1. Liegt keine ärztliche Aussage vor, auf die sich ein Anspruch auf Anerkennung weiterer Unfallfolgen stützen kann, und verneint schließlich auch ein nach § 109 SGG gehörter Gutachter das Vorliegen der geltend gemachten Unfallfolgen, ist der Anwendungsbereich von § 192 SGG grundsätzlich eröffnet.
2. Wird in einem solchen Fall bei entsprechender Anhörung von anwaltlicher Seite mitgeteilt, dass die Rechtsschutzversicherung die Übernahme etwaiger Verschuldenskosten zugesagt habe, ist es angezeigt, bei der Bemessung der Höhe der Verschuldenskosten die konkreten Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Klägerin außer Acht zu lassen und jedenfalls die mindestens tatsächlich verursachten Verfahrenskosten zugrunde zu legen (hier: 2.000 €).
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 01.03.2024 wird zurückgewiesen.
Der Klägerin werden Verschuldenskosten in Höhe von 2.000,00 € auferlegt.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung von Unfallfolgen und die Gewährung einer Verletztenrente im Streit.
Die 1963 geborene Klägerin erlitt bei ihrer bei der Beklagten gesetzlich unfallversicherten Beschäftigung als Küchenhilfe am 05.05.2017 einen Unfall, als sie im Eingangsbereich ihres Arbeitsplatzes umknickte und dabei auf ihr linkes Knie stürzte.
Der Durchgangs-Arzt (D-Arzt) U1 erhob noch am Unfalltag als Befund eine kleine Platzwunde am linken Knie lateral/caudal bei noch möglicher Extension/Flexion von 0-0-30°. Durchblutung, Motorik und Sensibilität peripher seien intakt gewesen, ebenso die Quadrizeps- und Patellasehne. Die Patella sei fraglich instabil gewesen. Eine frische knöcherne Verletzung habe nach Röntgenuntersuchung ausgeschlossen werden können. Als Erstdiagnosen stellte U1 eine Knieprellung links (ICD-10: S80.0 GL) und eine Platzwunde am Kniegelenk links (ICD-10: S81.0 GL) fest.
Der Arbeitgeber teilte in der Unfallanzeige vom 09.05.2017 mit, dass die Klägerin am Unfalltag Küchenabfälle zum Abfallcontainer gebracht habe, und auf dem Rückweg zum Küchenbereich gestolpert und nach vorne gefallen sei.
Am 14.07.2017 erfolgte eine erste Kernspintomographie des linken Kniegelenks, bei der eine Chondropathia retropatellaris (Klassifikation nach Outerbridge Grad II), eine Bursitis präpatellaris, ein Patellaspitzensyndrom und eine Tendinose/Tendinitis der Sehne des Musculus quadriceps femoris am patellaren Ansatz festgestellt wurden. Nach einer Stellungnahme des U1 vom 02.08.2017, wonach die Behandlung zulasten der Beklagten abgebrochen werden solle und keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vorliege, stellte die Beklagte die Gewährung von Heilbehandlung ein.
Wegen fortbestehender Angabe von Beschwerden erfolgten mehrere Infiltrationen im linken Kniegelenk.
Am 14.02.2018 wurde eine zweite Kernspintomographie des linken Kniegelenks erstellt, bei der eine bekannte retropatellare Chondropathie Grad II, eine mukoide Degeneration des Innenmeniskus und eine leichte Tendinose der Sehne des Musculus quadriceps femoris diagnostiziert wurden. Ein Anhalt für eine Bursitis habe nicht bestanden.
Am 10.01.2020 wurde in der S1 in W1 eine Arthroskopie des linken Kniegelenkes durchgeführt. Hier wurde zudem eine laterale Release-Operation vorgenommen, jedoch zeigte sich im Verlauf keine Besserung der Beschwerden.
Die Beklagte zog weitere medizinische Befunde und ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK B1 bei. Das Vorerkrankungsverzeichnis enthält vor dem Unfalltag keine Einträge im Hinblick auf eventuelle Probleme der Klägerin mit ihren Knien.
