L 8 BA 1926/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 BA 161/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 BA 1926/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Zur fehlenden Versicherungspflicht einer Musiktherapeutin, die ihre Leistungen aufgrund eines Honorarvertrags im Umfang von bis zu drei Unterrichtsstunden wöchentlich in einer Jugendeinrichtung erbringt.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.05.2022 sowie der Bescheid der Beklagten vom 11.07.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.01.2020 mit Ausnahme der Festsetzung des Streitwerts aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene bei ihrer Tätigkeit als Musiktherapeutin für den Kläger ab dem 01.04.2017 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen. Diese trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 5.000 € festgesetzt.


Tatbestand


Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene in ihrer Tätigkeit als Musiktherapeutin im Verhältnis zum Kläger seit dem 01.04.2017 aufgrund einer Beschäftigung der Versicherungspflicht sowohl in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die 1991 geborene C1 (nachfolgend Beigeladene) ist südkoreanische Staatsangehörige. Sie ist ausgebildete Musiktherapeutin und seit mehreren Jahren in diesem Beruf bei der Städtischen Klinikum K1 gGmbH abhängig beschäftigt. Gegen Krankheit ist sie bei der MHplus Betriebskrankenkasse versichert.

Der Kläger ist Musiktherapeut sowie Psychotherapeut und erbrachte bis zum 30.04.2017 Musiktherapie in der Intensivgruppe der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH auf der Grundlage eines Honorarvertrages zwischen ihm und der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH vom 23.02.2016, welcher auszugsweise wie folgt lautet:

§ 1 - Gegenstand der Vereinbarung
(1) Der Leistungserbringer erhält ab dem 01.04.2016 folgenden Auftrag:
Art der Tätigkeit: Musiktherapie (IG2)
Umfang: 3 Einheiten pro Woche
(2) Der Leistungserbringer erbringt die Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.
(3) Auf Grundlage seiner Ausbildungsfunktion bei anderen Auftraggebern bietet der Leistungserbringer in seiner Tätigkeit beim Leistungsnehmer Praktikums-/Hospitationsplätze an.

§ 2 - Vergütung
(1) Der Leistungserbringer erhält für jede Einheit 45 €. Abgerechnet werden nur tatsächlich erbrachte Leistungen.
(2) Den Honoraranspruch wird der Leistungserbringer in einer Rechnung für jeden Monat an den Leistungsnehmer stellen.
(3) Nach Erhalt der Rechnung, wird das Honorar binnen 14 Tagen auf das folgende Konto des Leistungserbringers überwiesen:

(4) Die Besteuerung der Entgelte und die Abführung etwaiger Sozialversicherungsbeiträge obliegen dem Leistungserbringer.
(5) Weitere Aufwendungen des Leistungserbringers, welche ggf. für die Auftragstätigkeit anfallen, sind mit der Vergütung gemäß § 1 Abs. (1) abgegolten.
(6) Versehentlich gezahlte überhöhte Entgelte müssen unverzüglich angezeigt und zurückgezahlt werden.

§ 3 - Krankheit, Verhinderung und Urlaub
(1) Dem Leistungserbringer steht kein Entgelt zu, falls die Tätigkeit infolge Krankheit oder aus sonstigen Gründen nicht erbracht wird. Die Tätigkeit kann jedoch, wie in § 1 Abs. (4) vereinbart, vom Leistungserbringer weitergegeben werden.
(2) Der Leistungserbringer hat keinen Anspruch auf zu vergütende Tage ohne Leistungserbringung oder ähnliche Prämien.

§ 4 - Wettbewerbstätigkeit
Dem Leistungserbringer steht es frei auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Auf § 6 dieser Vereinbarung wird ausdrücklich hingewiesen.

§ 5 - Vertragsdauer
(1) Der Honorarvertrag verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, sofern das Vertragsverhältnis nicht 2 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres durch eine Seite der Vertragsparteien gekündigt wird.
(2) Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt hiervon unberührt. (3) Die Kündigung bedarf der Schriftform.

§ 6 - Verschwiegenheit
Der Leistungserbringer verpflichtet sich, über alle ihm im Rahmen seiner freien Mitarbeit bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse während und nach der Beendigung des Honorarvertrages Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt insbesondere für persönliche Daten und Informationen über die Person und die Lebensverhältnisse der Teilnehmer. Der Leistungsnehmer wird den Leistungserbringer von dieser Verschwiegenheitspflicht entbinden, wenn und soweit er gesetzlich zur Offenlegung der jeweiligen Informationen verpflichtet ist.


Die Beigeladene und der Kläger schlossen am 11.03.2019 sowie am 12.01.2017 Vereinbarungen über eine freiberufliche Honorartätigkeit der Beigeladenen ab dem 01.04.2017.

Der Vertrag vom 12.01.2017 lautete auszugsweise wie folgt:

§ 1 - Gegenstand der Vereinbarung und Durchführung
(1) Die Auftragnehmerin erhält ab dem 01.04.2017 folgenden Auftrag:
Durchführung von Musiktherapie

Musikgruppe mit Jugendlichen der „Intensivgruppe 2“ der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH im Einzel- und Gruppensetting
Vor- und Nachbesprechung der Therapien mit Assistenten der SRH Hochschule H1, falls diese der Jugendeinrichtung Schluss S1 gGmbH über F1 zugeteilt wurden
Führung von Protokollen zu den Therapien.

(2) Die Auftragnehmerin erbringt die Leistungen im Namen des Auftraggebers.
(3) Die Auftragnehmerin darf ihre Leistungen nur nach vorheriger Absprache und schriftlicher Zustimmung durch den Auftraggeber durch von ihr beauftragte fachlich geeignete Personen ausführen lassen. Die so erbrachten Leistungen gelten wie in § 1 (2) beschrieben als durch den Auftraggeber erbracht.
(4) Die Zeiten der Therapieeinheiten werden, soweit nicht durch die Art des therapeutischen Auftrages selbst bestimmt, von der Auftragnehmerin in Abstimmung mit der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH eigenständig festgelegt. Auch andere Weisungen werden ihr nicht erteilt. Die Auftragnehmerin wird jedoch vom Auftraggeber regelmäßig supervisiert und therapeutisch begleitet.
(5) Der Auftraggeber übergibt der Auftragnehmerin seinen von der Einrichtung erhaltenen Schlüssel (Coin) für das Schließsystem in der Sporthalle. Die Auftragnehmerin bemüht sich selbstständig, soweit möglich, bei der Personalverwaltung der Einrichtung um Erhalt eines weiteren Schlüssels für die Schließanlage der Intensivgruppe. Falls dies nicht möglich ist, leiht sie sich an dem Tag für die Zeit der durchzuführenden Therapien einen Schlüssel der Intensivgruppe für die Schließanlage. Die Auftragnehmerin haftet bei Verlust für beide Schlüssel. Eine Versicherung wird diesbezüglich empfohlen.

