L 6 AS 376/22

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 21 AS 1124/19
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 376/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Der Beteiligte ist im Widerspruchsverfahren erneut anzuhören, wenn die Behörde in dessen Rahmen weitere Ermittlungen durchführt und diese zur Grundlage ihrer Entscheidung machen möchte (Anschluss an BSG, Urteil vom 15. August 2002 - B 7 AL 38/01 R -).

2. Der Topos der rechtlichen Einheit allein vermag die Einbeziehung später ergangener Bewilligungsbescheide für Teile des Minderungszeitraums in ein anhängiges Rechtsbehelfsverfahren gegen einen Minderungsbescheid nicht zu bewirken.
 


I.    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Juli 2022 abgeändert: Die beiden Minderungsbescheide der Beklagten vom 17. Februar 2016 in Gestalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 werden aufgehoben. Der Leistungsbescheid der Beklagten vom 17. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger höheres Arbeitslosengeld II für März 2016 unter Absehung von der sich aus den aufgehobenen Bescheiden ergebenden Minderung zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.    Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.

III.    Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Minderung der dem Kläger zustehenden laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) von März bis Mai 2016 um zusammen zwanzig Prozent des für ihn maßgebenden Regelbedarfs wegen zweier Meldeversäumnisse.

Der Kläger ist im Jahr 1986 geboren, wohnte (und wohnt) in A-Stadt und damit im Zuständigkeitsbereich der Beklagten und ist deutscher Staatsangehöriger. Die Beklagte bewilligte ihm auf einen im September 2015 gestellten Antrag zunächst Arbeitslosengeld II für September und Oktober 2015. Durch Bescheid vom 29. Oktober 2015 folgte die Bewilligung für die Zeit von November 2015 bis Februar 2016. Wegen der Einzelheiten wird – ebenso wie auf die im Folgenden unter Angabe der Aktenfundstelle aufgeführten Unterlagen – auf den Bescheid (Leistungsakte – im Folgenden: LA – Bl. 163 ff.) Bezug genommen. 

Zeitnah zur Erstantragstellung hatte am 18. September 2015 bereits ein erstes Arbeitsberatungsgespräch bei der Beklagten wegen der Eingliederung des Klägers in den Arbeitsmarkt stattgefunden. Am 6. Oktober 2015 sollte ein weiterer Termin folgen, in dessen Rahmen nach den Vorstellungen der Beklagten eine Eingliederungsvereinbarung hätte unterzeichnet werden sollen. Zu diesem Termin erschien der Kläger jedoch nicht, ohne Gründe hierfür mitzuteilen.

Die Beklagte lud ihn daraufhin mit Schreiben vom 8. Oktober 2015 (LA Bl. 126 f.) zu einem „Beratungs- und Vermittlungsgespräch“ am 19. Oktober 2015 ein. Das Schreiben enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung für den Fall des Nichterscheinens, in der es unter anderem hieß, die Absenkung der Leistungen wegen eines Meldeversäumnisses beginne „mit dem Kalendermonat nach Zustellung des entsprechenden Bescheides über die Minderung“. 

Der Kläger erschien auch am 19. Oktober 2015 nicht. Die Beklagte lud ihn daraufhin mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 (LA Bl. 146 f.) und gleichlautender Rechtsfolgenbelehrung erneut zu einem „Beratungs- und Vermittlungsgespräch“, nunmehr am 5. November 2015, ein. Auch zu diesem Termin erschien der Kläger nicht, ohne Gründe hierfür mitzuteilen.

Nach Anhörung durch Schreiben vom 20. Oktober 2015 (LA Bl. 144) – wegen des Nichterscheinens am 19. Oktober 2015 – beziehungsweise vom 21. Januar 2016 (LA Bl. 221) – wegen des Nichterscheinens am 5. November 2015 –, auf die der Kläger nicht reagierte, erließ die Beklagte am 17. Februar 2016 zwei Bescheide (LA Bl. 250 f. und 252 f.), mit denen sie die Leistungen des Klägers für den Zeitraum von März bis Mai 2016 jeweils um zehn Prozent des für ihn maßgebenden Regelbedarfs minderte. Durch weiteren Bescheid unter demselben Datum (LA Bl. 254) gewährte sie dem Kläger auf einen zuvor gestellten Weiterbewilligungsantrag Arbeitslosengeld II zunächst nur für den Monat März 2016 in Höhe von 323,20 Euro, wobei sie, ausgehend von einem monatlichen Regelbedarf von 404,- Euro, die beiden festgestellten Minderungen mit einem Betrag von zusammen 80,80 Euro berücksichtigte. 