Die Beklagte schlug der Klägerin mehrere Gutachter vor, aus denen die Klägerin die H1 von der T1 auswählte. In deren Gutachten vom 23.07.2021 wird als Unfallfolge eine Kniekontusion mit Platzwunde präpatellar links angegeben, welche mittlerweile verheilt sei. Zum Zeitpunkt des Unfallereignisses hätten laut Aktenlage keine relevanten Vorschädigungen bestanden. Es bestehe noch eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes (Extension/Flexion 5-0-100° links gegenüber 5-0-140° rechts). Die MdE betrage bis auf Weiteres 10 v.H.
Die Gutachterin führte mit ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 13.01.2022 aus, dass folgende unfallunabhängige Veränderungen bei der Klägerin vorlägen:
- Zweit- bis drittgradige Chondropathie retropatellar Kniegelenk links
- Mukoide Degeneration im Bereich des Innenmeniskus
- Hyperkompressionssyndrom Patella links
- Sternoclaviculararthrose links
- Coxarthrose rechts
- LWS-Syndrom
- Impingement-Syndrom Schulter links
Bei dem Unfall vom 05.05.2017 sei es zu einer Prellung des linken Kniegelenkes mit nachfolgender Riss-/Quetschwunde gekommen. Die im Verlauf aufgetretenen Beschwerden im Sinne einer Retropatellararthrose mit großflächigem zweit- bis drittgradigem retropatellaren Knorpelschaden, welcher sowohl MR-morphologisch als auch intraoperativ bestätigt worden sei, mit zeitgleicher mukoider Degeneration der Menisken, seien nicht als unfallabhängig anzusehen, ebenso wie die weiteren oben beschriebenen unfallunabhängigen Veränderungen.
Mit Bescheid vom 26.04.2022 erkannte die Beklagte das Unfallereignis vom 05.05.2017 als Arbeitsunfall an. Einzige Folgen des Arbeitsunfalls vom 05.05.2017 seien eine inzwischen ausgeheilte Prellung und eine Platzwunde des linken Kniegelenks. Die bei der Klägerin bestehenden verschleißbedingten Veränderungen des linken Kniegelenkes (Retropatellararthrose, großflächiger zweit- bis drittgradiger Knorpelschaden, Meniskusveränderungen) seien unabhängig vom Unfall entstanden. Anspruch auf Heilbehandlung habe bis zum 25.07.2017 bestanden. Verletztengeld sei nicht zu gewähren. Ein Anspruch auf Rente wegen der Unfallfolgen bestehe nicht.
Der am 24.05.2022 erhobene Widerspruch wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die entzündlichen Veränderungen des Kniegelenkes aus dem Arbeitsunfall resultierten. Insbesondere habe die Klägerin vor dem streitgegenständlichen Unfall keine Beschwerden am linken Kniegelenk gehabt. Bis heute leide sie an schmerzhaften Bewegungseinschränkungen des linken Kniegelenkes. Die MdE sei tatsächlich viel höher.
Der Beratungsarzt M1 (Facharzt für Unfallchirurgie) vertrat am 01.04.2023 die Auffassung, die im Gutachten der H1 festgestellte schmerzhafte Bewegungseinschränkung sei nicht mit dem primären Gesundheitsschaden zu erklären. Es sei auch keine unfallbedingte MdE von 10 v.H. zu rechtfertigen. Als Unfallfolge anerkannt werden könne nur eine Prellung des linken Kniegelenks. Dies sei der gesicherte Erstschaden. Dieser Erstbefund mit dem Anprall außerhalb der Kniescheibe erkläre nicht die Knorpelschädigung im Bereich des Femoropatellargelenks, die später kernspintomographisch und durch Arthroskopie gesichert worden sei. Weder die später diagnostizierte Ansatz-Tendinose noch das Patella-Spitzensyndrom seien durch ein Trauma zu erklären, sondern seien typische Zeichen der chronischen Überlastung. Der gesicherte Erstschaden heile bei regelhaftem Verlauf innerhalb von bis zu zwei Wochen, höchstens aber nach vier Wochen folgenlos aus. Die retropatellaren Knorpelschäden und die fortbestehenden Knieschmerzen könnten nicht mehr ursächlich auf das Trauma zurückgeführt werden. Der Unfall sei hier nicht einmal mehr wesentliche Teilursache. Es müsse auch auf die erhebliche psychische Überlagerung der Klägerin hingewiesen werden. Ein erneutes Gutachten zur Zusammenhangsfrage werde angeregt.
