L 6 AS 188/25 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 1 AS 599/24 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 188/25 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze


Ausgehend von den Regelungen in § 41a Abs. 2 Sätze 4 und 5 SGB II beziehungsweise § 44a Abs. 3 SGB XII und insbesondere den hierzu vorliegenden Gesetzesmaterialien ist die Rücknahme einer vorläufigen Entscheidung nach § 41a SGB II beziehungsweise § 44a SGB XII nur mit Wirkung für die Zukunft möglich, eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit dagegen ausgeschlossen; die Korrektur der auf der Grundlage einer vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen bleibt insoweit der abschließenden Festsetzung und einem daran anknüpfenden Erstattungsanspruchs vorbehalten.


I.    Auf die Beschwerde des Antragstellers zu 1. wird der Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 20. März 2025 abgeändert und die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15. Oktober 2024 angeordnet, soweit der Antragsgegner mit diesem die Leistungsbewilligung aus dem Bescheid vom 8. Juli 2024 auch für die Zeit vom 1. Oktober 2024 bis zum 23. Oktober 2024 aufgehoben hat. Im Wege der Aufhebung der erfolgten Vollziehung des Bescheides vom 15. Oktober 2024 wird der Antragsgegner verpflichtet, die dem Antragsteller zu 1. für diesen Zeitraum bewilligten Leistungen vorläufig auszuzahlen.
Im Übrigen werden die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 20. März 2025 zurückgewiesen.

II.    Der Antragsgegner hat dem Antragsteller zu 1. ein Fünftel seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.


Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Aufhebung der Bewilligung von Bürgergeld für die Zeit vom 1. Oktober 2024 bis zum 31. Januar 2025.

Der 1988 geborene Antragsteller zu 1. und die 1990 geborene Antragstellerin zu 2. sind miteinander verheiratet und Eltern der 2015 beziehungsweise 2016 geborenen Antragsteller zu 3. und 4. Sie erhielten in Bedarfsgemeinschaft seit Februar 2023 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) von dem Antragsgegner. Zuletzt bewilligte dieser ihnen auf entsprechenden Fortzahlungsantrag vom 25. Juni 2024 mit vorläufiger Entscheidung vom 8. Juli 2024 – aufstockend insbesondere zu einer selbständigen Tätigkeit der Antragstellerin zu 2. – Leistungen für den Zeitraum vom 1. August 2024 bis zum 31. Januar 2025 in Höhe von monatlich insgesamt 692,10 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 1137 ff. der elektronisch vorliegenden Leistungsakte des Antragsgegners – eLA – Bezug genommen; Gleiches gilt für die nachfolgend unter Angabe der Aktenfundstellung aufgeführten weiteren Unterlagen. 
Bedarfe für Unterkunft und Heizung berücksichtigte der Antragsgegner dabei nicht, weil er davon ausging, dass der für die Zeit ab 1. Mai 2024 von den Antragstellern eingereichte Mietvertrag mit den Eltern der Antragstellerin zu 2. für die zuvor unentgeltlich bewohnte Unterkunft nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Widerspruch gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller – anders als gegen Bescheide, die zum vorangegangenen Bewilligungszeitraum wegen dieser Frage ergangen waren –, soweit ersichtlich, nicht ein.

Auf ein Kontenabrufersuchen des Antragsgegners teilte das Bundeszentralamt für Steuern durch Schreiben vom 27. August 2024 (eLA Bl. 1266 ff.) mit, dass der Antragsteller zu 1. neben zahlreichen bereits geschlossenen Konten aktuell Inhaber eines Kontos bei der F.-bank AG (DEXXXX1), Verfügungsberechtigter für ein Konto bei der G. Sparkasse (DEXXXX2), Inhaber zweier Konten bei der H. Bank AG (DEXXXX3 und DEXXX4) sowie Inhaber eines Schließfaches bei der H. Bank (SFXXXX5) und eines – soweit ersichtlich als Girokonto genutzten und beim Antragsgegner bekannten – Kontos bei der N. Bank AG sei. Die Antragstellerin zu 2. sei – neben bereits geschlossenen Konten – Inhaberin eines Kontos bei der H. Bank (DEXXXX6) sowie eines – soweit ersichtlich als Girokonto genutzten und beim Antragsgegner bekannten – Kontos bei der K. Bank AG (DEXXXX7). 

Der Antragsgegner stellte daraufhin die weitere Leistungsgewährung vorläufig ein. In einem an den Antragsteller zu 1. gerichteten Schreiben vom 16. September 2024 (eLA Bl. 1458 ff.) führte der Antragsgegner hierzu unter anderem aus, nach seinen Informationen erziele dieser seit Beginn des Leistungsbezugs Einkommen aus Selbständigkeit (A. und M. GbR), das er nicht angegeben habe. Des Weiteren existierten Bankkonten, die er nicht angegeben habe und die im Rahmen eines Kontoabrufverfahrens festgestellt worden seien. 
Der Antragsgegner forderte den Antragsteller zu 1. in diesem Zusammenhang zu weiteren Angaben auf. Er werde innerhalb von zwei Monaten darüber entscheiden, ob „Ihnen“ weiterhin Leistungen zustünden oder ob die Bewilligungsentscheidung zurückgenommen beziehungsweise aufgehoben werde, und gab bis 3. Oktober 2024 Gelegenheit zur Äußerung zu den Umständen, die „aus Ihrer Sicht gegen die vorläufige Zahlungseinstellung sprechen“. 
Mit weiterem, ebenfalls an den Antragsteller zu 1. gerichtetem Schreiben vom 16. September 2024 (eLA Bl. 1448 ff.) forderte der Antragsgegner unter anderem zur Vorlage der Kontoauszüge für die sich aus dem Kontoabrufverfahren ergebenden Konten und Erläuterungen zu dem vom Antragsteller zu 1. betriebenen Gewerbe auf. Dieser reichte daraufhin eine Bescheinigung der Stadt Neu-Isenburg vom 18. September 2024 (eLA Bl. 1463) zu den Akten des Antragsgegners, aus der sich ein am 1. Februar 2020 angemeldetes und am 31. Dezember 2021 abgemeldetes Einzelunternehmen ergab. Zudem erklärte der Antragsteller zu 1. mit anwaltlichem Schreiben vom 25. September 2024 (eLA Bl. 1465 f.), dass es sich bei den Konten der H. Bank um Geschäftskonten handele, die alle mit dem Ende der Firma beendet worden seien. Von dem Konto bei der F.-bank, mit der Kontonummer X1 am Ende, den Konten bei der Sparkasse G. sowie weiteren Konten bei der L. und der N. habe er, der Antragsteller zu 1., keine Kenntnis. 

