L 8 KR 37/22

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 20 KR 1192/19
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 37/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil


Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. Januar 2022 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird in Höhe von 6.801,07 € festgesetzt.


Tatbestand

Im Streit steht die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V).

Die Klägerin ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses, in welchem vom 9. April 2018 bis 13. April 2018 die bei der Beklagten versicherte C. (im Folgenden Versicherte) vollstationär behandelt wurde. Bei Vorliegen einer Adipositas mit einem BMI von 42,4 kg/m² wurde eine Magenbypass-Operation in laparoskopischer Operationstechnik durchgeführt. Bereits mit Schreiben vom März 2018 hatte die Versicherte einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Beklagten gestellt und ein entsprechendes Gutachten von Dr. E., Krankenhaus A. vom 21. Februar 2018 vorgelegt, in dem die operative Therapie als Ultima Ratio beschrieben wurde. Als Diagnose wurde eine Adipositas WHO Grad III (BMI: 42,4 kg/m²) mit Insulinresistenz und metabolischem Syndrom im EOSS-Stadium 3 angegeben. Die Insulinresistenz (Prädiabetes) wird als Begleiterkrankung benannt. Auch bestehe eine labile Hypertonie.

Die Klägerin forderte für die erbrachte Leistung von der Beklagten mit Rechnung vom 03. Mai 2018 einen Betrag in Höhe von 6.801,07 €. Die Beklagte beglich diesen Betrag nicht. Ausweislich einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Bayern (MDK) vom 30. April 2018 könne anhand der vorgelegten Unterlagen zum Kostenübernahmeantrag nicht abschließend bewertet werden, ob eine Ultima-Ratio-Situation vorliege. Mit Schreiben vom 30. Mai 2018 übermittelte das Krankenhaus eine Stellungnahme der Techniker Krankenkasse sowie eine weitere medizinische Begründung vom 20. Mai 2018 von Dr. H., in welcher dieser unter Berufung auf S3-Leitlinien bei Adipositas WHO Grad III, EOSS 3 bekräftigte, dass allein die operative Therapie indiziert gewesen sei. 

Die Klägerin erhob zum 1. Juli 2019 Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Die Indikation für den Eingriff sei im Krankenhaus der Klägerin nach allen Regeln der ärztlichen Kunst gestellt und die Versicherte sodann leitliniengerecht behandelt worden. Bei Zweifeln sei die Beklagte gehalten gewesen, einen Kurzbericht entsprechend dem Landesvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V anzufordern oder ein nachgelagertes Abrechnungsprüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V einzuleiten. Da beides unterblieben sei, sei die Beklagte mit ihrem Vortrag zur fehlenden medizinischen Indikation präkludiert. Die Klägerin beantragte die Verurteilung der Beklagten, an die Klägerin den Rechnungsbetrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Juni 2018 zu zahlen. Die Beklagte wandte mit dem Antrag auf Klageabweisung ein, dass gemäß der S3 Leitlinie eine eindeutige Indikation für einen adipositas-chirurgischen Eingriff bei einem BMI ≥ 40 und unter 50 nur gegeben sei, wenn alle konservativen Maßnahmen zur Gewichtsreduktion ausgeschöpft worden seien und eine umfangreiche Aufklärung stattgefunden habe. Den Unterlagen der Klägerin sei nicht zu entnehmen, ob die Maßnahmen bei der Klägerin ausgeschöpft worden seien und in welchem Umfang eine Aufklärung der Versicherten stattgefunden habe. Die Rechnung sei nicht fällig geworden. Zudem habe die Versicherte am 28. März 2018 einen Kostenübernahmeantrag für den bariatrischen Eingriff unter Beifügung einer Stellungnahme der Klägerin vom 21. Februar 2018 gestellt. In der Kürze der Zeit habe der MDK noch keine Entscheidung treffen können, sondern habe am 30. April 2018 mitgeteilt, dass für eine Entscheidung wesentliche Unterlagen fehlten. Dementsprechend wäre auch im Rahmen eines Abrechnungsprüfverfahrens keine abschließende Entscheidung möglich gewesen. 