Gegen alle drei Bescheide legte der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 24. Februar 2016 Widerspruch (LA Bl. 268 f.) ein. Zur Begründung (LA Bl. 291 ff.) machte er insbesondere geltend, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sein Erscheinen zu den Terminen erforderlich gewesen sein solle. Er habe bereits am 18. September 2015 an einem Beratungsgespräch teilgenommen, anlässlich dessen verschiedene Absprachen getroffen worden seien. Für die Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung sei eine Vorsprache nicht notwendig gewesen. Hinzu komme, dass eine Arbeitsvermittlung angesichts seiner [drohenden] Obdachlosigkeit offenkundig kein vorrangiges Ziel habe sein können. 

Nachfolgend stellte die Beklagte durch Bescheid vom 4. März 2016 (LA Bl. 279 f.) eine weitere Minderung in Höhe von zehn Prozent des maßgebenden Regelbedarfs für die Zeit vom 1. April 2016 bis zum 30. Juni 2016 wegen eines Meldeversäumnisses am 21. Januar 2016 fest. Zudem rechnete sie durch Bescheid vom 8. März 2016 (LA Bl. 285 f.) mit einer Erstattungsforderung in Höhe von 965,10 Euro aus dem Jahr 2013 ab April 2016 gegen die laufenden Leistungsansprüche des Klägers in einem Umfang von monatlich 119,70 Euro auf. 

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wegen der beiden im hiesigen Verfahren streitigen Minderungsentscheidungen holte die Beklagte eine interne Stellungnahme bei dem für den Kläger im maßgeblichen Zeitraum zuständigen persönlichen Ansprechpartner C. ein. Dieser führte unter dem 16. März 2016 (LA Bl. 297) aus, er habe am 18. September 2015 lediglich ein Erstgespräch mit dem Kläger geführt. In den Folgegesprächen hätten weitere Maßnahmen erörtert werden sollen wie Wohnraumhilfe, Schuldnerberatung, Ermittlung des Qualifizierungsbedarfs, Erstellung von Bewerbungsunterlagen, Vermittlung auf eine Arbeitsstelle in Verkauf/Einzelhandel etc. Hierzu sei eine Kontaktdichte von mindestens einmal monatlich nötig gewesen. 

Durch drei Widerspruchsbescheide, alle vom 22. März 2016 (LA Bl. 304 ff., Bl. 308 ff. und Bl. 312 ff.), wies die Beklagte anschließend – ohne den Kläger zu der Stellungnahme ihres Mitarbeiters angehört zu haben – die Widersprüche gegen die beiden Minderungsbescheide sowie gegen den Bewilligungsbescheid vom 17. Februar 2016 zurück. Sie begründete dies hinsichtlich der vom Kläger in Frage gestellten Notwendigkeit der Vorsprachen unter anderem mit den Angaben des persönlichen Ansprechpartners. 

Anschließend gewährte sie dem Kläger mit Bescheid vom 1. April 2016 (LA Bl. 317 ff.) für April 2016 Leistungen in Höhe von 282,80 Euro; dabei berücksichtigte sie den Regelbedarf in Höhe von 404,- Euro sowie die drei Minderungen von zusammen 121,20 Euro aus den beiden Bescheiden vom 17. Februar 2016 und dem weiteren Bescheid vom 4. März 2016, nicht dagegen die Aufrechnung durch den Bescheid vom 8. März 2016. 

Die Gewährung von Leistungen ab dem 1. Mai 2016 versagte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 25. April 2016 (LA Bl. 333 f.), da der Kläger von ihr angeforderte Unterlagen, namentlich vollständige Kontoauszüge, nicht eingereicht habe. Nachdem der Kläger weitere Unterlagen vorgelegt hatte, bewilligte sie mit Bescheid vom 27. April 2016 (LA Bl. 347 ff.) Leistungen für Mai 2016 in unveränderter Höhe von 282,80 Euro und also weiterhin unter Berücksichtigung der drei Minderungsbescheide. 