Mit an den Antragsteller zu 1. gerichtetem Bescheid vom 15. Oktober 2024 (eLA Bl. 1471 ff.) hob der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 8. Juli 2024 zum 30. September 2024 für den Antragsteller zu 1. und die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auf. Zur Begründung führte er namentlich aus, dass Kontoauszüge folgender bestehender Konten nicht vorgelegt worden seien: 
Konten der Antragstellerin zu 2.: 
-    H. Bank AG DEXXXX6, Errichtungsdatum: 20. November 2020 (fortbestehend);
-    K. Bank AG DEXXXX7, Errichtungsdatum: 30. April 2023 (fortbestehend); Konten des Antragstellers zu 1.:
-    F.-bank AG DEXXXX1, Errichtungsdatum: 9. Oktober 2008 (fortbestehend);
-    G. Sparkasse DEXXXX2, Kontoinhaber: P., Verfügungsberechtigter: A. A., Errichtungsdatum: 18. Januar 2006 (fortbestehend); 
-    H. Bank AG DEXXXX3, Errichtungsdatum: 12. Oktober 2020 (fortbestehend); 
-    H. Bank AG DEXXXX4, Errichtungsdatum: 9. August 2024 (fortbestehend);
-    H. Bank AG DEXXXX3, Kontoinhaber:  M., wirtschaftlich Berechtigter: A. A., Errichtungsdatum: 12. Oktober 2024 (fortbestehend); 
-    H. Bank SFXXXX5, Errichtungsdatum: 19. Oktober 2023 (fortbestehend); 
-    K. Bank AG DEXXXX8, Errichtungsdatum: 7. Februar 2023 (fortbestehend).

Darüber hinaus sei zwar eine Gewerbeabmeldung eingereicht worden. Beide Gesellschafter hätten jedoch weiterhin eine Verfügungsberechtigung für das Konto des jeweils anderen. Das Geschäftskonto habe zudem weit über die Gewerbeabmeldung hinaus bestanden. Die Auflösung der Konten sei erst im Februar 2024 erfolgt, die Gewerbeabmeldung jedoch bereits auf das Jahr 2021 datiert. 
Der Bescheid wurde, soweit ersichtlich, mit einfacher Post versandt, ohne dass der Tag der Aufgabe zur Post aus der Akte ersichtlich wäre.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Oktober 2024 (eLA Bl. 1475 ff.) erhob der Antragsteller zu 1. Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. Oktober 2024. Hierzu reichte er unter anderem ein Schreiben der F.-bank vom 26. Mai 2023 an die Antragstellerin zu 2. zu einer Kontenschließung und eine Erklärung der H.-Bank vom 14. Oktober 2024 ein, in der diese die Auflösung des Kontos der Antragstellerin zu 2. mit der Kontonummer DEXXXX6 bestätigte. Die Erklärung enthält einen handschriftlichen Zusatz, dass das Konto am 30. August 2021 aufgelöst worden sei. Zudem reichte er ein Schreiben der H. Bank vom 9. Oktober 2024 ein, wonach die Konten DEXXXX9, DEXXXX3, DEXXXX4, DEXXXX3 nicht mehr vorhanden seien, d.h. auch der Antragsteller zu 1. keinen Zugriff mehr auf diese habe; zu dem Konto DEXXXX3 hieß es in dem Schreiben, „ein derartiges Konto mit Ihrer Person/Verknüpfung existiert nicht in unserem Haus“. 

Am 23. Oktober 2024 haben die Antragsteller durch ihren Prozessbevollmächtigten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Darmstadt gestellt und beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch in gesetzlicher Höhe ab Antragstellung zu gewähren (elektronische Gerichtsakte des Sozialgerichts – eGA SG – Bl. 1 ff.). Aufgrund der Aufhebung der Leistungen verfügten sie nicht über ausreichende finanzielle Mittel. Aktuell lebten sie nur vom Kindergeld und dem Einkommen der Antragstellerin 2. (ca. 800-900 Euro monatlich). 

Mit Schreiben vom 3. Januar 2025 (eGA SG Bl. 133) hat das Sozialgericht die Antragsteller zur Vorlage der Kontoauszüge der letzten drei Monate zu dem noch bestehenden Konto DEXXXX1 des Antragstellers zu 1. bei der F.-bank AG sowie zu dem Konto DEXXXX2 – zu dem der Antragsteller zu 1. nach der Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern verfügungsberechtigt ist – gebeten. Außerdem hat es um Übersendung einer Stellungnahme über den Inhalt des Schließfaches bei der H. Bank SFXXXX5 des Antragstellers zu 1. sowie gegebenenfalls hierüber vorliegender Nachweise gebeten.

