L 31 AS 690/22 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 53 AS 3381/22 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 AS 690/22 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
  1. Auch im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 SGG sind im Rahmen einer Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches im Sinne von § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO gemäß § 118 Abs. 1 SGG die Beweisregeln aus §§ 358 ff. ZPO zu beachten.
  2. Ergibt sich aus den so zu beachtenden vorliegenden Beweismitteln (insbesondere aus vorliegenden Urkunden und Zeugenaussagen) eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen oder das Nichtbestehen des geltend gemachten Anspruches, so ist für eine Folgenabwägung kein Raum.

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juli 2022 geändert.

 

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird insgesamt abgelehnt.

 

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg unter Beiordnung von Rechtsanwältin A H wird abgelehnt.

 

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren von dem Antragsgegner im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Juli 2022 bis zum 31. Dezember 2022 i.H.v. 80 % der Regelleistung zuzüglich Kosten der Unterkunft.

 

Der 1961 geborene Antragsteller zu 1) und die 1971 geborene Antragstellerin zu 2) sind in Beirut (Libanon) geboren und verheiratet. Sie sind libanesische Staatsbürger, halten sich nach eigenen Angaben seit 1986 in der Bundesrepublik Deutschland auf und sind jeweils im Besitz einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz. Sie sind die Eltern des 2001 geborenen Antragstellers zu 3).

 

Seit 2009 stehen die Antragsteller im Leistungsbezug nach dem SGB II.

 

Im Dezember 2016 ging bei dem Antragsgegner eine anonyme Anzeige ein, wonach der Antragsteller zu 1) im Libanon im Besitz von elf Wohnungen mit einem Wert von 3,5 Millionen $ sei. Außerdem besitze er im Libanon ein Stück Land im Wert von 300.000 $ und ein Auto im Wert von 30.000 $. Diese Besitztümer seien im Libanon auch auf seinen Namen und den Namen der Antragstellerin zu 2) gemeldet. Der anonymen Anzeige waren Kopien in arabischer Schrift beigefügt. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Schwiegersohn (im folgenden: Zeuge) des Antragstellers zu 1) die anonyme Anzeige erstattet hatte.

 

Der Antragsgegner erstattete daraufhin unter Bezugnahme auf diese anonyme Anzeige beim Polizeipräsidenten in Berlin im Januar 2017 Strafanzeige wegen des Verdachtes des Betruges gemäß § 263 StGB gegen den Antragsteller zu 1), bewilligte aber zuletzt für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2018 weiterhin Leistungen nach dem SGB II.

 

Den Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab dem 1. Januar 2019 lehnte der Antragsgegner dann wegen vorhandenen Vermögens und einer daraus resultierenden fehlenden Hilfebedürftigkeit ab.

Die anwaltlich vertretenen Antragsteller beantragten daraufhin bei dem Sozialgericht Berlin den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Das Sozialgericht Berlin (Aktenzeichen: S 108 AS 224/19 ER) führte in diesem Verfahren eine nichtöffentliche Sitzung mit Beweisaufnahme mit Vernehmung des Zeugen durch. In dieser Sitzung erklärte der Antragsteller zu 1) insbesondere, dass seine Familie im Libanon weder besonders arm, noch besonders reich sei und er nicht über Immobilien dort verfüge. Der Name I komme im Libanon sehr häufig vor. Er habe als Miterbe lediglich eine Immobilie geerbt, für diese laufe jedoch eine Erbauseinandersetzung. Er sei auch nicht oft im Libanon, dafür reiche das Geld nicht. Er lebe von geliehenem Geld und dem Verkauf einzelner Möbel. Sein Schwiegersohn/der Zeuge sei bei der Hisbollah, sage die Unwahrheit und habe ihm mit dem Tode bedroht. Der Zeuge sagte ausweislich des Sitzungsprotokolls der nichtöffentlichen Sitzung vom 13. Februar 2019 aus, im Libanon und im Verwandtenkreis sei es allgemein bekannt, dass der Antragsteller zu 1) Millionär sei, in Deutschland lebe er allerdings ganz bescheiden. Er selbst sei nicht bei der Hisbollah und sei umgekehrt vom Schwiegervater mit dem Tode bedroht und von den Schwiegereltern körperlich verletzt worden. Hierzu existiere ein Krankenhausbericht, das Strafverfahren zu der zugrundeliegenden Körperverletzung sei allerdings eingestellt worden.

