S 21 BA 128/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
21
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 21 BA 128/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 BA 24/24
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Der Bescheid vom 08.02.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2019 wird aufgehoben.

 

Es wird festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) vom 01.01.2017 bis 30.06.2018 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand und daher keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

 

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Die Beigeladenen zu 1) bis 4) tragen ihre Kosten selbst.

 

Tatbestand:

 

Zwischen den Beteiligten ist der sozialversicherungsrechtliche Status in den Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung für die Zeit ab dem 01.01.2017 im Rahmen der Tätigkeit des Klägers zu 1) für die Beigeladene zu 1) als Systemprogrammierer streitig.

 

Der im Jahr „00“ geborene Kläger ist Systemprogrammierer. Ursprünglich war er bei der Firma G. GmbH abhängig beschäftigt. Nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die G. GmbH im Jahr 2004 nahm der Kläger eine freiberufliche Tätigkeit als Systemprogrammierer auf. Im Rahmen seiner Tätigkeit verwendete er die Bezeichnung „Q.“.

 

Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen zu 1) ist laut aktuellem Handelsregisterauszug (G01 KI, Amtsgericht Kiel) der Handel mit IT-Produkten und Hifi Komponenten sowie Dienstleistungen im IT-Bereich sowie im Bereich der Haussteuerung.

 

Im Dezember 2016 beauftragte die Beigeladene zu 1) den Kläger erstmalig für ein am 02.01.2017 beginnendes Projekt. Ausweislich des Auftragsscheins vom 28.12.2016 (Bl. 421 Band 2 der Verwaltungsakten der Beklagten) handelte es sich um die Kontrolle und Installation der Lizenzen auf allen Systemen (zOS, Unix, Windows) Planung Softwareupdate SAS auf 9.4 (für alle Plattformen).

Der Kläger wurde von der Beigeladene zu 1) gemäß den aktenkundigen Auftragsscheinen wie folgt beauftragt:

Auftragsschein 28.12.2016, Beginn: 02.01.2017

Auftragsschein 28.03.2017, Beginn: 03.04.2017

Auftragsschein 29.06.2017, Beginn: 03.07.2017

Auftragsschein 29.09.2017, Beginn: 02.10.2017

Auftragsschein 27.12.2017, Beginn: 02.01.2018

Auftragsschein 30.03.2018, Beginn: ab sofort

Auftragsschein 12.04.2018, Beginn: ab sofort

Auftragsschein 28.06.2018, Beginn: ab 02.07.2018

Auftragsschein 28.09.2018, Beginn: ab 01.10.2018

Auftragsschein 11.10.2018, Beginn: ab sofort

 

Mit Schreiben vom 19.07.2018, eingegangen bei der Beklagten am 23.07.2018, stellte der Kläger einen Antrag auf Beitragszahlungen für eine freiwillige Versicherung/Statusfeststellungsverfahren. Er sei als Selbständiger unter Umständen versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Er sei freiberuflich tätig und nicht in die betrieblichen Abläufe seiner Auftraggeber integriert. Art, Ort, Zeit und Weise der Tätigkeit seien im Rahmen von Projektarbeiten grundsätzlich frei wählbar. Lediglich der gesamte Zeitrahmen des Auftrags und das Ziel der Auftragsleistung sei mit den Auftraggebern vertraglich vereinbart. Es sei lediglich die Versicherungspflicht nach § 2 SGB VI zu prüfen.

 

In dem seinem Antrag beigefügten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung machte der Kläger folgende Ausführungen zu der von ihm ausgeübten Tätigkeit:

 

Schreiben und Anpassen der jeweiligen Systemprogramme. Es erfolgt keine Eingliederung in den Betrieb, da ich mir die Zeit frei einteilen kann. Es wird lediglich ein Auftragsziel vereinbart. Weiterhin wird mir von meinen Auftraggebern freigestellt wo und wie ich meine Aufträge bearbeite. Ich bin durch die Auftraggeber nicht sozial abgesichert oder in den Betrieb eingegliedert. Der Auftraggeber erhält zur Budgetprüfung monatlich Berichte über den Stand der Auftragsbearbeitung. Bei meiner Auftragsausführung wird ein zeitlicher Rahmen vereinbart, an den ich gebunden bin. Es werden keine Vorgaben gemacht (Frage nach Umfang der regelmäßigen Arbeitszeiten und Anwesenheitszeiten, Vorgaben hinsichtlich der Arbeitszeit). Es werden keine Einschränkungen gemacht. Hinsichtlich des Tätigkeitsortes gibt es keine Vorgaben. Zur Durchführung meiner Projektarbeiten teile ich mir die Anwesenheitszeiten im Betrieb frei ein. Abstimmen muss ich mich lediglich bei den Zeiten in denen die Büros überhaupt für Personen zugänglich sind (Frage nach Ort der Tätigkeit und ob vom Auftraggeber Einschränkungen hinsichtlich des Tätigkeitsortes gemacht werden).

