1. Ein Aufhebungsbescheid für einen Teil eines Bewilligungszeitraums erledigt sich nach § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise, wenn - hier auf Aufforderung des Beklagten - ein neuer Leistungsantrag für diesen Zeitraum gestellt wird und hierzu ein neuer Bewilligungsbescheid ergeht.
2. Ein neuer Antrag des Leistungsberechtigten begrenzt den vom vorherigen Antrag erfassten Zeitraum, unabhängig davon, ob der neue Antrag bereits beschieden worden ist (Anschluss an BSG, Urteil vom 06.06.2023 - B 4 AS 4/22 R).
3. Für das Vorliegen einer wirksamen Mietzinsforderung unter Verwandten und die Anerkennung als Kosten der Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist nicht erforderlich, dass der Mietvertrag einem sogenannten Fremdvergleich standhält, d.h. nach Inhalt und tatsächlicher Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Eine Übertragung der Maßstäbe des Fremdvergleichs aus dem Steuerrecht auf das SGB II scheidet bei Mietverträgen unter Familienangehörigen aus.
4. Entscheidend für die Anerkennung als Kosten der Unterkunft und Heizung ist ein entsprechender rechtlicher Bindungswille der Vertragsparteien des Mietvertrags.
5. Der Abschluss eines Mietvertrags mit einem (unverändert) mittellosen und durch Darlehen der Eltern unterstützten Sohn einen Monat nach Antragstellung beim SGB II-Leistungsträger und kurz nach Abgabe einer Erklärung der Eltern, ihr Sohn wohne (bis auf weiteres) mietfrei im Elternhaus, spricht gegen die Ernsthaftigkeit einer Mietzinsforderung.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger und Berufungskläger (Kläger) in der Zeit von April 2020 bis Juli 2021 einen Anspruch auf Gewährung weiterer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Höhe von 375,- Euro monatlich (Kosten der Unterkunft und Heizung - KdUH) gegen den Beklagten und Berufungsbeklagten (Beklagten) hat. Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger einer ernsthaften Mietzinsforderung seiner Eltern in dieser Höhe ausgesetzt ist.
Der 1987 geborene, ledige Kläger wurde zum 14.03.2019 nach bestandener Masterprüfung im Studiengang Betriebswirtschaftslehre nach 18 Hochschulsemestern von der Ostbayerischen Technischen Hochschule R exmatrikuliert. Er war von Oktober 2015 bis April 2017 in R gemeldet, seit 26.04.2017 war er unter der Anschrift im Wohnhaus seiner Eltern gemeldet, wo er seinen Angaben nach seither wieder wohnte, bevor er Ende des Jahres 2023 nach M zog. Im Elternhaus wohnte im streitgegenständlichen Zeitraum auch sein Bruder M.
Am 30.04.2019 stellte der Kläger erstmals beim Beklagten einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. In der Anlage zur Feststellung der KdUH machte er keine Angaben zu den tatsächlichen monatlichen Aufwendungen. Es wurde von der Sachbearbeitung des Beklagten ergänzt, dass der Kläger mietfrei bei seinen Eltern wohne. Die Richtigkeit der "in grün" vorgenommenen Änderungen wurde vom Kläger bestätigt. Weiter gab der Kläger in der Anlage "Feststellung der Hilfebedürftigkeit" (HG) an, dass er Leistungen (z.B. unentgeltliche Unterkunft) von Verwandten erhalte.
Der Kläger war Inhaber zweier Girokonten (bei der DK Bank und der S Bank, eines Sparkontos bei der S Bank und eines Aktiendepots, Depotstand am 18.05.2019 3.773,75 Euro). Das Aktiendepot löste er zum 18.11.2019 auf, um mit finanzieller Unterstützung des Beklagten ein gebrauchtes Kfz zu erwerben. Ferner verfügte er seit Februar 2019 über eine a-Kreditkarte bei der L Bank und war Inhaber eines P-Kontos.
Mit einem Schreiben vom 18.05.2019 erklärten die Eltern des Klägers gegenüber dem Beklagten, dass der Kläger (bis auf Weiteres) mietfrei Unterkunft erhalte. Darüber hinaus erhalte er keinen Unterhalt von ihnen. Mit Schreiben vom 02.06.2019 teilte der Kläger dem Beklagten nochmals mit, weder von seinen Eltern noch von seinem Bruder finanzielle Unterstützung zu erhalten. Es bestehe auch kein Wille, gemeinsam zu wirtschaften. Es bestehe keine Haushaltsgemeinschaft. Er habe von seinen Eltern lediglich in unregelmäßigen Abständen private, zinslose Darlehen erhalten. Er habe in der Vergangenheit von einem BAföG-Darlehen und Geldgeschenken zu Feiertagen gelebt. Am 22.07.2019 versicherten die Eltern des Klägers gegenüber dem Beklagten an Eides statt, dass die bisherigen Geldzahlungen an den Kläger rein darlehensweise erbracht worden seien. Die Darlehen seien nur gewährt worden, um eine Notlage des Sohnes abzufedern. Sie seien nicht bereit, ihn finanziell zu unterhalten. Weitere Darlehen könnten sie sich nicht leisten. Am 15.08.2019 fassten der Kläger und seine Eltern "die stets mündlich geschlossenen Darlehensverträge" schriftlich zusammen, wonach sie dem Kläger seit 01.01.2019 insgesamt 1.200,- Euro als Darlehen zinslos gewährt hätten. Der Kläger müsse mit der vereinbarten Rückzahlung des Darlehens spätestens am 01.12.2020 mit einer monatlichen Rate von 75,- Euro beginnen. Die Raten seien jeweils zum 15. eines Monats fällig und in bar zu leisten.
Bereits am 04.06.2019 übermittelte der Kläger dem Beklagten eine Veränderungsmitteilung, wonach er ab 01.06.2019 Unterkunftskosten schulde; seine Eltern verlangten nun Miete. Er legte einen Mietvertrag vom 30.05.2019 mit seinen Eltern vor, wonach er ab 01.06.2019 für ein 16 qm großes möbliertes Zimmer eine Pauschalmiete von 375,- Euro (320,- Euro Kaltmiete, 30,- Euro Nebenkosten, 25,- Euro Heizkosten) schulde. Eine gesonderte Betriebskostenabrechnung erfolge nicht. Die Zahlung erfolge monatlich in bar gegen Quittung oder per Überweisung. Die Mitbenutzung der Flure, Treppen, Bad mit WC, Wohnzimmer, Küche inklusive Gerätschaften, Keller (Waschmaschine/Trockner) und Garten werde gestattet. Einen entsprechenden Mietvertrag unterschrieb auch der Bruder des Klägers (M) für dessen Zimmer. Der Bruder, der ebenfalls Leistungen nach dem SGB II beantragt hatte, wohnt seit der Beendigung seines Studiums im Jahr 2017/18 mietfrei im Haus der Eltern.
