Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6801,07 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2018 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 6801,07 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruchs auf Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Vom 09.04.18 bis 13.04.18 wurde im Krankenhaus der Klägerin die bei der Beklagten Versicherte C. vollstationär behandelt. Bei Vorliegen einer Adipositas (BMI 43) wurde eine Magenbypassoperation in laparoskopischer Opperationstechnik durchgeführt.
Für die erbrachte Leistung rechnete die Klägerin gegenüber der Beklagten mit Rechnung vom 03.05.2018 den Betrag von 6801,07 Euro ab, den die Beklagte nicht beglich.
Die Klägerin hat am 01.07.2019 Klage erhoben. Im Hause der Klägerin sei die medizinische Indikation für den Eingriff nach allen Regeln der ärztlichen Kunst gestellt und die Patientin sodann leitliniengerecht behandelt worden.
Die Klägerin beantragt,
Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6801,07 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2018 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Gemäß der S 3 Leitlinie sei eine eindeutige Indikation für einen adipositas-chirurgischen Eingriff bei einem BMI ≥ 40 und unter 50 nur gegeben, wenn alle konservativen Maßnahmen zur Gewichtsreduktion ausgeschöpft worden seien und eine umfangreiche Aufklärung stattgefunden habe. Den Unterlagen der Klägerin sei nicht zu entnehmen, ob die Maßnahmen bei der Klägerin ausgeschöpft worden seien und in welchem Umfang eine Aufklärung der Versicherten stattgefunden habe. Die Rechnung sei nicht fällig geworden.
Hierzu hat die Klägerin erklärt, es handele sich bei adipositas-chirurgischen Eingriffen um regelhaft stationär durchgeführte Operationen. Bei Zweifeln sei die Beklagte gehalten, einen Kurzbericht entsprechend des Landesvertrags nach § 112 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB V anzufordern oder ein nachgelagertes Abrechnungsprüfverfahren nach § 275 Abs. 1c einzuleiten. Da beides unterblieben sei, sei die Beklagte mit ihrem Vortrag zur fehlenden medizinischen Indikation präkludiert.
Die Beklagte hat ergänzend vorgetragen, es sei von der Versicherten am 28.03.2018, also unmittelbar vor der streitgegenständlichen Behandlung (09.04.2018 bis 14.04.2018) ein Kostenübernahmeantrag für den bariatrischen Eingriff gestellt worden unter Beifügung einer Stellungnahme der Klägerin vom 21.02.2018. In der Kürze der Zeit habe der MDK noch keine Entscheidung treffen können, sondern habe am 30.04.2018 mitgeteilt, ihm fehlten für eine Entscheidung wesentliche Unterlagen. Dementsprechend wäre auch im Rahmen eines Abrechnungsprüfverfahrens keine abschließende Entscheidung möglich gewesen.
Die Beteiligten sind zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gem. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Beteiligten hierzu angehört worden sind.
Die Leistungsklage ist nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig.
Bei der auf Vergütung für die Behandlung eines Versicherten gegen eine Krankenkasse gerichteten Klage eines Krankenhausträgers handelt es sich um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Es war weder ein Vorverfahren durchzuführen, noch eine Klagefrist einzuhalten (BSG, Urteil vom 17.06.2000 - B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R).
Die Klage ist begründet, denn der Klägerin steht die mit der Klage geltend gemachte Vergütung in Höhe von 6801,07 Euro für die Behandlung der Versicherten C. im Krankenhaus der Klägerin zu.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i. V. m. § 7 S. 1 Nr. 1 KHEntgG und der Vertrag über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten (BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1, BSGE 90, 1, 2 = SozR 3.2500 § 112 Nr. 3). Der Behandlungspflicht des zugelassenen Krankenhauses (§ 109 Abs. 4 S. 2 SGB V) steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung in der zwischen den Krankenkassen und dem Krankenhausträger abzuschließenden Pflegesatzvereinbarung festgelegt wird. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 iVm § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen u. a. nach dem Fallpauschalen-Katalog abgerechnet, den der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft vereinbart hat.
Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich nach den medizinischen Erfordernissen. Eine medizinische Indikation für den Eingriff ist bei Patienten mit einem BMI von 43, wie er bei der Versicherten C. vorlag, nur anzunehmen, wenn die konservativen Behandlungsmöglichkeiten zuvor ausgeschöpft worden sind.
Es lässt sich vorliegend nicht feststellen, ob die im Krankenhaus der Klägerin durchgeführte bariatrische Operation notwendig war. Den vom Krankenhaus übersandten Daten lässt sich lediglich entnehmen, das bei der an Adipositas Grad III erkrankten Versicherten während des stationären Aufenthalts vom 09.04.18 bis 14.04.18 eine bariatrische Magenoperation durchgeführt worden und entsprechend dem ICD Code E66.02 mit 6801,07 Euro in Rechnung gestellt worden ist.
Die Nichterweislichkeit der medizinischen Indikation wirkt sich zu Lasten der Beklagten aus. Das BSG hat den Prüfungsmaßstab der medizinischen Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung erheblich eingeschränkt, wenn die Krankenkasse es unterlassen hat, eine MDK-Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse nach § 275 Abs. 1 SGB V iVm § 275 Abs. 1c SGB V (idF bis 11.05.2019) einzuleiten.
Nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Nach § 275 Abs 1c SGB V in der hier maßgeblichen vom 01.01.2016 bis 10.05.2019 geltenden Fassung ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V zeitnah durchzuführen (Satz 1). Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen (Satz 2).
Die Beklagte hat ein Prüfverfahren in diesem Sinne nicht eingeleitet. Bei der genannten Frist von 6 Wochen handelt es sich um eine Ausschlussfrist (BSG 13.11.2012, B 1 KR 24/11 R). Demzufolge ist die Beklagte mit der Einwendung, die Operation und damit der stationäre Aufenthalt seien nicht erforderlich gewesen, ausgeschlossen. Nach Ablauf der Ausschlussfrist ist die Abrechnungsprüfung auf die Daten beschränkt, die das Krankenhaus der Krankenkasse nach § 301 Abs. 1 SGB V im Rahmen seiner Informationspflicht zur Verfügung gestellt hat (BSG Urteil vom 16.5.2012, B 3 KR 14/11 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2021 - L 11 KR 2846/19). Anhand dieser Daten ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine nicht bedarfsgerechte Therapie oder eine mangelnde Erforderlichkeit der Behandlung. Folglich ist von der Notwendigkeit der stationären Behandlung auszugehen.
Die im Vorfeld von der Versicherten beantragte Zusage der Kostenübernahme, die noch nicht beschieden war, betrifft allein das Verhältnis zu der Versicherten. Wenn Krankenhäuser eine solche Kostenzusage der Krankenkasse vom Versicherten vor der Operation verlangen, minimieren diese das Risiko einer Prüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V mit dem Ergebnis einer nicht notwendigen Krankenhausbehandlung. Erforderlich ist eine Kostenzusage für eine stationäre Krankenhausbehandlung indes nicht und das Verfahren hierüber ist für das Abrechnungsverhältnis zwischen Krankenkasse und Krankenhaus ohne Bedeutung (vgl. BSG, Urteil vom 17. Mai 2000, B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 11. April 2002, B 3 KR 24/01 R). Sieht die Krankenkasse eine stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen als nicht erforderlich an, verbleibt ihr lediglich der Weg über das Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V, der vorliegend unterblieben ist.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 10 Abs. 5 des Hessischen Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft und den entsprechenden Krankenkassen bzw. deren Verbänden für das Land Hessen. Zinshöhe und Zinsbeginn waren zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder Klägerin noch Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
Der Streitwert war nach § 52 Abs. 3 S. 1 GKG mit der im Klageantrag bezifferten Geldleistung festzusetzen.