§ 2 - Vergütung
(1) Die Auftragnehmerin erhält für jede durch sie oder durch gemäß § 1 (3) genehmigte Vertretung geleistete Therapieeinheit (Einheit = 45 min) einen Betrag von 30,00 €.
(2) Wird die Auftragnehmerin nicht rechtzeitig (d.h. 48 Stunden vorher) über bereits fest geplante aber entfallende Einheiten informiert und ist die nicht rechtzeitige Information an die Auftragnehmerin durch den Auftraggeber zu vertreten, werden die so entfallenden Einheiten mit 75 % der Vergütung gemäß § 2 (1) abgerechnet.
(3) Den Honoraranspruch wird die Auftragnehmerin in einer Einzelrechnung für jeden Monat schriftlich an den Auftraggeber stellen. Durch die Aufzählung der geleisteten Einheiten dokumentiert die Auftragnehmerin ihre erbrachten Leistungen gegenüber dem Auftraggeber. Nach Zugang und Prüfung der Rechnungen beim Auftraggeber wird das in Rechnung gestellte Honorar binnen 14 Tagen auf das in der Rechnung benannte Konto der Auftragnehmerin überwiesen.
(4) Die Versteuerung des Honorars und die Abführung etwaiger (Sozial-)Versicherungsbeiträge obliegen der Auftragnehmerin. Weitere Aufwendungen der Auftragnehmerin, welche ggf. für die Auftragstätigkeit anfallen, gelten als mit der Vergütung gemäß § 2 (1) abgegolten. Versehentlich gezahlte überhöhte Honorare müssen unverzüglich angezeigt und zurückgezahlt werden.

§ 3 - Verhinderung und Abwesenheit
(1) Der Auftragnehmerin steht kein Honorar zu, falls sie fest vereinbarte Therapieeinheiten infolge von Krankheit oder aus sonstigen Gründen nicht erbringen kann. Über solche, nicht durchführbare Einheiten hat die Auftragnehmerin den Auftraggeber ohne von ihr zu vertretende Verzögerungen zu informieren. Sollte die Information durch von der Auftragnehmerin zu vertretende Umstände nicht rechtzeitig beim Auftraggeber eingehen, kann der Auftraggeber die durch den Ausfall eventuell entstandenen Kosten von der Auftraggeberin zurückfordern.
(2) Die Einheiten können, wie in § 1 (3) vereinbart, von der Auftragnehmerin weitergegeben werden. Sollte dies nicht möglich sein, gibt die Auftragnehmerin die Einheiten an den Auftraggeber zurück.
(3) Die Auftragnehmerin hat keinen Anspruch auf zu vergütende Einheiten ohne Leistungserbringung oder andere über die Vergütung von Therapieeinheiten hinausgehende Honorare.

§ 4 - Wettbewerbstätigkeit
Der Auftragnehmerin steht es frei auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Auf § 6 dieser Vereinbarung wird ausdrücklich hingewiesen.

§ 5 - Vertragsdauer
(1) Der Honorarvertrag ist für beide Vertragsparteien mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende kündbar.
(2) Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt hiervon unberührt.
(3) Die Kündigung bedarf der Schriftform.

§ 6 - Verschwiegenheit und Datenschutz
Die Auftragnehmerin verpflichtet sich, über alle ihr im Rahmen der freien Mitarbeit bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse während und auch nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt insbesondere für persönliche Daten und Informationen über die Lebensverhältnisse der Patienten und deren sonstige Daten aus deren Krankenakten, welche von der Schloss S1 gGmbH oder dem Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden.

Der Auftraggeber wird die Auftragnehmerin von dieser Verschwiegenheitspflicht entbinden, wenn und soweit er gesetzlich zur Offenlegung der jeweiligen Informationen verpflichtet ist.

Eine Entbindung von der Schweigepflicht der Auftragnehmerin besteht für die Supervision mit F1, den ggf. stattfindenden Besprechungen mit Assistenten der SRH Hochschule H1, welche der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH über F1 zugeteilt wurden.


Der Vertrag vom 11.03.2019 lautet auszugsweise wie folgt:

§ 1 - Gegenstand der Vereinbarung und Durchführung
(1) Die Auftragnehmerin erhält ab dem 01.04.2019 folgenden Auftrag: Selbstständige und eigenverantwortliche Durchführung von musiktherapeutischen Angeboten mit allen dazugehörigen berufsbezogenen Belangen wie etwa den Dokumentations-, Sorgfalts- und Abstinenzpflichten etc.
(2) Die Auftragnehmerin erbringt die Leistungen über das Therapiehaus F2 aber in eigenem Namen und auf selbständiger Basis.
(3) Die Auftragnehmerin darf ihre Leistungen nur nach vorheriger Absprache und schriftlicher Zustimmung durch von ihm beauftragte fachlich geeignete Personen ausführen lassen. Die so erbrachten Leistungen gelten wie in § 1 (2) beschrieben als durch den Auftraggeber erbracht. Bei übertragenen Einheiten auf Andere entfällt der Anspruch auf Honorar.
(4) Die Zeiten der Einheiten werden, soweit nicht durch die Art des Auftrages selbst bestimmt, von der Auftragnehmerin eigenständig festgelegt. Auch andere Weisungen werden ihr nicht erteilt. Die Auftragnehmerin unterliegt ausschließlich Weisungen der Berufsordnung für Musiktherapeuten.
(5) Der Auftraggeber übergibt der Auftragnehmerin bei Beginn des Honorarverhältnisses alle notwendigen Schlüssel für die Räumlichkeiten des Therapiehauses F2. Die Auftragnehmerin haftet bei Verlust. Eine Versicherung diesbezüglich wird empfohlen.

§ 2 - Vergütung
(1) Die Auftragnehmerin erhält für jede durch sie tatsächlich erbrachte musiktherapeutische Einheit einen Betrag von 32 €.
(2) Den Honoraranspruch wird die Auftragnehmerin in einer Einzelrechnung für jeden Monat an den Auftraggeber stellen. Durch die Aufzählung der geleisteten Einheiten dokumentiert die Auftragnehmerin ihre erbrachten Leistungen gegenüber dem Auftraggeber. Nach Zugang und Prüfung der Rechnung beim Auftraggeber, wird das in Rechnung gestellte Honorar auf das in der Rechnung benannte Konto der Auftragnehmerin überwiesen, sobald die Patienten oder die Institution das Gesamthonorar an den Auftraggeber überwiesen haben.
(3) Die Versteuerung des Honorars und die Abführung etwaiger (Sozial-)Versicherungsbeiträge obliegen der Auftragnehmerin. Weitere Aufwendungen der Auftragnehmerin, welche ggf. für die Auftragstätigkeit anfallen, gelten als mit der Vergütung gemäß § 2 (1) und (2) abgegolten. Versehentlich gezahlte überhöhte Honorare müssen unverzüglich angezeigt und zurückgezahlt werden.

§ 3 - Verhinderung und Abwesenheit
(1) Der Auftragnehmerin steht kein Honorar zu, falls sie fest vereinbarte Einheiten
infolge von Krankheit oder aus sonstigen Gründen nicht erbringen kann. Über solche, nicht durchführbare Einheiten hat die Auftragnehmerin den Auftraggeber ohne von ihr zu vertretende Verzögerungen zu informieren. Sollte die Information durch von der Auftragnehmerin zu vertretende Umstände nicht rechtzeitig beim Auftraggeber eingehen, kann der Auftraggeber die durch den Ausfall eventuell entstandenen Kosten von der Auftraggeberin zurückfordern.
(2) Die Einheiten können, wie in § 1 (3) vereinbart, von der Auftragnehmerin weitergegeben werden. Sollte dies nicht möglich sein, gibt die Auftragnehmerin die Einheiten an den Auftraggeber zurück.
(3) Die Auftragnehmerin hat keinen Anspruch auf zu vergütende Einheiten ohne Leistungserbringung oder andere über die Vergütung von Einheiten hinausgehende Honorare.

