1. Zur "Ernsthaftigkeit" einer Darlehensabrede zwischen Familienangehörigen.
2. Privatdarlehen stellen kein Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II dar.
3. § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X ist nur einschlägig, wenn es sich um Einkommen des Betroffenen selbst handelt.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 3. März 2021 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren werden nicht erstattet.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen einen Gerichtsbescheid, mit dem ihre Klage, die gegen eine teilweise Rückforderung von Kinderzuschlag betreffend die Monate Januar 2019 bis April 2019 gerichtet war, zurückgewiesen wurde.
Die 1982 geborene Klägerin bewohnte im streitbefangenen Zeitraum zusammen mit ihrem 1972 geborenen Ehemann, Y...., sowie mit ihrem 2000 geborenen Sohn und ihren 2001, 2003 und 2006 geborenen Töchtern ein 230 m² großes Eigenheim. Inzwischen haben die Klägerin und ihr Ehemann sechs Kinder. Der Ehemann der Klägerin bezog eine Erwerbsminderungsrente, die sich auf 678,93 EUR brutto (= 607,99 EUR netto) belief. Die zuständige Wohngeldbehörde bewilligte ihm mit Bescheid vom 20. September 2018 Wohngeld für September 2018 bis Juli 2019 in Höhe von 592,00 EUR. Der Sohn nahm zum 21. August 2018 eine Berufsausbildung zum Kraftfahrzeugmechatroniker auf mit einer Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr von 590,00 EUR brutto.
Das zuständige Jobcenter bewilligte der Klägerin, die nach Angaben ihres Ehemannes bereits zuvor Leistungen vom Jobcenter bezogen hatte, mit Bescheid vom 28. Juni 2018 ein Darlehen für sie und ihre vier Kinder unter anderem für August 2018 bis Dezember 2018 in Höhe von 1.443,82 EUR.
Die Klägerin beantragte am 30. August 2018 für ihren 2000 geborenen Sohn sowie für ihre 2001, 2003 und 2006 geborenen Töchter Kinderzuschlag.
Mit Schreiben vom 3. September 2018 bat die Klägerin das Jobcenter um eine Probeberechnung, um prüfen zu können, ob sie mit Wohngeld und Kinderzuschuss günstiger stehe als mit Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Den von ihr gestellten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zog die Klägerin mit Schreiben vom 11. September 2018 zurück. Das Jobcenter hob daraufhin die Leistungsbewilligung im Bescheid vom 28. Juni 2018 mit Bescheid vom 13. September 2018 mit Wirkung ab 1. September 2018 auf.
Die Mutter der Klägerin, X...., gab in ihrer "Erklärung zur Vorlage bei der Kindergeldkasse" vom 30. August 2018 an, dass ihre Tochter, die Klägerin, beabsichtige, keine Leistungen nach dem SGB II beantragen zu müssen. Da ihr zur Sicherung des Existenzminimums zwischen dem Mindestbruttofamilieneinkommen von 900,00 EUR und der Erwerbsminderungsrente ihres Ehemannes noch fast 300,00 EUR fehlen würden, habe sie, die Mutter, sich entschlossen, ihrer Tochter jeden Monat die Differenz hieraus zu übergeben, damit diese und die Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II werde und sie nicht Leistungen beantragen müsse. Sie habe sich deshalb entschlossen, ihrer Tochter jeweils bis zum letzten Werktag eines Monats 300,00 EUR für den Folgemonat zur Sicherung des Existenzminimums zu übergeben, erstmals am 30. August 2018.
Die Beklagte erließ unter dem 17. Oktober 2018 mehrere Bescheide. Mit dem einen lehnte sie den Antrag für August 2018 ab. Mit dem zweiten Bescheid bewilligte sie Kinderzuschlag für alle vier Kinder für September 2018 und für die drei Töchter für Oktober 2018. Mit dem dritten Bescheid lehnte sie den Antrag in Bezug auf den Sohn für die Zeit ab Oktober 2018 ab. Mit dem vierten, hier maßgebenden, bewilligte sie für die drei Töchter für die Monate November 2018 bis April 2019 Kinderzuschlag in Höhe von insgesamt 510,00 EUR monatlich.