Mit Schreiben vom 01.09.2019 kündigten die Eltern des Klägers diesem wegen Mietschulden in Höhe von 1.125,- Euro (drei Monatsmieten), da die Mieten für Juni bis August 2019 nicht gezahlt worden seien. Die Räumungsfrist betrage ab diesem Schreiben zwei Monate.
Nachdem der Kläger am 30.09.2019 eine Nachzahlung des Beklagten in Höhe von 2.112,- Euro erhalten hatte, überwies er zwischen dem 01.10.2019 und dem 27.12.2019 die Mieten für Juni bis Oktober 2019 an seine Eltern. Im April 2020 zahlte der Kläger entsprechend einer Vereinbarung mit seinen Eltern einen Teilmietzins in Höhe von jeweils 50,- Euro für November 2019 bis April 2020 nach (6 x 50,- Euro am 03.04.2020 und 29.04.2020) und überwies ab Mai 2020 monatlich regelmäßig 50,- Euro an seine Eltern. Erst ab Anfang des Jahres 2022 tilgte er nach einer Arbeitsaufnahme sukzessive die restlichen offenen Mietbeträge für den streitgegenständlichen Zeitraum.
Der Kläger löste am 18.11.2019 sein Aktiendepot auf und kaufte damit - u.a. mit finanzieller Unterstützung des Beklagten in Höhe von 2.000,- Euro - einen Gebrauchtwagen. Im Vorfeld hatte sich der Kläger mit Schreiben vom 17.11.2019 bei der Leistungsabteilung des Beklagten erkundigt, wie hoch sein Eigenanteil für den geplanten Autokauf maximal sein dürfe. Er werde voraussichtlich sein bestehendes Aktiendepot auflösen, so dass sich sein maximal frei verfügbares Kapital inklusive der Nachzahlung des Beklagten auf ca. 4.700,- Euro belaufe.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 31.03.2020 bewilligte der Beklagte dem Kläger (abschließend) Leistungen nach dem SGB II ohne Anerkennung von KdUH für die Zeit von April 2020 bis März 2021 in Höhe von 432,- Euro monatlich. Hinsichtlich der Gewährung von Unterkunftskosten werde der Leistungsantrag abgelehnt, da nicht von einer ernsthaften Mietzinsforderung auszugehen sei. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 24.04.2020 Widerspruch. Seine Eltern verlangten Miete. Er leiste aktuell Teilzahlungen in Höhe von 50,- Euro monatlich bei weiterhin bestehender Mietforderung in Höhe von 375,- Euro.
Nachdem der Kläger am 30.06.2020 mitgeteilt hatte, er nehme zum 01.07.2020 eine selbstständige Tätigkeit im Vollerwerb auf (Gründung der W & W Consulting GbR mit seinem Bruder), hob der Beklagte mit Bescheid vom 23.07.2020 die Bewilligung für die Zeit ab 01.08.2020 aus diesem Grund ganz auf. Da wegen der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit mit schwankendem Einkommen zu rechnen sei, das voraussichtlich nicht zum vollständigen Wegfall der Hilfebedürftigkeit führen werde, würden die Leistungen unter Berücksichtigung des voraussichtlich erzielten Einkommens weiter bewilligt. Hierzu erhalte der Kläger einen gesonderten Bescheid. Eine erneute Zahlung der Leistung sei nur dann möglich, wenn der Kläger diese nach Wegfall des Grundes, der zur Aufhebung der Bewilligungsentscheidung geführt habe, erneut beantrage.
Der Kläger legte am 26.07.2020 eine Anlage zur selbstständigen Tätigkeit vor, wonach er mit Einnahmen erst ab Dezember 2020 rechne, und beantragte beim Beklagten die Weiterbewilligung der Leistungen ab 01.08.2020 unter Vorlage des Gesellschaftsvertrages zur Gründung der GbR vom 01.07.2020.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit weiterem streitgegenständlichen Bescheid vom 30.07.2020 für die Zeit von August bis November 2020 vorläufig monatlich den Regelbedarf in Höhe von 432,- Euro und setzte die Leistungen für Dezember 2020 und Januar 2021 vorläufig wegen der Anrechnung von Einkommen in Höhe von 612,- Euro (865,- Euro abzüglich Freibetrag von 253,- Euro) auf 0,- Euro fest. KdUH seien nicht zu bewilligen. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 14.08.2020 wegen der fehlenden Bewilligung von KdUH Widerspruch.
Den Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 31.03.2020 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2020 zurück. KdUH seien nicht zu bewilligen, da es an einer ernsthaften Mietzinsforderung fehle. Der Bescheid vom 23.07.2020 sei Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Die Aufhebung ab 01.08.2020 sei nicht zu beanstanden, da zum 01.07.2020 eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen worden und dadurch eine Veränderung in den Verhältnissen eingetreten sei. Die Leistungsbewilligung für die Zeit von August 2020 bis Januar 2021 werde im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 30.07.2020 überprüft. Hiergegen erhob der Kläger am 24.09.2020 Klage zum Sozialgericht Landshut (S 11 AS 420/20).
Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 27.11.2020 seine Prognose angepasst hatte, wonach er im laufenden Bewilligungszeitraum doch noch keine Einnahmen erzielen werde, bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 30.11.2020 vorläufig für Dezember 2020 den Regelbedarf in Höhe von 432,- Euro und für Januar 2021 den Regelbedarf in Höhe von 446,- Euro und sah von der Anrechnung von Einkommen ab. Den Widerspruch des Klägers vom 14.08.2020 gegen den Bescheid vom 30.07.2020 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.11.2020 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2020 zurück. Ein Bedarf an KdUH sei nicht anzuerkennen, da es hierfür an einer ernsthaften Mietzinsforderung fehle. Auch hiergegen erhob der Kläger am 14.01.2021 Klage zum Sozialgericht (S 11 AS 20/21).
Auf den Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab Februar 2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 02.02.2021 vorläufig für die Zeit von Februar bis Juli 2021 den Regelbedarf in Höhe von monatlich 446,- Euro ohne Anrechnung von Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit. KdUH seien nicht zu bewilligen. Den Widerspruch der Bevollmächtigten des Klägers vom 01.03.2021 wegen der fehlenden Bewilligung von KdUH wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2021 zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 30.06.2021 Klage zum Sozialgericht (S 11 AS 277/21).