Nach entsprechender Anhörung der Beteiligten gab das Sozialgericht Frankfurt mit Gerichtsbescheid vom 27. Januar 2022 der Klage statt und verurteilte die Beklagte, an die Klägerin 6.801,07 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Juni 2018 zu zahlen. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs sei § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG und der Vertrag über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entstehe unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten. Der Behandlungspflicht des zugelassenen Krankenhauses (§ 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V) stehe ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung in der zwischen den Krankenkassen und dem Krankenhausträger abzuschließenden Pflegesatzvereinbarung festgelegt werde. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG werde die allgemeine Krankenhausleistung u.a. nach dem Fallpauschalen-Katalog abgerechnet. Ob einem Versicherten eine vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren sei, richte sich nach den medizinischen Erfordernissen. Eine medizinische Indikation für den Eingriff sei bei Patienten mit einem BMI von 43, wie er bei der Versicherten vorlag, nur anzunehmen, wenn die konservativen Behandlungsmöglichkeiten zuvor ausgeschöpft worden seien. Es lasse sich vorliegend nicht feststellen, ob die im Krankenhaus der Klägerin durchgeführte bariatrische Operation notwendig gewesen sei. Den vom Krankenhaus übersandten Daten lasse sich lediglich entnehmen, das bei der an Adipositas Grad III erkrankten Versicherten während des stationären Aufenthalts eine bariatrische Magenoperation durchgeführt worden sei und dies entsprechend dem ICD Code E66.02 mit 6.801,07 Euro in Rechnung gestellt worden sei. Die Nichterweislichkeit der medizinischen Indikation wirke sich zu Lasten der Beklagten aus. Das BSG habe den Prüfungsmaßstab der medizinischen Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung erheblich eingeschränkt, wenn es die Krankenkasse unterlasse, eine MDK-Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse nach § 275 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 275 Abs. 1c SGB V (i.d.F. bis 10. Mai 2019) einzuleiten. Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V seien die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich sei, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Nach § 275 Abs. 1c SGB V in der hier maßgeblichen vom 1. Januar 2016 bis 10. Mai 2019 geltenden Fassung sei bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zeitnah durchzuführen (Satz 1). Die Prüfung nach Satz 1 sei spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen (Satz 2). Die Beklagte habe ein Prüfverfahren in diesem Sinne nicht eingeleitet. Bei der genannten Frist handele es sich um eine Ausschlussfrist. Demzufolge sei die Beklagte mit der Einwendung ausgeschlossen, die Operation und damit der stationäre Aufenthalt seien nicht erforderlich gewesen. Nach Ablauf der Ausschlussfrist sei die Abrechnungsprüfung auf die Daten beschränkt, die das Krankenhaus der Krankenkasse nach § 301 Abs. 1 SGB V im Rahmen seiner Informationspflicht zur Verfügung gestellt habe. Anhand dieser Daten ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine nicht bedarfsgerechte Therapie oder eine mangelnde Erforderlichkeit der Behandlung. Folglich sei von der Notwendigkeit der stationären Behandlung auszugehen. Die im Vorfeld von der Versicherten beantragte Zusage der Kostenübernahme betreffe allein das Verhältnis zu der Versicherten. Erforderlich sei eine Kostenzusage für eine stationäre Krankenhausbehandlung indes nicht und das Verfahren hierüber sei für das Abrechnungsverhältnis zwischen Krankenkasse und Krankenhaus ohne Bedeutung. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 10 Abs. 5 des Hessischen Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft und den entsprechenden Krankenkassen bzw. deren Verbänden für das Land Hessen. Zinshöhe und Zinsbeginn seien zwischen den Beteiligten unstreitig gewesen.