 

Mit Beschluss vom 18. Februar 2019 hat das Sozialgericht Berlin im damaligen Verfahren (S 108 AS 224/19 ER) den Antragsgegner im wesentlichen antragsgemäß zur vorläufigen Leistungserbringung für den Zeitraum Januar bis Juli 2019 verpflichtet. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, es bestehe möglicherweise ein Anordnungsanspruch. Ob Hilfebedürftigkeit vorliege, sei nicht abschließend festzustellen, weil im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geklärt werden könne, ob verwertbares Immobilienvermögen im Libanon zur Verfügung stehe. Zwar würden einige von der Staatsanwaltschaft Berlin ermittelte Umstände darauf hindeuten, dass ein beträchtliches Immobilienvermögen im Libanon vorhanden sei. Insbesondere spreche der Bericht des Libanesischen Justizministeriums vom 3. September 2018 dafür. Andererseits weise dieser Bericht beachtliche Fehler und Widersprüche auf, so beispielsweise beim Tagesdatum im Geburtsdatum des Antragstellers zu 1) und der korrekten Schreibweise des Namens der Mutter der Antragstellerin zu 2). Denkbar sei auch das eine Namensgleichheit vorliege. Gleiches gelte auch für die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft; auch hier seien aufgrund (geringfügiger) Namensabweichungen Unstimmigkeiten festzustellen. Schließlich bestünden zum Zeugen offensichtlich familiäre und religiöse Streitigkeiten und es sei nicht klar, ob es sich überhaupt um verwertbares Vermögen handele. Insgesamt sei daher im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden und die gehe zugunsten der Antragsteller aus.

 

Auch in den Folgezeiträumen erwirkten die Antragsteller in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entsprechende Entscheidungen des Sozialgerichts Berlin, in denen regelmäßig jeweils auf den Beschluss vom 18. Februar 2019 und die weiteren Entscheidungen verwiesen wurde und im Rahmen einer Folgenabwägung Leistungen zugesprochen wurden (so mit Beschluss vom 24. Juli 2019- S 108 AS 6145/19 ER-, 28. Januar 2020- S 77 AS 187/20 ER-, 29. Juli 2020 – S 77 AS 5091/20 ER-, 11. Januar 2021 - S 77 AS 5/21 ER -, 8. Juli 2021 – S 77 AS 4267/21 ER- und 19. Januar 2022-S 53 AS 18/22 ER). Die Hauptsacheverfahren wurden wegen des eingeleiteten Strafverfahrens ausgesetzt. Gegen den Beschluss im Verfahren S 108 AS 6154/19 ER vom 24. Juli 2019 wurde die Beschwerde des Antragsgegners durch Beschluss des 10. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. August 2019 (L 10 AS 1491/19 B ER) als unzulässig verworfen, weil der Antragsgegner der aus dem angefochtenen Beschluss resultierenden Verpflichtung nachgekommen war und so die einstweilige Anordnung erledigt sei.

 

Auch im vorliegenden Verfahren hat das Sozialgericht Berlin den Antragsgegner mit Beschluss vom 18. Juli 2022 im wesentlichen antragsgemäß zur vorläufigen Leistungserbringung für den Zeitraum Juli bis Dezember 2022 verpflichtet und hat zur Begründung unter Hinweis auf die zahlreichen vorherigen Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht ausgeführt, dass im Wege einer Folgenabwägung Leistungen zu gewähren seien.

 

Gegen diese Entscheidung hat der Antragsgegner am 20. Juli 2022 Beschwerde eingelegt.

In zahlreichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren seien den Antragstellern vom Sozialgericht Berlin seit 2018 durchgehend aufgrund von Folgenabwägungen Leistungen zugesprochen worden. Dabei sei aber übersehen worden, dass zumindest einige der Immobilien zweifelsfrei beiden Antragstellern zuzuordnen seien, da sie ihnen nach dem libanesischen Grundbuch zusammen gehören würden. Seien allerdings beide als Eigentümer aufgelistet, bestünden jedenfalls keine vernünftigen Zweifel mehr am Eigentum. Im Übrigen sei der Betrugsverdacht durch weitere Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Libanon erhärtet worden. Es bestünde danach kein vernünftiger Zweifel mehr, dass den libanesischen Behörden bekannt gewesen sei, um welche Personen es sich gehandelt habe und worauf sich die Auskünfte beziehen. Abgesehen von den zahlreichen Immobilienwerten verfüge der Antragsteller zu 1) zudem als Halter über einen VW Touareg, der mit einem Listenpreis von über 68.000 € allein die Vermögensfreibeträge in Höhe von insgesamt 22.800 € „sprengen“ würde und sofort verwertbar sei.

 

Die Antragsteller haben anwaltlich vortragen lassen, sie verfügten über keinerlei Vermögen im Ausland und seit einer Hausdurchsuchung der Staatsanwaltschaft im Jahre 2017 hätten sie nichts mehr von den Vorwürfen gehört. Es sei erstaunlich, dass strafrechtlich nichts weiter geschehen sei, wenn die vorgelegten Ermittlungsberichte aussagekräftig sein sollten.

 

Der erkennende Senat hat die Akten der Staatsanwaltschaft Berlin (282 JS 2300/17, drei Bände, im folgenden: StA- Akten) beigezogen und Kopien hiervon als Beiheft zu den Akten genommen.