Mit Beschlüssen vom 18.10.2021 und 22.10.2021 verband das Sozialgericht die Verfahren S 11 AS 420/20, S 11 AS 20/21 und S 11 AS 277/21 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung (Fortführung unter dem Az. S 11 AS 20/21).
Zur Begründung seiner Klagen ließ der Kläger vortragen, er habe wegen des mit seinen Eltern geschlossenen Mietvertrags im gesamten Zeitraum seit 01.04.2020 Anspruch auf Übernahme der KdUH in Höhe von monatlich 375,- Euro. Die geltend gemachte Bruttowarmmiete in Höhe von 350,- Euro zzgl. 25,- Euro Heizkosten sei angemessen. P habe die Mietstufe 2, sodass die Angemessenheitsgrenze entsprechend den Tabellenwerten des § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) bei 386,10 Euro und ab dem 01.01.2021 sogar bei 419,10 Euro liege. Der Mietvertrag werde nachweislich auch tatsächlich vollzogen. Der Kläger habe - obwohl der Beklagte bislang keinen Cent zu den Unterkunfts- und Heizkosten bezahlt habe - zwischenzeitlich einen Teil der Mietrückstände getilgt; auf die laufende Miete würden fortlaufend Teilzahlungen geleistet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse ein Mietvertrag unter Angehörigen gerade nicht den Anforderungen eines "Fremdvergleichs" standhalten, sondern es könnten Vereinbarungen zwischen Verwandten über die Überlassung von Wohnraum unabhängig von einem Fremdvergleich Rechtsgrundlage dafür sein, dass der Grundsicherungsträger tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu übernehmen habe, wenn - wie hier - ein entsprechender rechtlicher Bindungswille bestehe. Die Kaltmiete von 320,- Euro beinhalte nicht nur die Nutzung des "eigenen" Zimmers des Klägers, zu welchem seine Eltern keinen Zutritt hätten, sondern auch die Mitnutzung sämtlicher Flure mit Treppen, des Bades mit WC, des Wohnzimmers, der Küche inkl. der darin befindlichen Gerätschaften, des Kellers inkl. der Waschmaschine und des Trockners sowie des Gartens. Unter diesen Voraussetzungen erscheine eine Kaltmiete von 320,- Euro in jedem Fall angemessen, sogar günstig. Von einem Scheingeschäft könne keine Rede sein.
Der Beklagte erwiderte auf die Klagen, von einer tatsächlichen Vollziehung des Mietvertrages und damit einer ernsthaften Mietzinsforderung könne nur ausgegangen werden, wenn die Mietzahlungen vereinbarungsgemäß, regelmäßig, pünktlich und vollständig erfolgten. Der Kläger komme von Beginn an seiner Mietzahlungsverpflichtung zum ganz überwiegenden Teil nicht nach. Es liege der Rückschluss nahe, dass der Mietvertrag nur abgeschlossen worden sei, um höhere SGB II-Leistungen zu erhalten. Die bisherige Ausgestaltung der Wohnverhältnisse wie auch der Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages sprächen dafür, dass der Zweck des Mietvertrages alleine die Erlangung höherer SGB II-Leistungen sei und keine ernsthafte Mietzinsforderung bestehe. Der Kläger bewohne das Zimmer im Elternhaus bereits seit mehreren Jahren mietfrei. Es handele sich nicht um eine abgeschlossene Wohnung, sodass auch eine Fremdvermietung eher unwahrscheinlich sei. Zudem erschienen 320,- Euro für ein 16 qm großes Zimmer unverhältnismäßig, zum einen, da auch von dem Bruder M Kosten in gleicher Höhe verlangt würden, zum anderen unter dem Aspekt, dass zwischen Verwandten in der Regel eine Unterstützung stattfinde bzw. eher ein niedrigerer Mietzins verlangt werde als von fremden Dritten. Insgesamt würden für die Anmietung eines geringen Teils des Hauses jährlich 4.500,- Euro anfallen, was wohl mehr als der Hälfte der tatsächlich für das Haus anfallenden Kosten entspräche.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 22.10.2021 erklärte der Kläger, seine Eltern hätten gehofft, dass er bald nach Abschluss des Masters eine Arbeit finde. Den Mietvertrag hätten sie gemeinsam verfasst, den Mietpreis hätten die Eltern vorgegeben. Ihm sei nur wichtig gewesen, dass er alle Räume, den Garten und alle Geräte nutzen dürfe. Er sei nach der Kündigung nicht ausgezogen, da er kein Geld gehabt habe. Er habe die ersten Mieten begleichen können, nachdem er vom Beklagten Geld nachgezahlt bekommen habe. Außerdem habe er Ende des Jahres 2019 mit seinen Eltern vereinbart, dass Teilzahlungen in Höhe von 50,- Euro geleistet würden. Nachdem er diese auch geleistet habe, hätten sie nicht von ihm verlangt, auszuziehen. Seine Eltern hätten verstanden, dass der Kauf eines Autos im Dezember 2019 zur Unterstützung einer selbstständigen Tätigkeit wichtiger für ihn gewesen sei, um Einnahmen zu erhalten.
Das Sozialgericht vernahm in der mündlichen Verhandlung am 22.10.2021 die Eltern des Klägers als Zeugen. Die Mutter des Klägers sagte aus, sie hätten die Söhne nach dem Studium noch eine Zeit lang umsonst wohnen lassen, dann hätten sie sich aber gedacht, dass sie ja auch Kosten hätten. Ihr Mann sei 2018 in Rente gegangen und woanders müssten die Söhne auch Miete zahlen. Sie habe damit gerechnet, dass der Kläger aufgrund seiner guten Ausbildung bald einen Job erhalte und damit die Miete zahlen könne. Sie hätten sich im Internet und in Zeitungen informiert, was ein Zimmer in der Region koste. Die Kosten für ein Zimmer im Umfeld seien noch viel höher gewesen. Deshalb hätten die Söhne die Miete akzeptiert. Wenn ihre Söhne gesagt hätten, sie würden keine Miete zahlen, hätten sie gehen können. Nachdem beide Söhne nach Ende des Studiums und Ablauf einiger Monate nicht weggezogen seien, hätten sie sich entschieden, Miete zu verlangen. Hätte der Kläger die im September 2019 vereinbarten Teilzahlungen von 50,- Euro monatlich nicht bezahlt, hätten sie ihn "rausgeschmissen". Wenn das Klageverfahren keinen Erfolg habe, würden sie trotzdem auf Zahlung bestehen. Das Haus sei 120 qm groß und seit 20 Jahren abbezahlt. Das Haus koste nach wie vor Geld, z.B. für Reparaturen. Zimmer seien in P sehr gefragt. Es wäre kein Problem, jemand Fremden "reinzuholen". Sie hätten sich nicht informiert, wieviel Miete man vom Jobcenter bekommen könne. Sie versteuerten die Mieteinnahmen auch.