 

Beigefügt war dem Antrag eine Projektliste für die Zeit 2014 bis 1. Halbjahr 2018 und weitere Unterlagen (Projekthistorie, Einkommenssteuerbescheide für 2014-2016, u.a. Auftragsscheine für den Zeitraum 02.01.2014 bis 31.12.2014 und 01.01.2016 bis 31.12.2016 sowie Vertragsunterlagen und Rechnungskopien).

 

Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens holte die Beklagte Auskünfte der Beigeladenen zu 1) ein und wertete die ihr zur Verfügung gestellten weitere Geschäftsunterlagen und Rechnungen des Klägers sowie der Beigeladenen zu 1) aus. Der Kläger zu konkretisierte seine Tätigkeitsbeschreibung im Fragebogen vom 23.10.2018 mit Schreiben vom 14.12.2018. Seine Aufgabe sei es, Software seiner Auftraggeber zu warten, zu erweitern, zu verändern oder upzudaten, so dass die Funktionen der Software von seinen Auftraggebern bedarfsgerecht eingesetzt werden können. Zu seinen detaillierten Aufgaben gehörten

 

- Systembetreuung der SAS-Installationen für diverse Versicherungsgesellschaften unter den Betriebssystemen AIX, zOS und Windows Server 2008.

- Lizenz- und Patchmanagement, Softwareupgrades auf aktuelle Version. First- und Second Level Support der Kundeninstallationen. Third Level Support mit der Software, Support des Herstellers in den USA

- Automation der SAS-Systemlandschaft: Skriptgesteuerte Installation. Automatisierung des täglichen Housekeepings durch Universalskripte, die auch zur individuellen Steuerung genutzt werden sollen.

 

Die Leistung werde beim Auftraggeber oder beim Endkunden erbracht, aber auf den Systemen des Endkunden. Eine Einweisung erfolge durch die Systemspezialisten des Endkunden. Arbeitszeiten seien nicht vorgegeben. Einzige Ausnahme seien vorgegebenen Wartungsfenster (z.B. für Arbeiten in der Produktion), ansonsten werde er für eine bestimmte Stundenanzahl gebucht und rechne nach aufgewendeten Stunden ab. Sofern er das Ziel nicht mit den gebuchten Stunden erfüllen könne, buche der Auftraggeber ggf. weitere Arbeitsstunden. Die maximale Anzahl der Stunden sei einzelvertraglich im jeweiligen Auftragsschein festgelegt. Ruf- und Bereitschaftsdienste seien nicht vertraglich vereinbart. Es gebe keine Verpflichtung, Zeiten zu melden. Die Frage der Verhinderung sei nicht explizit geregelt. Es stehe ihm frei, Subunternehmer zu beauftragen. Es bestehe keine Verpflichtung, Berichte zu erstellen. Es gebe in der Regel keine Anwesenheitspflicht bei Besprechungen. Nur in Ausnahmefällen werde er zu einer Besprechung/Abstimmung gebeten, z.B. nach einer größeren Störung oder einem Systemausfall. Da er nicht Teil der Betriebe zw. Auftraggeber sei, werde er lediglich zu projektbezogenen Fragen hinzugezogen. Betriebsinterne Angelegenheiten würden aus Datenschutzgründen nicht mitgeteilt. Gelegentlich könne nur ein interner Mitarbeiter Fragen zu internen Abläufen beantworten oder „Prozesse“ initiieren bzw. Entscheidungen herbeiführen. Er sei nicht weisungsbefugt. Die Mitarbeiter würden von ihm nur zu informatorischen Fragen hinzugezogen. Die Firmen würden nicht über festangestellte Mitarbeiter mit gleichgelagerten Tätigkeiten verfügen, genau deshalb werde er als externe Kraft eingesetzt. Er benötige eigene Computer und eigene Software. Als Systemprogrammierer benötige er sehr hohe (spezielle), administrative Privilegien auf den betroffenen Systemen/Servern. Diese würden ihm mit seiner User ID nur durch einen Kunden-Laptop im Kundennetzwerk bzw. mit mobilem Zugang (UMTS und VPN) gewährt. Durch einen alternativen Zugang würden diese Rechte nicht gewährt. Dies sei bei Finanzdienstleistern durchaus üblich. Er setze auch eigenes Kapital ein. Er müsse sein Know How immer aktuell halten bzw. kurzfristig erweitern. Dazu sei es unumgänglich, Schulungen aber auch Fachkonferenzen, regelmäßig zu besuchen. Weitere Werbekosten, Kosten für die Buchführung, Fortbildungskosten und die genannten Arbeitsmittel seien bei der Kapitalverwendung zu berücksichtigen. Er habe keine eigenen Mitarbeiter oder Subunternehmer. Die Ausführung erfolge nur durch ihn. Er mache eigene Werbung. Er sei bei bekannten Freiberuflerbörsen wie GULP oder XING präsent. Außerdem sei er bei mehreren IT-Dienstleistern mit seinem Profil registriert. Als Freiberufler hafte er mit allem, was er habe, weil einige Risiken gar nicht zu versichern seien. Er habe auch keine anderen Auftraggeber. Er sei an langfristigen Aufträgen interessiert. Die Einarbeitung sei sehr komplex und könne mehrere Wochen dauern. Zudem seien solche Aufträge meistens so komplex, dass sie nicht selten 6, 12 oder auch 18 Monate in Anspruch nähmen.

