höhe der an die Kläger in einem konkreten Betrieb gezahlten Jahresendprämienhöhe erlauben.

 

b)

Die konkrete Höhe der an den Kläger für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1975 bis 1978) in den Jahren 1976 bis 1979 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge ist zwar ebenfalls nicht glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter aa). Allerdings sind die für die Planjahre 1975 bis 1978 in den Zuflussjahren 1976 bis 1979 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge zumindest zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):

 

aa)

Den Angaben des Klägers sowie des Zeugen V.... kann lediglich entnommen werden, dass sich die Jahresendprämie am Monatsgehalt des jeweiligen Werktätigen orientierte. Der Kläger selbst tätigte keinerlei Angaben zu den konkreten Höhen der Jahresendprämienbeträge. Er konnte lediglich angeben, dass Basis der Berechnung der jeweils einzelnen individuellen Jahresendprämien das Monatsgehalt des jeweiligen Beschäftigten war und die Prämienbeträge auf der Grundlage der Planerfüllung und des Monatsgehalts berechnet wurden. Der Zeuge V.... bestätigte dieses grundsätzliche Prozedere und führte aus, zu den Höhen der Jahresendprämienbeträge des Klägers keine konkreten Angaben tätigen zu können. Die individuelle Festlegung erfolgte leistungsabhängig durch die Betriebsleitung (in Abstimmung mit der Gewerkschaftsleitung), ausgerichtet nach dem Betriebsergebnis und differenziert im Einzelnen. Eine weitergehende Präzisierung erbrachte die Zeugenbefragung nicht.

 

In der Gesamtbetrachtung sind die Angaben des Klägers sowie des Zeugen zur Höhe der an den Kläger geflossenen Jahresendprämienbeträge insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des vom Kläger im Verwaltungsverfahren angegebenen Prozentsatzes von 70 Prozent eines Bruttomonatslohns abzugeben geeignet ist.

 

Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis grundsätzlich (zu den Ausnahmen nachfolgend unter bb) an einem geeigneten Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämien beurteilt werden kann und der vom Kläger und dem Zeugen behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Bruttomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:

 

Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Eckhardt u.a., „Lohn und Prämie – Erläuterungen zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR“ [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke, „Wirksame Leistungsstimulierung durch Jahresendprämie“, NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.

 

Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des DDR-AGB: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 und in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest, wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO 1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben, die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO 1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" [nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972] vom 24. Mai 1972 [DDR-GBl. II 1972, Nr. 34, S. 379]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982), wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 598) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 3. Februar 1986 (DDR-GBl. I 1986, Nr. 6, S. 50) zu treffen waren. Danach spielte zum Beispiel der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§ 6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§ 6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982).

 

Weder zu den individuellen Leistungskennziffern des Klägers noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe maßgeblichen Faktoren konnten der Kläger oder der Zeuge nachvollziehbare Angaben tätigen.

 

Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien berücksichtigt worden sind – etwa, weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten –, genügen nicht, um den Zufluss von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an den Kläger glaubhaft zu machen. Denn hierfür wäre – wie ausgeführt – erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des vom Kläger geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.

 

bb)

Allerdings kommt für die Zeiträume der Geltung

  • der "Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1968) vom 26. Juni 1968 (DDR-GBl. II 1968, Nr. 67, S. 490) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1968) vom 10. Dezember 1969 (DDR-GBl. II 1969, Nr. 98, S. 626),
  • der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1971) vom 20. Januar 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 16, S. 105) und
  • der Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 sowie in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973, mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden,

von Juli 1968 bis Dezember 1982 (also bis zum Inkrafttreten der Prämienfond-VO 1982 am 1. Januar 1983) eine Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe in Betracht.