Bereits zuvor hatte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 25. April 2016 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben und dabei die Aufhebung der Sanktionsbescheide und die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von „Leistungen in gesetzlicher Höhe“ unter Abänderung des [Bewilligungs ]Bescheides vom 17. Februar 2016 beantragt. Zur Begründung hat er wie im Widerspruchsverfahren insbesondere geltend gemacht, eine Notwendigkeit für die Meldetermine im Oktober und November 2015 habe nicht bestanden. Die hierzu in den Widerspruchsbescheiden angegebenen geplanten Gesprächsinhalte widersprächen einem Beratungsvermerk vom 18. September 2015, wonach der Kläger „marktnah“ sei und sich Einschränkungen nur durch die Eintragung im Führungszeugnis ergäben. Für eine Vermittlung in den Einzelhandel sei die Übersendung entsprechender Stellenangebote durch die Beklagte an ihn ausreichend gewesen. Die Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung, wie sie von der Beklagten vorgesehen gewesen sei, habe auch auf postalischem Weg erfolgen können. Zudem sei der konkrete Meldezweck im Rahmen der Einladungen nicht genannt gewesen und nicht erkennbar, dass die Beklagte ihr Ermessen im Vorfeld der Meldeaufforderungen ausgeübt habe. Weiter genüge die Rechtsfolgenbelehrung in den Einladungsschreiben den Anforderungen der Rechtsprechung nicht. Dort heiße es, der Sanktionszeitraum beginne mit dem Kalendermonat „nach Zustellung“ des Sanktionsbescheides. Hier sei aber keine Zustellung, sondern nur eine formlose Bekanntgabe des Bescheides erfolgt (Hinweis auf Hess. LSG, Beschluss vom 26. August 2013 – L 9 AS 614/13 B ER –). Auch sei es unzulässig, dass die Darlegung eines wichtigen Grundes innerhalb von einer Woche verlangt worden sei. Im Rahmen eines Erörterungstermins hat der Kläger zudem geltend gemacht, die Umstände hätten es nicht zugelassen, dass er zu den Meldeterminen erscheine, da er damals seine Wohnung verloren habe. Zwar sei er zum damaligen Zeitpunkt noch in seiner Wohnung gewesen. Es sei jedoch klar gewesen, dass er bald „raus müsse“. Er habe verzweifelt nach einer Ersatzunterkunft gesucht. 

Das Sozialgericht hat, ausgehend von den bei Klageerhebung schriftsätzlich gestellten Anträgen, die Klage durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2022 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Minderungen der Leistungen für den Zeitraum März bis Mai 2016 seien zu Recht festgestellt worden. Der Kläger sei zu den Meldeterminen am 19. Oktober 2015 und 5. November 2015 nicht erschienen, obwohl er hierzu jeweils ordnungsgemäß schriftlich eingeladen worden war. Die in den Einladungsschreiben angegebenen Meldezwecke genügten den Anforderungen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung an deren Konkretisierung stelle (Verweis auf BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 4 AS 27/10 R –, SozR 4-4200 § 31 Nr. 6, Rn. 25). Die vorliegend gewählte Konkretisierung mit „Beratungs- und Vermittlungsgespräch“ müsse vor dem Hintergrund dieser BSG-Entscheidung aus Sicht der Kammer genügen. Im vorliegenden Einzelfall komme hinzu, dass der Kläger erst unmittelbar zuvor dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten zugewachsen sei und es dementsprechend eine Vielzahl möglicher Beratungsgegenstände gegeben habe, wie auch aus der späteren Aufzählung des persönlichen Ansprechpartners folge. All diese potentiellen Themen bereits im Einladungsschreiben angeben zu müssen, stelle eine offensichtliche Überforderung der Leistungsträger dar. Das Gericht könne auch bei der Entscheidung über die Meldeaufforderungen keine Ermessensfehler der Beklagten erkennen (§ 54 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –; Verweis auf BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 19/14 R –, BSGE 119, 17). Denn ein Gespräch zwischen dem Kläger und der Beklagten über seine Eingliederung in Arbeit sei angesichts seiner Arbeitslosigkeit praktisch geboten gewesen. Zudem seien nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des persönlichen Ansprechpartners vermittlungsrelevante Themen wie Wohnraumhilfe, Schuldnerberatung, Ermittlung eines Qualifizierungsbedarfs, die Erstellung von Bewerbungsunterlagen und die Vermittlung auf eine Stelle im Verkauf/Einzelhandel zu besprechen gewesen. 