 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das o.g. Schreiben des Klägers (Bl. 225 Band I der Verwaltungsakten der Beklagten) und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

 

Mit Anhörungsschreiben vom 09.01.2019 (vgl. Bl. 140 ff. Band I der Verwaltungsakten der Beklagten) teilte die Beklagte dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) mit, dass sie beabsichtige, für die Tätigkeit des Klägers zu 1) im Bereich Softwareprogrammierung bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.01.2017 einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen und die Versicherungspflicht des Klägers zu 1) in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festzustellen. Die Beklagte benannte folgende Merkmale, die aus ihrer Sicht für eine abhängige Beschäftigung sprächen:

 

  • Der Kläger erbringen die Dienstleistung höchstpersönlich.
  • Das fachliche Entscheidungsrecht liege bei der Beigeladenen zu 1).
  • Es bestehe ein geringes unternehmerisches Risiko.
  • Es erfolge ein geringer Kapitaleinsatz.
  • Die Vergütung sei nicht mit einem Verlustrisiko belastet, wie es für eine selbständige Tätigkeit üblich sei, da die Arbeitsleistung und nicht ein irgendwie gearteter Leistungserfolg geschuldet werde.
  • Es bestehe lediglich das Risiko, dass bei Nichtausführung der Arbeit keine Vergütung erfolge und eine Garantie für eine erneue Auftragsvergabe nicht existiere. Dieses Risiko hätten jedoch auch unstetig Beschäftigte.
  • Eigenständiges Arbeitend löse keinesfalls das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit aus.
  • Der Auftraggeber verpflichte sich zu Leistungen gegenüber seinen Kunden. Dabei erbringe der Auftraggeber die Leistungen durch eigene Mitarbeiter oder beauftragte Dritte.
  • Der Kläger sei nicht frei, den Ort der Tätigkeit zu bestimmen. Das Erfordernis, die Tätigkeit bei den Kunden vor Ort durchzuführen, ergebe sich aus der vertraglichen Vereinbarung des Auftraggebers mit dem Kunden – Auftragsbestätigung/Vergütungsvereinbarung. Teilweise sei der Kläger im eigenen Büro tätig
  • Der Kläger habe den Auftraggeber bzw. den Kunden regelmäßig über den Stand seiner Leistung zu informieren und die gesamte Auftragsphase zu begleiten.

 

Als Merkmal für eine selbständige Tätigkeit spräche,

  • dass der Kläger Aufträge ablehnen könne.

 

Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

 

Im Rahmen der Anhörung äußerte sich der Kläger mit Schreiben vom 31.01.2019 (Bl. 435 Band II der Verwaltungsakten der Beklagten). Er erläuterte, dass er gerade kein Softwareprogrammierer, sondern Systemprogrammierer sei. Er habe selbst den Versuch unternommen, geeignete Systemprogrammierer zu finden, um sie für einen Auftrag einzusetzen. Es stünden jedoch keine Fachkräfte zur Verfügung. Er trage das unternehmerische Risiko. Zum einen gebe es keine Abnahmegarantie für ihn, ein Auftrag könne jederzeit beendet werden. Zum anderen würden Ausfallzeiten für Akquise, Bewerbung, Vorstellung und tatsächlichem Projektstart zum Umsatzausfall. Laufende nicht unerhebliche Kosten seien der Firmen-PKW in Spitzenzeiten mit über 50.000 km Laufleistung pro Jahr oder die monatlichen Hotelkosten. Er müsse für jeden Kunden einen neuen Laptop im Wert von ca. 2000,- € anschaffen, um auszuschließen, dass irgendetwas von einem zum anderen Kunden gelange. Kosten für Weiterbildung durch Kurse oder Fachkonferenzen seien unumgänglich, diese trage er selbst. Zur Altersabsicherung zahle er in eine private Rentenversicherung ein. Das Verlustrisiko werde nur durch ihn getragen. Er müsse auch unverschuldete Fehler einplanen und Fallback-Maßnahmen vorbereiten und erproben. Die Systemverfügbarkeit dürfe nicht eingeschränkt werden. Er werde in Regress genommen, wenn z.B. Softwarelizenzen ablaufen würden und die Software nicht mehr genutzt werden könne. Er mache Werbung in eigener Sache und das fachliche Entscheidungsrecht liege bei ihm. Es seien keine Weisungen durch seine Auftraggeber erfüllt worden.