 

Für diese Zeiträume legten

  • § 9 Abs. 7 Prämienfond-VO 1968,
  • § 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971 und
  • § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Prämienfond-VO 1972

nämlich verbindlich fest, dass der Prämienfond (auch) bei leistungsgerechter Differenzierung der Jahresendprämie ermöglichen musste, dass die Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen ein Drittel seines (durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrug. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden Jahresendprämie durfte nach § 12 Nr. 6 Satz 2 Prämienfond-VO 1971 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 nur dann unterschritten werden, wenn der Werktätige nicht während des gesamten Planjahres im Betrieb tätig war und einer der Ausnahmefälle des § 5 Abs. 1 Satz 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 vorlag. Diese Regelungen bestätigen damit, insbesondere durch die Formulierung, dass die für "diese Werktätigen zu zahlende … Jahresendprämie … die Mindesthöhe von einem Drittel eines monatlichen Durchschnittsverdienstes" nur in Ausnahmefällen unterschreiten konnte, dass die Vorschriften an eine individuelle und nicht an eine generelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages des einzelnen Werktätigen anknüpften. Diese maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen sind im hier vorliegenden Zusammenhang der Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen daher als "generelle Anknüpfungstatsachen" bzw. als "generelle Tatsachen" heranzuziehen (vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19 sowie BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 14 ff.) und bestätigen – im Zeitraum ihrer Geltung – zumindest eine individuelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte. Soweit die Beklagte meint, bei dem in den vorbenannten Vorschriften enthaltenen Mindestbetrag der Jahresendprämie habe es sich lediglich um einen statistischen Wert bzw. um eine betriebliche Kennziffer gehandelt, die keine auf den einzelnen Werktätigen bezogene Individualisierung beinhaltet habe, trifft dies ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Regelungen, des systematischen Zusammenhangs der Vorschriften sowie des Sinnes und Zwecks der Normen nicht zu. Denn die Regelungen knüpfen nicht an einen "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. an einen "monatlichen Durchschnittsverdienst" aller Beschäftigten des Betriebes sondern an den "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. "monatlichen Durchschnittsverdienst" des, also des einzelnen, Werktätigen an (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Prämienfond-VO 1972) bzw. regeln ausdrücklich, dass "die Mindesthöhe der Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen" ein Drittel des, also des einzelnen, monatlichen Durchschnittsverdientes zu betragen hatte (§ 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971). Der durchschnittliche Monatsverdienst bzw. der monatliche Durchschnittsverdienst – der sich nach § 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 nach der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551, berichtigt in DDR-GBl. II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO) vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt in DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) richtete – war stets eine individuelle und gerade keine generelle (etwa alle Beschäftigten in ihrer Gesamtheit erfassende) Bezugsgröße. Zutreffend ist zwar, wie auch die Beklagte vorträgt, dass ein grundsätzlicher Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung in Form von Jahresendprämie nur dann bestanden hat, wenn es der Prämienfonds ermöglichte, mindestens ein Drittel eines durchschnittlichen Monatsverdienstes für diese Form der materiellen Interessiertheit zur Verfügung zu stellen. Zutreffend ist auch, wie die Beklagte weiterhin vorträgt, dass Voraussetzung dafür war, dass Werktätige einen Rechtsanspruch auf die Leistungsprämienart "Jahresendprämie" dem Grunde nach hatten, dass der Betrieb erarbeitete Prämienmittel zumindest in diesem Umfang für die Jahresendprämie bereitstellte. Dass der konkrete betriebliche Prämienfond des Beschäftigungsbetriebes des Klägers in den betroffenen Jahresendprämienjahren diese Voraussetzungen konkret erfüllte, ist im konkreten Fall aber hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht worden, weil der Kläger sämtliche konkrete Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Jahresendprämie in den streitgegenständlichen Jahresendprämienjahren erfüllte. Die Beklagte (und ihr folgend das Sozialgericht) verwischt mit ihrer Argumentation, dass die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall dem Grunde nach vollständig glaubhaft gemacht worden sind, wenn sie meint, eine Glaubhaftmachung der Höhe nach von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes käme nicht in Betracht, weil unklar geblieben sei, ob der Prämienfond den Mindestbetrag in der Mindesthöhe überhaupt zur Verfügung gestellt habe bzw. ob der Betrieb erarbeitete Prämienmittel im Mindestumfang überhaupt für die Jahresendprämie bereitgestellt habe, mithin, ob der Kläger dem Grunde nach überhaupt Anspruch auf Jahresendprämien gehabt habe. Deshalb beinhaltet die Argumentation der Beklagten (und ihr folgend des Sozialgerichts) einen unzulässigen, und deshalb unbeachtlichen, Zirkelschluss (sog. petitio principii).