Aus diesen StA-Akten ist insbesondere ersichtlich, dass es sich bei den mit der anonymen Anzeige übersandten Kopien um vom Ministerium des Auswärtigen und der Libanesen im Ausland beglaubigte Kopien der Generaldirektion für Grundeigentum/Informationsblatt über Grundeigentum in der Libanesischen Republik handelt, nach denen der Antragsteller zu 1) bei insgesamt elf Immobilien im Libanon als im „Privateigentum“ stehend eingetragen ist (Stand: November 2016) (Bd. I, Bl. 24 ff der StA- Akten). Die Antragstellerin zu 2) war danach bei zwei Immobilien als Eigentümerin eingetragen (Bd. I, Bl. 27 StA-Akten). Ausweislich der Protokolle über die Zeugenvernehmung des Zeugen (Bd. I, vom 21. Dezember 2016 und 13. Dezember 2017, Bl. 66f. und 88 ff. StA -Akten) gab dieser zu Protokoll, dass er große Schwierigkeiten mit seinem Schwiegervater seit dem Beginn des Syrien- Krieges habe. Er sei Schiit und der Antragsteller zu 1) Sunnit. Seitdem hätte die Spannung zwischen beiden zugenommen und er sei von Familienmitgliedern verprügelt (Bd. I, Bl. 59 StA -Akten) worden und sehe sich vom Schwiegervater/Antragsteller zu 1) mit dem Tode bedroht. Nachdem er gemerkt habe, dass die Antragsteller ihn als Lügner dastehen lassen wollen, habe er sich einen Grundbuchauszug vom Antragsteller zu 1) und der Antragstellerin zu 2) aus dem Libanon besorgt, aus dem hervorgehe, dass beide insgesamt 3,5 Millionen $ an Immobilienbesitz hätten. Diese Unterlagen habe er von seiner Familie aus dem Libanon erhalten, weil auch sie im Libanon von der Familie der Antragsteller bedroht worden sei. Außer den Immobilien habe der Antragsteller zu 1) dort auch einen VW, größer als ein Tiguan. Den habe er hier gekauft und allein die Transportkosten in den Libanon hätten sich auf ca. 14.000 $ belaufen. Der Antragsteller zu 1) habe deutschlandweit einen Autohandel betrieben und Fahrzeuge angekauft. Weiter ist den Akten der Staatsanwaltschaft das Protokoll einer Hausdurchsuchung bei den Antragstellern (am 14. November 2017) zu entnehmen (Bd. I, Bl. 81 ff. StA- Akten). Außerdem ist der staatsanwaltschaftlichen Akte ein Rechtshilfeersuchen an die Justizbehörden in der Libanesischen Republik vom 15. März 2018 zu entnehmen (Bd. I, Bl. 154 StA-Akten) und die Antwort der Generalstaatsanwaltschaft der Libanesischen Republik (Bd. I, Bl. 187 ff. StA-Akten), nach der den Antragstellern im Libanon zahlreiche Immobilien ganz oder teilweise gehören (im Bereich des Grundbuchamtes im A-Gebiet drei Immobilien und im Bereich des Grundbuchamtes C-Region sieben Immobilien), laut Auskunft der Finanzabteilung der Jabal Libanon mit einem Gesamtwert in Höhe von über 1,7 Milliarden libanesische Lira (Bd. I, Bl. 191 StA- Akten). Auf eine weitere Anfrage der Staatsanwaltschaft Berlin vom 28. Juni 2019 (Bd. II, Blatt 77 StA -Akten) teilte die Botschaft des Libanon in der Bundesrepublik Deutschland mit Schreiben vom 15. Oktober 2019 mit, dass die im Rahmen eines Eigentumserwerbes einer Immobilie im März 2011 ausweislich des Vertragsprotokolls vorgelegten Ausweisdokumente mit den dazugehörigen Ausweisnummern echt sind und für die Antragsteller ausgestellt wurden (Bd. II, Bl. 93 StA-Akte). Schließlich führte das Bundeskriminalamt (BKA) in Zusammenarbeit mit libanesischen Behörden weitere Ermittlungen im Libanon durch und erteilte zu den Ermittlungsergebnissen Auskunft (Vermerk vom 24. September 2020, Bd. II Bl. 191 der StA-Akten, Vermerk vom 29. Oktober 2020, Bd. II, Bl. 194 StA-Akten, Vermerk vom 30. Oktober 2020, Bd. II, Bl. 196 StA-Akten, Vermerk vom 14. April 2021, Band II Bl. 223 StA- Akten und E-Mail vom 14. Dezember 2021, Bd. II Bl. 240 StA-Akten). Nach diesen Ermittlungen kann eine Grundstücks-Recherche im Libanon auch von Privatpersonen erfolgen, die Grundbuchämter würden ähnlich wie in Deutschland geführt, die angegebenen Werte der Grundstücke seien regelmäßig eher zu niedrig angesetzt- keinesfalls zu hoch, bei der Übersetzung aus der arabischen Schrift entstünden aufgrund von Transkriptionsproblemen gelegentlich Ungenauigkeiten, bei Vorortterminen seien die Wohnungen festgestellt worden und ein VW Touareg mit dem Kennzeichen 0 212267 in einer Parkbox einer Immobilie festgestellt worden, dessen Halter nach Auskunft der International Security Forces (ISF) der Antragsteller zu 1) sei. Außerdem wurde festgestellt, dass der Umtauschkurs libanesische Lira/US-Dollar nach dem seit 1997 festgelegten Umtauschkurs bei 1.507,5 Lira = 1 $  liege (Bd. III, Bl. 203 StA- Akte). Weitere Ermittlungen würden sich aufgrund der Lage im Libanon als äußerst schwierig gestalten bzw. seien ergebnislos verlaufen (Bd. III, Bl. 240 StA -Akte).

Gegen die Antragsteller wurde schließlich Anklage erhoben (Bd. II, Bl. 115 StA Akte), die mit Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten (232b Ls) 282 JS 2300/17 (1/20)vom 16. Juni 2022 zur Hauptverhandlung zugelassen wurde (Bd. III, Bl. 16 StA-Akte).

 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte des Beschwerdegegners und die beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Berlin bzw. des Amtsgerichts Tiergarten Bezug genommen.

 

II.

 

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.

 

Nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass die Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO).

Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zur Überzeugung des erkennenden Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. Bundessozialgericht –BSG-, Beschluss vom 8. August 2001, B 9 V 23/01 B, Rn. 5, zitiert nach juris). Auch im Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 4. April 1990, Bs IV 8/90, zitiert nach juris).

 

Vorliegend hat das Sozialgericht Berlin dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Unrecht überwiegend stattgegeben.