§ 4 - Wettbewerbstätigkeit
Da die Tätigkeit der Auftragnehmerin im Rahmen einer freiberuflichen Beschäftigung gebucht wird, steht es ihr selbstverständlich frei, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Auf § 6 dieser Vereinbarung wird ausdrücklich hingewiesen.

§ 5 - Vertragsdauer
(1) Der Honorarvertrag ist für beide Vertragsparteien mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende kündbar.
(2) Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt hiervon unberührt.
(3) Die Kündigung bedarf der Schriftform.

§ 6 - Verschwiegenheit und Datenschutz
Die Auftragnehmerin verpflichtet sich, über alle ihr im Rahmen der freien Mitarbeit bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse während und auch nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt insbesondere für persönliche Daten und Informationen über die Lebensverhältnisse der Patienten und deren sonstige Daten aus deren Krankenakten, welche vom Patienten vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Die Einhaltung der im Mai 2018 neu in Kraft getretenen Datenschutzrichtlinien hat die Auftragnehmerin selbstständig für ihre Tätigkeit umzusetzen.


Am 13.03.2019 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Gegenstand ihrer ausgeübten Tätigkeit für den Kläger sei die Musiktherapie mit Jugendlichen in der Jugendeinrichtung Schloss S1. Sie bereite mit den Jugendlichen musikalische Beiträge bei festlichen Angelegenheiten vor. Die Arbeitsausführung erfolge selbstständig und eigenständig. Die Organisation und Bestimmung der Arbeitszeiten obliege ihr. Ihr würden keine Vorgaben gemacht. Die Arbeitszeiten könnten von ihr selbstständig bestimmt werden. An Teambesprechungen, welche einmal im Quartal stattfänden, könne sie freiwillig teilnehmen. Die Preisgestaltung erfolge durch den Kläger.

Der Kläger teilte in einem Begleitschreiben mit, dass er mit einer eigenen Praxis „Therapiehaus F2“ freiberuflich tätig sei. Er biete unter dem Dach des Therapiehauses vielfältige Angebote wie Musiktherapie und andere heilkundliche Leistungen für Patienten und Institutionen an. Die jeweiligen Anfragen würden entweder über ihn oder das bestehende Netzwerk der freiberuflichen Mitarbeiter gestellt. Aufgrund der berufsrechtlichen Haftung finde der Erstkontakt ausschließlich über ihn statt. Nach Feststellung, ob die erforderliche Behandlung adäquat über ihn oder einen der anderen Freiberuflicher erfolgen kann, frage er dann seine Honorarkollegen an, ob sie die Behandlung übernehmen wollten. Diese würden selbst entscheiden, ob sie die jeweilige Anfrage annehmen oder nicht. Ebenso werde die Terminierung und das Behandlungskonzept allein durch die anderen Behandler erstellt. Die Honorarkräfte könnten in den von ihm angemieteten Räumen in seiner Praxis ihre Tätigkeiten ausüben, sofern sie das wünschten. Viele würden jedoch auch, wie die Beigeladene, auswärts in eigenen Räumen oder in der jeweiligen Institution ihre Behandlung anbieten. Sein Einfluss beschränke sich auf die supervisorische Begleitung der Behandlung und die Abrechnung mit der Institution bzw. den Patienten aus berufsrechtlichen Gründen. Auf diesen Abrechnungen werde der jeweilige Behandler auch genannt. Der Kläger legte eine Rechnung vom 30.03.2019 über die von der Beigeladenen erbrachten Leistungen bei.

Die Beigeladene teilte in einer Stellungnahme vom 23.04.2019 mit, dass sie die vier in der Rechnung vom 30.03.2019 aufgeführten Therapieeinheiten Musiktherapie à 45 Minuten entweder als Einzelsitzungen oder Gruppensitzung in der Jugendeinrichtung Schloss S1 Intensivgruppe II erbracht habe. Für die Jugendlichen sei Musiktherapie eine Pflichtveranstaltung gewesen. Nach den Sitzungen seien Protokolle zu führen gewesen, welche an den Kläger sowie die Einrichtung Schloss S1 gesandt worden seien. Sie habe den Musikraum der Einrichtung Schloss S1 immer dienstags von 15 bis 19 Uhr genutzt. Abweichende Arbeitszeiten oder Ausfälle habe sie selbstständig geregelt und der Einrichtung Schloss S1 bekannt gegeben. Ihre Therapiestunden seien nicht vertreten worden. Sie habe sie eigenständig ausfallen lassen können, ohne dass sie ersetzt oder vertreten werden mussten.

Die Beklagte hörte den Kläger und die Beigeladene mit Schreiben vom 27.05.2019 zur beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung an und stellte mit den Bescheiden vom 11.07.2019 gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen die Versicherungspflicht der Beigeladenen sowohl in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ab dem 01.04.2017 fest.

Der Kläger legte am 01.08.2019 Widerspruch ein und führte aus, dass die Beigeladene nicht weisungsgebunden tätig geworden sei. Auch liege keine Eingliederung in seinen Betrieb vor. Die Beigeladene habe völlig frei über ihre Arbeitszeit entscheiden können. Die Leistungen seien in der Einrichtung Schloss S1 erbracht worden und die Beigeladene habe auch keine supervisorische Begleitung im klassischen Sinne erhalten. Die diesbezüglichen Regelungen im Vertrag seien lediglich als Angebot zu verstehen, sich im Bedarfsfall Rat oder eine andere Sicht zur Steigerung der Behandlungsqualität einzuholen. Zudem habe die Beigeladene einen Masterabschluss in Musiktherapie, der Kläger dagegen nur einen Bachelorabschluss, so dass sich die Frage stelle, wer wen überhaupt unterweisen sollte. Die Beigeladene sei bei der Durchführung an die Vorgaben der Einrichtung Schloss S1 gebunden und auch in die dortigen Abläufe eingebunden. Sie habe auch selbstständig darüber entschieden, ob überhaupt eine Therapie stattfinde oder nicht. So habe sie jederzeit ohne Angabe von Gründen Termine oder für die Musiktherapie nicht passende Jugendliche ablehnen können und habe dies auch mehrfach getan. Eine bloße Auftragsweitergabe durch ihn begründe noch keine abhängige Beschäftigung. Zudem trage die Beigeladene auch ein Unternehmerrisiko, da sie die nicht ausgeführten Stunden nicht vergütet bekomme. Wenn sie die Therapien mit den Intensivpatienten nicht erfolgreich plane und durchführe, werde ihr der Auftrag sehr kurzfristig entzogen werden. Auch sei es selbstverständlich, dass therapeutische Sitzungen protokolliert würden. Dies sei kein Ausfluss von Direktionsrechten, sondern schlicht in der Tätigkeit begründet. Nur so könne die Beigeladene oder andere Therapeuten den Behandlungsverlauf aufbauen. Auch liege die Vergütung deutlich höher als die eines im öffentlichen Dienst angestellten Therapeuten, dieser erhalte pro Stunde 21 € brutto.