Nachdem weitere Kontoauszüge daraufhin nicht eingereicht worden waren, sondern von Antragstellerseite auf die Beendigung der Konten verwiesen und mitgeteilt worden war, dass sie bei der L. SE, der K. Bank AG und der N. Bank keine Konten gehabt hätten, hat das Sozialgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz durch Beschluss vom 20. März 2025 abgelehnt (eGA SG Bl. 152 ff.). Für den Zeitraum vom 23. Oktober 2024 bis 31. Januar 2025 sei ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid des Antragsgegners vom 15. Oktober 2024 gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – statthaft. Hiernach könne das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen – wie hier nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SBG II – Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hätten, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG habe das Gericht das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides gegen das private Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs abzuwägen. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache seien zu berücksichtigen. Sei der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene durch ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, werde ausgesetzt, weil dann ein öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht bestehe. Seien die Erfolgsaussichten nicht absehbar, bleibe eine allgemeine Interessenabwägung. Es gelte der Grundsatz: Je größer die Erfolgsaussichten seien, umso geringer seien die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des jeweiligen Antragstellers. Umgekehrt seien die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirke. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG im Sinne einer generalisierten Interessenbewertung eine Grundsatzentscheidung zugunsten des Vollzugsinteresses getroffen habe.

Vorliegend sei die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 23. Oktober 2024 nicht anzuordnen gewesen, da der Bescheid des Antragsgegners vom 15. Oktober 2024 nicht offensichtlich rechtswidrig sei, die Erfolgsaussichten in der Hauptsache darüber hinaus offen seien und im Rahmen einer Interessenabwägung das Aussetzungsinteresse der Antragsteller gegenüber dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners nicht überwiege. Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung vorläufig bewilligter Leistungen für die Zukunft sei § 41a Abs. 2 Satz 4 SGB II. Demnach sei die vorläufige Entscheidung für die Zukunft zurückzunehmen, soweit sie rechtswidrig sei. Zwar habe der Antragsgegner die Aufhebung der Leistungen im Bescheid vom 15. Oktober 2024 explizit auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) gestützt. In Abgrenzung dazu regele § 41a Abs. 2 Satz 4 SGB II den Fall einer von Anfang an rechtswidrigen vorläufigen Entscheidung. Vorliegend hätten die Konten der Antragsteller bereits bei Erlass des Leistungsbescheids am 8. Juli 2024 bestanden, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt dem Antragsgegner noch nicht bekannt gewesen seien. Zur Feststellung der Änderung komme es weder auf die im ursprünglichen Bescheid genannten noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung – oder später – angenommenen Verhältnisse an, sondern auf die bei Erlass des Bescheides in Wirklichkeit vorliegenden Verhältnisse und deren objektive Änderung. Die Tatsache allein, dass der Antragsgegner den Aufhebungsbescheid vom 15. Oktober 2024 auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gestützt habe, führe jedoch noch nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Denn das Stützen der Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage sei zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert werde. Weil § 45 und § 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, gerichtet seien, sei das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig. Nichts anderes könne auch für § 41a Abs. 2 Satz 4 SGB II gelten, insbesondere erfordere auch dieser keine Ermessensentscheidung. Auf der Grundlage des § 41a Abs. 2 Satz 4 SGB II erweise sich der Bescheid vom 15. Oktober 2024 für die Zukunft nicht als offensichtlich rechtswidrig.

§ 41a SGB II schließe eine Anpassung zu Ungunsten des Leistungsberechtigten mit Wirkung für die Vergangenheit nicht grundsätzlich aus (Verweis auf: Grote-Seifert, in: Schlegel/Voelzke (Hrsg.), jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 41a – Stand: 21. August 2024 – Rn. 43). Auf der Grundlage des § 45 SGB X sei auch die Rücknahme für die Vergangenheit entsprechend der obigen Ausführungen zum Ersetzen der Rechtsgrundlage jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig, da auch die Rücknahme nach § 45 SGB X gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) eine gebundene Entscheidung sei, sofern die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorlägen. Es sei vorliegend nach summarischer Prüfung im Eilverfahren zumindest nicht ausgeschlossen, dass der Leistungsbescheid vom 8. Juli 2024 auf Angaben beruhe, die die Antragsteller zumindest grob fahrlässig unvollständig gemacht hätten. Auch der Umstand, dass die Antragsteller vor Erlass des Aufhebungsbescheids vom 15. Oktober 2024 nicht von dem Antragsgegner angehört worden seien, vermöge nicht zum Erfolg des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz zu führen. Solange eine Heilung durch Nachholung der Anhörung im Hauptsacheverfahren noch möglich sei, sei keine endgültige Rechtsverletzung und damit auch keine hinreichende Erfolgsaussicht in der Hauptsache gegeben.
 
Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache seien zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar. Ob die Antragsteller im streitgegenständlichen Zeitraum hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II gewesen seien, könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt werden. Insoweit komme es entscheidend auf ihre tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse an, welche mangels Vorlage der Kontoauszüge des Antragstellers zu 1. zu dem Konto DEXXXX1 bei der F.-bank AG sowie der weiteren angeforderten Kontoauszüge zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend geprüft werden könnten. Im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden allgemeinen Interessenabwägung überwiege vorliegend das Aussetzungsinteresse der Antragsteller nicht gegenüber dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners. Zu berücksichtigen sei zunächst der gesetzgeberische Wille in Bezug auf die sofortige Vollziehbarkeit des streitgegenständlichen Bescheides. Zwar sei vorliegend zugunsten der Antragsteller zu berücksichtigen, dass es sich bei den aufgehobenen Leistungen um existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch handele und dass den Antragstellern bei unrechtmäßiger Nichtgewährung der Leistungen ein Leben unterhalb des Existenzminimums drohe. Auf der anderen Seite sei jedoch auch zu berücksichtigen gewesen, dass die Antragstellerin zu 2. einer Erwerbstätigkeit nachgehe und monatlich circa 900,- Euro verdiene. Darüber hinaus beruhten die Zweifel des Antragsgegners an der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller darauf, dass bei Antragstellung nicht alle zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Konten mitgeteilt worden seien und auch im Rahmen dieses Verfahrens trotz mehrmaliger Aufforderung durch den Antragsgegner und das Gericht die angeforderten Kontoauszüge insbesondere zu dem Konto des Antragstellers zu 1. mit der Kontonummer DEXXXX1 bei der F.-bank AG nicht vorgelegt worden seien. Es obliege den Antragstellern selbst, die Zweifel an der Hilfebedürftigkeit zu beseitigen und die angeforderten Kontoauszüge oder alternativ, sofern sie vortrügen, dass die Konten nicht bestünden oder keine Kenntnis von den Konten bestehe, Belege der entsprechenden Bank vorzulegen, die nachwiesen, dass die Konten nicht mehr vorlägen.