Die Einladungsschreiben seien weiter mit einer ordnungsgemäßen, den von der Rechtsprechung formulierten Anforderungen entsprechenden Rechtsfolgenbelehrung versehen gewesen (Verweis auf BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 60/07 R –, BSGE 102, 201). Sie seien insbesondere hinreichend konkret. Auch seien sie nach Auffassung der Kammer „richtig“. Dieses Erfordernis könne nicht zum Inhalt haben, dass bereits jeder kleine formale Fehler zur Unwirksamkeit der Belehrung führe. Maßstab müsse insofern sein, ob die Warn- und Steuerungsfunktion der Belehrung durch den Fehler beeinträchtigt werde. Dies treffe aber gerade auf den von der Klägerseite geltend gemachten Fehler, dass eine Minderung der Leistungen beginnend mit dem Folgemonat der „Zustellung“ des Sanktionsbescheides (statt richtig: des Zugangs) angedroht worden sei, nicht zu. Denn auch durch die gewählte Formulierung werde dem Leistungsberechtigten klar vor Augen geführt, dass bei einer Pflichtverletzung die Sanktion ab dem Folgemonat nach deren Feststellung drohe. Der Kläger habe auch keinen wichtigen Grund für sein Nichterscheinen vorgetragen. Die nach § 32 Abs. 2 in Verbindung mit § 31b SGB II vorgeschriebenen Rechtsfolgen habe die Beklagte schließlich zutreffend festgestellt.

Das Sozialgericht hat die Berufung zugelassen, weil das Urteil in einem entscheidungserheblichen Punkt (Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung im Einladungsschreiben: Beginn des Minderungszeitraums ab dem Monat nach „Zustellung“ des Sanktionsbescheides) von einer Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts (Beschluss vom 26. August 2013 – L 9 AS 614/13 B ER –) abweiche.

Der Kläger hat – nach Zustellung des Urteils bei seinen Prozessbevollmächtigten am 18. Juli 2022 – durch diese am 18. August 2022 Berufung eingelegt, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er auf die nach seiner Auffassung unzutreffende Rechtsfolgenbelehrung in den beiden Meldeaufforderungen hingewiesen. Zudem sei er rechtlich unzutreffend dazu aufgefordert worden, sich im Falle der Verhinderung binnen einer Woche zu melden und einen wichtigen Grund mitzuteilen. Dabei komme es für die rechtliche Bewertung nicht darauf an, ob diese Aufforderung als Bitte formuliert sei. Die Einladung sei schließlich hinsichtlich der Pflicht zur Vorsprache im Falle einer Erkrankung nicht hinreichend bestimmt.

Er beantragt, 
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Juli 2022 zum Aktenzeichen S 21 AS 1124/19 die beiden Sanktionsbescheide der Beklagten vom 17. Februar 2016 in Gestalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Änderung des Leistungsbescheides vom 17. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 Leistungen in gesetzlicher Höhe für die Zeit von März bis Mai 2016 ohne Reduzierung der gewährten Leistungen auf Grund der Minderungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die sozialgerichtliche Entscheidung und ihre Bescheide. 

Der Berichterstatter hat – als Erläuterung zu einem Vergleichsvorschlag – mit Schreiben vom 23. November 2022 darauf hingewiesen, dass für beide Beteiligte mögliche Risiken in eher formaler Hinsicht bestünden, einerseits wegen Fragen der (ausreichenden) Dokumentation der Ermessenserwägungen im Vorfeld der Meldeaufforderung sowie der (ausreichenden) Anhörung, andererseits mit Blick darauf, dass die nachfolgenden und auf der Minderung aufbauenden Leistungsbescheide für April beziehungsweise Mai 2016 möglicherweise gar nicht oder doch jedenfalls nicht im hiesigen Verfahren angegriffen seien. 

