S 51 KA 491/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
51
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 51 KA 491/20
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

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Sozialgericht Düsseldorf

 

 

Az.: S 51 KA 491/20

 

 

 

Verkündet am: 17.03.2025

 

 

Im Namen des Volkes

 

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

 

 


Klägerin

Proz.-Bev.:
 

gegen


Beklagte

 

 

 

In Sachen Quartal III/2019

 

hat die 51. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17.03.2025 durch den Vorsitzenden, den Richter am Sozialgericht …… sowie die ehrenamtliche Richterin …… und den ehrenamtlichen Richter …… für Recht erkannt:

 

 

 

Die Klage wird abgewiesen.

 

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

 

 

Tatbestand:

 

 

Die Beteiligten streiten über eine Honorarkürzung des klägerischen Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) aufgrund fehlender Fortbildungsnachweise eines angestellten Arztes.

 

Herr …… …… war seit 2001 als zugelassener Vertragsarzt tätig. Am 03.01.2011 erklärte Herr …… sein Einverständnis mit einer elektronischen Datenübermittlung seiner Fortbildungspunkte von der Ärztekammer Nordrhein (ÄKNO) an die Beklagte.

 

Die Klägerin betreibt ein MVZ im Zuständigkeitsgebiet der Beklagten. Zum 01.07.2018 stellte die Klägerin Herrn …… an.

 

Mit Schreiben vom 10.01.2019 und 29.04.2019 erinnerte die Beklagte Herrn …… an den Ablauf des Nachweiszeitraums für die Erfüllung seiner Fortbildungspflicht zum 30.06.2019.

 

Mit Schreiben vom 01.08.2019 bestätigte die Beklagte Herrn ……, dass die Nachweispflicht für den Zeitraum vom 01.07.2014 bis zum 30.06.2019 nunmehr erfüllt sei.

 

Mit Schreiben vom 05.10.2019 reichte Herr …… bei der Beklagten eine Kopie seiner Teilnahmebescheinigung für eine Jahrestagung in …… vom 28.09.2018 bis zum 02.10.2018 ein und bat um Anrechnung der entsprechenden Fortbildungspunkte. Dieses Schreiben leitete die Beklagte an die ÄKNO weiter, die den Eingang des Schreibens und die Anrechnung der Fortbildungspunkte mit Schreiben vom 18.12.2019 bestätigte.

 

Mit Bescheid vom 21.01.2020 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal III/2019 fest. Dabei kürzte sie das durch Herrn ……. erwirtschaftete Honorar um 10%, mithin um 11.124,27 €. Es sei kein ausreichender Nachweis über seine Fortbildungen erbracht worden.

 

Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 12.02.2020 Widerspruch. Herr …… habe die erforderliche Fortbildungspunktzahl von 250 im Zeitraum vom 01.07.2014 bis zum 30.06.2019 erreicht und nachgewiesen. Die Beklagte habe zunächst bestätigt, dass Herr …… seiner Fortbildungspflicht nachgekommen sei. Später habe er beiläufig bei einem Telefonat mit der Beklagten erfahren, dass er seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sein soll. Dies habe wohl daran gelegen, dass die Fortbildungspunkte aus seiner Fortbildung in …… noch nicht eingepflegt worden seien.

 

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.09.2020 zurück. Entscheidend komme es nicht darauf an, ob die notwendigen 250 Fortbildungspunkte im 5-Jahreszeitraum erreicht worden seien, es komme allein darauf an, ob der Nachweis gegenüber der Beklagten erbracht worden sei. Dieser Nachweis hätte durch Einreichung des Fortbildungszertifikats der ÄKNO oder durch Einverständniserklärung für eine elektronische Datenübermittlung geführt werden müssen. Bis zum Fristablauf am 30.06.2019 sei der Nachweis gegenüber der Beklagten nicht erbracht worden. Folge sei die zehnprozentige Kürzung für ein Quartal.

 

Dagegen hat die Klägerin am 01.10.2020 Klage erhoben.