Die Beigeladene legte am 13.08.2019 Widerspruch ein. Sie führte aus, dass sie nur insoweit in die Arbeitsorganisation des Klägers eingegliedert sei, als dass die monatliche Abrechnung über ihn laufe. Darüber hinaus habe der Kläger keinen Einfluss und keine Weisungsaufgaben bezüglich ihrer therapeutischen Ausführung. Die Protokolle dienten der Informationsweitergabe an die Einrichtung, damit andere Mitarbeiter aus anderen Berufsgruppen über die Mitarbeit und das Verhalten der Jugendlichen Bescheid wüssten. Sie sei im Rahmen des Vertrages nie supervidiert worden, erst recht nicht vom Kläger, welcher dazu gar keine Berechtigung habe und hierzu gar nicht in der Lage sei.

Die Beigeladene reichte auf Anforderung der Beklagten die Rechnungen über die erbrachten Therapieleistungen ein.

Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheiden vom 03.01.2020 zurückgewiesen. Eine Eingliederung in eine Betriebsorganisation erfordere nicht notwendig, dass die Beigeladene in die Arbeitsabläufe am Betriebssitz des Klägers eingebunden sei. Ihr sei eine konkrete Funktion übertragen worden. Unter den gegebenen Umständen spreche nichts für eine selbstständige Tätigkeit und sei lediglich als Vertrauensbeweis zu werten, dass bei der auswärts zu erfüllenden Aufgabe eine ständige Überwachung und Kontrolle durch den Kläger nicht gewollt beziehungsweise möglich sei sowie vor Ort ein gewisses Maß an Eigenständigkeit zugestanden werde. Hinsichtlich der Arbeitszeiten und des Arbeitsorts seien der Beigeladenen keine wesentlichen Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt. Hinsichtlich der Tätigkeit sei der Einsatzort festgelegt und somit zwangsläufig durch den Kläger vorgegeben. Ferner sei die Beigeladene an die verbindlichen Termine gebunden. Die Therapiezeiten im Schloss S1 seien dienstags von 15 bis 19 Uhr. Für alle Beteiligten stünden die Zeiten somit verbindlich fest. Auch die Beigeladene habe sich daran zu halten, wenn sie einen Auftrag angenommen habe. Sie habe lediglich im Vorfeld die Möglichkeit, hierüber frei zu entscheiden. Wenn sie einen Auftrag annehme, sei sie sowohl an die Arbeitszeit wie auch an den Arbeitsort gebunden. Der zeitliche Rahmen der Tätigkeit sei derart hinreichend eingegrenzt, dass er als bestimmter zeitlicher Rahmen zur persönlichen Abhängigkeit eines Arbeitnehmers zu qualifizieren sei. Vorliegend handele es sich nicht um die bloße Auftragsweitergabe an die Beigeladene. Diese sei ausschließlich im Namen des Klägers und auf dessen Rechnung in der Jugendeinrichtung Schloss S1 tätig gewesen. Folglich sei sie Erfüllungsgehilfin seiner vertraglichen Verpflichtungen gegenüber seinem Kunden gewesen. Ein Vertragsverhältnis zwischen der Beigeladenen und dem Träger des Schlosses S2 bestehe nicht. Die Vergütung für die erbrachte Tätigkeit erhalte die Beigeladene vom Kläger, nicht vom Träger der Einrichtung. Eine Abrechnung der Beigeladenen gegenüber diesem erfolge nicht. Nach dem Gesamtbild habe die Tätigkeit den typischen Charakter einer Beschäftigten. Hieran ändere sich nichts dadurch, dass die Tätigkeit eine gewisse Qualifikation voraussetze. Personen, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stünden, setzten in erster Linie ihr Fachwissen und die eigene Arbeitskraft ein und handelten situationsbedingt entsprechend der ihnen übertragenen Aufgabe. Diese unterläge keiner ständigen Überwachung. Nach den eigenen Angaben der Beigeladenen habe sie die Möglichkeit, eigene Mitarbeitende einzusetzen. Allein die formale Berechtigung, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, schließe jedoch aus, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestehe, wenn die persönliche Leistungserbringung die Regel sei. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe nicht hervor, dass die Beigeladene eigene Hilfskräfte einsetze. Darüber hinaus sei ihr der Einsatz eigener Mitarbeitenden nur nach vorheriger Absprache mit dem Kläger und nach schriftlicher Zustimmung möglich. Der Arbeitseinsatz beinhalte ferner keine Disposition, wie sie bei einer selbstständigen Unternehmerin üblich sei. Abgesehen davon fehle ihr auch jegliches für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Unternehmerrisiko. Die Vergütung nach pauschalen Stundensätzen, vorliegend je Einheit von 45 Minuten, eröffne gerade keinen Raum für eine derartige unternehmerische Gewinnchance. Die Bezahlung nach dem Erfolg der Arbeit sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ohnehin kein zwingender Grund für den Ausschluss einer persönlichen Abhängigkeit der Beschäftigten. Keine Rolle spiele es, dass keine Regelungen über einen Urlaubsanspruch und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder den Kündigungsschutz getroffen worden seien. Die Aufnahme derartiger Regelungen gehöre nicht zu den Voraussetzungen für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses, sondern ein solches habe regelmäßig zur Folge, dass derartige Ansprüche entstünden. Die Überbürdung von Risiken sei nur dann ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, wenn sie größere Freiheiten bei der Gestaltung und Bestimmung des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft oder größere Gewinn- und Verdienstmöglichkeit schafften, was vorliegend nicht der Fall sei. Nach der Gesamtwürdigung aller Tatsachen würden die Merkmale überwiegen, die ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis belegten.

Der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am 20.01.2020 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Er hat zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, dass die Umstände eindeutig für eine selbstständige Tätigkeit und gerade gegen eine abhängige Beschäftigung sprächen. Aufgrund zunehmender anderweitiger beruflicher Anfragen habe der Kläger die Tätigkeit in der Jugendeinrichtung Schloss S1 zeitlich nicht mehr erbringen können. Vom Träger sei er gebeten worden, für Ersatz zu sorgen. Hierfür habe er die Beigeladene gewinnen können. Die Organisation der Tätigkeit sei ausschließlich zwischen dieser und dem Träger der Jugendeinrichtung Schloss S1 erfolgt. Weisungen seien, wenn überhaupt, von der Jugendeinrichtung erteilt worden. Die Beigeladene habe auch eigenständig Therapieeinheiten ausfallen lassen können, ohne dass diese ersetzt oder vertreten werden mussten. Der Kläger habe ihr auch keinerlei Betriebsmittel zur Verfügung gestellt. Er sei lediglich auf Wunsch der Jugendeinrichtung Schloss S1 zwischengeschaltet worden. Zudem habe die Beigeladene ein Honorar erhalten, welches mehr als dem Doppelten eines angestellten Musiktherapeuten entspreche. Die Beigeladene habe auch keine Supervision erhalten. Der Kläger sei ihr nur für den Fall, dass sie einen allgemeinen fachlichen Rat benötige, hierfür selbstverständlich zur Verfügung gestanden. Die Sachlage stelle sich so dar, dass die Beklagte versuche, einen unbeteiligten Dritten zu Sozialversicherungsbeiträgen heranzuziehen für die Tätigkeit einer tatsächlichen Arbeitnehmerin einer staatlichen Institution.