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Juli 2022 ist begründet, soweit die Minderungsentscheidungen der Beklagten vom 17. Februar 2016 in Gestalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 und das Leistungsbegehren für März 2016 und der diesbezügliche Bescheid der Beklagten ebenfalls 17. Februar 2016 in Gestalt des zugehörigen Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 betroffen sind. Diese sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Insoweit kann das Urteil des Sozialgerichts ebenso wie die beiden Sanktionsbescheide der Beklagten auf Grund unzureichender Anhörung des Klägers keinen Bestand haben. Die Beklagte ist in der Konsequenz zur Erbringung höherer Leistungen unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 17. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 zu verurteilen, allerdings nur für den Monat März 2016, da nur die Leistungsbewilligung für diesen Monat Gegenstand des Bescheides vom 17. Februar 2016 war. Soweit der Kläger höhere Leistungen auch für April und Mai 2016 geltend macht, ist die Berufung zurückzuweisen.

I. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind – neben dem Urteil des Sozialgerichts vom 13. Juli 2022 – zunächst die beiden Sanktionsbescheide der Beklagten vom 17. Februar 2016 in Gestalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016, die der Kläger – zutreffend – mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) angreift. 

Weiter hat der Kläger den Bewilligungsbescheid vom 17. Februar 2016 in Gestalt des zugehörigen Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 angegriffen, mit dem die Beklagte Leistungen unter Einbeziehung unter anderem der beiden hier streitigen Minderungsentscheidungen und also nur in Höhe von 323,20 Euro gewährt hat. Die fehlende Erwähnung des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 zu dem Bewilligungsbescheid in den schriftlich formulierten Anträgen ist unschädlich: Das Klageziel ist dennoch eindeutig und umfasst die Anfechtung des Widerspruchsbescheides; die von Anfang an gestellten Anträge lassen entsprechend auslegen; einer Klageänderung bedarf es nicht. 

Hinsichtlich des Anspruchs auf höhere Leistungen ist die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4, § 56 SGG) statthaft. Dabei ist ein Grundurteil im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG auch in einem sogenannten Höhenstreit zulässig, wenn mit Wahrscheinlichkeit von einem höheren Leistungsbetrag ausgegangen werden kann (vgl. nur BSG, Urteil vom 11. November 2021 – B 14 AS 41/20 R –, SozR 4-4200 § 11b Nr. 14, Rn. 12).

Allerdings regelt der Bewilligungsbescheid vom 17. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 gerade nur die Leistungsbewilligung für März 2016. Die Leistungen für April 2016 hat die Beklagte dagegen durch Bescheid vom 1. April 2016, die für Mai 2016 durch Bescheid vom 27. April 2016 (unter Korrektur des vorangegangenen Versagensbescheids vom 25. April 2016) bewilligt. Diese sind nicht zum Gegenstand des hiesigen Verfahrens geworden: Zunächst hat der anwaltlich vertretene Kläger sie nicht, auch nicht konkludent, zum Gegenstand seiner Anträge gemacht. Auch vermag nach Auffassung des Senats der Topos der rechtlichen Einheit eine Einbeziehung allenfalls bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen einem Minderungsbescheid und einem Leistungsbescheid, der diese Minderung bei der Leistungsberechnung berücksichtigt, zu bewirken. Rechtlich handelt es sich um selbständige Verfügungen, die daher im Grundsatz auch beide angefochten werden müssen, wenn sie beide Gegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens werden sollen. Das kann, namentlich wenn sie in engem zeitlichen Zusammenhang ergehen, selbstverständlich auch auf Grund einer durch den Meistbegünstigungsgrundsatz und der Berücksichtigung des rechtlichen Zusammenhangs geleiteten Auslegung einer Rechtsbehelfserklärung geschehen; wenn beide Entscheidungen gleichzeitig erfolgen, ist dies sicherlich die Regel. Erfolgen die beiden Verfügungen aber – wie hier – in getrennten Bescheiden und mit deutlichem zeitlichem Abstand, ist eine ausreichende prozessrechtliche Grundlage dafür, auch den (nachfolgenden) Leistungsbescheid ex lege in ein Verfahren wegen der Minderung einzubeziehen, für den Senat nicht erkennbar.