Für den Zeitraum ab dem 1. Februar 2025 sei der Antrag auf Erlass einer vorläufigen Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 der Zivilprozessordnung (ZPO) setze hierfür einen Anordnungsanspruch, das heißt einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die begehrte Leistung, sowie einen Anordnungsgrund, also einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründe, voraus. Die Antragsteller hätten bereits einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da sie trotz Aufforderung durch das Gericht nicht alle Kontoauszüge ihrer bestehenden Konten, insbesondere nicht die Kontoauszüge des Antragstellers zu 1. zu dem Konto DEXXXX1 bei der F.-bank AG, vorgelegt hätten.  

Nach Zustellung des Beschlusses bei ihrem Prozessbevollmächtigten am 20. März 2025 haben die Antragsteller am 18. April 2025 Beschwerde zum Hessischen Landessozialgericht erhoben (elektronische Gerichtsakte des Senats – eGA LSG – Bl. 1 ff.). Zur Begründung haben sie – unter Vorlage entsprechender Unterlagen – ausgeführt, bei dem Konto bei der F.-bank handele es sich um ein gekündigtes Kreditkonto, auf dem sich noch eine Restschuld in Höhe von 424,26 Euro befinde. Das Bankschließfach sei nur bis 2021 angemietet gewesen. Zudem haben sie Unterlagen zu dem Konto der Frau P., hinsichtlich dessen der Antragsteller zu 1. verfügungsbefugt ist, vorgelegt (eGA LSG Bl. 92 ff.). Bei ihnen liege Hilfebedürftigkeit vor und aufgrund der nicht ausreichenden Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes und der Begleichung der Kosten der Unterkunft bestehe auch Eilbedürftigkeit. 

Nach Hinweis des Berichterstatters auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (eGA LSG Bl. 17 f.) und wegen der Leistungen für die Zeit ab 1. Februar 2025 haben die Antragsteller durch ihren Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 12. Mai 2025 (eGA LSG Bl. 90 f.) beantragt, 
den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 20. März 2025, Az.: S 1 AS 599/24 ER, aufzuheben und im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. Oktober 2024 anzuordnen und die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch bis zum 31. Januar 2025 auszuzahlen.

Der Antragsgegner beantragt, 
die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angegriffenen Beschluss des Sozialgerichts und seine Bescheide.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der die Antragsteller betreffenden Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.


II.

Die Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Aufhebung der vorläufigen Entscheidung vom 8. Juli 2024 durch den Bescheid vom 15. Oktober 2024 ist nach Auffassung des Senats rechtswidrig, soweit diese rückwirkend erfolgt. Insoweit war daher die aufschiebende Wirkung des allein für den Antragsteller zu 1. eingelegten Widerspruchs gegen diesen Bescheid und – im Wege der Vollzugsfolgenbeseitigung – die Auszahlung der bis zum nachvollziehbaren Zugang des Aufhebungsbescheides geschuldeten Leistungen anzuordnen. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines gegen den Aufhebungsbescheid vom 15. Oktober 2024 gerichteten Widerspruchs und den Erlass einer daran anknüpfenden Anordnung zur Vollzugsfolgenbeseitigung liegen nicht vor. Insoweit nimmt der Senat, soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen keine Abweichungen – namentlich wegen der Rücknahme der vorläufigen Entscheidung auch mit Wirkung für die Vergangenheit – ergeben, auf der Grundlage von § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug auf die ausführlichen und zutreffenden Gründe des angegriffenen sozialgerichtlichen Beschlusses.

1. Gegenstand des (Beschwerde )Verfahrens ist nach dem auf Hinweis des Senats geänderten Antrag der Antragsteller aus dem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 12. Mai 2025 – neben dem Beschluss des Sozialgerichts vom 20. März 2025 – (nur noch) das Begehren, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 23. Oktober 2024 gegen den Bescheid vom 15. Oktober 2024 anzuordnen und, daran anknüpfend, die durch den Bescheid vom 8. Juli 2024 bis 31. Januar 2025 bewilligten Leistungen auszuzahlen, soweit der Antragsgegner diese im Wege der Vollziehung des Bescheides (und auf Grund der vorangegangenen vorläufigen Zahlungseinstellung) nicht mehr erbracht hat.

Dabei ist für die Zeit bis 31. Januar 2025 zu Recht bereits das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die Antragsteller ihr Rechtsschutzziel mit einem auf § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG gestützten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines gegen den Aufhebungsbescheid vom 15. Oktober 2024 gerichteten Rechtsbehelfs erreichen können und dies – wegen des Vorrangs der Rechtsbehelfe nach § 86b Abs. 1 SGG vor denen nach Absatz 2 – müssen. Da eine abschließende Leistungsfestsetzung bislang nicht ergangen ist und eine damit einhergehende Erledigung der vorläufigen Entscheidung nach § 39 Abs. 2 SGB X daher nicht erfolgt ist, ist der Antragsgegner, soweit dieser Antrag Erfolg hat, ungeachtet des zwischenzeitlichen Ablaufs des Bewilligungszeitraums verpflichtet, die durch die vorläufige Entscheidung vom 8. Juli 2024 bewilligten Leistungen zunächst weiter zu gewähren; einer Regelungsanordnung bedarf es für die Zeit bis zum 31. Januar 2025 daher nicht. 