Der Vater des Klägers sagte als Zeuge aus, er habe mit früheren Arbeitskollegen gesprochen, die bestätigt hätten, dass ihre Kinder auch Miete bezahlen müssten. Daraufhin hätten sie die Mietverträge mit den Söhnen geschlossen. Er habe 12 Tage nach dem Schreiben an das Jobcenter den Mietvertrag geschlossen, da ihm seine ehemaligen Arbeitskollegen dazu geraten hätten. Er habe sich im Internet über die Höhe der Miete für Zimmer und Wohnungen in der Umgebung informiert, so sei die Miethöhe zustande gekommen. Bevor er den Mietvertrag geschlossen habe, habe er sich über andere Beispiele informiert, wonach die Miete vom Jobcenter übernommen worden sei. Den Mietvertrag habe er mit einer Vorlage aus dem Internet aufgesetzt. Er wisse nur aus Foren, was Jobcenter bezahlten. Spezifisch für das Jobcenter D wisse er es nicht. Er habe damit gerechnet, dass der Kläger bald einen Job habe, so dass er die Miete bezahlen könne. Wegen Corona habe er nicht verlangt, dass der Kläger ausziehe. An Fremde würde er nicht vermieten. Er sei auf den Betrag wegen Kosten für Reparaturen angewiesen.
Mit Urteil vom 22.10.2021 wies das Sozialgericht die Klage ab. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- bzw. Leistungsklage seien grundsätzlich alle Bescheide für den Zeitraum von April 2020 bis Juli 2021. Eine rechtliche Verpflichtung des Klägers zur Zahlung des Mietzinses aus der mit seinen Eltern geschlossenen Vereinbarung ergebe sich nach der Überzeugung der Kammer nicht. Der behauptete Mietvertrag vom 30.05.2019 sei nicht mit der Voraussetzung geschlossen worden, vom Kläger den Mietzins zu erhalten. Vielmehr habe die Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer ergeben, dass der Abschluss alleine dazu gedient habe, höhere Leistungen vom Beklagten für den Sohn zu erreichen. Dafür spreche, dass dem Gericht nicht glaubhaft habe dargelegt werden können, weshalb mit einem bekanntermaßen mittellosen Sohn ein Mietvertrag geschlossen werde, den dieser keinesfalls habe bedienen können. Außerdem hätten sowohl der Kläger als auch der Bruder seit Jahren - im Falle des Bruders auch lange nach dem Studium - kostenfrei im Haus der Eltern gelebt. Einer Erwerbstätigkeit seien beide nicht nachgegangen. Der Zeuge habe zugestanden, sich zunächst darüber informiert zu haben, ob und in welcher Höhe Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung vom Jobcenter zu erlangen wären. Diese Ermittlungserkenntnisse seien nach Überzeugung der Kammer das eigentliche Motiv zum Abschluss des Mietvertrages gewesen. Es spreche zudem für sich, dass die Miete an die bekannte Mietobergrenze des Beklagten herangereicht habe. Trotz angeblich aufgelaufener erheblicher Mietrückstände seien an die Nichteinhaltung der vertraglichen Pflichten des Mieters keine "spürbaren" juristischen Konsequenzen geknüpft worden. Die Eltern hätten zwar mit Schreiben vom 01.09.2019 formal eine Kündigung des behaupteten Vertrages erklärt. Diese bloße Erklärung sei aber ohne jede rechtlich relevante Konsequenz geblieben. Auch die behauptete Stundung der Miete mit einer monatlichen Ratenzahlung von lediglich 50,- Euro lasse eine fehlende Verbindlichkeit erkennen. Jeder "ernsthaft vermietende" Vermieter würde die erforderlichen rechtlichen Schritte zur Durchsetzung seiner Ansprüche einleiten. Dies gelte umso mehr, wenn Mietzinsansprüche aus den streitgegenständlichen Bewilligungszeiträumen gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu verjähren drohten. Die Verknüpfung mit einer potenziellen Beschäftigung des Klägers oder grundsicherungsrechtlichen Leistungen des Beklagten sei ein weiterer wesentlicher Anhaltspunkt dafür, dass es letztlich allein um das "Verhältnis" des Klägers gegenüber dem Beklagten und dessen finanzielle Verpflichtung gegangen sei. Ob die behaupteten Mietabschlagszahlungen letztendlich bei den Eltern verblieben seien, könne das Gericht im Ergebnis nicht überprüfen. Hätte der Kläger sich ernsthaft an die Mietzahlungsverpflichtung gebunden gefühlt, hätte er eher seine Mietschulden bezahlt, anstatt ein Auto für eine noch nicht erlangte Beschäftigung zu kaufen. Die Nichterweisbarkeit der weitergehenden Hilfebedürftigkeit des Klägers bzw. des Bedarfs für Kosten der Unterkunft und Heizung gehe zu seinen Lasten. Der teilweise Zuspruch von Kosten berücksichtige, dass Kosten des Widerspruchsverfahrens, die auch im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 193 SGG zu berücksichtigen seien, teilweise vom Beklagten zu tragen seien, da der Kläger in einem Widerspruchsverfahren wegen der Teilabhilfe teilweise obsiegt habe.