Eine Einbeziehung der Bewilligungsbescheide für April 2016 und Mai 2016 lässt sich auch nicht auf einen inhaltlichen Zusammenhang mit dem Bewilligungsbescheid für den Monat März 2016 und § 86 SGG beziehungsweise § 96 Abs. 1 SGG stützen: Die Beklagte hat mit dem Bewilligungsbescheid vom 17. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 ausdrücklich gerade nur die Leistungen für März 2016 geregelt; eine Ablehnung für April 2016 und Mai 2016 hat sie dagegen noch nicht verfügt. Im Widerspruchsbescheid hat sie zwar als Gegenstand ihrer Regelung auch die Frage bezeichnet (und hierfür Gründe angeführt), warum sie die Leistungsbewilligung auf einen Monat beschränkt hat („Bewilligungsbescheid vom 17.02.2016 (für 03/2016) und nicht darüber hinaus“). Eine Leistungsablehnung für April 2016 und Mai 2016 ist dem aber gerade noch nicht zu entnehmen; vielmehr hat die Beklagte verdeutlicht, dass aus ihrer Sicht noch Unterlagen fehlten und sie daher – wegen der Dringlichkeit der Leistungsgewährung – (nur, aber immerhin) Leistungen für März 2016 zu bewilligen bereit war; die Entscheidung für die Zeit ab April 2016 hat sie dagegen gerade noch offengehalten. Bei diesem Regelungsgehalt des Bewilligungsbescheides vom 17. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 ändern und ersetzen die nachfolgenden Leistungsbescheide vom 1. April 2016 für April und vom 27. April 2016 für Mai diesen nicht, so dass sie nicht von Gesetzes wegen zum Gegenstand des hiesigen Verfahrens werden konnten. 

Eine Einbeziehung der Bescheide im Wege der Klageerweiterung ist nicht erfolgt und hätte auch an der Bindungswirkung der Bescheide vom 1. April 2016 und 27. April 2016 nichts mehr ändern können, nachdem nicht ersichtlich ist, das der Kläger diesen (rechtzeitig) angefochten hätte. 

II. Die Berufung ist zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus der Zulassung durch das Sozialgericht, an die der Senat gebunden ist (vgl. § 144 Abs. 3 SGG), so dass es nicht darauf ankommt, dass die Abweichung, auf Grund derer die Berufung zugelassen hat, nach Auffassung des Senats nicht streitentscheidend ist. Sonstige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit bestehen nicht, insbesondere ist die Berufung form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 151 Abs. 1, § 65a Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Nr. 2 SGG).

III. Die Berufung ist, soweit sie sich auf die beiden Minderungsbescheide und die Leistungsbewilligung für März 2016 bezieht, auch begründet. Dagegen können die auf höhere Leistungen auch für April und Mai 2016 zielende Klage und damit insoweit auch die Berufung keinen Erfolg haben.

1. Die Minderungsentscheidungen sind aus formellen Gründen rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, da die Beklagte ihn nicht ausreichend angehört hat.

Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der – wie eine Minderungsentscheidung nach § 32 in Verbindung mit § 31b SGB II – in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X)). Der Betroffene soll Gelegenheit erhalten, durch sein Vorbringen zum entscheidungserheblichen Sachverhalt die entscheidende Behörde zur Überprüfung der tatsächlichen Umstände zu veranlassen, die sie ihrer Entscheidung zugrunde legen möchte, und auf diese Weise auf die vorgesehene Entscheidung Einfluss zu nehmen: Das dient zum einen der Sicherung seiner Subjektstellung im Verfahren und zum anderen der Verhinderung unzutreffender Entscheidungen (ähnl. BSG, Urteil vom 15. August 2002 – B 7 AL 38/01 R –, NZS 203, 500, 501 f.).

Da der Widerspruchsbescheid der Verwaltungsentscheidung die maßgebliche Gestalt gibt (vgl. § 95 SGG), ist der Beteiligte im Widerspruchsverfahren erneut anzuhören, wenn in dessen Rahmen weitere Ermittlungen durchgeführt (Unterlagen beigezogen, Beweiserhebungen durchgeführt) werden, die die Behörde zur Grundlage ihrer Entscheidung machen möchte (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 15. August 2002 – B 7 AL 38/01 R –, NZS 203, 500, 502; allg. zur erneuten Anhörung Mutschler, in: Rolfs u.a., beck-online Grosskommentar (Kasseler Kommentar), § 24 SGB X – Stand: 1. Juni 2019 – Rn. 22). Dies gilt nach Auffassung des Senats auch dann, wenn sich auf Grund der weiteren Ermittlungen nur die Begründung der Entscheidung ändert, und sei es nur, dass diese merklich ausdifferenziert wird.