Da der Antragsgegner den Bescheid vom 15. Oktober 2024 bereits vollzogen hat, ist der Antrag auf Auszahlung der nicht mehr erbrachten Leistungen vor diesem Hintergrund als ein – an den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung anknüpfender – Antrag auf Aufhebung der Vollziehung im Sinne von § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG zu verstehen und als solcher statthaft.

Allerdings können die Antragsteller auf diese Weise von vornherein nicht die Gewährung höherer Leistungen erreichen, als der Antragsgegner durch den Bescheid vom 8. Juli 2024 bewilligt hat. Das käme im hiesigen Verfahren allerdings ohnehin nicht in Betracht, weil die Antragsteller die vorläufige Entscheidung vom 8. Juli 2024, soweit irgend ersichtlich, nicht angegriffen haben; die Rechtsbehelfe der Antragsteller, die diese mit Bezug auf die entsprechende Problematik gegen Entscheidungen des Antragsgegners zum vorangegangenen Bewilligungszeitraum ergriffen haben, entfalten für den hier streitigen Zeitraum keine Wirkung. Daher können die Antragsteller – vorbehaltlich einer Ersetzung der vorläufigen Entscheidung durch eine abschließende Festsetzung (oder eine angesichts des Ablaufs des Bewilligungszeitraums zum gegenwärtigen Zeitpunkt kaum mehr in Betracht kommende Änderung der vorläufigen Entscheidung selbst nach entsprechendem Überprüfungsantrag) – über die mit dem Bescheid vom 8. Juli 2024 hinausgehende Leistungen und also namentlich die Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung ohnehin und jedenfalls im hiesigen Verfahren nicht verlangen. Auch unter diesem Gesichtspunkt bestand und besteht daher kein Anlass, das Rechtsschutzbegehren für die Zeit bis 31. Januar 2025 (zusätzlich) im Sinne eines Antrags auf Erlass einer Regelungsanordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu verstehen.

Vor diesem Hintergrund und nachdem bereits das Sozialgericht den von den Antragstellern formulierten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz für die Zeit bis 31. Januar 2025 zutreffend im Sinne eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausgelegt hat, ist die nach Hinweis des Senats nunmehr ausdrücklich geänderte Formulierung des Rechtsschutzbegehrens als bloße Anpassung an das erkennbar schon zuvor Gewollte unproblematisch möglich. Insbesondere stellen sich keine Probleme im Hinblick auf die Möglichkeiten und Grenzen einer Antragsänderung erst im Beschwerdeverfahren. 

Allerdings ist das Sozialgericht, ausgehend von der erstinstanzlichen Antragsformulierung von einem Beginn des Streitzeitraums mit der Antragstellung beim Sozialgericht am 23. Oktober 2024 ausgegangen, während die Antragsteller nunmehr die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. Oktober 2024 ohne zeitliche Begrenzung und damit ab Beginn von dessen Regelungszeitraum mit dem 1. Oktober 2024 geltend machen. Dabei handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine bloße Antragserweiterung im Sinne von § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG, die daher auch im Rechtsbehelfsverfahren und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ohne Weiteres zulässig ist.

Den Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung für die Zeit ab 1. Februar 2025 verfolgen die Antragsteller ausweislich des von ihrem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 12. Mai 2025 gestellten Antrags nicht mehr weiter. Das ist nach Auffassung des Senats im Übrigen auch sachgerecht: Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bezog sich bei Einleitung des erstinstanzlichen Verfahrens am 23. Oktober 2024 erkennbar auf den Leistungszeitraum bis 31. Januar 2025; wegen der zeitabschnittsweise erfolgenden Bewilligung von Grundsicherungsleistungen kann ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz keineswegs regelmäßig so verstanden werden, als würde er zeitlich unbegrenzt – und damit regelmäßig unstatthaft – auch für Folgezeiträume gestellt; dies gilt umso mehr, als der für die Zeit ab 1. Februar 2025 notwendige Fortzahlungsantrag bei Einleitung des erstinstanzlichen Verfahrens (und im Übrigen, soweit ersichtlich, bis heute) noch nicht gestellt war (und ist) und ein Rechtsschutzbedürfnis für die unmittelbare Anrufung des Gerichts aus diesem Grunde und zum damaligen Zeitpunkt nicht ansatzweise angenommen werden konnte. Eine Antragserweiterung ist erstinstanzlich nicht erfolgt und wäre zweitinstanzlich kaum als sachdienlich anzusehen. Nur ergänzend ist vor diesem Hintergrund darauf hinzuweisen, dass eine Regelungsanordnung für die Zeit ab 1. Februar 2025 schon deswegen nicht ergehen könnte, da die Antragsteller einen Anordnungsanspruch oder bereits ein Rechtsschutzbedürfnis hierfür schon im Hinblick auf den notwendigen Fortzahlungsantrag nicht glaubhaft gemacht haben. Denkbar wäre zwar, dem bei Beschwerdeeinlegung zunächst unverändert formulierten Rechtsschutzbegehren einen konkludenten Fortzahlungsantrag im Sinne von § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu entnehmen. Für die unmittelbare Befassung des (Beschwerde )Gerichts mit diesem Begehren fehlte es dann jedoch an einem Rechtsschutzbedürfnis.