 

Für den Zeitraum ab dem Planjahr 1983 unter Geltung der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen Prämienfond-VO 1982 kann ein derartiges oder ähnliches Ergebnis im Hinblick auf einen individuellen Mindestbetrag einer Jahresendprämie nicht mehr festgestellt werden. Die Prämienfond-VO 1982 legte einen Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen nicht mehr fest. § 9 Abs. 3 Satz 5 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr nur noch, dass die einzelnen Werktätigen (bei Erfüllung der für sie festgelegten Leistungskriterien und bei Erfüllung und Übererfüllung der für den einzelnen Betrieb festgelegten Leistungsziele) eine Jahresendprämie annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten sollten. Damit wurde in der Prämienfond-VO 1982 abweichend von den bisherigen Regelungen der Prämienfond-VO’en 1968, 1971 und 1972 weder eine Mindesthöhe noch eine zwingende Mindestvorgabe festgeschrieben. Insbesondere die Verwendung des Verbs "sollen" in der vorbezeichneten Vorschrift verdeutlicht, dass zwingende oder aus bundesrechtlicher Sicht "justiziable" Mindestbeträge nicht vorgegeben waren, die als generelle Anknüpfungstatsachen gewertet werden könnten. Auch eine „statische Fortschreibung“ der zuletzt im Planjahr 1982 unter der Geltung der Prämienfond-VO 1972 ausgezahlten Jahresendprämie des Einzelnen war damit nicht verbunden.

 