Ausgehend von diesen Maßstäben hätte die Beklagte den Kläger im Widerspruchsverfahren erneut anhören müssen, da sie erst in dessen Verlauf die Stellungnahme ihres für den Kläger zuständigen Mitarbeiters C. eingeholt und diese dann im Rahmen der Widerspruchsentscheidung, insbesondere hinsichtlich der mit den Meldeterminen verbundenen Zwecke und der beabsichtigten Gesprächsinhalte, maßgeblich verwertet hat. Dabei waren die Ausführungen des Mitarbeiters zu den geplanten Gesprächsinhalten deutlich detaillierter und aussagekräftiger als die in den Einladungsschreiben weitgehend pauschal angegebenen Vorsprachezwecke. Die Beklagte hätte daher dem Kläger vor ihrer Verwertung im Widerspruchsbescheid Gelegenheit zur Äußerung geben müssen. 

Der Senat kann dabei sowohl die Frage, ob – wofür viel spricht – die ursprünglichen Einladungsschreiben trotz der recht unspezifischen Formulierung der Meldezwecke rechtmäßig waren, als auch die Frage offenlassen, ob die Rechtmäßigkeit einer auf § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III gestützten Aufforderung zur persönlichen Meldung im Verfahren wegen der Sanktionsentscheidung überhaupt noch zu prüfen ist, obwohl es sich bei der Aufforderung um einen eigenständigen Verwaltungsakt handelt, der, wenn er nicht rechtzeitig angefochten wird, Bindungswirkung entfalten dürfte (vgl. § 77 SGG). Eine erneute Anhörungspflicht bestand nämlich auch dann, wenn man von einer rechtmäßigen und/oder bindenden Aufforderung zur Vorsprache ausgeht: Hierfür spricht bereits, dass grundsätzlich die Rechtsauffassung der Behörde den Umfang der Anhörungspflicht bestimmt: Entscheidungserheblich sind also, grundsätzlich unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit der behördlichen Rechtsauffassung, die Tatsachen, auf die sie sich stützen will beziehungsweise gestützt hat (vgl. für viele BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 4 AS 37/09 R –, NJW 2011, 1996, Rn. 12; Mutschler, in: Rolfs u.a., beck-online Grosskommentar (Kasseler Kommentar), § 24 SGB X – Stand: 1. Juni 2019 – Rn. 11). Hinzu kommt, dass – gerade im Spannungsverhältnis zu den vom Kläger geltend gemachten Hinderungsgründen, also namentlich seiner drohenden Obdachlosigkeit – die Vorsprachezwecke und ihr Gewicht durchaus Bedeutung für die im Rahmen der Minderungsentscheidung in jedem Fall zu prüfende Frage haben konnten, ob dem Kläger ein wichtiger Grund für seine Säumnis im Sinne von § 32 Abs. 1 Satz 2 SGB II zur Seite stand. Daher ist es inhaltlich durchaus nachvollziehbar und zutreffend, dass sich die Beklagte in den Widerspruchsbescheiden zu den beiden Minderungsentscheidungen mit den Vorsprachezwecken näher auseinandergesetzt und hierzu zuvor weitere Ermittlungen angestellt hat. Das hatte aber zur Konsequenz, dass sie den Kläger zum Inhalt der Stellungnahme des für ihn zuständigen Mitarbeiters und daher nochmals anhören musste.