Die Beklagte hat zur Klageerwiderung auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides verwiesen.

Das SG hat C1 mit Beschluss vom 29.04.2020 zum Verfahren beigeladen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27.05.2022 abgewiesen. Die Kammer sei unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass die Beigeladene für den Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt und daher in dem von der Beklagten festgestellten Umfang der Versicherungspflicht unterlegen habe. Zur Begründung nehme die Kammer auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 03.01.2020 (§ 136 Abs. 3 SGG) Bezug. Im Klageverfahren habe der Kläger in Ergänzung zu seiner Widerspruchsbegründung nichts vorgetragen, was sein Klagebegehren stützen könnte. In der Gesamtabwägung würden die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Gesichtspunkte überwiegen. Die Beklagte habe daher zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene aufgrund ihrer Tätigkeit beim Kläger ab April 2017 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung sei.

Der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen das dem damaligen Prozessbevollmächtigten am 10.06.2022 zugestellte Urteil am 05.07.2022 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er hat zur Berufungsbegründung unter Wiederholung und Vertiefung des bisherigen Vorbringens des Klägers vorgetragen, dass das SG nicht ausreichend gewürdigt habe, dass der von der Einrichtung Schloss S1 vorgegebene Zeitrahmen keine festen Arbeitszeiten beinhaltet habe. Die Beigeladene hätte in diesem Zeitrahmen zwar Aufträge durchführen können, die Einsätze hätten jedoch tatsächlich stark variiert. Die Beigeladene habe auch bestimmte Aufträge ablehnen können und sowohl ganze Tage als auch einzelne Sitzungen eigenmächtig absagen können. Da es sich bei der Einrichtung Schluss S1 um eine Einrichtung für straffällige Jugendliche handele, hätten die Einheiten ausschließlich dort und eingebunden in die dortige Organisation erbracht werden können. Eine Überwachung oder Kontrolle durch den Kläger sei nicht erfolgt. Die Beigeladene habe völlig selbstständig entschieden, wie viele Einheiten und in welcher Form, Gruppen- oder Einzeleinheit, sie jeweils anbiete, abhängig von ihren eigenen Kapazitäten und dem Verhalten der Jugendlichen. Die Beigeladene sei somit nicht Erfüllungsgehilfin des Klägers gewesen, sondern dieser habe den Auftrag an sie weitergegeben. Auch sei die Stundenvergütung von 42,66 € um ein Vielfaches höher als das Gehalt eines Angestellten mit gleicher Qualifikation. Bei der Formulierung, dass der Einsatz eigener Mitarbeiter vom Kläger genehmigt werden müsse, sei zu beachten, dass es sich um einen Mustervertrag handele. Dies sei so nicht gehandhabt worden, dass der Kläger hätte schriftlich zustimmen müssen. Auch wären in jedem Fall die Forderungen der Beigeladenen berücksichtigt worden. Die Beigeladene habe ausschließlich eigene Betriebsmittel eingesetzt. Sie sei auch nach außen nicht als Angestellte des Klägers aufgetreten. Allein der Umstand, dass der Kläger gegenüber der Einrichtung Schloss S1 die Abrechnung übernommen habe, reiche für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht aus.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.05.2022 sowie den Bescheid vom 11.07.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2020 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung vorgetragen, dass die Entscheidung des SG in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht zu beanstanden sei. Das SG habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. In der Berufungsbegründung würden keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen, die eine Änderung der bisher von der Beklagten vertretenen Auffassung rechtfertigten.

Die Berichterstatterin hat das Verfahren mit den Beteiligten nicht öffentlich am 24.07.2023 erörtert.

Der Kläger hat im Erörterungstermin erklärt, dass er viele Jahre selbst Musiktherapeut in der Einrichtung S1 gewesen sei. Nach dem Abschluss seines Studiums zum Psychotherapeuten habe er dann nicht mehr die zeitlichen Kapazitäten gehabt, dies fortzuführen. Es sei damals so gewesen, dass die Intensivgruppe des Schloss S2 auf ihn zugekommen sei und ihn gefragt habe, ob er die Therapie machen könne. Er sei jetzt selbst Therapeut und vermittle zudem auch noch therapeutische Angebote. Er habe einen halben kassenärztlichen Sitz in Rheinland-Pfalz und einen halben kassenärztlichen Sitz in Baden-Württemberg. Um diese Aufgabe zu bewältigen, habe er jedoch auch angestellte Psychotherapeuten. Er habe damals, als er noch die Musiktherapie selbst gemacht habe, eine schriftliche Vereinbarung, einen Honorarvertrag, mit der Einrichtung Schloss S1 gehabt. Nachdem er es nicht mehr selber bewältigen konnte, sei er gefragt worden, ob er nicht jemanden empfehlen könne, der die Therapie fortführen könne. Er habe dann die Beigeladene empfohlen. Es sei jedoch kein neuer schriftlicher Vertrag zwischen ihm und der Einrichtung Schloss S1 aufgesetzt worden. Die Einrichtung habe damals ziemlich großen Sparzwängen unterlegen und man habe daher keinen neuen Vertrag der Leitungsebene präsentieren wollen, sondern lieber die Übernahme im Rahmen des bestehenden Vertragsverhältnisses geschehen lassen. Die Beigeladene habe die Rechnungen eingereicht und er habe diese dann um eine leicht erhöhte Marge weitergereicht. Dies bedeute, dass er durchaus einen finanziellen Vorteil gehabt und einen etwas erhöhten Satz abgerechnet habe. Er habe einfach den ursprünglichen Honorarvertrag weiter abgerechnet. Insofern habe es keinen neuen Vertrag gegeben und er habe das Honorar mit der Beigeladenen ausgehandelt, was sie ihm gegenüber abrechnen könne. Im Schloss S1 gebe es ein Bepunktungssystem und eine solche Bepunktung und Bewertung der Jugendlichen habe auch am Ende der Musiktherapie stattgefunden.

Die Beigeladene hat im Erörterungstermin angegeben, dass sie die Sitzungen jeweils auch dokumentieren musste. Es sei auch immer davon abhängig gewesen, welche Jugendlichen überhaupt in der Lage waren, an den Therapiesitzungen teilzunehmen. Manchmal habe sie vier Jugendliche, manchmal auch nur einen gehabt. Sie habe teilweise aber auch Sitzungen abbrechen müssen, wenn es nicht mehr gegangen sei. Der Therapieraum befinde sich außerhalb des umgrenzten Geländes und insofern sei es auch teilweise auch so gewesen, dass das Begleitpersonal die Übergabe habe überwachen müssen, da durchaus auch Entweichungsgefahr bestanden habe. Sie hätte auch freiwillig an Teambesprechungen teilnehmen können. Sie hätte jedoch hierzu keine Zeit gehabt. Es habe auch teilweise festliche Anlässe gegeben, wo auch musikalische Beträge gewünscht wurden und sie versucht hätten, etwas dafür zu erarbeiten. Für die Teilnahme an solchen Festlichkeiten sei sie jedoch dann nicht mehr entlohnt worden, das sei quasi ehrenamtlich gewesen. Sie habe am Ende immer auch eine Bewertung geschrieben und am Ende jeder Therapiestunde auch Punkte verteilt. Je nach Situation sei auch ein längerer Bericht für die einzelnen Jugendlichen angefordert worden.