Gegen den am 31. Januar 2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 7. Februar 2022 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Ein Vergütungsanspruch bestehe nicht. Der Versicherte müsse an einem ärztlich überwachten und koordinierten multimodalen Therapiekonzept erfolglos teilgenommen haben. Zur Prüfung der leitliniengerechten Magenbypass-Behandlung bleibe nur ein Kostenübernahmeverfahren zwischen Krankenkasse und Versicherten. Im Rahmen eines MDK-Prüfverfahrens könne nicht geprüft werden, ob die konservativen Therapien stattgefunden hätten, da der MDK nur Einsicht in die Krankenhausakte erhalte und nicht in die ambulanten und ärztlichen Unterlagen. Hierbei handele es sich auch nicht um eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, denn es gehe nicht um Schwere, Dauer und Häufigkeit der Erkrankung. Im Streit stehe nicht die Notwendigkeit des Eingriffs, sondern die leitliniengerechte Ausführung des Eingriffs. 

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. Januar 2022 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Prüfungsumfang sei vorliegend stark beschränkt, da es die Beklagte unterlassen habe, eine MDK-Prüfung nach § 275c SGB V einzuleiten. Die Beklagte sei daher im Hinblick auf mögliche medizinische Einwendungen präkludiert.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 27. Mai 2022 und die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 13. Juni 2022 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben, § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Wie das Sozialgericht Frankfurt am Main in seinem Gerichtsbescheid vom 27. Januar 2022 zutreffend feststellte, hat die Klägerin für die erbrachte Leistung zugunsten der Versicherten einen Vergütungsanspruch in Höhe von 6.801,07 € gegenüber der Beklagten. Entsprechend wird auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Insbesondere ist abweichend von der Annahme der Beklagten § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der Fassung vom 23. Dezember 2016 (gültig bis 10. Mai 2019 – a.F.) und entsprechend die Frist nach § 275 Abs. 1c SGB V a.F. auf die vorliegende Konstellation anzuwenden.

Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder, wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes (MDK) der Krankenkassen einzuholen.

Danach obliegt es zwar der Beurteilung der Krankenkasse, ob für die Prüfung der Abrechnung der MDK einzuschalten ist (BSG, Urteil vom 22. Juni 2022, B 1 KR 19/21 R – juris Rn. 27), ein Anlass bestand hier jedoch. Die von § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfassten Begutachtungsanlässe umfassen danach das Erfordernis einer Begutachtung unter anderem nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf. Hierbei handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die der Krankenkasse grundsätzlich einen Beurteilungsspielraum einräumen (W. Gerlach in Hauck/Noftz SGB V, 10. Erg.lfg 2024, § 275 SGB 5 Rn. 40; Scholz in jurisPK-SGB V, Stand 2020, § 275 Rn. 14).

Ausgehend von dem Wortlaut der Vorschrift bedarf es für die vorliegende Fallgestaltung grundsätzlich keines Rückgriffs auf eine weitergehende Auslegung der Rechtsbegriffe. Neben der Dauer und Häufigkeit der Erkrankung kann das Erfordernis einer Begutachtung durch die Art der Erkrankung und den Krankheitsverlauf begründet werden. Wie die Beklagte selbst ausführt, bedarf es zur Beurteilung der Notwendigkeit der Behandlung bei der vorliegenden Erkrankung Adipositas Grad III stets der Feststellung, welche konservativen Behandlungsmaßnahmen zur Gewichtsreduktion bislang ergriffen wurden bzw. welche Begleiterkrankungen gegebenenfalls bestehen. Damit begründet allein die Art der Erkrankung die Erforderlichkeit einer medizinischen Prüfung. Zudem knüpft dieses Prüfungserfordernis ebenfalls an den Krankheitsverlauf an. Denn aufgrund der konkreten Leistungsvoraussetzungen, wonach bei dieser Erkrankung der operative Eingriff das letzte zu ergreifende Mittel ist und sonstige konservative Maßnahmen ausgeschöpft sein müssen (S3 Leitlinien Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen, Version 2.3, Februar 2018, AWMF-Register Nr. 088-001, Empfehlung 4.9), handelt es sich um eine denknotwendige Aufklärung zur Frage des Krankheitsverlaufs. Dieser ist eng mit der Frage verknüpft, welche Therapien bislang zur Linderung der Krankheit ergriffen wurden. 