Daraufhin gab die Beklagte die Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens bei dem leitenden Arzt des P1 S2 in Auftrag, den die Klägerin zuvor aus drei von der Beklagten vorgeschlagenen Gutachtern ausgewählt hatte. Dieser gelangte nach ambulanter Untersuchung vom 04.07.2023 in seinem Gutachten vom 11.07.2023 zu dem Ergebnis, dass als relevante Vorschädigung eine Schadensanlage mit erst- bis zweitgradiger Chondromalazie im Bereich der Patellagelenkfläche medial und lateral bestanden habe. Die gegenwärtig zu beobachtende Gonarthrose des linken Kniegelenkes mit Muskelminderung des linken Beines sowie deutlich eingeschränkter Beweglichkeit des linken Kniegelenks sei nicht zweifelsfrei auf den unfallbedingten Gesundheitserstschaden zurückzuführen. Nach Würdigung aller Umstände und der herrschenden medizinischen Lehrmeinung spreche mehr gegen einen Zusammenhang zwischen Unfall und Verletzung. Insbesondere sei bei dem Unfall nicht die notwendige hohe kinetische Energie erbracht worden, um einen direkten Knorpelschaden zu bewirken. Weiterhin sei das Vorliegen eines Knochenödems bzw. von bone bruise im Bereich der Knorpelschädigung oder in der Umgebung unabdingbar zu fordern, damit unfallbedingt eine Knorpelschädigung durch hohe einwirkende kinetische Energie entstehen kann. Es sei daher keine MdE festzustellen.
Mit der Begründung von S2 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2023 als unbegründet zurück. Der Bescheid wurde am 12.10.2023 zur Post gegeben.
Die Bevollmächtigte der Klägerin hat am 15.11.2023 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, mit der sie ihren Vortrag wiederholt und beantragt hat, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.10.2023 zu verurteilen, als zusätzliche Folgen des Arbeitsunfalls vom 05.05.2017 die „Veränderungen des linken Kniegelenkes“ anzuerkennen sowie eine Verletztenrente zu zahlen. Zusätzlich vertrat sie die Auffassung, der Sachverhalt sei von der Beklagten nicht ausreichend ermittelt worden.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01.03.2024 als unbegründet abgewiesen. Es sei in Übereinstimmung mit den gehörten Gutachtern nicht nachgewiesen, dass die gegenwärtig zu beobachtende Gonarthrose des linken Kniegelenkes mit Muskelminderung des linken Beines sowie eingeschränkter Beweglichkeit des linken Kniegelenks ursächlich auf das Ereignis vom 05.05.2017 zurückzuführen sei. Nach unfallmedizinischem Erkenntnisstand und auch im Abgleich mit der einschlägigen unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin: „Arbeitsunfall und Berufskrankheit", 9. Auflage) sei die unfallbedingte Knorpel- und Meniskusschädigung nur dann möglich, wenn die physiologischen Bewegungs- und Belastungsgrenzen überschritten würden. Bei einem unfallbedingten Meniskusriss müssten daher zwangsläufig benachbarte Strukturen, wie Kreuzbänder oder Seitenbänder, mitgeschädigt werden. Entsprechende Begleitverletzungen seien indes weder röntgenologisch am 05.05.2017 noch kernspintomographisch am 14.07.2017 festgestellt werden. Wegen des Fehlens noch vorhandener Unfallfolgen bestehe kein Anspruch auf Verletztenrente. Der Gerichtsbescheid ist der Bevollmächtigten der Klägerin am 01.03.2024 zugestellt worden.