 

Im Schreiben vom 30.01.2019 äußerte die Beigeladene zu 1), dass die Vermutung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit dem Kläger ebenso unerwartet wie überraschend sei. Sie sei bisher und auch weiterhin davon ausgegangen, dass Art und Umfang des von dem Kläger eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes wie auch dessen Tätigkeitsfeld in Bezug auf die Beigeladene zu 1) einer freiberuflichen selbständigen Tätigkeit entspreche. Der Kläger erbringe Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Er habe gemäß den getroffenen vertraglichen Absprachen monatlich abgerechnet. Es sei jeweils der konkrete tatsächliche Zeitaufwand zugrunde gelegt worden. Der Kläger sei während der Zeit der Beauftragung durch die Beigeladene zu 1) ausschließlich bei Kunden der Beigeladenen zu 1) vor Ort eingesetzt worden. Einen Arbeitsplatz oder sonstigen Tätigkeitsbereich im Hause der Beigeladenen zu 1) habe er nicht. Grundlage seiner Tätigkeit seien jeweils Aufträge hinsichtlich einzelner Projektleistungen gewesen. Diese ergäben sich aus den jeweiligen Aufträgen. Eine durchgängige Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) habe es nicht gegeben. Fest- und Mindestzeiten seinen nicht vereinbart gewesen. Art und Umfang der Tätigkeit habe sich aus den einzelnen Aufträgen ergeben. . die von dem Kläger erstellten Rechnungen hätten erheblichen Schwankungen unterlegen. Der Kläger hafte für die von ihm erbrachten Leistungen vollumfänglich persönlich. Das Risiko einer Schlechtleistung trage er ebenfalls. Ob der Kläger eine entsprechende Versicherung abgeschlossen habe, sei ihr nicht bekannt. Der Abschluss einer Versicherung zu adäquaten Konditionen sei jedoch aus ihrer Sicht kaum möglich im Hinblick auf die hohen Haftungsrisiken. Angesichts des relativ hohen Honorars sei aus ihrer Sicht grundsätzlich eine Eigenvorsorge möglich. Preis- und Kostenkalkulation sowie das Zeitmanagement hätten ausschließlich dem Kläger oblegen. Es sei ihr nicht bekannt, ob der Kläger Mitarbeiter beschäftige. Nach ihrer Kenntnis verfüge der Kläger über ein Arbeitszimmer nebst PC und Laptop. In der Regel werde der Kläger aber aufgrund seines Tätigkeitsfeldes vor Ort bei Kunden/Auftraggebern tätig, so dass es umfangreicher Geschäftsräume nicht bedürfe. Der Kläger trage nach ihrer Kenntnis die Kosten für sein Unternehmen ausschließlich selbst. Hierbei handele es sich zumindest auch um die Kosten für einen Firmen-PKW, einen PC und Laptop sowie Büroeinrichtungsgegenstände. Auch Kosten für die Weiterbildung würden vom Kläger getragen. Der Kläger sei frei in der Gestaltung seiner Arbeitsorganisation, der Arbeitsabläufe wie auch der Arbeitszeiten. Eine Abstimmung und Bezahlung von Urlaub habe es nicht gegeben. In Krankheitsfällen habe es keiner Krankmeldung bedurft und es habe auch keine Entgeltfortzahlung gegeben. Der Kläger habe auch selbst Kundenakquise betrieben. Er sei selbständig als Freiberufler in der Geschäftswelt aufgetreten. Er verfüge über einen eigenen Geschäftsbrief. Einer Gewerbeanmeldung habe es für die Tätigkeit als Freiberufler nicht gebraucht. Der Kläger habe ihr jedoch eine Bescheinigung des Finanzamts A. über seine selbständige Tätigkeit und die Verpflichtung zur Zahlung von Einkommens- und Umsatzsteuer vorgelegt. Der Kläger sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt nach Weisung der Beigeladenen zu 1) tätig geworden und sei auch nicht in die Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Der Beklagten seien offensichtlich nicht sämtliche Umstände hinsichtlich der Unternehmung des Klägers bekannt gewesen. Insbesondere habe das fachliche Entscheidungsrecht nicht bei der Beigeladenen zu 1) gelegen. Der Kläger hätte die sich aus den Aufträgen ergebenden konkreten Aufgaben/Aufträge zu erledigen gehabt. Wie er diese Arbeiten ausgeführt habe, hätte ihm vollumfänglich selbst oblegen. Es habe nicht lediglich ein geringes, sondern ein ganz erhebliches Unternehmensrisiko für den Kläger persönlich bestanden. Dass der Kapitaleinsatz bei einem Systemprogrammierer geringer sei als z.B. bei einem Facharzt, welcher evtl. kostenintensive Untersuchungsgeräte anschaffen müsse, führe zu keiner abweichenden Beurteilung. Der Systemprogrammierer schulde in der Regel eine Dienstleistung. Letztlich schulde der Kläger aber jeweils den aus den vorliegenden Aufträgen genannten Leistungserfolg. Sie gehe daher davon aus, dass eine selbständige Tätigkeit vorliege. Ob und ggf. in welchem Umfange daneben Rentenversicherungspflicht für Selbständige gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI bestehe, sei unabhängig davon zu beurteilen.