2. Mit diesem Gegenstand ist die Beschwerde zulässig, insbesondere auf der Grundlage von § 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft und auf der Grundlage von § 173 Sätze 1 und 2, § 65d Satz 1, § 65a SGG form- und fristgerecht eingelegt.

3. Die Beschwerde ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

a) Dabei ist der Antrag der Antragsteller zu 2. bis 4. bereits unzulässig. Der im gerichtlichen Verfahren für alle Antragsteller handelnde anwaltliche Bevollmächtigte hat den Widerspruch vom 23. Oktober 2024 eindeutig nur für den Antragsteller zu 1. eingelegt: So hat er Vollmacht (nur) für diesen angezeigt und ausdrücklich (nur) „[i]m Namen und im Auftrag von Herrn A. A.“ Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt. Der Widerspruch ist daher angesichts seines eindeutigen Wortlauts einer Erstreckung auf die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht zugänglich, was jedoch notwendig wäre, um zu verhindern, dass er diesen gegenüber bestandskräftig und bindend (§ 77 SGG) wird: Ansprüche auf Bürgergeld stehen wie alle Ansprüche auf existenzsichernde Leistungen je individuell dem einzelnen Hilfebedürftigen zu, auch wenn er mit anderen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 SGB II zusammenlebt. Weder wird durch § 7 Abs. 3 SGB II die Bedarfsgemeinschaft selbst zum Rechtssubjekt noch kann ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft die Ansprüche anderer im eigenen Namen durchsetzen. Auch lässt sich ein eindeutig nur durch oder für ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft eingelegter Rechtsbehelf im Wege der Auslegung nicht als auch durch andere eingelegt verstehen (vgl. hierzu und zu der nach Einführung des SGB II insoweit bestehenden, inzwischen längst abgelaufenen Übergangsfrist: BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217, Rn. 11 ff.). Hierüber vermag auch die Vertretungsvermutung aus § 38 Abs. 1 SGB II nicht hinwegzuhelfen: Der Anwendungsbereich der Vertretungsvermutung umfasst zwar auch für die Einlegung eines Widerspruchs (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217, Rn. 29); die damit verbundene (vermutete) Vertretungsbefugnis enthebt – namentlich bei rechtskundiger Vertretung – jedoch nicht von der Notwendigkeit, dass für den Empfänger der Willenserklärung, hier also den Antragsgegner, erkennbar wird, dass diese, also der Widerspruch, (auch) im Namen anderer Personen erfolgt, die Vertretungsbefugnis also auch in Anspruch genommen wird. Von einem auch zu Gunsten der Antragsteller zu 2. bis 4. wirkenden Widerspruch kann daher nicht ausgegangen werden. Damit fehlt es an einem Anknüpfungspunkt für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, so dass dieser hinsichtlich der Antragsteller zu 2. bis 4. bereits unzulässig ist.

Auch wenn dies angesichts des gestellten Antrags nicht entscheidungserheblich ist, ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass weder eine auch die Ansprüche der Antragsteller zu 2. bis 4. betreffende Regelung noch eine wirksame Bekanntgabe des Bescheides vom 15. Oktober 2024 in Frage stehen dürften: Der Bescheid ist zwar (allein) an den Antragsteller zu 1. adressiert, bezieht sich aber inhaltlich ausdrücklich auf die ihm und die den anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zustehenden Ansprüche. Hinsichtlich der Bekanntgabe genügt, soweit die Antragsteller zu 3. und 4. betroffen sind, die Bekanntgabe an einen Sorgeberechtigten; hinsichtlich der Antragstellerin zu 2. hat der Senat keine Zweifel, dass ihr der Bescheid bekanntgeworden ist. Überdies hat der Antragsteller zu 1. durchgängig den Kontakt zum Antragsgegner (auch) für sie gehalten, so dass zumindest von einer Anscheinsvollmacht auszugehen ist.

b) In der Sache liegen die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung (nur) wegen der durch die vorläufige Entscheidung vom 8. Juli 2024 bewilligten Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2024 bis zum 23. Oktober 2024 vor.

aa) Wegen des insoweit zugrunde zu legenden rechtlichen Maßstabs nimmt der Senat zunächst nochmals Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts. Ergänzend zu betonen ist allenfalls, dass, sofern existenzsichernde Leistungen in erheblichem Umfang im Streit stehen, wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz) unter Umständen schon vergleichsweise geringe Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen können, um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu tragen (vgl. zu den Anforderungen an den sozialgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutz bei existenzsichernden Leistungen z.B. BVerfG, Beschluss vom 1. August 2017 – 1 BvR 1910/12, NJW 2017, 3142). 

bb) Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheides hat der Senat nicht. Zwar hat der Antragsgegner die Antragsteller – wobei es im hiesigen Zusammenhang wegen der Unzulässigkeit des Rechtsschutzbegehrens der Antragsteller zu 2. bis 4. letztlich nur auf den Antragsteller zu 1. Ankommt – entgegen der Vorgaben aus § 24 Abs. 1 SGB vor Erlass des streitigen Bescheides nicht ausreichend angehört, da das Anhörungsschreiben auf die vorläufige Zahlungseinstellung bezogen war. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ist aber von einer auf der Grundlage von § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X bewirkten Heilung durch die Äußerungsmöglichkeit im Widerspruchsverfahren auszugehen sein.