Soweit sich die Beklagte im Übrigen auf die Urteile des – seit 1. Juni 2021 nicht mehr für das Recht der Zusatzversorgung zuständigen – 4. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts vom 21. April 2020 in den Verfahren L 4 R 703/19 ZV (JURIS-Dokument, RdNr. 60) und L 4 R 461/19 ZV (JURIS-Dokument, RdNr. 63) bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass der erkennende Senat – trotz Überprüfung – keinen Anlass sieht seine begründete und ausgewogene Rechtsauffassung aufzugeben oder abzuändern. Denn die von der Beklagten zitierten Urteile des 4. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts setzen sich mit der eingehend begründeten Argumentation des 5. und 7. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts nicht auseinander, sondern gehen lediglich vom Gegenteil aus und weisen noch dazu darauf hin, dass diese Rechtsfrage in den dort entschiedenen Fällen gerade nicht entscheidungstragend war (wörtlich heißt es dort: "unabhängig von der Rechtsfrage, ob die Prämien-Verordnungen – wie vom 5. Senat des Sächsischen LSG und dem Sozialgericht angenommen – in den vorliegend streitigen Zuflussjahren von 1977 bis 1983 überhaupt als ausreichende Rechtsgrundlage für einen Rechtsanspruch auf Auszahlung von Jahresendprämien an den einzelnen Werktätigen in einer gesetzlich bestimmten Höhe herangezogen werden können, …"). Im Übrigen behandelt der erkennende Senat die Prämienverordnungen der DDR auch nicht – wie die Beklagte meint – "als Rechtsgrundlage für die Auszahlung der Jahresendprämien an den einzelnen Werktätigen"; der Auszahlungsanspruch ergibt sich allein aus § 117 Abs. 1 DDR-AGB; insoweit besteht auch keinerlei Divergenz zur Rechtsansicht des 4. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem von der Beklagten angeführten Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Oktober 2019 im Verfahren L 1 RS 2/16 (JURIS-Dokument). Denn auch in diesem wird – neben dem lediglich fast zehnseitigem "Abschreiben" aus den Urteilen des 5. und 7. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts – nur angeführt, dass die Prämienverordnungen keinen konkreten individuellen Anspruch des einzelnen Beschäftigten vermitteln. Davon geht – nochmals – auch der erkennende Senat aus. Die Prämienverordnungen werden vom erkennenden Senat lediglich als "generelle Anknüpfungstatsachen" bzw. als "generelle Tatsachen" (vgl. zu diesem Aspekt nochmals: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19 sowie BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 14 ff.) für die Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen herangezogen, wenn und soweit dieser einzelne Werktätige im konkreten Verfahren aufgrund individueller Umstände glaubhaft gemacht hat, dass er im jeweils konkreten Jahresendprämienjahr die Anspruchsvoraussetzungen nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB konkret erfüllt hatte. Einen "Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung in Form von Jahresendprämien aus den Prämienverordnungen" nimmt der erkennende Senat – entgegen der wiederholten Behauptungen der Beklagten – weder an, noch leitet er ihn hieraus ab. Die Prämienverordnungen dienen lediglich als Hilfsmittel der Glaubhaftmachung der Höhe bei Glaubhaftmachung der Bezugsvoraussetzungen dem Grunde nach. Aus diesen – bereits aufgezeigten – Gründen kann die Beklagte auch nicht mit ihrem Hinweis auf die Urteile des Landessozialgerichts Berlin/Brandenburg vom 10. März 2022 im Verfahren L 17 R 471/19 (JURIS-Dokument, RdNr. 33 ff.) und vom 24. März 2022 im Verfahren L 17 R 360/19 (JURIS-Dokument, RdNr. 37 ff.) durchdringen. Denn – wie bereits dargelegt – handelt es sich bei der vom erkennenden Senat angewandten Heranziehung der Prämienverordnungen (als Hilfsmittel der Glaubhaftmachung der Höhe bei Glaubhaftmachung der Bezugsvoraussetzungen dem Grunde nach) nicht um eine – wie vom Landessozialgericht Berlin/Brandenburg behauptete – "konservative Schätzung der Höhe der Jahresendprämie".

 

Für die vorliegende Sachverhaltskonstellation haben die erläuterten Regelungen damit für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre 1975 bis 1978 und damit für die Zuflussjahre 1976 bis 1979 Bedeutung, weil der Kläger in diesen Jahren den Zufluss von Jahresendprämien, und damit das Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen, dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat. Die Mindesthöhe ist auch konkret berechenbar, weil sich der durchschnittliche Monatsverdienst des Klägers, ausgehend von dem im Feststellungsbescheid der Beklagten vom 25. Februar 2004 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle basierenden Entgelten (Entgeltbescheinigung der W.... AG Y....-Bogenoffset X.... vom 16. Februar 2004), hinreichend individualisiert ermitteln lässt. Etwaigen Ungenauigkeiten bei der so zu Grunde gelegten Bestimmung des durchschnittlichen Monatsverdienstes bzw. des monatlichen Durchschnittsverdienstes, der sich nach § 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 nach der 1. Durchschnittsentgelt-VO in der Fassung der 2. Durchschnittsentgelt-VO richtete, trägt die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG hinreichend Rechnung, nach der glaubhaft gemachte Entgelte nur zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung sind Schwankungen die sich aus dem Durchschnittsentgelt nach Maßgabe der vorbenannten Durchschnittsentgeltverordnungen ergeben könnten, hinreichend aufgefangen, zumal diese Verordnungen sowohl für die Berechnung des Brutto- als auch des Nettodurchschnittsverdienstes galten (§ 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO) und der Berechnung des Durchschnittsverdienstes alle Lohn- und Ausgleichszahlungen zu Grunde lagen (§ 3 Abs. 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), mit Ausnahme von ganz besonderen Zahlungen (§ 3 Abs. 2 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), die ohnehin nicht Grundlage des bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts waren (unter anderem Überstundenzuschläge, zusätzliche Belohnungen, besondere Lohnzuschläge, bestimmte lohnsteuerfreie Prämien, Untertageprämien, Ausgleichszahlungen bei Teilnahme an Lehrgängen über 14 Kalendertagen, Ausgleichszahlungen infolge ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sowie Entschädigungen). Anhaltspunkte dafür, dass derartige besondere Zuschläge und Prämien Bestandteil der im Feststellungsbescheid der Beklagten vom 25. Februar 2004 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle basierenden Entgelte (Entgeltbescheinigung der W.... AG Y....-Bogenoffset X.... vom 16. Februar 2004) sind, ergeben sich aus keinem zu berücksichtigenden Blickwinkel.