Ein Ausnahmetatbestand, insbesondere nach § 24 Abs. 2 SGB X, der es der Beklagten erlaubt hätte, von einer (erneuten) Anhörung abzusehen, ist nicht ersichtlich. Auch ist der Anhörungsmangel nicht geheilt. Eine Nachholung im Sinne von § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X hat nicht stattgefunden: Diese ist weitestgehend formlos nur möglich, wenn der Betroffene durch den Ausgangsbescheid von allen maßgeblichen tatsächlichen Umständen Kenntnis und dadurch Gelegenheit erhält, sich im Widerspruchsverfahren dazu zu äußern. Nachdem die Beklagte vorliegend erst im Verlauf des Widerspruchsverfahrens selbst die weiteren Umstände ermittelt hat, die eine (erneute) Anhörung notwendig machten, war dieser Weg zu einer Heilung des Anhörungsmangels verschlossen. Zu einer späteren – bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens grundsätzlich möglichen – Heilung während eines anschließenden gerichtlichen Verfahrens (vgl. § 41 Abs. 2 SGB X) bedarf es eines, wie es das Bundessozialgericht formuliert hat, mehr oder minder förmlichen, parallel zu dem bereits laufenden Gerichtsverfahren durchzuführenden Verwaltungsverfahrens, durch das die Behörde dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu den entscheidungserheblichen Tatsachen gibt und im Anschluss daran entscheidet, ob sie nach erneuter Prüfung am erlassenen Verwaltungsakt festhält: Dieses Verfahren erfordert regelmäßig ein gesondertes Anhörungsschreiben, eine angemessene Äußerungsfrist, die Kenntnisnahme des Vorbringens durch die Behörde und deren abschließende Äußerung zum Ergebnis der Überprüfung (vgl. für die st. Rspr. BSG, Urteil vom 26. Juli 2016 – B 4 AS 47/15 R –, BSGE 122, 25, Rn. 19). Dem schließt sich der Senat an, da die Heilung nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X – auch in dem durch § 41 Abs. 2 SGB X erweiterten zeitlichen Rahmen – eine (nachgeholte) Anhörung durch die Verwaltung voraussetzt; die Äußerungsmöglichkeit im gerichtlichen Verfahren allein und die Überprüfung durch das Gericht ersetzt diese nicht.

Die Beklagte hat eine Anhörung in diesem Sinne nicht durchgeführt, so dass der Anhörungsmangel fortbesteht und die beiden Minderungsbescheide aus diesem Grunde keinen Bestand haben können.

2. Der Kläger hat für März 2016 auf Grund des Wegfalls der beiden Minderungen einen höheren Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Der Bewilligungsbescheid für März 2016 vom 17. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 ist entsprechend zu ändern.

Der Kläger hatte im März 2016 Anspruch auf Arbeitslosengeld II dem Grunde nach. Er hielt sich in den Altersgrenzen aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 7a SGB II und hatte, wie von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II in Verbindung mit § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) verlangt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Bedenken hat der Senat weder hinsichtlich seiner Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 8 SGB II noch hinsichtlich seiner Hilfebedürftigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung mit §§ 9 ff. SGB II. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes bestehen nicht.

Auf Grund des Wegfalls der beiden Minderungsbescheide ergibt sich ein entsprechend höherer Leistungsanspruch des Klägers. Nachdem im Übrigen kein Anlass für Bedenken hinsichtlich der Leistungsberechnung im angegriffenen Bewilligungsbescheid besteht, hat der Kläger mit der für den Erlass eines Grundurteils ausreichenden Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf höhere Leistungen für März 2016.

3. Eine Verurteilung der Beklagten zu höheren Leistungen (auch) für April und Mai 2016 im hiesigen Verfahren ist dagegen nicht möglich.

Der Leistungsbescheid vom 17. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2016 regelt, wie bereits ausgeführt, nur die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für März 2016; die Bescheide vom 1. April 2016 für April 2016 und vom 27. April 2016 für Mai 2016 sind dagegen nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens. Eine Klage, die auf höhere Leistungen für diese beiden, vom Minderungszeitraum ebenfalls betroffenen Monate gerichtet ist, ist daher im hiesigen Verfahren bereits nicht zulässig. Im Übrigen steht die Bindungswirkung dieser Bescheide, die, soweit ersichtlich, bestandskräftig geworden sind (vgl. § 77 SGG), einer Verurteilung der Beklagten zu höheren Leistungen für diese beiden Monate entgegen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Nachdem der Kläger hinsichtlich der Minderungsbescheide Erfolg hat, eine Verurteilung der Beklagten zu höheren Leistungen aber nur für einen von drei Monaten erreichen kann, erscheint eine Verpflichtung der Beklagten, die Hälfte der zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu übernehmen, im Rahmen der vom Senat zu treffenden Ermessensentscheidung angemessen.

V. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Gründe hierfür vorliegt.
 

Rechtskraft
Aus
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