Aber auch unter Heranziehung einer über den Wortlaut hinausgehenden Auslegung nach Systematik und Sinn und Zweck ist eine Begutachtung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. zu veranlassen, wenn dies zur Bestimmung der für den konkreten Fall notwendigen medizinisch und wirtschaftlich optimalen Leistungskombination (vgl. zur Unwirtschaftlichkeit – Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 24/11 R – juris Rn. 21), der medizinischen Notwendigkeit der beantragten Leistung oder zur Abwendung unberechtigter Leistungsbegehren erforderlich ist. Stellt sich eine derartige Frage, dann muss die Krankenkasse den Versicherten bzw. den Abrechnungsfall zur Begutachtung vorstellen (W. Gerlach, a.a.O, Rn. 36). Entsprechend sind stets die Fälle – wie der vorliegende – erfasst, in denen Klärungsbedarf hinsichtlich der Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung (§ 39 SGB V) besteht. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen bestreitet die Beklagte. Denn sie argumentiert, dass die operative Bybass-Operation der Versicherten unter Heranziehung der zuvor genannten Empfehlung aus den S3 Leitlinien gegebenenfalls nicht die medizinisch und wirtschaftlich optimale Leistung war, wenn zuvor nicht andere konservative Therapien erfolglos ausgeschöpft wurden. Die Einleitung einer MDK-Begutachtung war danach geboten. 

Unterlässt es die Krankenkasse, eine Begutachtung binnen 6 Wochen zu beauftragen bzw. zeigt der MDK eine solche Begutachtung nicht rechtzeitig an (§ 275 Abs. 1c Satz 1 und 2 SGB V a.F.), ist die Krankenkasse zwar nicht mit der Einwendung ausgeschlossen, dass der Vergütungsanspruch nicht bestehe. Allerdings ist die Ermittlungspflicht (§ 103 SGG) des Gerichts derart beschränkt, dass Daten, die nur im Rahmen des Prüfverfahrens hätten erhoben werden können, seitens des Gerichts nicht zu erheben sind und vom betroffenen Krankenhaus nicht vorgelegt werden müssen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2022 – B 1 KR 19/21 R – juris Rn. 34; Urteil vom 16. Mai 2012 - B 3 KR 14/11 R – juris Rn. 19 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2021 – L 11 KR 2846/19 – juris Rn. 21; Böhland, 4/2024 in Remmert/Gokel, GKV-Kommentar, § 275c SGB V, Rn 10). Dies schließt ebenfalls die Möglichkeit aus, sich auf anderem Weg Kenntnis von den Vorgängen im Krankenhaus zu verschaffen, wie die Vernehmung von Ärzten des Krankenhauses als Zeugen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2022, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund bestand kein Anlass, weitere Ermittlungen einzuleiten.

Mit der eingeschränkten Ermittlungspflicht geht – wie dies zutreffend vom SG Frankfurt festgestellt wurde – eine Beweiserleichterung des grundsätzlich beweisbelasteten Krankenhauses einher bis hin zur Umkehr der Beweislast (BSG, Urteil vom 22. Juni 2022, – B 1 KR 19/21 R – juris Rn. 36). Vor diesem Hintergrund wird auf die im Ergebnis zutreffenden Feststellungen des Sozialgerichts Frankfurt zur Erforderlichkeit der Behandlung verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Denn feststeht, dass bei der Versicherten eine Adipositas mit einem BMI von 42,4 kg/m² mit Insulinresistenz und metabolischem Syndrom im EOSS-Stadium 3 und Begleiterkrankungen diagnostiziert wurden. Zudem wurde ärztlicherseits festgestellt, dass die operative Behandlung Ultima Ratio ist. Die Beklagte kann ohne die Prüfung weiterer Behandlungsunterlagen nicht mit den Einwendungen durchdringen, dass die Versicherte nicht hinreichend aufgeklärt worden sei bzw. sonstige Maßnahmen zur Gewichtsreduktion ausgeschöpft worden seien. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
 

Rechtskraft
Aus
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