Gegen das ihr am 28.10.2021 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat die Bevollmächtigte des Klägers am 26.11.2021 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die Eltern seien wegen der hohen Qualifikation des Klägers davon ausgegangen, dass dieser zeitnah nach Abschluss seines Studiums Arbeit finden würde. Es habe für die Eltern keinen Grund gegeben, dem Kläger die Wohnung nach Abschluss des Studiums weiterhin kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Der Kläger habe sich den Forderungen der Eltern ergeben, weil er auch in der berechtigten Hoffnung gewesen sei, bald Einnahmen zu haben. Dass sich die Arbeitssuche bzw. Gründung einer selbstständigen Tätigkeit v.a. wegen der Corona-Pandemie verzögern würden, hätten die Mietvertragsparteien bei Abschluss des Mietvertrages am 30.05.2019 nicht absehen können. Der Rechtsbindungswille der Mietvertragsparteien werde auch daraus ersichtlich, dass der Kläger monatsweise die bestehenden Mietschulden (wie auch die sonstigen Schulden) getilgt habe. Von einer dauerhaften Stundung der Mietzinsforderung könne keine Rede sein. Das Mietverhältnis unter engsten Verwandten müsse bezogen auf die mietrechtlichen Konsequenzen keinem Fremdvergleich standhalten. Die Eltern des Klägers hätten über den gesamten Zeitraum des Leistungsbezugs des Klägers davon ausgehen können, dass dieser mittels Widerspruchs- und Klageverfahrens sowie durch den Aufbau einer selbstständigen Tätigkeit und Arbeitssuche auf eine Veränderung der Situation hingewirkt habe. Die Mietforderung sei nicht von einer möglichen Leistung durch den Beklagten abhängig gemacht worden. Der Kauf eines Autos durch den Kläger sei erfolgt, um ein Vermittlungshindernis zu beseitigen; er sei daher auch durch den Beklagten gefördert worden. Ein Scheingeschäft könne nicht damit begründet werden, dass der Hilfebedürftige die Miete nicht aus eigenen Mitteln bezahlen könne, da dies regelmäßig Teil der Hilfebedürftigkeit sei.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Parallelverfahren L 16 AS 537/21 zum dort streitigen Zeitraum von Juni 2019 bis März 2020 hat der Kläger auf die Frage der Vorsitzenden, warum er die Mietzahlungen an seine Eltern nicht aus dem Aktiendepot beglichen habe, zunächst ausgeführt, er habe Angst gehabt, einen Verlust zu machen. Auf die Frage, warum er nach der fristlosen Kündigung der Eltern und der angedrohten Räumung die Mietschulden nicht aus dem Depot beglichen habe, hat er erklärt, es sei ihm wohl nicht bewusst gewesen, dass das Depot damals noch bestanden habe.
Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22.10.2021 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 31.03.2020 und 23.07.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2020 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 01.04.2020 bis 31.07.2020, des Weiteren unter Abänderung der Bescheide vom 30.07.2020 und 30.11.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2020 für die Zeit vom 01.08.2020 bis 31.01.2021 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 02.02.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2021 für die Zeit vom 01.02.2021 bis 31.07.2021 monatlich weitere 375,- Euro an Kosten für Unterkunft und Heizung zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat zur Begründung auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen. Es habe sich um eine Scheingeschäft gehandelt, um höhere Leistungen vom Beklagten zu erhalten. Es sei nicht plausibel, dass der Kläger, ohne dass sich der zugrundeliegende Sachverhalt geändert habe, einen Mietvertrag mit seinen Eltern abschließe, obwohl er zuvor jahrelang und auch bei Antragstellung kostenfrei im Elternhaus gewohnt habe. Es entspreche auch nicht der Lebenswirklichkeit, dass ein Vermieter jahrelang auf einen Großteil seiner Mieteinnahmen warte, ohne rechtliche Schritte zu veranlassen. Der Vortrag des Klägers, ab Aufnahme der Erwerbstätigkeit Miete gezahlt und die Mietschulden getilgt zu haben, sei nicht geeignet, das anfängliche Konstrukt eines Scheingeschäfts im Nachhinein zu legitimieren, sondern sei eine konsequente Folge des Konstrukts. Die Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit wäre auch bereits während der Corona-Pandemie möglich gewesen, da es an offenen Stellen nicht gemangelt habe.
Auf gerichtliche Nachfrage hat die Bevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, Mietschulden bestünden keine mehr, da diese sowie die laufenden Mieten bis zum Auszug des Klägers bezahlt worden seien. Die Zahlungen ließen sich den vorgelegten Kontoauszügen entnehmen.
Die Eltern des Klägers haben auf gerichtliche Nachfrage zu Nachweisen über die Versteuerung der Mieteinnahmen mit einem am 21.10.2024 eingegangen Schreiben Ausdrucke aus ihrem Steuerprogramm für die Steuerjahre 2019 bis 2023 vorgelegt, woraus die tatsächlich vereinnahmten Gesamt-Mieteinnahmen (Teilzahlungen bzw. Nachzahlungen) beider Söhne hervorgehen. Sie haben ausgeführt, dass der Kläger sämtliche noch ausstehende Mietschulden bereits seit längerer Zeit vollumfänglich beglichen habe. Ein Steuerbescheid wurde nicht vorgelegt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet.
Die am 26.11.2021 eingelegte Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21.10.2021 wurde form- und fristgerecht erhoben (§§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist auch statthaft, da die Berufung laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Streitgegenständlich sind im Berufungsverfahren drei Teilzeiträume vom 01.04.2020 bis 31.07.2020, vom 01.08.2020 bis 31.01.2021 und vom 01.02.2021 bis 31.07.2021. Streitgegenstand sind insoweit der Bescheid über die endgültige Bewilligung vom 31.03.2020 in der Fassung des Aufhebungsbescheides vom 23.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2020 (für die Zeit von April bis Juli 2020), der Bescheid über die vorläufige Bewilligung vom 30.07.2020 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.11.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2020 (für die Zeit von August 2020 bis Januar 2021) und der Bescheid über die vorläufige Bewilligung vom 02.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2021 (für die Zeit von Februar bis Juli 2021). Der Kläger begehrt nach seinem Vorbringen für den Gesamtzeitraum endgültig weitere Leistungen in Höhe von 375,- Euro monatlich. Auch für die Zeit von August 2020 bis Juli 2021 liegen zwischenzeitlich endgültige Bewilligungen vor, da die mit Bescheid vom 30.07.2020 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.11.2020 und mit Bescheid vom 02.02.2021 vorläufig bewilligten Leistungen gemäß
§ 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II zwischenzeitlich als abschließend festgesetzt gelten. Eine abschließende Entscheidung nach § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II ist jeweils binnen eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums (also bis Januar 2022 bzw. bis Juli 2022) nicht ergangen. Wegen der Übergangsregelung in § 67 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 SGB II wäre über den monatlichen Leistungsanspruch für den genannten Zeitraum ohnehin nur auf Antrag des Klägers abschließend zu entscheiden gewesen.
Die Berufung führt in der Sache nicht zum Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die jeweils als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG;
vgl. BSG, Urteil vom 11.11.2021 - B 14 AS 41/20 R, Rdnr. 11) statthaft erhobene Klage gegen die angefochtenen Bescheide abgewiesen. Der Bescheid vom 31.03.2020 in der Fassung des Aufhebungsbescheides vom 23.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2020, der Bescheid vom 30.07.2020 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.11.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2020 sowie der Bescheid vom 02.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2021 ist jeweils rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II in Höhe von weiteren 375,- Euro monatlich für die Zeit vom 01.04.2020 bis 31.07.2021. Der Senat konnte sich letztlich nicht die volle Überzeugung davon bilden, dass der Kläger in diesem Zeitraum einer ernsthaften Mietzinsforderung seiner Eltern ausgesetzt war.