Die Agentur für Arbeit sowie die mhplus als zuständige Kranken- und Pflegekasse haben auf Anfrage der Berichterstatterin vom 02.08.2023 jeweils mitgeteilt, dass sie keinen Antrag auf Beiladung nach § 75 Abs. 2b Satz 1 SGG stellen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11.07.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht gemäß § 7a SGB IV festgestellt, dass die Beigeladene in ihrer Tätigkeit als Musiktherapeutin ab dem 01.04.2017 im Verhältnis zum Kläger abhängig beschäftigt und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtig war. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.05.2022 war daher aufzuheben.

Vorliegend ist noch § 7a SGB IV i.d.F. vom 29.03.2017 (gültig ab dem 05.04.2017 bis zum 31.03.2022) anzuwenden (vgl. zur Rechtsänderung des § 7a SGB IV ab dem 01.04.2022 Pietrek in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 7a SGB IV 1. Überarbeitung, Stand: 06.09.2022, Rdnr. 11ff). Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV i.d.F. vom 29.03.2017 darf sich die Beklagte nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht „dem Grunde nach“ festzustellen. Dies käme einer nach dieser Gesetzesfassung unzulässigen Elementenfeststellung gleich (vgl. zur Änderung des § 7a SGB IV und zur Zulässigkeit der Elementenfeststellung ab dem 01.04.2022 Pietrek a.a.O.). Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll und auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung geführt hat (vgl. BSG, Urteile vom 11.03.2009 – B 12 R 11/07 R –, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2 und vom 04.06.2009 – B 12 R 6/08 R –, jeweils juris). Dem werden die streitgegenständlichen Bescheide gerecht.

Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat die Beigeladene am 13.03.2019 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2013 – L 11 R 1083/12 –, juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG, Urteil vom 29.08.2012 – B 12 R 25/10 R – BSGE 111, 257 m.w.N.).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen „Etikettenschwindel“ handelt, der u.U. als Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – SozR 4-2400 § 7 Nr. 25).

Gemessen an diesen Maßstäben war die Beigeladene als Musiktherapeutin für den Kläger ab dem 01.04.2017 selbständig tätig.

Der Kläger und die Beigeladene haben in den Verträgen vom 12.01.2017 sowie vom 11.03.2019 eine selbstständige Tätigkeit vereinbaren und begründen wollen. Für diese Sichtweise sprechen weitere Elemente des Vertrages, die hiermit in Zusammenhang stehen: Der Vertrag vom 12.01.2017 enthält keine arbeitnehmertypischen Regelungen, sondern vereinbart die eigenverantwortliche Durchführung und Vergütung lediglich im Fall der tatsächlichen Leistungserbringung. Dass bei der Leistungserbringung die Vorgaben der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH und die Besonderheiten einer Tätigkeit mit straffällig gewordenen Jugendlichen zu beachten sind, liegt in der Natur der Sache. Insofern enthält der Vertrag Regelungen, welche auf eine selbstständige Tätigkeit hindeuten. Allerdings erbringt die Auftragnehmerin nach § 1 (2) die Leistungen im Namen des Auftraggebers und in § 1 (4) ist eine regelmäßige Supervision und therapeutische Begleitung der Beigeladenen durch den Kläger vereinbart. Die Vereinbarung von Supervision deutet jedoch im therapeutischen Kontext nicht ohne Weiteres auf eine abhängige Beschäftigung hin, da Supervision nach der Definition der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) vom 12.02.2018 (Positionspaper Supervision in der ärztlichen Weiterbildung: Anmerkungen zu Durchführung und Rahmenbedingungen) eine Zweitsicht von Behandlungsfällen, der Behandlungsorganisation und der Behandlungsprozesse beinhaltet und in der Regel auf die Unterstützung und Qualitätssicherung der Behandlung einzelner Patienten gerichtet ist. Insofern ist eine Supervision je nach Ausbildungsstand des Behandlers sogar zwingend vorgeschrieben. Vorliegend hat nach den übereinstimmenden Angaben der Beigeladenen und des Klägers keine Supervision, sondern lediglich am Anfang der Tätigkeit der Beigeladenen teilweise eine kurze Rückfrage bezüglich der Erfahrungen des Klägers mit gewissen Situationen stattgefunden. Der Kläger selbst wäre zudem nach seinem Ausbildungsstand bezogen auf Musiktherapie gegenüber der Beigeladenen nicht zur Supervision befähigt, selbst wenn es bisher zur Musiktherapie keine eigenständige gesetzliche Regelung gibt (vgl. Deutsche Gesellschaft für Musiktherapie, Berufsbild Musiktherapie, S. 7). Somit könnte allein das Erbringen der Leistungen im Namen des Klägers auf eine abhängige Beschäftigung hindeuten. Der Vertrag vom 11.03.2019 vereinbart diesbezüglich jedoch in § 1 (2) die Erbringung der Leistungen über das Therapiehaus F2 in eigenem Namen und auf selbstständiger Basis und betont insoweit die Auftragsweitergabe. Auch enthält der Vertrag keine Regelungen mehr über Supervision, sondern verweist an dieser Stelle auf die Berufsordnung für Musiktherapeuten (vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Künstlerische Therapien - BAG KT unter www.bagkt.de). Der Vertrag vom 11.03.2019 nimmt daher die tatsächliche Handhabung der Beziehung zwischen der Beigeladenen und dem Kläger auf. Er deutet somit in seinen wesentlichen Punkten auf eine selbstständige Tätigkeit hin.

Wird die zu prüfende Tätigkeit im Rahmen weiterer Vertragsbeziehungen zwischen dem Auftraggeber und Dritten erbracht, sind im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens auch diese weiteren Vertragsbeziehungen zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 KR 12/17 R –, juris Rdnr. 33; Urteil vom 04.06.2019 – B 12 R 12/18 R –, Rdnr. 14; jeweils juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.01.2023 – L 4 KR 550/16 –, juris Rdnr. 258).