 

Die Klägerin trägt vor, Herr …… sei seiner Fortbildungspflicht nachgekommen und habe seine Fortbildungen auch rechtzeitig nachgewiesen. Dass es bezüglich seiner Fortbildung in …… zu einem Übertragungsfehler gekommen sei und ihm diese Fortbildungspunkte nicht rechtzeitig gutgeschrieben worden seien, könne der Klägerin nicht angelastet werden. Herr ……. sei auch nicht informiert worden, dass seine Fortbildungspunkte nicht gutgeschrieben worden seien. Hätte er davon gewusst, hätte der den Nachweis sofort erbracht. So habe er unmittelbar nach dem Telefonat mit der Beklagten im September 2019 seine Teilnahmebescheinigung nachgereicht. Außerdem sei die Information über die gesetzliche Nachweispflicht nicht an die Klägerin erteilt worden, sondern direkt an den angestellten Arzt. Es sei zudem schwierig, die Einhaltung der Fortbildungspflicht eines angestellten Arztes zu kontrollieren. Die Klägerin habe keine eigenständige Möglichkeit, das Punktekonto ihres angestellten Arztes einzusehen. Aus rechtlicher Sicht dürfte es entscheidend darauf ankommen, wie die entsprechende Anwendung in § 95d Abs. 5 SGB V gemeint sei. Nach Ansicht der Klägerin gebe es eine Zäsur des Fünfjahreszeitraums durch die Anstellung bei der Klägerin. Als Arbeitgeberin habe sie nur dann vollständige Kontrollmöglichkeiten, wenn der gesamte Fünfjahreszeitraum in den Zeitraum der Anstellung falle. Der Gesetzgeber habe bei niedergelassenen Vertragsärzten nur ausdrücklich geregelt, dass bei einem Wegzug von einem Zulassungsbezirk in einen anderen keine Unterbrechung stattfinde. In dem Falle bliebe aber auch der niedergelassene Vertragsarzt die ganze Zeit selbst verantwortlich und trage die Lasten. Hier würden sich jedoch die Lasten verschieben, sodass die Klägerin vom Regress betroffen wäre.

 

Die Klägerin beantragt,

 

den Honorarbescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.09.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die Klägerin neu zu bescheiden.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Die Beklagte trägt vor, dass am 30.06.2019 nur 247 Fortbildungspunkte nachgewiesen gewesen seien. Weitere 4 Fortbildungspunkte seien erst am 06.07.2019 bei der ÄKNO erfasst worden. Die ÄKNO habe das Erreichen der notwendigen Punktzahl von 250 sodann am 06.07.2019 der Beklagten mitgeteilt. Die Fortbildungspunkte für die Veranstaltung in …… hätten dabei keine Rolle gespielt. Nach dem eindeutigen Gesetzestext komme es allein auf den Nachweiszeitpunkt an, hier die elektronische Übermittlung der ÄKNO am 06.07.2019. Herr …… habe zudem jederzeit die Möglichkeit gehabt, sein Punktekonto über das Internetportal der ÄKNO einzusehen. Es sei unerheblich, dass der angestellte Arzt über den nahenden Ablauf der Nachweisfrist informiert worden sei und nicht die Klägerin. Denn seit 2016 gebe es keine Hinweispflicht durch die Beklagte mehr.

 

Mit Schreiben vom 12.10.2021 teilte die ÄKNO mit, dass unter Berücksichtigung der Veranstaltung in ……. die 250 Punkte bis zum 30.06.2019 erreicht worden seien, der Nachweis gegenüber der ÄKNO jedoch erst am 12.11.2019 erfolgt sei.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Klage ist unbegründet.

 

Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 21.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.09.2020 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Der Bescheid ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung. Die Voraussetzungen für die von der Beklagten durchgeführte Honorarkürzung liegen im von der Beklagten durchgeführten Umfang vor.

 