 

Mit an den Kläger und die Beigeladene zu 1) gerichteten Bescheiden vom 08.02.2019 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.01.2017 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Es bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginne am 01.01.2017. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie im Wesentlichen Ihr Vorbringen aus dem Anhörungsschreiben. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis würden überwiegen. Für eine selbständige Tätigkeit spräche, dass der Kläger Aufträge ablehnen könne und dass er für weitere Auftraggeber tätig sei. Die im Rahmen der Anhörung vorgetragenen Gründe seien bei der Entscheidung zum Status berücksichtigt worden. Sie würden jedoch nicht zu einer anderen Entscheidung führen.

 

Gegen die Bescheide vom 08.02.2019 erhoben der Kläger und die Beigeladene zu 1) mit Widerspruch. Zur Begründung wiederholten und vertieften sie im Wesentlichen ihr jeweiliges Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Anhörungsverfahren. Der Kläger wies ausdrücklich darauf hin, dass er als Systemprogrammierer und nicht als Softwareprogrammierer tätig sei. Die Beigeladene zu 1) trug ergänzend vor, dass der Kläger nicht verpflichtet sei, sie regelmäßig über den Stand seiner Leistungen zu informieren. Der Leistungsstand habe sich jeweils aus den monatlichen Abrechnungen ergeben.

 

Die Widersprüche wies die Beklagte mit zwei an den Kläger und die Beigeladene zu 1) adressierten Widerspruchsbescheiden vom 27.11.2019 zurück. Aufgrund der abhängigen Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) im Zeitraum ab dem 01.01.2017 sei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung eingetreten. Der Kläger habe die verschiedenen Arbeitsleistungen im Bereich der Beratung, Installation, Systemprogrammierung und Schulung zum Einsatz von SAS Software beim J.. und E. für die Beigeladene zu1) zu erbringen gehabt. Die Aufgabenstellung habe es erfordert, dass er sich ständig habe zur Verfügung halten müssen. Aus den Projektabläufen hätten sich die konkreten Arbeitsorte, -zeiten und –inhalte ergeben. Der Kläger sei höchstpersönlich tätig gewesen. Änderungen bzw. Präzisierungen hinsichtlich der geschuldeten Arbeitsleistung seien durch die Beigeladene zu 1) fortlaufend möglich gewesen. Zur weiteren Begründung führte die Beklagte vertiefend aus, dass es unerheblich sei, dass der finanzielle Erfolg von der beruflichen Tüchtigkeit des Klägers abhänge. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance des Unternehmers. Diese Chance hätten unter bestimmten Umständen auch viele Beschäftigte. Kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit liege vor, wenn zwar die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden könne, bei Annahme jedoch – wie vorliegend – eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolge. Im Übrigen sichere es nicht den Status der selbständigen Tätigkeit, wenn zur Vergütung der geleisteten Arbeiten die Rechnungsstellung erforderlich sei. Dies sei lediglich Folge der rechtsfehlerhaften eigenen Einstufung als selbständige Tätigkeit.