Für den vorliegenden Rechtsstreit sind daher auch die Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH von Bedeutung. Diesbezüglich besteht jedoch im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass der Vertrag zwischen dem Kläger und der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH die Verpflichtung zur Leistung von Musiktherapie durch den Kläger als Therapeuten regelt und bei der Übernahme der Therapieeinheiten durch die Beigeladene kein neuer Vertrag zwischen dem Kläger und der Einrichtung Schloss S1 gGmbH abgeschlossen wurde. Die Beigeladene übernahm in der Folge ab dem 01.04.2017 die bislang vom Kläger geleisteten therapeutischen Einheiten in der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH, ohne dass zwischen ihr und der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wurde bzw. der bisherige Vertrag zwischen dem Kläger und der Einrichtung Schloss S1 gGmbH angepasst wurde. Der Vertrag vom 23.02.2016 sah zwar für den Fall der Verhinderung in § 3 (1) die Möglichkeit der Auftragsweitergabe vor, allerdings wird diesbezüglich auf „§ 1 Abs. (4)“ verwiesen, welcher im Vertrag tatsächlich nicht existiert. Der Kläger und die Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH haben jedoch für die Zeit ab dem 01.04.2017 in der Praxis tatsächlich eine Auftragsweitergabe an die Beigeladenen dauerhaft praktiziert und gelebt. Der Vertrag vom 23.02.2016 hat jedoch weiterhin Gültigkeit bezüglich der Höhe der Abrechnung und der vom Kläger einbehaltenen Marge behalten. Die Beigeladene hat gegenüber dem Kläger für den Zeitraum vom 01.04.2017 bis zum 30.03.2019 30 € und ab dem 01.04.2019 32 € pro Therapieinheit in Rechnung gestellt. Der Kläger hat auf der Basis des Vertrages vom 23.02.2016 gegenüber der Jugendeinrichtung 45 € abgerechnet und die Differenz von 15 € bzw. 13 € als Marge behalten. Der Vertrag vom 23.02.2016 beinhaltet somit allein die Rechtsgrundlage für die Abrechnung von 45 € durch den Kläger gegenüber der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH. Weitere Regelungen, welche sich auf die Beurteilung der streitgegenständlichen Statusfrage auswirken könnten, sind jedoch nicht enthalten. Insbesondere wurden keine Gesamtverantwortung oder Kontrollmöglichkeiten des Klägers bei einer Weitergabe des Auftrages vereinbart oder wurden für diesen Fall weitergehende Regelungen getroffen. Der Vertrag vom 23.02.2016 ist daher für die zu treffende Statusbeurteilung im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen wenig aussagekräftig.

Entgegen der Annahme der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 03.01.2020 kann der Umstand, dass der Kläger sich der Dienste der Beigeladenen zur Erfüllung seiner vertraglich weiterbestehenden Verpflichtung gegenüber der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH bedient hat, nicht ohne weiteres als Argument gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit im Verhältnis zwischen der Beigeladenen und dem Kläger gewertet werden (vgl. auch BSG, Urteil vom 17.12.2014 – B 12 R 13/13 R –, juris Rdnr. 35). Ansonsten wäre es in einem Dreiecksverhältnis unmöglich, einen Auftrag an einen Dritten weiterzugeben, da der Dritte naturgemäß zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung des Auftraggebers gegenüber dem Kunden tätig wird. Das von der Beklagten angeführte Argument ist daher kein aus sich heraus tragfähiges Kriterium im Rahmen einer Statusprüfung, sondern erfordert jeweils die weitergehende Prüfung der vertraglichen Bestimmungen sowie der tatsächlichen Gegebenheiten (vgl. auch BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 KR 12/17 R –, juris Rdnr. 33).

Maßgeblich sind überdies weder die Bezeichnungen, die die an einer Vereinbarung beteiligten Personen in derselben wählen, noch die von ihnen gewünschte Rechtsfolge, denn die Beurteilung einer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit steht nicht zur Disposition der Beteiligten. Stattdessen bedarf es einer Feststellung und Gewichtung objektiver Merkmale, welche das jeweilige Auftragsverhältnis kennzeichnen.

Davon ausgehend ergibt sich im hier zu beurteilenden Fall das Bild einer selbstständigen Erwerbstätigkeit der Beigeladenen in ihrer Tätigkeit als Musiktherapeutin im Verhältnis zum Kläger.

Die Beigeladene hat nach Übernahme des Therapieauftrages in der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH keinerlei Weisungen vom Kläger erhalten. Der Kläger war nach den vertraglichen Bestimmungen auch nicht weisungsbefugt und hat tatsächlich keine Weisungen erteilt. Auch gab es bezüglich der Tätigkeit der Beigeladenen keine Kontrolle oder Besprechungen zwischen dem Kläger und der Jugendeinrichtung. Weisungen in Gestalt von Wünschen bezüglich des Inhalts der Therapie und der damit verbundenen Ziele wurden vielmehr nach den Aussagen der Beigeladenen im Erörterungstermin vom 24.07.2023 von der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH an sie gerichtet. Dies ist angesichts der Einbettung der Musiktherapie in den Erziehungsplan der Einrichtung nachvollziehbar, da es sich um straffällig gewordene Jugendliche in einer geschlossenen Wohngruppe handelte. Die Beigeladene musste sich daher mit ihrem therapeutischen Angebot an den jeweiligen Gegebenheiten und Bedürfnissen der Jugendlichen orientieren und entsprechend auch für die Planung des weiteren Erziehungs- und Hilfebedarfs den Verlauf der Therapieeinheiten dokumentieren. Dies belegen auch die Aussagen der Beigeladenen im Erörterungstermin vom 24.07.2023, wonach die Anzahl der teilnehmenden Jugendlichen davon abhing, ob sie überhaupt in der Lage waren, die Therapie zu absolvieren, und die Einheiten teilweise auch abgebrochen werden mussten, wenn das Verhalten der teilnehmenden Jugendlichen eine Fortführung nicht erlaubte. Vor diesem Hintergrund ist es auch nachvollziehbar, dass die Beigeladene sich mit dem Kläger als vorbehandelnden Therapeuten vor allem in der Anfangszeit ab und zu zum Verhalten in schwierigen Situationen ausgetauscht hat. Die Jugendlichen wurden jeweils nach Ende der Therapieeinheit in einem Punktesystem bewertet und bei Bedarf wurde von der Beigeladenen ein längerer Bericht über einzelne Jugendliche für die Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH verfasst. Dies ist jedoch dem speziellen Setting der Therapie im Rahmen einer Jugendhilfeeinrichtung geschuldet und daher als Bewertungskriterium für die Statusfeststellung nicht geeignet. Zudem wäre dies überhaupt nur für die Bewertung des Status der Beigeladenen im Verhältnis zur Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH relevant, welche jedoch nicht Gegenstand der hiesigen Beurteilung ist. Somit trifft die Annahme der Beklagten im Bescheid vom 11.07.2019 nicht zu, wonach die Patienten über den Auftraggeber und daher den Kläger der Beigeladenen zugewiesen worden seien. Dies erfolgte vielmehr durch die Jugendeinrichtung vor Ort. Eine Weisungsabhängigkeit der Beigeladenen im Verhältnis zum Kläger lag daher nicht vor.