Die Bevollmächtigte hat am 02.04.2024 (Dienstag nach Ostermontag) beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Das SG habe rechtsfehlerhaft einem Fristverlängerungsgesuch betreffend eine Antragstellung nach § 109 SGG nicht stattgegeben. Eine weitere Begutachtung hätte ergeben, dass der streitgegenständliche Arbeitsunfall ursächlich für die jetzigen Beschwerden sei. Es treffe auch nicht zu, dass das Unfallereignis nicht geeignet gewesen sei, die Verletzungen am linken Knie zu begründen. Das SG habe fehlerhaft verkannt, dass das Unfallereignis die alleinige Ursache für die nunmehr unstreitig bestehenden Beschwerden am linken Knie sei. Jedenfalls hätte mangels eigener Sachkunde des Gerichts ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Karlsruhe vom 01.03.2024 und unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 26.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.10.2023 zu verurteilen, die Veränderungen des linken Kniegelenks als zusätzliche Folgen des Arbeitsunfalls vom 05.05.2017 anzuerkennen, und ihr aufgrund der Folgen des Unfalls eine Verletztenrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagten hält die angegriffenen Entscheidungen für zutreffend. Aus dem Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren ergäben sich keine neuen Erkenntnisse.
Am 07.06.2024 hat der Berichterstatter einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt.
Anschließend ist auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin nach § 109 SGG bei dem P2 ein am 23.10.2024 erstelltes weiteres chirurgisches Gutachten eingeholt worden. Der Gutachter hebt hervor, dass in der Kernspintomographie vom 14.07.2017 keine frischen Unfallfolgen im Sinne einer Kniegelenksergussbildung oder eines Knochenödems feststellbar gewesen seien. Derartige Verletzungen seien nach unfallbedingten Knorpelschäden aber zwingend erforderlich und auch 2 Monate nach einem Unfallereignis in der MRT-Diagnostik in der STIR-Sequenz noch sichtbar, was bei der Klägerin jedoch nicht der Fall gewesen sei. Die bei der Klägerin festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen
- degenerative Veränderungen mit einer insbesondere medial betonten Gonarthrose,
- Retropatellararthrose,
- Chondromalazie des Knorpels II. Grades,
- Funktionseinschränkung bei Beugung im linken Knie von 10° im Vergleich zu rechts,
sowie
- chronisches Schmerzsyndrom (medikamentös behandelt)
bezeichnete der Gutachter daher als insgesamt unfallunabhängig. Wesentlich auf den Unfall vom 05.05.2017 zurückzuführen seien eine Platzwunde und eine Knieprellung, welche für einen Zeitraum von 3 Wochen nach dem Unfall behandlungsbedürftig gewesen seien. S2 habe zutreffend darauf hingewiesen, dass der Sturz vom 05.05.2017 nicht ausreichend gewesen sei, um einen Knorpelschaden am Knie zu erzeugen, zumal dieser bildtechnisch auch nicht nachweisbar gewesen sei. Entsprechend den Ausführungen von M1 seien diese Unfallfolgen nach spätestens 4 Wochen ausgeheilt gewesen. Die unfallbedingte MdE ab dem 01.07.2017 betrage 0 v.H.
Das Gutachten ist der Klägerbevollmächtigten am 06.11.2024 mit dem richterlichen Hinweis übersandt worden, dass dieses Gutachten des von der Klägerin selbst ausgewählten Gutachters P2 erneut die Rechtsauffassung der Beklagten stütze, weswegen die Rücknahme der Berufung angeregt werde. Auf § 192 SGG wurde dabei hingewiesen.
Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgt ist, ist mit Verfügung vom 05.12.2024 an die Erledigung der Verfügung vom 06.11.2024 erinnert und hierfür eine Frist bis zum 07.01.2025 gesetzt worden. Hierbei wurde erneut darauf hingewiesen, dass nach § 192 SGG der Klägerin bei Fortführung einer aussichtslosen Berufung Kosten auferlegt werden können.