cc) Der Bescheid vom 15. Oktober 2024 ist nach Auffassung des Senats jedoch rechtswidrig, soweit der Antragsgegner mit ihm die durch die vorläufige Entscheidung vom 8. Juli 2024 bewilligten Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen hat. In § 41a Abs. 2 Sätze 4 und5 SGB II hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Rücknahme einer vorläufigen Entscheidung für die Zukunft möglich ist und die Leistungsträger in diesem Zusammenhang von der Beachtung der vertrauensschützenden Regelungen aus § 45 Abs. 2 SGB X freigesellt. Der Senat ist der Auffassung, dass ausgehend von dieser Regelung die Rücknahme einer vorläufigen Entscheidung mit Wirkung für die Vergangenheit ausgeschlossen und die Korrektur der auf ihrer Grundlage erbrachten Leistungen der abschließenden Festsetzung und eines daran anknüpfenden Erstattungsanspruchs vorbehalten ist (vgl. diesem Sinne – zum Teil zur Parallelproblematik bei § 44a Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) auch Greiser/Luis, SGb 2023, 161, 162 f.; Rein ZFSH/SGB 2017, 371, 387; Adolph, in: Adolph, SGB II/SGB XII, § 44a SGB XII Rn. 44; Conradis, in: Bieritz-Harder/Conradis/Palsherm (Hrsg.), LPK-SGB XII, 13. Aufl. 2024, § 44a Rn. 10 und Kallert, in: Rolfs/Knickrehm/Deinert (Hrsg.), BeckOGK, SGB II, § 41a – Stand: 1. März 2022 – Rn. 131 f.; anders: Grote-Seifert, in: jurisPK-SGB II, § 41a – Stand: 21. August 2024 – Rn. 43). Bereits der Wortlaut von § 41a Abs. 2 Satz 4 SGB II (und ebenso die Formulierung der Parallelregelung in § 44a Abs. 3 Halbs. 1 SGB XII) spricht recht deutlich für dieses Verständnis, wenn er bei einer rechtswidrigen vorläufigen Entscheidung gerade nur eine Rücknahme für Zukunft vorsieht und damit einen Gegenschluss hinsichtlich einer Korrektur für die Vergangenheit nahelegt. Demgegenüber ist zwar nicht zu überzusehen, dass die Regelung in § 41a Abs. 2 Sätze 4 und 5 SGB II (und ebenso § 44a Abs. 3 SGB XII) die Rücknahme anfänglich rechtswidriger Verwaltungsakte für die Zukunft im Vergleich zu § 45 SGB X erleichtern sollen und daher unter systematischen Gesichtspunkten wenig dafür hergeben, dass eine Rücknahme für die Vergangenheit gänzlich ausgeschlossen sein soll. Die Begründung zu § 41a SGB II (und ähnlich die zu § 44a SGB XII, vgl. BT-Drucks. 18/9984, S. 98) bestätigt jedoch nachdrücklich das durch den Wortlaut nahegelegte Verständnis, wenn es dort heißt: „Eine Anwendung der §§ 45, 48 SGB X zu Ungunsten der leistungsberechtigten Person ist mit Wirkung für die Vergangenheit systematisch nicht angezeigt, da die vorläufige Entscheidung sich nicht im Wege der Aufhebung, sondern der abschließenden Entscheidung erledigt“ (BT-Drucks. 18/8041, S. 53). Auch wenn diese Argumentation nicht zwingend erscheint (vgl. hierzu Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 41a – Stand: 5. Ergänzungslieferung 2023 – Rn. 265 und Kallert, in: Rolfs/Knickrehm/Deinert (Hrsg.), BeckOGK, SGB II, § 41a – Stand: 1. März 2022 – Rn. 131 f.; krit. auch Greiser/Luis SGb 2023, 161, 163), ist der im Gesetzestext auch erkennbare Wille des Gesetzgebers damit doch eindeutig, so dass die Rücknahme einer vorläufigen Entscheidung mit Wirkung für die Vergangenheit nach Auffassung des Senats ausscheidet. Eine Korrektur mit Wirkung für die Vergangenheit bleibt der abschließenden Festsetzung überlassen, die allerdings im konkreten Fall bislang nicht erfolgt ist. 

Damit wird der Bescheid vom 15. Oktober 2024, soweit er wirksam angefochten ist, in der Hauptsache nur Bestand haben können, soweit er Wirkung für die Zukunft entfaltet. Insoweit kommt es für die zeitliche Abgrenzung auf den Zugang des Bescheides an: Nachdem der Bescheid, soweit ersichtlich, durch Aufgabe zur Post bekanntgegeben wurde, aber ein Datum hierfür in der Akte nicht vermerkt ist, lässt sich dabei nicht auf die Zugangsvermutung aus § 37 Abs. 2 SGB X zurückgreifen. Allerdings stammt der Widerspruch gegen den Rücknahmebescheid vom 23. Oktober 2024, so dass der Bescheid spätestens an diesem Tage zugegangen sein muss und für die Zeit ab 24. Oktober 2024 daher von einer Rücknahme für die Zukunft auszugehen ist. 

(Nur) für die Zeit vom 1. Oktober 2024 bis zum 23. Oktober 2024 ist der Bescheid vom 15. Oktober 2024 daher nach Auffassung des Senats erkennbar rechtswidrig, so dass insoweit die aufschiebende Wirkung des – allerdings, wie ausgeführt, allein durch den Antragsteller zu 1. eingelegten – Widerspruchs anzuordnen ist. Da der Antragsgegner die Leistungen für Oktober 2024 auf Grund der im September 2024 vorgenommenen vorläufigen Zahlungseinstellung schon nicht mehr erbracht, ist auf entsprechenden Antrag ergänzend im Wege der Vollzugsfolgenbeseitigung und damit auf der Grundlage von § 86a Abs. 1 Satz 2 SGG die Auszahlung der zurückgehaltenen Leistung für diesen Zeitraum anzuordnen. Bei der in diesem Zusammenhang eigenständig notwendigen Interessenabwägung ist zwar nicht zu übersehen, dass der Antragsgegner die Leistungsbewilligung für diesen Zeitraum im Rahmen der abschließenden Leistungsfestsetzung gegebenenfalls noch korrigieren kann; da es sich jedoch um existenzsichernde Leistungen in nicht unerheblichem Umfang handelt, deren Nichtgewährung zum Zeitpunkt der hiesigen Entscheidung wegen der nach Auffassung des Senats gesetzlich ausgeschlossenen Rücknahme der vorläufigen Entscheidung für die Vergangenheit erkennbar rechtswidrig ist, überwiegen dennoch die für die Anordnung der Vollzugsfolgenbeseitigung sprechenden Argumente.