 

Ein Anspruch auf eine einstweilige Anordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) besteht jedenfalls deshalb nicht, weil ein Anordnungsanspruch nach dem Ergebnis des Verfahrens nicht besteht. Zur Feststellung eines solchen Anordnungsanspruches gehört insbesondere die zumindest als möglich erscheinende Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 3, § 9 SGB II. Eine Hilfebedürftigkeit in diesem Sinne ist nicht gegeben und damit ein Anordnungsanspruch ausgeschlossen, wenn der Lebensunterhalt ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen gesichert werden kann (vergleiche § 9 Abs. 1 SGB II). Zu dem zu berücksichtigenden Vermögen gehören insbesondere nicht angemessene oder nicht selbstgenutzte Hausgrundstücke oder eine entsprechende Eigentumswohnung (§ 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II) und ein nicht angemessenes Kraftfahrzeug (§ 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II).

 

Vorliegend besitzen die Antragsteller verwertbares Vermögen im Libanon, sodass eine Hilfebedürftigkeit nicht festgestellt werden kann. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat insbesondere aufgrund der Ermittlungsergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens.

 

Das Sozialgericht Berlin konnte in der hier angegriffenen Entscheidung unter Hinweis auf den Beschluss der 108. Kammer vom 18. Februar 2019 und zahlreiche Folgebeschlüsse verschiedener Kammern des Sozialgerichts Berlin diese Überzeugung nicht gewinnen und hat stattdessen Leistungen für den streitigen Zeitraum aufgrund einer Folgenabwägung zugesprochen. Hierbei hat es allerdings die Anforderungen an einen Nachweis zur Bildung einer Überzeugung überspannt und stattdessen rechtsfehlerhaft aufgrund einer Folgenabwägung entschieden. Eine Folgenabwägung ist nicht zulässig, wenn die maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen für eine ausreichende Überzeugungsbildung geklärt sind.

 

Gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Hierbei ist eine absolute Gewissheit so gut wie nie möglich und auch nicht erforderlich; ausreichend ist an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit (Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 13. Aufl., 2020, § 128 Rn. 3b, mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Tatsache in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen; gewisse Zweifel sind unschädlich, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (Keller, a.a.O., § 128 Rn. 3b, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Das Gericht würdigt hierbei das Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der Beweisaufnahme frei nach der Überzeugungskraft der jeweiligen Beweismittel und des Beteiligtenvortrags unter Abwägung aller Umstände und insbesondere einander widersprechender Beweisergebnisse darauf, ob die maßgebenden Tatsachen mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, geboten ist eine lebensnahe Beweiswürdigung mit ausgewogenen Ergebnissen (Keller, a.a.O., § 128 Rn. 4, mit weiteren Nachweisen). Bei der Beweiswürdigung sind nach § 118 SGG die Regeln der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend anzuwenden, insbesondere zur Beweiskraft von Urkunden nach §§ 415-419 ZPO (Keller, a.a.O., § 128 Rn. 4b, und § 118 Rn. 13a, mit weiteren Nachweisen).

 

Nach diesen Grundsätzen hat der Senat keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Antragsteller insbesondere Eigentümer zahlreicher werthaltiger Immobilien im Libanon sind.

 

Dies ergibt sich zum einen aus den Zeugenaussagen, die gemäß § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 373 ff. ZPO auch im sozialgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu berücksichtigen sind.

In insgesamt drei Vernehmungen (in der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Berlin am 13. Februar 2019 und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren am 21. Dezember 2016 und 13. Dezember 2017) hat der Zeuge durchgehend ausgesagt, dass die Antragsteller über zahlreiche Immobilien im Libanon verfügen mit einem Gesamtwert von mehreren Millionen Euro. Gewichtige Zweifel hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen oder der Glaubhaftigkeit seiner Aussage sind nicht ersichtlich.

 

Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen hat die 108. Kammer des Sozialgerichts Berlin in ihrer damaligen Beweiswürdigung im Beschluss vom 18. Februar 2019 (S 108 AS 224/19 ER), auf die sämtliche Folgeentscheidungen letztlich verweisen, zwar wohl zutreffend erwähnt, dass zwischen dem Zeugen und dem Antragsteller zu 1) familiäre und religiöse Spannungen vorliegen. Dies allein rechtfertigt aber keine durchgreifenden Bedenken an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, wenn hierzu keine weiteren Erkenntnisse vorliegen, insbesondere die Aussage in sich kongruent ist, mit den sonstigen Ermittlungsergebnissen im Einklang steht und allgemeinen Erfahrungssätzen entspricht. Gründe für eine fehlende Glaubwürdigkeit des Zeugen wurden allerdings nicht weiter genannt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Stattdessen erscheinen die Aussagen durchaus als nachvollziehbar. So darf beispielsweise als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass innerhalb der unterschiedlichen muslimischen Glaubensrichtungen teilweise erhebliche Spannungen vorliegen und sogar in jüngster Vergangenheit zu Kriegen und Gewaltsexzessen geführt haben. Es ist deshalb durchaus nachvollziehbar, dass solche Spannungen auch innerhalb einer Familie zu Konflikten führen und eine Familie entzweien können. Vorliegend wurden diese Spannungen durch den Antragsteller zu 1) auch bestätigt, allerdings anders begründet und es steht fest, dass der Zeuge tatsächlich erheblich verletzt und in ärztlicher Behandlung war. Dies kann erklären, dass der Zeuge innerhalb einer Familie als Schwiegersohn zur Aussage gegen den Schwiegervater (dem Antragsteller zu 1) bereit war; daraus kann aber nicht ohne weiteres abgeleitet werden, dass dieser Aussage mangels Glaubwürdigkeit des Zeugen kein Glauben zu schenken sei.

 

Die Zeugenaussagen sind auch durchaus glaubhaft. Alle drei Zeugenaussagen sind in sich nicht widersprüchlich, werden durch weitere Erklärungen plausibilisiert und stehen im Einklang mit den sonstigen Ermittlungen und allgemeinen Erfahrungssätzen. Der Zeuge hat seine eigenen Kenntnisse nachvollziehbar erklärt, insbesondere aus seiner Eigenschaft als Familienmitglied und die Unterstützung seiner Familie im Libanon durch Informationsbeschaffung. Er hat beispielsweise zutreffend auf das Vorhandensein eines VW-Pkw hingewiesen „größer als ein Tiguan“; von den Ermittlungsbehörden im Libanon wurde schließlich ein VW Touareg identifiziert, als dessen Halter der Antragsteller zu 1) festgestellt wurde. Ganz erheblich für die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage sprechen zudem die vom Zeugen vorgelegten Grundbuchauszüge und die weiteren Ermittlungsergebnisse im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren.

 

Diese Grundbuchauszüge sind nach § 118 SGG i.V.m. §§ 415 ff. ZPO ebenfalls im sozialgerichtlichen Verfahren als Urkundenbeweis zu werten, ebenso wie weitere öffentliche Urkunden im Sinne des § 415 ZPO und stellen damit zum anderen eine weitere gewichtige Erkenntnisquelle für die Erlangung einer Überzeugung im Sinn von § 128 SGG dar. Außer den Grundbuchauszügen sind in der Akte zum staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren zahlreiche weitere Urkunden enthalten, die sämtlich die Angaben des Zeugen zum vorhandenen Immobilienvermögen im wesentlichen bestätigen. Zu nennen sind hier beispielsweise die im Rahmen des Rechtshilfeersuchens durch das Außen- und Immigrationsministerium der Libanesischen Republik erteilte Auskunft vom 17. September 2018 zu den Auskünften der Grundbuchämter und der Finanzabteilung über das Immobilienvermögen im Libanon, die Auskunft der Botschaft des Libanon in der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Oktober 2019 über die Identität der beim Eigentumserwerb 2011 ausweislich des damaligen Vertragsprotokolls vorgelegten Ausweisdokumente der Antragsteller zu 1) und 2) und die zahlreichen Mitteilungen des BKA über die Ermittlungen im Libanon vom 24. September 2020, 29. Oktober 2020 und 30. Oktober 2020.