Die Klägerbevollmächtigte hat am 15.01.2025 telefonisch mitgeteilt, dass die Klägerin sich bisher nicht zu einer Berufungsrücknahme habe entscheiden können. Die Klägerbevollmächtigte ist in dem Telefonat gebeten worden, dies auch noch schriftlich mitzuteilen.
Eine schriftliche Stellungnahme der Klägerbevollmächtigten zur Frage der Fortführung der Berufung ist nicht mehr erfolgt.
In der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2025 wurde ein weiterer Hinweis auf die Mutwilligkeit der Fortführung des Verfahrens im Sinne von § 192 SGG gegeben. Nach Unterbrechung der Verhandlung zur Beratung mit der Klägerin hat die Klägerbevollmächtigte in der wieder eröffneten mündlichen Verhandlung erklärt, sie wünsche eine Entscheidung des Senats. Den Hinweis des Vorsitzenden auf die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung habe sie an die Rechtsschutzversicherung der Klägerin weitergeleitet. Die Rechtsschutzversicherung der Klägerin habe in Kenntnis dieses Schreibens mitgeteilt, dass die Kosten des Verfahrens weiterhin übernommen würden.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und die Akten des SG und des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§ 143 f. SGG statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angegriffenen Entscheidungen nicht in ihren Rechten verletzt, weil Unfallfolgen des Ereignisses vom 05.05.2017 nicht mehr vorliegen und eine Verletztenrente aus diesem Grund nicht zu gewähren ist.
Mit der Klage kann nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG die Feststellung begehrt werden, dass eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Erforderlich für die Feststellung einer Unfallfolge ist, dass sowohl ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden besteht. Diese so genannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 a.F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr., BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a.F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m. H. auf BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67). Dagegen müssen der Gesundheitsschaden und die versicherte Tätigkeit im Sinne des „Vollbeweises“, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG, Urteil vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rn. 28; BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens hat die Beklagte zutreffend entschieden, dass die Klägerin sich bei dem Ereignis vom 05.05.2017 lediglich eine Prellung des linken Knies mit einer Platzwunde zugezogen hat, welche spätestens am 25.07.2017 folgenlos ausgeheilt war. Sowohl die Gutachterin H1, der Beratungsarzt M1 als auch der Gutachter S2, deren Ausführungen der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, verneinen in schlüssiger Weise das Vorliegen von dauerhaften Unfallfolgen. Sofern H1 in ihrem Gutachten vom 23.07.2021 eine MdE um 10 v.H. aufgrund der Beschwerden der Klägerin angegeben hatte, hat sie mit ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 13.01.2022 klargestellt, dass sie diese Aussage nicht im Hinblick auf die Unfallfolgen, sondern hinsichtlich der insgesamt vorliegenden Beschwerden der Klägerin getroffen hat. Ein wesentlicher Widerspruch zwischen den bis hierhin vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen liegt daher nicht vor, zumal auch aus einer MdE um lediglich 10 v.H. kein Rentenanspruch folgen würde.
Das SG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen, da keiner der bis dahin gehörten Ärzte vom Fortbestehen von Unfallfolgen bzw. vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente ausgeht.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Gerichtsbescheid des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt. Gründe für eine hiervon abweichende Entscheidung sind im Berufungsverfahren weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Hinsichtlich des von der Klägerbevollmächtigten gerügten Abschneidens des Rechts auf eine Antragstellung nach § 109 SGG durch das SG ist der Klägerin im Berufungsverfahren eine solche Begutachtung nachträglich eingeräumt worden. Der von der Klägerin ausgewählte Gutachter P2 stellt in seinem aktuellen, den Senat überzeugenden Gutachten vom 23.10.2024 – in Übereinstimmung mit den Gutachten von H1 und S2, welche der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, und in Übereinstimmung mit dem Durchgangsarzt U1 und dem Beratungsarzt M1 – ausführlich dar, dass die bei der Klägerin noch vorhandenen Einschränkungen im linken Knie nicht auf das Unfallereignis vom 05.05.2017 zurückzuführen sind.