Rechtsgrundlage der Honorarkürzung ist § 95d Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Danach ist ein Vertragsarzt verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten notwendig ist. Die Fortbildungsinhalte müssen dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Medizin, Zahnmedizin oder Psychotherapie entsprechen. Sie müssen frei von wirtschaftlichen Interessen sein. Der Nachweis über die Fortbildung kann durch Fortbildungszertifikate der Kammern der Ärzte, der Zahnärzte sowie der Psychotherapeuten erbracht werden. Ein Vertragsarzt hat alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nachgekommen ist; für die Zeit des Ruhens der Zulassung ist die Frist unterbrochen. Endet die bisherige Zulassung infolge Wegzugs des Vertragsarztes aus dem Bezirk seines Vertragsarztsitzes, läuft die bisherige Frist weiter. Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauffolgenden Quartal um 25 vom Hundert. Ein Vertragsarzt kann die für den Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung binnen zwei Jahren ganz oder teilweise nachholen; die nachgeholte Fortbildung wird auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet. Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird. Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht spätestens zwei Jahre nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums, soll die Kassenärztliche Vereinigung unverzüglich gegenüber dem Zulassungsausschuss einen Antrag auf Entziehung der Zulassung stellen. Wird die Zulassungsentziehung abgelehnt, endet die Honorarkürzung nach Ablauf des Quartals, in dem der Vertragsarzt den vollständigen Fortbildungsnachweis des folgenden Fünfjahreszeitraums erbringt. Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für angestellte Ärzte eines medizinischen Versorgungszentrums, eines Vertragsarztes oder einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2, Absatz 5 oder nach § 119b. Den Fortbildungsnachweis nach Absatz 3 für die von ihm angestellten Ärzte führt das medizinische Versorgungszentrum oder der Vertragsarzt; für die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 5 oder nach § 119b angestellten Ärzte wird der Fortbildungsnachweis nach Absatz 3 von der Einrichtung geführt. Übt ein angestellter Arzt die Beschäftigung länger als drei Monate nicht aus, hat die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag den Fünfjahreszeitraum um die Fehlzeiten zu verlängern. Absatz 3 Satz 2 bis 5 und 7 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das Honorar des medizinischen Versorgungszentrums, des Vertragsarztes oder der Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2, Absatz 5 oder nach § 119b gekürzt wird. Die Honorarkürzung endet auch dann, wenn der Kassenärztlichen Vereinigung die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nachgewiesen wird, nach Ablauf des Quartals, in dem das Beschäftigungsverhältnis endet. Besteht das Beschäftigungsverhältnis fort und wird nicht spätestens zwei Jahre nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums für einen angestellten Arzt der Fortbildungsnachweis gemäß Satz 2 erbracht, soll die Kassenärztliche Vereinigung unverzüglich gegenüber dem Zulassungsausschuss einen Antrag auf Widerruf der Genehmigung der Anstellung stellen.

 

Die Tatbestandsvoraussetzungen der durchgeführten Kürzung liegen vor. Der maßgebliche Fünfjahreszeitraum für den Fortbildungsnachweis begann am 01.07.2014 und endete mit Ablauf des 30.06.2019. Der Nachweis erfolgte durch elektronische Mitteilung der ÄKNO nach der Teilnahme an einer Fortbildung am 06.07.2019 und damit verspätet. Entscheidend kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm auf den Zeitpunkt des Nachweises an, nicht darauf, ob die erforderlichen Fortbildungen fristgerecht absolviert wurden (vgl. BSG, Urteil vom 11.02.2015, B 6 KA 19/14 R, Rn. 21). Es ist daher unerheblich, dass Herr …… im Fünfjahreszeitraum unter Berücksichtigung der Fortbildung in …… tatsächlich seiner Fortbildungspflicht nachgekommen ist. Es ist auch unerheblich, wer für die erst nachträgliche Gutschrift der Fortbildungspunkte für die Fortbildung in …… verantwortlich ist. Selbst wenn der Veranstalter oder die ÄKNO bei der elektronischen Verarbeitung der Fortbildungspunkte einen Fehler gemacht haben sollten, so würde dies Herrn …… bzw. die Klägerin nicht von ihrer Nachweisobliegenheit befreien. Herr …… bzw. die Klägerin sind selbst dafür verantwortlich, zu prüfen, ob alle Fortbildungspunkte zum Stichtag berücksichtigt sind. Es fällt in die Bringschuld der Klägerin und der Ärzteschaft, ihre Fortbildungen nebst Nachweisen zu organisieren und zu kontrollieren.

 

Hinsichtlich des Fünfjahreszeitraums findet auch keine Zäsur dadurch statt, dass Herr …… seine vertragsärztliche Niederlassung zu Gunsten einer Anstellung bei der Klägerin aufgegeben hat.

 

Sinn und Zweck der Fortbildungsverpflichtung ist die Sicherstellung der fachlichen und persönlichen Eignung eines konkreten Arztes. Es handelt sich bei der Honorarkürzung jedoch nicht nur um einen pauschalen Abschlag für die schlechtere Qualität der ärztlichen Leistung, sondern ihr kommt darüber hinaus eine ähnliche Funktion wie einem Disziplinarverfahren zu (BSG, Urteil vom 4.11.2021, B 6 KA 9/20 R, Rn. 27). Der Gesetzgeber ordnet an, dass es keine Änderung bewirkt, wenn ein niedergelassener Arzt von einem Zulassungsbezirk in einen anderen wechselt. Es bewirkt auch keine Änderung, wenn ein niedergelassener Arzt von einem Fachgebiet in eine anderes wechselt (vgl. BSG aaO). Ein Verzicht auf eine Zulassung und eine spätere Neuzulassung wirken nur als Unterbrechung, die den Zeitraum um die Dauer des Zulassungsverzichts verlängert, es folgt kein Neuanfang des Zeitraums.