 

Bei seiner Entscheidung verkennt der Senat nicht, dass durchaus Zweifel an der Richtigkeit von Urkunden angebracht sein können, die gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren aufzuklären wären. In ständiger Rechtsprechung hat der Senat allerdings bereits entschieden, dass einer Urkunde grundsätzlich ein erheblicher Beweiswert zukommt (unter anderem Beschluss vom 9. September 2020, L 31 AS 1227/20 B ER, mit weiteren Nachweisen). Offiziellen schriftlichen Auskünften staatlicher Stellen beispielsweise im Libanon, hier dem Außenministerium im Libanon und der Libanesischen Botschaft, kommt aber als öffentlicher Urkunde grundsätzlich ein hoher Beweiswert nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 415 ff. ZPO zu, da sie nach dem Gesetz den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen begründen (§ 418 Absatz 1 ZPO). Gleiches gilt nach Ansicht des Senats auch für die schriftlichen Auskünfte des BKA zu den Ermittlungsergebnissen im Libanon. Der Beweis der Unrichtigkeit der in diesen Urkunden bezeugten Tatsache ist zwar grundsätzlich zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO), aber auch erforderlich, um den Beweiswert der errichteten Urkunde zu erschüttern. Im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz sieht der Senat diese Urkunden daher zum Nachweis einer Tatsache grundsätzlich als geeignet an, solange der Beweis der Unrichtigkeit nicht erbracht ist.

 

Ein solcher Beweis der Unrichtigkeit ist vorliegend nicht ansatzweise ersichtlich. Zwar hat die 108. Kammer des Sozialgerichts in ihrer o.g. Entscheidung aus dem Jahre 2019, auf die die Folgeentscheidungen einschließlich der hier angegriffenen letztlich nur verwiesen haben, zutreffend und nachvollziehbar dargelegt, dass beispielsweise die Angabe des Geburtsdatums des Antragstellers zu 1) und der Name der Mutter der Antragstellerin zu 2) nicht ohne Zweifel sind. Das Gericht hat allerdings selbst hierzu zutreffend weiter ausgeführt, dass diese Unstimmigkeiten beispielsweise durch Schreib- und Transkriptionsfehler begründet sein können. Insofern hat der Antragsgegner zutreffend darauf hingewiesen, dass aufgrund der ansonsten herrschenden Übereinstimmungen und der mehrfachen Erklärungen der auskunftsgebenden Stellen, sowie der Ermittlungen des BKA im Libanon begründete Zweifel am wesentlichen Kern der Urkunde jeweils insgesamt nicht gerechtfertigt sind. Nach diesen Urkunden sind die Antragsteller Eigentümer diverser Immobilien im Libanon und es ist als nachgewiesen anzusehen, dass sie insbesondere im Jahre 2011 eine Immobilie erworben haben und sich damals ausweislich des Vertragsprotokolls durch Vorlage ihrer authentischen Ausweisdokumente ausgewiesen haben.

 

Allein die Behauptungen der Antragsteller, sie würden nicht über Immobilienvermögen im Libanon verfügen, wären nicht zum Erwerb solchen Vermögens in den Libanon eingereist, würden aus Kostengründen ohnehin nur sehr selten in den Libanon reisen und hätten seit der Hausdurchsuchung nichts mehr von den Vorwürfen gehört, sind nicht für einen gelungenen Beweis der Unrichtigkeit der oben genannten Urkunden geeignet. So ist beispielsweise die Behauptung, die Antragsteller hätten von der Fortführung des Strafverfahrens seit der Hausdurchsuchung keine Kenntnis mehr gehabt, schon deshalb nachweislich unzutreffend, weil die Staatsanwaltschaft mit Anklageschrift vom 22. Januar 2020 unter Hinweis auf die zahlreichen Beweismittel Anklage erhoben hat und der Strafverteidiger der Antragsteller im dortigen Strafverfahren mit Schriftsatz vom 16. April 2020 beantragt hat, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen. Zudem erfolgte mit Beschluss vom 16. Juni 2022, mithin ebenfalls vor Einleitung dieses Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz mit anwaltlichem Schriftsatz vom 1. Juli 2022, mit Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung, die ebenfalls dem Strafverteidiger zugestellt wurde. Schon vor Einleitung des hiesigen Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz waren die Antragsteller damit in Kenntnis, dass gegen sie im strafrechtlichen Verfahren zahlreiche Beweismittel, insbesondere zahlreiche Urkunden, vorliegen, Anklage erhoben und zugelassen wurde, sodass ihre Behauptung im hiesigen Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz, sie hätten aus dem Strafverfahren keinerlei Kenntnisse mehr, nachweislich nicht zutrifft.