 

Hiergegen hat der Kläger am 17.12.2019 Klage bei dem Sozialgericht Detmold erhoben. Der Kläger bezieht sich zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen auf sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, dass die Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) am 30.06.2019 geendet habe. Die Beigeladene zu 1) habe ebenfalls Klage erhoben, das Verfahren sei anhängig beim Sozialgericht Lübeck unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 5 BA 67/19 und ruhe derzeit.

 

Der Kläger beantragt,

 

den Bescheid vom 08.02.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2019 aufzuheben und festzustellen, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu1) im Zeitraum vom 01.01.2017 bis 30.06.2018 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf Ihr Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren.

 

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage des Klägers ist zulässig, § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 56 SGG und begründet.

 

Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 08.02.2019 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27.11.2019 beschwert im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Zu Unrecht hat die Beklagte festgestellt, dass der Kläger in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu der Beigeladenen zu 1) stand und diesbezüglich der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung unterlag.

 

Ermächtigungsgrundlage für die getroffene Statusfeststellungsentscheidung der Beklagten ist § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der bis zum 31.03.2022 gültigen Fassung vom 29.03.2017. Hiernach können die Beteiligten eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt, § 7a Abs. 2 SGB IV. In der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sind versicherungspflichtig gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 04.06.2019 – B 12 R 20/18 R – Rn. 12, zitiert nach juris).

 

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 08.12.1994 – 11 RAr 49/94 – Rn. 20, zitiert nach juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 24.01 2007 – B 12 KR 31/06 R – Rn. 17, zitiert nach juris, BSG, Urteil vom 29.08.2012 – B 12 KR 25/10 R – Rn. 16, zitiert nach juris).

 

Insoweit führte das BSG in seinen Entscheidungen vom 04.06.2019 (- B 12 R 12/18 R – Rn. 19 f; - B 12 KR 14/18 R – Rn. 24 f; - B 12 R 22/18 R –Rn. 17 f., jeweils zitiert nach juris) aus, dass die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder erfolgt. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts.

 

Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Kläger im Rahmen der von ihm durchgeführten Aufgaben im Bereich der Systemprogrammierung für die Endkunden der Beigeladenen zu 1) selbständig tätig. Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung sind die zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) getroffenen vertraglichen Absprachen und  die jeweiligen schriftlichen Aufträge, die vorgelegten Rechnungen sowie die Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 1) im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren sowie im Klageverfahren.

 

Bei vertraglichen Beziehungen, denen ein Vertrag zugrunde liegt, der die allgemeine Grundlage für die Abwicklung einzelner Aufträge enthält, ist jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Auftrags während dessen Durchführung bestehen (BSG, Urteil vom 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – Rn. 19, zitiert nach juris; Urteile vom 04.06.2019, a.a.O.).

 

Im Hinblick auf die Gewichtung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte sind die Besonderheiten der vorliegenden Tätigkeit des Klägers als Systemprogrammierer für die Endkunden der Beigeladenen zu 1) zu berücksichtigen. Der Kläger war hinsichtlich der Durchführung der von ihm zu erbringenden Leistungen nach den vertraglichen Absprachen grundsätzlich in der Einteilung seiner Arbeitszeit frei und gegenüber der Beigeladenen zu 1) nicht weisungsgebunden. Die Aufträge hatte er zwar in den üblichen Betriebszeiten der Endkunden zu erbringen. Aus Sicht der Kammer schränkt dies die freie Einteilung der Arbeitszeit jedoch nicht soweit ein, dass dies für eine abhängige Beschäftigung sprechen würde. Er musste nur klären, in welchem Zeitraum er Zutritt zu dem jeweiligen Gebäude hatte. Er hat selbst Aufzeichnungen darüber getätigt, wie viele Stunden er brauchte und diese dann in Rechnung gestellt. Dies spricht aus Sicht der Kammer für eine selbständige Tätigkeit.

 

Aus den vertraglichen Absprachen und den Aufträgen ergibt sich, dass der Kläger die Tätigkeiten in den Räumen des Endkunden durchzuführen hatte. Aus Sicht der Kammer führt dies nicht zu einer Weisungsgebundenheit hinsichtlich des Arbeitsortes, die für eine abhängige Beschäftigung spricht. Der Zugriff auf die Systeme bei den Endkunden war nach dem Vortrag des Klägers stark beschränkt bzw. geschützt. Die Beschränkung auf den Betrieb der Endkunden liegt damit aus Sicht der Kammer in der Natur der Systemprogrammierung.