Der Senat folgt diesem, den Vorgutachten weitgehend entsprechenden Gutachten, und stellt fest, dass die bei der Klägerin im Bereich des linken Knies vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen (chronisches Schmerzsyndrom, Funktionseinschränkung bei Beugung im linken Knie von 10 Grad im Vergleich zur Gegenseite, degenerative Veränderungen mit Gonarthrose, Retropatellararthrose, Chondromalazie des Knorpels II. Grades) nicht rechtlich wesentlich auf das versicherte Unfallereignis zurückzuführen sind. Den Senat überzeugt hierbei insbesondere der Hinweis auf die Kernspintomographie vom 14.07.2017, in der keine frischen Unfallfolgen im Sinne einer Kniegelenksergussbildung oder eines Knochenödems feststellbar gewesen sind. Die Gutachter führen schlüssig aus, dass bei einer unfallbedingten Strukturverletzung des Knorpels am 05.05.2017 ca. 10 Wochen nach dem Unfall in dieser Aufnahme solche Verletzungen noch zwingend nachweisbar gewesen wären.
Allerdings haben sich in dieser Kernspintomographie (und in der nachfolgenden Aufnahme vom 14.02.2018) deutliche Nachweise einer degenerativen Erkrankung gezeigt. Dass diese bis zum Unfalltag klinisch stumm gewesen ist, ist kein ausreichender Beweis für die Kausalität des Unfalls. Es gibt keinen Erfahrungssatz dergestalt, dass bei bloßen Hinweisen auf eine traumatische Schädigung, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen ist. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf. vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch juristische Betrachtungen vorbeizugehen (BSG, Urteil vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr 44; juris-Rn. 52). Demnach gibt es im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr 17, BSGE 96, 196-209, juris-Rn. 20).
Schließlich hat bereits S2 – und in der Folge auch P2 – zutreffend darauf hingewiesen, dass der Sturz vom 05.05.2017 nicht ausreichend war, um einen Knorpelschaden am Knie zu erzeugen. Auch diesbezüglich wird auf die entsprechenden Ausführungen der beiden Gutachter verwiesen.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ein Rentenanspruch entfällt vorliegend, da keine Unfallfolgen mehr vorliegen.
Nachdem keiner der von der Beklagten, dem SG und dem LSG gehörten Ärzte vom Fortbestehen von Unfallfolgen ausgeht, und zuletzt sogar der von der Klägerin ausgewählte und bezahlte Gutachter P2 die Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche eindeutig verneint hat, hält der Senat die weitere Inanspruchnahme des Gerichts für missbräuchlich im Sinne von § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung im Sinne von § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG liegt vor, wenn eine Klage oder ein Rechtsmittel offensichtlich unbegründet ist und die Erhebung der Klage oder die Einlegung des Rechtsmittels von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 06.12.2022 - 2 BvR 1959/22 - und vom 19.12.2022 - 2 BvR 1255/02 - zur vergleichbaren Regelung in § 34 Abs. 2 BVerfGG). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil es keine einzige ärztliche Aussage gibt, welche die Auffassung der Klägerin zum Fortbestehen von Unfallfolgen stützt.
Dies konnte die Klägerin auch unschwer erkennen, denn sie wurde durch ihre Anwältin, also eine Volljuristin, beraten (hierzu LSG Hamburg, Urteil vom 19.02.2019 – L 3 R 82/16 –, Rn. 22, juris). Sofern im ersten Gutachten von H1 ein MdE um 10 v.H. vertreten wurde, kann sich die Klägerin hierauf nicht mit Erfolg stützen, weil auch diese Gutachterin das Fortbestehen von Unfallfolgen verneint hat, und im Übrigen auch eine MdE um 10 v.H. die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Verletztenrente nicht erfüllt. Die Klägerin und ihre Bevollmächtigte haben nicht ansatzweise dargelegt, aufgrund welchen medizinischen Befundes oder Aspektes entgegen den drei angehörten Gutachtern die von ihnen verfolgten Ansprüche begründet sein könnten.