 

In diesem Zusammenhang ist schließlich weiter festzustellen, dass eine Folgenabwägung im Rahmen von § 86b SGG nur bei einem offenen Ausgang des Verfahrens in Betracht kommt und im Rahmen einer Abwägung das Verhalten der Antragsteller im Verfahren zu berücksichtigen ist (Keller, a.a.O., § 86b, Rn. 29, mit weiteren Nachweisen). Selbst bei einer Folgenabwägung wären daher insbesondere die unwahren Angaben der Antragsteller zu dem Verlauf des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zu berücksichtigen.

 

Abschließend ist nach Ansicht des Senats schließlich auch festzustellen, dass sowohl die Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft (vergleiche § 170 der Strafprozessordnung- StPO) als auch die Zulassung zur Hauptverhandlung durch das Amtsgericht (vergleiche § 203 StPO) für einen gelungenen Nachweis des Immobilienbesitzes im Libanon sprechen, weil ein Nachweis solchen Vermögens eine Voraussetzung für eine Verurteilung nach § 263 StPO wegen Betruges zulasten des Antragsgegners wäre.

 

Schließlich spricht die Entscheidung des 10. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. August 2019 in einem vorherigen Verfahren (L 10 AS 1491/19 B ER) schon deshalb nicht gegen die gewonnene Überzeugung, weil der 10. Senat die damalige Beschwerde des Beschwerdegegners als unzulässig verworfen hat und im Übrigen lediglich auf die Ausführungen des Sozialgerichts in seiner damaligen Entscheidung verwiesen hat. Eine Auseinandersetzung mit den zahlreichen Beweismitteln aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die zum damaligen Zeitpunkt (August 2019) auch zum Teil noch nicht vorlagen, erfolgte in dem damaligen Beschluss erkennbar nicht.

 

Insgesamt ist damit abschließend festzustellen, dass die Antragsteller zu 1) und 2) insbesondere ausweislich der Zeugenaussage und der zahlreichen Urkunden aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren über umfangreichen Immobilienbesitz im Libanon verfügen, dessen Gesamtwert laut Auskunft der libanesischen Finanzbehörden mit über 1,7 Milliarden Libanesische Lira zu beziffern ist, umgerechnet (1.507,5 Lira = 1 $ ) nach den Feststellungen des BKA mithin ein Wert von (1.700.000.000 Lira oder 1700 Millionen Lira : 1507,5 =) mindestens 1.127.694,85 Millionen US-Dollar, nach derzeitigen Umrechnungskurs mithin über 1,1 Millionen €. Dazu verfügen sie zudem über einen Luxus-Pkw (VW Touareg) dessen Wert bei einem Listenpreis ab 68.000 € nach den Ermittlungen des Antragsgegners allein den Vermögensfreibetrag von 22.800 € übersteigen dürfte.

 

Soweit die Antragsteller schließlich das Vorhandensein des Immobilienvermögens generell und seine Verwertbarkeit im Speziellen bestreiten, führt dies nicht zu einer fehlenden Verwertbarkeit im Sinne von § 12 SGB II. Zum einen dürfte der vorhandene Pkw VW Touareg ohne weiteres verwertbar sein und dessen Verwertung bereits zur Deckung des Lebensbedarfs im streitigen Zeitraum ausreichend sein. Soweit auf den Immobilienbesitz abzustellen ist, ist ebenfalls von einer Verwertbarkeit auszugehen, weil das Verhalten der Antragssteller nach dem Rechtsgedanken aus § 444 ZPO als Beweisvereitelung anzusehen ist, die zu einer Umkehr der Beweislast führt und danach die Ermittlungen des Antragsgegners als bewiesen anzusehen sind (Vergleiche hierzu Keller, a.a.O., § 128 Rn. 5a, mit weiteren Nachweisen). Dies gilt schließlich auch dann, wenn der Pkw oder die Immobilien zwischenzeitlich verkauft wären, weil dann anstelle des Sachbesitzes dieser Dinge der Besitz des Verkaufserlöses treten würde.

 

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 73 a SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) abzulehnen. Zwar ist in dem hiesigen Beschwerdeverfahren nach § 73a SGG i.V.m. § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, weil der Antragsgegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Angesichts des nachgewiesenen Vermögens der Antragsteller im Libanon ist aber eine Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 114 ZPO, die in jedem Fall zu prüfen ist, nicht erkennbar.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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