 

Die von ihm geschuldete Tätigkeit als Systemprogrammierer hat der Kläger aus Sicht der Kammer frei und eigenverantwortlich durchgeführt, Weisungen war er nicht unterworfen. Dem Kläger wurden zur Überzeugung der Kammer auch seitens der Beigeladenen zu 1) keine Weisungen erteilt, wie er seine Aufgaben zu erledigen habe. Dass er im Rahmen der durchzuführenden Projekte Berichte über den Fortschritt des Projektes erstellt hat, steht der Weisungsfreiheit nicht entgegen. Aus Sicht der Kammer spricht die Erstellung von Berichten weder für noch gegen eine abhängige Beschäftigung, sondern ist durch die Natur der Projektarbeit bedingt.

 

Zwar steht die Weisungsfreiheit einer Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers nicht grundsätzlich entgegen. In den o.g. Urteilen vom 04.06.2019 hat das BSG klargestellt, dass Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb weder in einem Rangverhältnis zueinander stehen noch stets kumulativ vorliegen müssen. Eine Eingliederung gehe auch nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht des Krankenhauses einher. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur "Anhaltspunkte" für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung, jedoch keine abschließenden Bewertungskriterien. Der Senat habe bereits 1962 im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu Chefärzten ausgeführt, dass das Weisungsrecht insbesondere bei sog. Diensten höherer Art, wobei man heute von Hochqualifizierten oder Spezialisten sprechen würde, aufs stärkste eingeschränkt sein könne. Dennoch könne die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhalte, in deren Dienst die Arbeit verrichtet werde. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinere sich in solchen Fällen zur "funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess". Dieses vom Senat entwickelte Kriterium der Weisungsgebundenheit habe der Gesetzgeber wie das der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ausdrücklich aufgegriffen (BSG vom 04.06.2019, - B 12 R 20/18 – Rn. 25; - B 12 R 12/18 R - Rn. 29; B 12 KR 14/18 R – Rn. 34; B 12 R 22/18 R – Rn. 30 jeweils zitiert nach juris).

 

Ausgehend hiervon ist die Kammer der Ansicht, dass die Tätigkeit des Klägers nicht durch die Ordnung des Betriebes der Beigeladenen zu 1) geprägt war und er im Rahmen der von ihm durchgeführten Tätigkeiten der Systemprogrammierung in den Räumen der Endkunden eingegliedert war. Dies wertet die Kammer als Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit.

 

Für die Durchführung der Tätigkeit des Klägers hat auch keine Zusammenarbeit und/oder Abstimmung mit anderen Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1) stattgefunden. Dass er bei den jeweiligen Endkunden von deren Mitarbeitern zu Beginn mit dem System vertraut gemacht bzw. eingewiesen wurde und dass es eine Abstimmung mit den Mitarbeitern der Firma SAS gegeben hat, steht dem nicht entgegen. Auch dies ist der Natur der Systemprogrammierung geschuldet. Der Kläger führte Arbeiten an ihm zunächst fremden Systemen durch. Dass er hierfür anfangs Informationen von entsprechend versierten Mitarbeitern der Endkunden benötigte und nach eigenen Angaben notwendigenfalls auch fehlende Informationen aktiv nachfragte, ist nicht als Indiz für eine abhängige Beschäftigung zu werten. Vielmehr hat der Kläger die ihm obliegende Aufgabe als hochspezialisierter Systemprogrammierer weitgehend autark erledigt, ohne hierfür mit Mitarbeitern Beigeladenen zu 1) zusammen zu arbeiten. Er hat Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1) oder auch der Endkunden keine Weisungen erteilt. Ein „Hand-in-Hand-Arbeiten“, welches aus Sicht der Kammer eher für eine abhängige Beschäftigung sprechen würde, liegt damit gerade nicht vor.

 

Der Kläger zu trug im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) auch ein nennenswertes, das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägendes Unternehmerrisiko, welches im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG, Urteil vom 28.05.2008 – B 12 KR 13/07 R -). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteil vom 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R –Rn. 36, zitiert nach juris). Vorliegend trug der Kläger ein relevantes Verlustrisiko. Seine Tätigkeit erforderte Betriebsmittel in Form von Laptops, die er für jeden Endkunden erworben hat, bei dem die Tätigkeit nicht zwingend mit Geräten der Endkunden durchzuführen war. Er hat seine Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt, welches in der möglichen Nicht-Abnahme durch die Beigeladene zu 1) bzw. deren Endkunden begründet war. Er trug auch ein beträchtliches Haftungsrisiko, welches er, da manche Risiken der Systemprogrammierung nach der übereinstimmenden Einschätzung des Klägers und der Beigeladenen zu 1) nicht zu adäquaten Bedingungen versicherbar waren, nicht durch eine entsprechende Versicherung absichern konnte. Zudem trug er die Kosten für notwendige Schulungen und Fachkonferenzen selbst, ebenso wie seine Fahrt- und Übernachtungskosten.