Die erhobenen Klagen waren zulässig. Dies gilt auch für die ursprünglich unter dem Az.
S 11 AS 20/21 erhobene Klage gegen den Bescheid vom 30.07.2020 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.11.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2020. Auch der Widerspruchsbescheid vom 17.12.2020 ist rechtmäßig, soweit er sich mit dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.07.2020 in der Fassung des Bescheides vom 30.11.2020 inhaltlich auseinandersetzt und diesen nicht als unzulässig verwirft. Denn die Bescheide vom 30.07.2020 und vom 30.11.2020 sind - anders als der Aufhebungsbescheid vom 23.07.2020 - nicht nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 31.03.2020 in der Fassung des Bescheides vom 23.07.2020 geworden. Denn unabhängig von der Aufhebungsentscheidung des Beklagten im Bescheid vom 23.07.2020 für die Zeit ab 01.08.2020 begrenzt der - auf Aufforderung des Beklagten im Bescheid vom 23.07.2020 - erneut gestellte Antrag des Klägers vom 30.07.2020 für die Zeit ab 01.08.2020 den vom vorherigen Antrag erfassten Zeitraum, dies unabhängig davon, ob der neue Antrag bereits beschieden worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 06.06.2023 - B 4 AS 4/22 R, Leitsatz 4 und Rdnr. 35 ff. juris).
Vorliegend kann dahinstehen, ob der Beklagte zu Recht den Bescheid vom 31.03.2020 über die Bewilligung für die Zeit von April 2020 bis März 2021 bereits mit Bescheid vom 23.07.2020 wegen einer wesentlichen Änderung in den Verhältnissen nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit Wirkung für die Zukunft (ab 01.08.2020) ganz aufgehoben hat, da ihm die Unterlagen zur selbstständigen Tätigkeit und insbesondere zu den zu erwartenden Betriebseinnahmen und -ausgaben erst mit Schreiben des Klägers vom 26.07.2020 vorgelegt wurden. Der Aufhebungsbescheid vom 23.07.2020 hat sich nach erneuter Antragstellung durch den Kläger am 30.07.2020 für die Zeit ab 01.08.2020 (Eingang des Weiterbewilligungsantrags beim Beklagten), die eine Zäsur des ersten streitgegenständlichen Bewilligungszeitraums zum 31.07.2020 bewirkt, mit Erlass des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 30.07.2020 für die Zeit vom 01.08.2020 bis 31.01.2021 jedenfalls nach § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt.
Zwar gehört der Kläger insoweit zum leistungsberechtigten Personenkreis des SGB II, als er das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht hat, erwerbsfähig ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II). Ob der Kläger im streitigen Zeitraum auch hilfebedürftig iSd § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II iVm § 9 Abs. 1 SGB II war, kann offenbleiben, da jedenfalls nicht zur vollen Überzeugung des Senats feststeht, dass dem Kläger in der Zeit vom 01.04.2020 bis 31.07.2021 tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II entstanden sind. Das Gericht muss sich grundsätzlich die volle Überzeugung vom Vorliegen der beweiserheblichen Tatsachen verschaffen (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 103 Rdnr. 6a; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 128 Rdnr. 3b). Die hierfür erforderliche, an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger tatsächlich einer ernsthaften Mietzinsforderung seiner Eltern ausgesetzt war, hat der Senat nicht gewonnen.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (anwendbar in der Fassung vom 17.07.2017) werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine Wohnung liegen dabei nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, ist aber auch notwendig, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist. Auch unter engen Verwandten können rechtlich wirksam Mietverträge geschlossen und damit vertragliche Verpflichtungen, z. B. die Mietzahlungspflicht, begründet werden. Voraussetzung für die Annahme einer wirksamen Mietzinsforderung zwischen Verwandten ist auch nicht, worauf die Klägerbevollmächtigte zutreffend hinweist, dass ein Mietvertrag vorliegt, der einem sog. Fremdvergleich standhält, d.h. nach Inhalt und tatsächlicher Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R, Rdnr. 27 juris; LSG Hamburg, Urteil vom 19.06.2020 - L 4 AS 332/17, Rdnr. 30 juris). Eine Übertragung der Maßstäbe des Fremdvergleichs aus dem Steuerrecht auf das SGB II scheidet bei Mietverträgen unter Familienangehörigen aus. Einzig der in der Formel des Bundesfinanzhofs (BFH, vgl. Urteil vom 05.02.1988 - III R 234/84, Rdnr. 10 juris; Urteil vom 19.10.1999 - IX R 39/99; Urteil vom 25.06.1992 - X B 30/01, Leitsatz Nr. 1 juris) ebenfalls enthaltene Gesichtspunkt des tatsächlichen Vollzugs des Vertragsinhalts, also insbesondere die Feststellung, ob die Absicht bestand oder besteht, den vereinbarten Mietzins zu zahlen, spielt auch im Falle der Grundsicherung eine Rolle. Entscheidend ist der entsprechende rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. Ob ein wirksames Mietverhältnis zwischen Familienangehörigen vorliegt oder ob es sich um ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) handelt, beurteilt sich nach den tatrichterlichen Feststellungen der Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R, Rdnr. 24, 27 juris; BSG, Urteil vom 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R, Rdnr. 16, 18, 20 juris). Bei der Gesamtwürdigung der Umstände kann dabei auch im Falle der Grundsicherung der vom BFH in seiner Rechtsprechung zum Fremdvergleich herangezogene Gesichtspunkt eine Rolle spielen, dass für die Auslegung der Vereinbarungen die spätere tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhalts, berücksichtigt werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 31.07.2007 - IX R 8/07, Rdnr. 21 juris). Zu prüfen ist, ob der Mietvertrag so, wie er "auf dem Papier stand", im streitigen Zeitraum praktiziert worden ist oder ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Mietvertrag möglicherweise aufgehoben oder zumindest erheblich modifiziert worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R, Rdnr. 25 juris).
Nach diesen Grundsätzen teilt der Senat die Auffassung des Sozialgerichts, dass es sich bei dem am 30.05.2019 zwischen dem Kläger und seinen Eltern geschlossenen Mietvertrag, wonach er ab 01.06.2019 monatlich insgesamt 375,- Euro an Bruttowarmmiete für sein 16 qm großes Zimmer als Miete schulde, um ein Scheingeschäft iSd § 117 Abs. 1 BGB handelte, das nicht zu einer wirksamen Mietzinsverpflichtung des Klägers führte, sondern allein mit Blick auf die zu erwartenden Leistungen nach dem SGB II abgeschlossen wurde. Nach § 117 Abs. 1 BGB ist für den Fall, dass eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird, die Willenserklärung nichtig. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen aber nicht eintreten lassen wollen (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 06.08.2020 - L 4 AS 49/19 R, Rdnr. 31 juris).