Auf die Aussichtslosigkeit der Berufung und die Absicht des Senats, Verschuldenskosten aufzuerlegen, ist die Klägerin mehrfach hingewiesen worden (Verfügungen vom 06.11.2024 und 05.12.2024; Telefonat des Berichterstatters mit der Klägerbevollmächtigten am 15.01.2025; Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2025). Sie hat jedoch auf die Fortführung des Verfahrens bestanden, ohne in der Sache weiter hierzu vorzutragen. Das bloße weitere Festhalten der Klägerin an der eigenen Auffassung trotz inhaltlichen Verständnisses der rechtlichen Erörterungen, verbunden damit, dass sie argumentativ keine neuen Ansätze vorgebracht hat, sondern lediglich die bereits bekannte und rechtlich nicht tragfähige Argumentation wiederholt hat, ist grob unverständig und zeugt von einem besonders hohen Maß an Uneinsichtigkeit. Das Aufrechterhalten der Berufung in Kenntnis dieses Umstandes stellt nach Auffassung des Senats einen gravierenden Fall des Missbrauchs verfahrensrechtlicher und prozessualer Rechte dar (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24.07.2024 – L 2 AL 5/21 –, Rn. 36, juris). Der Senat hält es deshalb für angezeigt, der Klägerin Verschuldenskosten aufzuerlegen.
Hinsichtlich der Höhe der auferlegten Kosten ist zunächst zu beachten, dass bei einer Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung das Privileg der vom Staat finanzierten Kostenfreiheit der sozialgerichtlichen Verfahren entfallen soll. Damit wird dem Schadensersatzprinzip Rechnung getragen (vgl. BT-Drucksache 14/5943, S. 60 zu Nr. 65; Thüringer LSG, Urteil vom 29.05.2008 – L 2 R 1154/06 –, Rn. 33, juris). Als verursachter Kostenbetrag gilt mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz, für Verfahren vor dem LSG sind dies 225,-- €. Die tatsächlichen Kosten sind jedoch im Regelfall deutlich höher. Bei insgesamt mindestens zehn Richterarbeitsstunden allein für die Abfassung der Entscheidung errechneten sich im Jahr 2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Gerichtskosten in der Größenordnung von ca. 2.000,-- € (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.10.2011 – L 13 R 2150/10 –, Rn. 22, juris; vgl. auch Thüringer LSG, Urteil vom 29.05.2008 – L 2 R 1154/06 –, Rn. 33, juris, demzufolge bereits im Jahr 2008 die durchschnittlichen Verfahrenskosten bei diesem LSG mit 2.000,-- € angegeben worden sind).
Zu beachten ist hier, dass die Klägerbevollmächtigte bei der Rechtsschutzversicherung wegen der angekündigten Verschuldenskosten Rückfrage genommen und dabei die – sinngemäße – Auskunft erhalten hat, dass auch diese Kosten übernommen werden. Der Senat geht davon aus, dass diese Auskunft der Rechtsschutzversicherung die Klägerin maßgeblich darin bestärkt hat, an ihrer Berufung trotz eines durchgängig zu Ihren Ungunsten ausgefallenen Beweisergebnisses festzuhalten. Insofern erscheint es angemessen, ungeachtet der konkreten Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Klägerin maßgeblich darauf abzustellen, dass hier auch die Verschuldenskosten von der Rechtsschutzversicherung übernommen werden, und insofern Verschuldenskosten von jedenfalls 2.000,-- € als angemessen anzusehen. Sinn und Zweck des § 192 SGG werden vereitelt, wenn finanzstarke Rechtsschutzversicherungen auch solche Verfahren finanzieren, die von vornherein aussichtslos sind, worauf bereits hingewiesen worden ist (vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 29.05.2008 – L 2 R 1154/06 –, Rn. 33, juris). Wird klägerseits mitgeteilt, dass eine Rechtsschutzversicherung auch die Kosten nach § 192 SGG übernimmt, ist es gerechtfertigt, die Höhe der festgesetzten Kosten ausschließlich an den mindestens angefallenen tatsächlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu orientieren und nicht auch an den – hier unbekannten – Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Klägerin (so bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.06.2003 – L 3 RA 2/02 –, Rn. 16 f., juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.