Der Senat kann auch keine Eingliederung der Beigeladenen in den Betrieb des Klägers feststellen. Dass die Therapie nur in der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH stattfinden konnte und sich auch zeitlich an den dortigen Gegebenheiten orientieren musste, liegt in der Natur der Sache. Die Beigeladenen hat jedoch auch ansonsten weder an Teambesprechungen oder sonstigen Teamveranstaltungen im Betrieb des Klägers teilgenommen, noch konnte der Kläger sie für andere (musik-)therapeutische Aufträge heranziehen. Die Beigeladene war vielmehr ausschließlich in der Jugendhilfeeinrichtung Schloss S1 gGmbH zur Durchführung der Musiktherapie tätig und im Kontakt mit den dortigen Betreuern. Soweit die Beklagte dies im Bescheid vom 11.07.2019 daher als Merkmal für eine Eingliederung in den Betrieb des Klägers ansieht, ist dies nicht nachvollziehbar, da eine Eingliederung - wenn überhaupt - in den Betrieb der Jugendhilfeeinrichtung erfolgte. Die Beigeladene hätte auch freiwillig an den dortigen Teambesprechungen teilnehmen können, sah jedoch aus zeitlichen Gründen davon ab. Teilweise wurde sie von der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH auch gebeten, einen musikalischen Beitrag mit den Jugendlichen für einen festlichen Anlass zu erarbeiten. Ihre Teilnahme an diesen Anlässen geschah dann jedoch ohne Vergütung, quasi ehrenamtlich. Angesichts der Tatsache, dass die Beigeladenen ab der Übernahme des Therapieauftrages keinerlei Kontakt mit dem Betrieb des Klägers hatte, sondern vielmehr nur noch mit der Jugendhilfeeinrichtung Schloss S1 gGmbH, lässt sich eine Eingliederung der Beigeladenen in den Betrieb des Klägers nicht begründen.

Eine solche entsteht auch nicht durch die Abrechnung der geleisteten Einheiten über den Kläger. Da die Jugendhilfeeinrichtung Schloss S1 gGmbH nach Angabe des Klägers keinen neuen Vertrag abschließen wollte, haben der Kläger und die Beigeladenen die Abrechnung der Stunden über den Kläger vereinbart. Der Kläger hat im Rahmen dieser Abrechnung den Unterschiedsbetrag zwischen der im Vertrag vom 23.02.2016 sowie in den Verträgen 12.01.2017 und vom 11.03.2019 vereinbarten Vergütung als Marge einbehalten. Eine Auslagerung der Abrechnung ist jedoch im therapeutisch-medizinischen Umfeld nicht unüblich. Auch ist es im Rahmen einer Auftragsweitergabe und eines Tätigwerdens eines Subunternehmers häufig der Fall, dass der Hauptunternehmer für die Leistung gegenüber dem Kunden einen höheren Preis abrechnet, als er dem Subunternehmer bezahlt. Dies entspricht somit den Gegebenheiten des Wirtschaftslebens und stellt somit kein bedeutendes Indiz für eine abhängige Tätigkeit dar.

Die Vergütung auf Basis der Vereinbarung eines Stundenhonorars ist mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 31.3.2017 – B 12 R 7/15 R –, juris) als unproblematisch anzusehen. Im hier zu beurteilenden Fall erfolgte zudem eine Vergütung auf Rechnungstellung, was für selbstständige Erwerbstätigkeiten als typisch anzusehen ist. Auch lag das vereinbarte Honorar deutlich über dem Arbeitsentgelt eines angestellten Musiktherapeuten, was ebenfalls als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit zu werden ist (vgl. BSG, a.a.O., juris Rdnr. 50 sowie LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.03.2023 – L 2 BA 38/21 –, juris Rdnr. 60).

Dass die Beigeladene neben ihrer Tätigkeit als Musiktherapeutin für den Kläger diese Tätigkeit im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses im Klinikum K1 ausübt, spricht nicht per se dafür, dass sie im Rahmen der Tätigkeit im Verhältnis zum Kläger ebenfalls als Beschäftigte anzusehen ist (vgl. Senatsurteil vom 17.07.2020 – L 8 BA 1474/19 –, juris Rdnr. 47). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets die Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG, Urteil vom 28.05.2008 – B 12 KR 13/07 R –, juris). Abzustellen ist daher alleine auf die Tätigkeit der Beigeladenen im Verhältnis zum Kläger und nicht auf die Tätigkeit im Klinikum K1.

Dass die Beigeladene kein wesentliches Unternehmerrisiko hat, spielt nach der Überzeugung des Senats ebenfalls keine entscheidende Rolle. Da es sich bei der Musiktherapie um eine Dienstleistung handelt, welche vorliegend nach den zwingenden Gegebenheiten in den Räumen der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH stattfand, kommt dem Kriterium des Vorhandenseins einer eigenen Betriebsstätte angesichts der Natur der Tätigkeit keine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 R 3/17 R –, juris Rdnr. 19 sowie Senatsurteil vom 17.07.2020 – L 8 BA 1474/19 –, juris Rdnr. 46). Die Beigeladene hat nach ihren Angaben im Schreiben vom 23.04.2019 bis auf von ihr selbst entworfene, einfache Musiknoten oder ein Handy zum Abspielen von Musik keine Betriebsmittel eingesetzt, da Musikinstrumente und Zubehör weitgehend im Musikraum der Jugendeinrichtung Schloss S1 gGmbH vorhanden waren. Ein relevantes Unternehmerrisiko bestand damit nicht. Auch erfolgte die Bezahlung im Rahmen fester Stundensätze. Die Beigeladene erbrachte die Dienstleistung in eigener Person, eigene Beschäftigte hat sie keine. Dies mag zwar für eine abhängige Beschäftigung sprechen, im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 14.03.2018 (BSG, a.a.O, juris Rdnr. 19) kommt dem unternehmerischen Risiko bei reinen betriebsmittelarmen Dienstleistungen keine entscheidende Rolle zu. Das fehlende Unternehmerrisiko ist zudem dann kein gewichtiger, gegen die Selbstständigkeit sprechender Anhaltspunkt, wenn in der Gesamtschau die weitgehende Weisungsfreiheit sowie die nicht in einem relevanten Maß, das heißt die Tätigkeit prägenden Weise vorhandene Eingliederung in die Arbeitsorganisation, sondern die unternehmertypische Selbstorganisation der Leistungserbringung prägend und bestimmend für das Gesamtbild der Tätigkeit sind (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 22.05.2023 – L 9 BA 22/18 –, juris Rdnr. 89).

Nach dieser umfassenden Gesamtabwägung gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass die Beigeladene im Verhältnis zum Kläger eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt hat. Der Senat misst dem Fehlen von Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten in den vertraglichen Bestimmungen zwischen der Beigeladenen und dem Kläger sowie der fehlenden Weisungsgebundenheit und der fehlenden Eingliederung der Beigeladenen im Verhältnis zum Kläger wesentliche Bedeutung zu. Dagegen ist die Tatsache des geringen Unternehmerrisikos angesichts der betriebsmittelarmen Tätigkeit weniger von Bedeutung. Die Beigeladene unterlag daher ab dem 01.04.2017 in ihrer Tätigkeit als Musiktherapeutin im Verhältnis zum Kläger nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Der Berufung des Klägers war nach alledem stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt, weshalb sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a SGG iVm. § 52 Abs. 3 GKG. Das Verfahren betrifft eine reine Statusfeststellung auf der Grundlage von § 7a SGB IV, so dass der Auffangstreitwert festzusetzen ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2018 – L 11 KR 4583/17 – juris).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
 

 

Rechtskraft
Aus
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