 

Dies zu Grunde gelegt, sind für den Kläger Jahresendprämienzahlungen für die in den Planjahren 1975 bis 1978 erwirtschafteten und in den Zuflussjahren 1976 bis 1979 ausgezahlten Jahresendprämien wie folgt zu berücksichtigen:

 

JEP-An-spruchsjahr

Jahresarbeits-verdienst

Monatsdurch-schnittsverdienst

JEP-Mindest-betrag (= 1/3)

davon 5/6

(exakt)

JEP-Zuflussjahr

1975

9.360,00 M

780,00 M

260,00 M

216,67 M

1976

1976

10.352,56 M

862,71 M

287,57 M

239,64 M

1977

1977

11.069,37 M

922,45 M

307,48 M

256,23 M

1978

1978

13.446,29 M

1.120,52 M

373,51 M

311,26 M

1979

  

c)

Weil der Kläger den Bezug (irgend-)einer Jahresendprämie für die Planjahre 1975 bis 1978 in den Zuflussjahren 1976 bis 1979 dem Grunde nach nur glaubhaft gemacht hat, deren Höhe aber weder nachweisen noch – über die Mindesthöhe hinaus konkret – glaubhaft machen konnte, kommt eine Schätzung der Höhe dieser Prämienbeträge nicht in Betracht (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.). Denn eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat. Auch aus § 6 Abs. 5 AAÜG in Verbindung mit § 256b Abs. 1 und § 256c Abs. 1 und 3 Satz 1 SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Die prozessuale Schätzbefugnis gemäß § 287 ZPO, die nach § 202 Satz 1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und "entsprechend" anzuwenden ist, greift hier von vornherein nicht ein. Denn § 6 Abs. 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen, ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des § 287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs. 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene Schätzung scheidet damit aus. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter ausgestalten und festlegen müssen, ob und gegebenenfalls wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Eine Schätzung ist deshalb nur bei dem Grunde nach nachgewiesenen Zahlungen möglich (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17).

 

3.

Die (in der Mindesthöhe in den Jahren 1976 bis 1979 glaubhaft gemachten) zugeflossenen Jahresendprämien als Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Es handelt sich vielmehr um gemäß § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).

 

 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt anteilig das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen. Eine vollständige Kostenerstattung kam – trotz der im Berufungsverfahren nur noch für die Zuflussjahre 1976 bis 1979 in der Mindesthöhe geltend gemachten Jahresendprämien – nicht in Betracht, weil sowohl im Widerspruchs-, als auch im Klageverfahren Jahresendprämien auch für die Zuflussjahre 1989 bis 1990 in Höhe von (mindestens) 70 Prozent des Entgelts des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres als glaubhaft gemachtes Arbeitsentgelt begehrt wurden. Zudem war zu berücksichtigen, dass im Klageverfahren auch das – vom Überprüfungsantrag allerdings nicht erfasste (vgl. dazu bereits das Hinweisschrieben des Senats vom 27. Mai 2022) – Zuflussjahr 1983 (insoweit unzulässig) streitgegenständlich gestellt wurde. Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostengrundentscheidung war eine einheitliche Kostenquote für das gesamte Verfahren zu bilden.

 

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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