Gegen eine ernsthafte, wirksame Mietzinsverpflichtung des Klägers spricht insbesondere der zeitliche Ablauf seit Antragstellung beim Beklagten am 30.04.2019. Der Kläger hatte zunächst gegenüber dem Beklagten angegeben, mietfrei bei seinen Eltern zu wohnen. Tatsächlich war er nicht - wie vorgetragen - erst in der Endphase seines im März 2019 beendeten Studiums wieder von R zu seinen Eltern gezogen, sondern bewohnte das Zimmer im elterlichen Haus bereits seit Ende April 2017 mietfrei. Noch im Mai 2019 legte der Kläger eine schriftliche Bestätigung seiner Eltern vom 18.05.2019 vor, dass er (bis auf Weiteres) mietfrei Unterkunft, darüber hinaus aber keinen Unterhalt erhalte. Dies erfolgte zu einem Zeitpunkt, als das Studium bereits mehr als zwei Monate beendet war. Nur 12 Tage später schloss der Kläger mit seinen Eltern dann den Mietvertrag für die Zeit ab 01.06.2019, ohne dass es einen objektiv nachvollziehbaren Grund für einen Mietvertragsschluss gerade ab diesem Zeitpunkt gab. Der Vortrag der Eltern in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht, mit Beendigung des Studiums solle der Kläger bzw. sollten die Söhne auf eigenen Beinen stehe, erscheint angesichts des zeitlichen Ablaufs nicht schlüssig. Vor dem Hintergrund, dass die Eltern des Klägers ihren Angaben nach auf die Gleichbehandlung ihrer Söhne Wert legten, ist auch nicht nachvollziehbar, dass einerseits der Bruder des Klägers trotz früherer Beendigung seines Studiums (nach Angaben des Vaters vor dem Sozialgericht bereits im Jahr 2017) weiterhin mietfrei im Elternhaus wohnen durfte, der Kläger hingegen zweieinhalb Monate nach Ende des Studiums Miete an seine Eltern zahlen sollte. Zwar hatte der Kläger Mitte März 2019 sein Studium beendet, eine Arbeit hatte er jedoch zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses noch nicht gefunden, so dass keineswegs absehbar war, dass der Kläger die eingegangene Mietzinsverpflichtung in Höhe von 375,- Euro monatlich würde erfüllen können. Im Gegenteil hatten die Eltern den Kläger nach ihren Angaben in der Darlehensbestätigung vom 22.07.2019 seit 01.01.2019 mit Darlehensbeträgen in Höhe von insgesamt 1.200,- Euro finanziell "wegen der bestehenden Notlage" unterstützt. Auch in den finanziellen Verhältnissen der Eltern war - soweit ersichtlich - zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags keine Änderung eingetreten. Das Haus war nach den Angaben der Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht bereits seit 20 Jahren abbezahlt, der Vater des Klägers war seinen Angaben nach bereits im Jahr 2018 in Rente gegangen. Auch ergab die Zeugenbefragung des Vaters des Klägers, dass Motivation für das Mietverlangen der Eltern ein Gespräch des Vaters mit Arbeitskollegen war, die bestätigt hätten, auch ihre (erwachsenen) Kinder zahlten im Elternhaus Miete und diese werde vom Jobcenter übernommen. Daraufhin hatte sich der Vater des Klägers seinen Angaben nach auch im Internet darüber informiert, "was Jobcenter so bezahlten".
Gegen das Bestehen einer ernsthaften Mietzinsforderung spricht auch die aus Sicht des Senats widersprüchliche Tatsache, dass die Mutter des Klägers gegenüber dem Sozialgericht einerseits angegeben hatte, dass ihre Söhne, wenn sie im Mai 2019 gesagt hätten, sie würden keine Miete zahlen, hätten "gehen können". Auf der anderen Seite hat sie sich nur wenige Monate später, im September 2019, mit Teilzahlungen in Höhe von nur 50,- Euro monatlich auf die kurz zuvor vereinbarte Mietzahlung von 375,- Euro zufriedengegeben. Dies, obwohl der Vater des Klägers gegenüber dem Sozialgericht angegeben hatte, wegen der Kosten für das (nach Angaben der Eltern bereits seit 20 Jahren abbezahlte) Haus (beispielsweise für Reparaturen) auf das Geld angewiesen gewesen zu sein.
Zwar teilt der Senat nicht die Auffassung des Sozialgerichts, dass gegen das Vorliegen einer ernsthaften Mietzinsforderung auch spreche, dass die Eltern des Klägers nach Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom 01.09.2019 keine weiteren Maßnahmen zur Durchsetzung der offenen Mietforderungen ergriffen hätten. Denn einerseits ist es unter nahen Angehörigen nicht unüblich, dass - auch bei wirksamem Bestehen von Forderungen - an die Nichteinhaltung der Verpflichtung wegen des besonderen verwandtschaftlichen Näheverhältnisses, insbesondere zwischen Eltern und ihren Kindern, keine juristischen Konsequenzen geknüpft werden und das Verhalten, jedenfalls für eine gewisse Zeit, toleriert wird. Auch bezogen auf die mietrechtlichen Konsequenzen, die das BGB bei Verletzung der Hauptpflichten aus dem Mietvertrag eröffnet, ist bei einem Mietverhältnis unter engsten Verwandten das Standhalten eines Fremdvergleichs nicht gefordert (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 06.08.2020 - L 4 AS 49/19, Rdnr. 34 juris). Zum anderen hatte der Kläger am 01.10.2019 begonnen, an seine Eltern (jedenfalls für Juni und Juli 2019) offene Beträge zu bezahlen.