dd) Der Senat lässt offen, ob, wie das Sozialgericht angenommen hat, unmittelbar § 41a Abs. 2 Satz 4 SGB II als Rechtsgrundlage für die Rücknahme einer vorläufigen Entscheidung für die Zukunft anzusehen ist oder die Vorschrift – wofür wohl mehr spricht – § 45 SGB X nur modifiziert und dieser Rechtsgrundlage für die Rücknahme bleibt. Jedenfalls ist dem Sozialgericht darin zuzustimmen, dass es auf einen möglichen Fehler bei der Benennung der Rechtsgrundlage nicht ankommt, wenn – wie hier – eine Korrektur der ursprünglichen Bewilligung ohne Ermessen zu erfolgen hat und die Rechtsverteidigung des Betroffenen (auch sonst) nicht wesentlich erschwert wird.

ee) In der Sache sind die Erfolgsaussichten nach Auffassung des Senats, soweit der Antragsgegner die vorläufige Entscheidung mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen hat, (weiterhin) nicht abschließend geklärt. Die Antragsteller haben zwar inzwischen jedenfalls einen erheblichen Teil der offenen Fragen beantwortet (soweit diese nicht mit den Bedarfen für Unterkunft und Heizung zusammenhängen, deren Berücksichtigung die Antragsteller beziehungsweise der Antragsteller zu 1. aber, wie ausgeführt, im hiesigen Verfahren ohnehin nicht erreichen kann). Das gilt aber weiterhin nicht uneingeschränkt: So haben Antragsgegner und Sozialgericht zum Beispiel nach dem Inhalt des Schließfachs gefragt, die Antragsteller hierzu nur dessen Schließung im Jahr 2021 vorgetragen, so dass offen bleibt, welchen Vermögensgegenstände bei der Schließung noch vorhanden waren und was aus diesen geworden ist. Auch sind die Fragen nach den Endsalden der nach der Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern erst kürzlich aufgelösten Konten und gegebenenfalls deren Verwendung nach wie vor nicht vollständig geklärt.

ff) Auch wenn danach die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers zu 1. inzwischen keineswegs mehr als gering einzuschätzen sind (aber eben auch nicht als gesichert angesehen werden können), geht der Senat, soweit es um die Zeit ab 24. Oktober 2024 geht, nicht von einem überwiegenden Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu 1. aus: Nachdem die Leistungen auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung im hiesigen Verfahren, wie ausgeführt, ohnehin nicht durchgesetzt werden können und ihre Berücksichtigung in der Sache als deutlich zweifelhaft erscheinen muss, hat sein Aussetzungsinteresse, obwohl es um existenzsichernde Leistungen geht, nur eingeschränktes Gewicht: Zum einen geht es vorliegend nur um Leistungen für (nunmehr) in der Vergangenheit liegende Zeiträume. Vor allem aber ist der Antragsgegner im Bescheid vom 8. Juli 2024 – nachvollziehbar – von einem monatlichen Gesamtbedarf aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft von 1.792,- Euro ausgegangen; dem stand Einkommen aus Kindergeld in Höhe von monatlich 500,- Euro und Erwerbseinkommen der Antragstellerin zu 2. gegenüber. Letzteres schwankte in den zurückliegenden Zeiträumen, bewegte sich aber doch vergleichsweise stabil um 900,- Euro im Monat, so dass der vom Antragsgegner gewählte Ansatz von 897,- Euro als plausibel erscheint und von den Antragstellern auch nicht substantiiert in Frage gestellt worden ist. Bei der Berechnung der Leistungen in der Hauptsache – einen Anspruch dem Grunde nach unterstellt – wären hiervon zwar selbstverständlich noch Freibeträge in Abzug zu bringen. Für die Interessenbewertung im einstweiligen Rechtsschutz ist dies jedoch nicht oder jedenfalls nicht in gleicher Weise geboten, nachdem die Antragsteller nicht vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht haben, dass mit der Tätigkeit der Antragstellerin zu 2. tatsächlich Aufwendung verbunden sind, die das zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehende Einkommen mindern. Insofern decken die in der Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung stehenden Einnahmen den im Bescheid vom 8. Juli 2024 plausibel angenommenen Gesamtbedarf zwar nicht vollständig, aber doch weitgehend ab. Berücksichtigt man, dass nur der Antrag des Antragstellers zu 1. zulässig ist, der Streitzeitraum sich auf vier Monate beschränkt und der Gesetzgeber in § 39 Nr. 1 SGB II zum Ausdruck gebracht hat, dass Bescheide wie der vom 15. Oktober 2024 im Regelfall sofort vollziehbar sein sollen, fehlt es nach Auffassung des Senats an den Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Das gilt nur umso mehr, als die Antragsteller (beziehungsweise der Antragsteller zu 1.) nur sehr allgemein auf die Dringlichkeit ihrer Interessen hingewiesen, diese aber nicht im Einzelnen glaubhaft gemacht haben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Unter Ausübung des im Rahmen von § 193 Abs. 1 SGG bestehenden Ermessens hält es der Senat insgesamt für ermessensgerecht, den Antragsgegner (nur) zu Gunsten des Antragstellers zu 1. zu verpflichten, ein Fünftel der zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Unter Veranlassungsgesichtspunkten bestand kein Grund, den Antragsgegner zu einer weitergehenden Übernahme der Rechtsverfolgungskosten zu verpflichten.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
 

Rechtskraft
Aus
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