 

Eine Änderung des Zulassungsstatus ändert nichts an der persönlichen oder fachlichen Eignung des konkret vertragsärztlich tätigen Arztes. Es wäre dem Sinn und Zweck der Norm entgegengesetzt, wenn ein Arzt seiner vertragsärztlichen Fortbildungs(nachweis)pflicht dadurch entgehen könnte, dass er seinen Arbeitgeber wechselt oder sich erstmals anstellen lässt. Die nach § 95d Abs. 5 SGB V vorzunehmende entsprechende Anwendung der Norm bei angestellten Ärzten bedeutet nach Ansicht des Gerichts, dass der Fortbildungs(nachweis)zeitraum weiterläuft und keine Zäsur dadurch erfährt, dass eine Anstellung erfolgt. Die entsprechende Anwendung erfordert lediglich, dass die Nachweispflicht und die etwaige Sanktion auf das jeweils aktuell anstellende MVZ übergehen.

 

Dies begegnet seitens des Gerichts keinen rechtlichen Bedenken. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 13.04.2016, L 3 KA 107/13) hat zwar für den Fall, dass ein MVZ einen Arzt anstellt, nachdem der Fortbildungszeitraum ohne Nachweis der Fortbildungen abgelaufen war, entschieden, dass das MVZ nicht sanktioniert werden dürfe, da es keine eigene Pflichtverletzung begangen habe. Diese Entscheidung ist jedoch weder auf den hiesigen Fall übertragbar noch in der Sache überzeugend.

 

Der Fünfjahreszeitraum endete in der dortigen Entscheidung bereits vor der Anstellung, so dass das LSG Niedersachsen-Bremen davon ausging, das MVZ habe keine eigene Pflichtverletzung begangen. Im hiesigen Fall war der angestellte Arzt bereits zum 01.07.2018 angestellt, so dass die Nachweispflicht zum Ende des Fünfjahreszeitraums am 30.06.2019 in die Zeit fällt, als der Arzt bereits angestellt war. Die hiesige Klägerin hatte als Arbeitgeberin daher maßgeblichen Einfluss auf die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung des angestellten Arztes und ihre eigene Nachweispflicht. Der Gesetzgeber geht von dieser Einflussmöglichkeit aus, in der Gesetzesbegründung (Vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 111) heißt es: Damit soll der Anreiz zur Überprüfung der Einhaltung der Fortbildungsverpflichtung der angestellten Ärzte erhöht werden. Das medizinische Versorgungszentrum oder der Vertragsarzt kann als Arbeitgeber aufgrund seiner Weisungsbefugnis und durch organisatorische Maßnahmen, wie z. B. das Aufstellen eines Fortbildungsplans, frühzeitig dafür Sorge tragen, dass alle bei ihm angestellten Ärzte die Fortbildungspflicht erfüllen und im Falle hartnäckiger Weigerung das Beschäftigungsverhältnis kündigen und damit Honorarkürzungen vermeiden oder deren Laufzeit reduzieren (Satz 5).“ Ein Arbeitgeber könnte sich sogar vor Vertragsschluss beim Arbeitnehmer über dessen Fortbildungsstand informieren und daher bereits vor Antritt seiner Anstellung auf ein Erfüllen der Fortbildungsverpflichtung Einfluss nehmen, insoweit überzeugt die Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen nicht. Das anstellende MVZ kann davon Abstand nehmen, einen Arzt anzustellen, der seiner Fortbildungs(nachweis)pflicht nicht nachgekommen ist, so wie es nach der gesetzlichen Regelung die Anstellung beenden kann, um den Sanktionszeitraum abzukürzen. Es ist dabei unerheblich, dass das anstellende MVZ nicht selbst das Punktekonto des angestellten Arztes bei der Ärztekammer einsehen kann. Ein sich bewerbender oder angestellter Arzt kann dazu aufgefordert werden, seinen aktuellen Punktestand gegenüber seinem (zukünftigen) Arbeitgeber nachzuweisen. Die Klägerin wendet zutreffend ein, dass die Einflussmöglichkeit des anstellenden MVZ auf die Fortbildungen des angestellten Arztes am größten ist, wenn der gesamte Fünfjahreszeitraum in die Zeit der Anstellung fällt. Nach Ansicht des Gerichts sind jedoch auch bei einer kürzeren Anstellung und sogar bei einer Anstellung nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums ausreichend Einflussmöglichkeiten gegeben, um die Sanktion zu rechtfertigen. Außerdem ist die Nachweispflicht kein einmaliges Ereignis, das mit dem Stichtag abläuft, sondern eine andauernde Verpflichtung. Dies ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang mit der Möglichkeit, die Sanktion bei Nachholung des Nachweises abzukürzen und den weiteren Sanktionen bei fehlender Nachholung, falls die Nachweispflicht über die zwei nachfolgenden Jahre hinaus verletzt wird. Das BSG hat es in seinem Urteil vom 4. November 2021, B 6 KA 9/20 R, Rn. 25, offengelassen, ob es sich der Ansicht des LSG anschließt („Dabei muss der Senat nicht entscheiden, ob er der Rechtsauffassung des LSG Niedersachsen-Bremen in seinem auch vom LSG zitierten Urteil vom 13.4.2016 (L 3 KA 107/13) folgt, die Verletzung der Fortbildungspflicht durch einen Vertragsarzt erlaube keine Kürzung des Honorars des MVZ, in dem der Vertragsarzt im Anschluss als angestellter Arzt tätig ist, da dieses keine eigene Nachweispflicht verletzt habe (juris RdNr 29; vgl aber auch SG Magdeburg Urteil vom 18.3.2015 - S 13 KA 60/11 - juris RdNr 21 für den Fall, dass der Fünfjahreszeitraum zumindest teilweise in die Zeit der Anstellung fällt).