 

Das Risiko, nicht oder nicht wie gewünscht arbeiten zu können, stellt hingegen kein Unternehmerrisiko dar, sondern eines, das auch jeden Arbeitnehmer trifft, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt wird oder unständig Beschäftigter ist. Es muss deshalb ein Wagnis bestehen, das über dasjenige hinausgeht, kein Entgelt zu erzielen. Zum echten Unternehmerrisiko wird dieses Risiko deshalb regelmäßig erst, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein Einkommen oder Entgelt aus Arbeit erzielt wird, sondern zusätzlich auch Kosten für betriebliche Investitionen und/oder Arbeitnehmer anfallen oder früher getätigte Investitionen brachliegen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom L 4 BA 3646/18, Rn. 87, zitiert nach juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.2009 – L 16 R 5/08 – Rn. 38, zitiert nach juris). Dies trifft auf den Kläger zumindest im Hinblick auf den vorgehaltenen Firmenwagen, die im Einzelnen in Gestalt von Laptops benötigte Hardware, kunden- und projektbezogene Schulungen und die Anschaffung und Kosten für Werbung in Form der Vergabe von Werbeartikeln wie z.B. Feuerzeuge und Taschen, zu.

 

Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Einsatz eigenen Kapitals bzw. eigener Betriebsmittel keine notwendige Voraussetzung für eine selbständige Tätigkeit ist (BSG, Urteil vom 27.03.1980 – 12 RK 26/79 –Rn. 23, zitiert nach juris). Dies gilt schon deshalb, weil anderenfalls geistige oder andere betriebsmittelarme Tätigkeiten nie selbständig ausgeübt werden könnten (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013 – B 12 R 3/12 R - Rn. 25, zitiert nach juris). Eine solche betriebsmittelarme Tätigkeit kann die Kammer hier jedoch nicht erkennen.

 

Für eine selbständige Tätigkeit kann zudem der in den vertraglichen Absprachen zum Ausdruck kommende Wille des Klägers und der Beigeladenen zu 1) sprechen, keine abhängige Beschäftigung begründen zu wollen. Auf eine entsprechende vertragliche Abrede kommt es jedoch nur dann entscheidend an, wenn die tatsächlichen Umstände in etwa gleichermaßen für eine Selbstständigkeit oder für eine Beschäftigung sprechen (BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 R 3/17 R – Rn. 13, zitiert nach juris).

 

Die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, wertet die Kammer als Indiz für eine selbständige Tätigkeit.

 

Die Höhe der Vergütung (100,- € zuzüglich Mehrwertsteuer pro Stunde) spricht aus Sicht der Kammer eher für eine selbständige Tätigkeit. Mit einem Stundensatz in dieser Höhe war der Kläger durchaus in der Lage, sich ausreichend sozial abzusichern. Zudem hat der Kläger für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass er die Höhe des Stundensatzes selbst bestimmt hat.

 

Relevante Anhaltspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, liegen zur Überzeugung der Kammer nicht vor.

 

Nach Abwägung aller Merkmale erfüllt die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) nicht die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Beschäftigung gemäß § 7 SGB IV. Hierfür ist insbesondere, wie dargelegt, die fehlende Einbindung des Klägers  in die Arbeitsabläufe und die Organisationsstruktur der Beigeladenen zu 1) maßgeblich, hinzu kommen die weiteren, für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Aspekte. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand damit nicht. Die Frage, ob ggfs. Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI besteht, ist nicht streitgegenständlich und bleibt hiervon unberührt. Da die Tätigkeit nach den Angaben des Klägers am 30.06.2018 endete und auch das Klagebegehren sich auf die Zeit vom 01.01.2017 bis 30.06.2018 bezieht, ist der Antrag, wie aus dem Tenor ersichtlich, begründet.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Sie sind auch nicht mit Kosten zu belasten, da sie keine Anträge gestellt haben. Der Kläger ist Versicherter im Sinne von § 183 Satz 1 SGG und damit kostenprivilegiert. Denn es ist sein Status als Versicherter, der streitig ist (vgl. BSG, Urteil vom 05.10.2006, - B 10 LW 5/05 R -; LSG NRW, Beschluss vom 30.04.2008, - L 16 B 5/07 R -; LSG NRW, Beschluss vom 24.03.2011, - L 8 R 1107/10 B -). Damit erübrigt sich auch die Festsetzung eines Streitwertes. Denn die Festsetzung eines Streitwertes erfolgt nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Gerichtskostengesetz (GKG) nur dann, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.

Rechtskraft
Aus
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