Allerdings fiel die Aufnahme dieser Zahlungen durch den Kläger zeitlich mit Erlass des Änderungsbescheides und des Widerspruchsbescheides, jeweils vom 25.09.2019, zusammen, mit dem der Beklagte gegenüber dem Kläger zwar von einer Anrechnung der Darlehenszahlungen der Eltern als Einkommen absah, Bedarfe für Unterkunft und Heizung aber weiterhin nicht anerkannte, da nicht von einer ernsthaften Mietforderung auszugehen sei. Dieser zeitliche Zusammenhang legt es nahe, dass die Aufnahme der Zahlungen die "Ernsthaftigkeit" der Mietforderung unterstreichen sollte. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass er diese Zahlungen aufnehmen konnte, da er vom Beklagten nach Erlass des Änderungsbescheides vom 25.09.2019 eine Nachzahlung erhalten hatte. Auf der anderen Seite weist das Sozialgericht zu Recht darauf hin, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch über Schonvermögen in Gestalt des vorhandenen Aktiendepots von rund 4.000,- Euro verfügte, das er, soweit er sich tatsächlich einer ernsthaft bestehenden Mietzinsverpflichtung ausgesetzt gesehen hätte, ebenfalls für die Mietzahlungen hätte einsetzen können. Zu Recht führt das Sozialgericht aus, dass in diesem Zusammenhang auch der Umstand, dass der Kläger, ohne dass eine Arbeitsaufnahme konkret im Raum stand, im November 2019 den Geldbetrag aus dem Depot für den Kauf eines Autos verwandte, statt ihn - trotz Kündigung seiner Eltern und gesetzter Räumungsfrist von zwei Monaten - für die offenen Mietforderungen zu benutzen, gegen das Bestehen einer ernsthaften Mietzinsverpflichtung spricht. Diese Umstände konnte der Kläger auch auf Befragung des Senats in der mündlichen Verhandlung nicht erklären. So führte er zunächst aus, er habe auf das Aktiendepot aus Angst vor Verlusten nicht zurückgegriffen. Später erklärte er, ihm sei nach Kündigung der Eltern nicht bewusst gewesen, dass das Depot damals noch bestanden habe. Dem Inhalt der Verwaltungsakte lässt sich jedoch entnehmen, dass sich der Kläger noch mit Schreiben vom 17.11.2019 und damit während der seit der Kündigung vom 01.09.2019 laufenden zweimonatigen Räumungsfrist beim Beklagten im Zusammenhang mit dem geplanten Autokauf und dessen Förderung durch den Beklagten nach dem maximal möglichen Eigenanteil erkundigte, den er wegen des bestehenden Aktiendepots und der vom Beklagten erhaltenen Nachzahlung auf rund 4.700,- Euro bezifferte. Damit entsprechen die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht dem sich aus der Verwaltungsakte ergebenden Ablauf, was die Glaubhaftigkeit seiner Angaben herabsetzt.
Auch der Inhalt des geschlossenen Mietvertrages spricht gegen das Bestehen einer wirksamen Mietzinsverpflichtung, erscheint doch die vereinbarte Miete von 350,- Euro bruttokalt für ein 16 qm großes Zimmer auch unter Berücksichtigung der Mitbenutzung weiterer Räume sowie des Gartens, zumal bei Vereinbarung unter nahen Verwandten, auffällig hoch. Der vereinbarte Quadratmeterpreis von 20,- Euro (bezogen auf die vereinbarte Grundmiete von 320,- Euro) für ein Zimmer in P lag angesichts eines durchschnittlichen Mietpreises für Bestandsmietverhältnisse in M von 11,69 Euro pro qm nach dem Mietspiegel 2019 bzw. einer durchschnittlichen Nettomiete von damals 8,98 Euro pro qm in R (vgl. Mietspiegel 2020) und 6,84 Euro pro qm in L (vgl. Mietspiegel 2018) außergewöhnlich hoch. Insbesondere vor dem Hintergrund der Ausführungen des BSG in der Entscheidung vom 03.03.2009 (B 4 AS 37/08 R), wonach unter Verwandten ein niedrigerer Mietzins als unter fremden Dritten durchaus üblich sei, und deshalb nicht auf alle Elemente des sog. Fremdvergleichs zurückgegriffen werden könne, liegt hier eine "umgekehrte" Situation vor. Der vereinbarte Mietzins erscheint so hoch, dass er einem Fremdvergleich, den das BSG nicht per se ausgeschlossen hat, nicht standhält. Gestützt wird dies durch weitere widersprüchliche Regelungen des Mietvertrags, wonach zwar Heiz- und Betriebskosten gefordert werden, dann jedoch eine Pauschalmiete vereinbart wird, ohne Heiz- und Betriebskosten abzurechnen.
Darüber hinaus erscheint die Höhe der vereinbarten Miete gemessen an der finanziellen Gesamtsituation ebenfalls nicht plausibel. Zu Recht hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass allein die Mietforderungen gegenüber dem Kläger in Höhe von 4.500,- Euro pro Jahr für einen vergleichsweise kleinen angemieteten Teil des Hauses (16 qm) bereits einen Großteil der für das Haus anfallenden Kosten ausmachen dürften. Berücksichtigt man zusätzlich, dass auch mit dem anderen Sohn Mietzahlungen in derselben Höhe für ein Zimmer derselben Größe vereinbart wurden, dürften mit den gesamten vereinbarten Mietforderungen die Hauskosten im Wesentlichen mehr als abgedeckt gewesen sein, obwohl der größere Teil des Hauses von den Eltern als Hauseigentümern selbst bewohnt wurde.
Die Tatsache, dass der Kläger die Mieten zwischenzeitlich vollständig beglichen hat, fällt demgegenüber nicht erheblich ins Gewicht. Denn zum einen weist das Sozialgericht zu Recht darauf hin, dass nicht überprüft werden kann, ob die bezahlten Beträge tatsächlich bei den Eltern verblieben sind. Zum anderen ist auch der Einwand des Beklagten nicht von der Hand zu weisen, dass es sich insoweit lediglich um eine konsequente Folge des gewählten Konstrukts handelt, um den zum Schein geschlossenen Mietvertrag im Nachhinein zu legitimieren. Auch die von den Eltern des Klägers vorgelegten Ausdrucke aus dem Steuerprogramm können die Ernsthaftigkeit der Mietzinsforderung nicht untermauern, da allein diese (anders als etwa die Steuerbescheide für die Jahre ab 2019) keinen Nachweis über die tatsächliche Versteuerung der Mieteinnahmen darstellen.
Letztlich liegt es nach Auffassung des Senats angesichts der genannten Umstände und der erheblichen "Toleranz" der Eltern als Vermieter, die sich mehr als zwei Jahre lang mit einer Teilzahlung in Höhe von 50,- Euro (rund 13 Prozent des ursprünglich vereinbarten Mietzinses) zufriedengaben, näher, dass die Mietleistung gerade doch mit der Leistung des Beklagten als Sozialleistungsträger verknüpft war. Da aufgrund der genannten Umstände und Ungereimtheiten gewichtige Zweifel am Vorliegen einer ernsthaften Mietzinsforderung bestehen, konnte der Senat letztlich nicht die volle Überzeugung davon gewinnen, dass dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Unterkunfts- und Heizkosten iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II entstanden sind. Diese Zweifel gehen vorliegend zu Lasten des insoweit objektiv beweisbelasteten Klägers.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.