 

Die vom Gesetzgeber bezweckte effektive Durchsetzung und Kontrolle der Fortbildungspflicht durch die normierte Nachweispflicht erfordert, dass eine Zäsur des Fünfjahreszeitraums ausgeschlossen ist. Die rechtliche Möglichkeit, ein MVZ zu gründen und zu betreiben, führt zu einem Auseinanderfallen der Zulassung nebst Vergütungsansprüchen, die beim MVZ liegen, und der Fortbildungspflicht, die beim angestellten Arzt liegt. Der angestellte Arzt kann mangels eigenen vertragsärztlichen Honorars nicht entsprechend sanktioniert werden. Gleichwohl dürfen die Anforderungen an die fachliche und persönliche Eignung eines angestellten vertragsärztlich tätigen Arztes nicht geringer sein als an die fachliche und persönliche Eignung eines niedergelassenen vertragsärztlich tätigen Arztes. Dies kann nur sichergestellt werden, wenn die Nachweisobliegenheit und Sanktion das anstellende MVZ treffen, ohne dass es darauf ankäme, ob die Anstellung vor Beginn des Fünfjahreszeitraums erfolgte oder danach oder sogar nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums. Eine derartige Auslegung der normierten entsprechenden Anwendung ist nach Ansicht des Gerichts auch nicht unbillig. Das MVZ hat erhebliche Vorteile durch das Auseinanderfallen von Honoraranspruch und der Leistungserbringung durch einen angestellten Arzt, die die Nachteile durch den Übergang der Pflichten und Lasten überwiegen, insbesondere da das MVZ ausreichende Einflussmöglichkeiten auf das Angestelltenverhältnis hat und eine Honorarkürzung aus eigener Kraft verhüten kann.

 

Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, dass die Klägerin nicht vorab über den nahenden Ablauf des Nachweiszeitraums informiert wurde. Eine solche Hinweispflicht ist nicht (mehr) gesetzlich oder untergesetzlich normiert. Nach Ansicht des Gerichts ist es daher unerheblich, dass ein Hinweis nur an Herrn …… erging.

 

Rechtsfolge des erfüllten Tatbestands ist eine Kürzung in Höhe von 10% des an die Klägerin zu zahlenden Honorars aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen. Das streitige Quartal ist das erste Quartal, das auf den Fünfjahreszeitraum folgt. Der Umstand, dass lediglich 10% des von Herrn …… erwirtschafteten Honorars gekürzt wurden und nicht 10% des Honorars der Klägerin geht nicht zu Lasten der Klägerin. Die Kürzung ist auch verhältnismäßig. 10% des Quartalshonorars sind angesichts der Bedeutung der Fortbildungspflicht und ihrer effektiven Kontrolle ein erforderlicher, zugleich aber nicht übermäßiger Anreiz, die Fortbildungs- und Nachweispflicht einzuhalten. Durch die Möglichkeit, die Dauer der Sanktion durch Nachholung des Nachweises auf ein Quartal abzukürzen – wie im vorliegenden Fall geschehen – genügt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dem Kläger kommt auch kein Vertrauensschutz zugute. Die Mitteilung der Beklagten, dass nunmehr die Fortbildungen nachgewiesen worden seien, erfolgte erst nach Ablauf des Nachweiszeitraums und auf Grundlage der am 06.07.2019 gutgeschriebenen Fortbildungspunkte.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§154 Abs. 1, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

 

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

 

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen

 

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

 

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem

 

Sozialgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf

 

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

 

Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

 

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

 

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist

 

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

 

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden.

 

Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.

 

Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Düsseldorf schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

 

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.

 

Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.

 

Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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