Die Familienkasse Berlin-Brandenburg erklärte mit Bescheid vom 28. Dezember 2018, dass dem Antrag des Ehemannes der Klägerin auf Abzweigung des Kindergeldes entsprochen werde. Ihm stehe ab Juli 2018 ein Abzweigungsbetrag in Höhe von monatlich 194,00 EUR monatlich aus dem Kindergeldanspruch von W...., seinem Vater, zu. Für den Zeitraum von Juli 2018 bis Dezember 2018 ergebe sich ein Nachzahlungsbetrag von insgesamt 1.164,00 EUR. Die Nachzahlung ist dem Ehemann der Klägerin im Januar 2019 zugeflossen.
Die Mutter der Klägerin teilte in der "Erklärung über Unterhaltszahlung" vom 17. April 2019 mit, dass Sie die Unterhaltszahlungen anpassen werde. Ausgehend von einem Mindestbruttoeinkommen von 900,00 EUR und abzüglich der Erwerbsminderungsrente des Ehemanns ihrer Tochter von 678,93 EUR verbleibe ein offener Betrag von 221,07 EUR. Sie werde deshalb ab dem 30. Juli 2019 monatlich 222,00 EUR an Unterhalt zahlen. Sofern dieser errechnete Betrag nicht ausreichend sei, werde um Mitteilung an Ihre Tochter oder an sie gebeten, damit der Zahlbetrag angepasst werden könne. Sobald der neue Rentenbescheid für die Zeit ab Juli 2019 vorliege, werde sie ihre Unterhaltszahlungen ab August 2019 anpassen.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 8. Mai 2019, gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X), die Bewilligungsentscheidung für Januar 2019 in Höhe von 100,00 EUR und für Februar 2019 bis April 2019 in Höhe von monatlich 294,00 EUR auf und forderte von der Klägerin einen Betrag in Höhe von 982,00 EUR zurück. Ab Januar 2019 hätten sich die Kosten für Heizkosten verringert [zuvor 158,00 EUR, dann 102,00 EUR], weshalb der Bedarfsgemeinschaft ein höheres Einkommen zur Bedarfsdeckung zur Verfügung gestanden habe. Dies führe zum teilweisen Wegfall des Anspruchs auf Kinderzuschlag. Außerdem habe die Klägerin im Januar 2019 eine Kindergeldnachzahlung in Höhe von 1.164,00 EUR für ihren Ehemann aus einer Kindergeldabzweigung erzielt, welches für den Zeitraum von Februar 2019 bis Juli 2019 in Höhe von 194,00 EUR monatlich als Einkommen berücksichtigt werde. Die Beklagte hat im streitbefangenen Zeitraum monatlich sowohl die laufende Zahlung aus der Kindergeldabzweigung als auch 1/6 der Nachzahlung aus der Kindergeldabzweigung als Einkommen angerechnet.
Die Klägerin legte hiergegen mit Schreiben vom 29. Mai 2019, eingegangen am 3. Juni 2019, Widerspruch ein. Der Zufluss der Nachzahlung von Kindergeld für ihren Ehemann stehe in keinem Zusammenhang mit den Darlegungen, worauf die Beklagte den Zufluss im Monat Januar 2019 stütze. Ihr Ehemann sei im Juni 2018 persönlich bei der Familienkasse Bautzen vorstellig geworden und habe mit der Sachbearbeiterin den Antrag für die Kindergeldabzweigung ausgefüllt sowie alle erforderlichen Unterlagen abgegeben. Infolge der überlangen Bearbeitungsdauer sei die Abzweigung erst im Januar 2019 anerkannt worden. Durch die dann erfolgte Nachzahlung werde sie nachteilig behandelt. Zudem bestehe kein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung, da es sich bei den Zahlungen ihrer Eltern um ein Darlehen handele, welches zur Rückzahlung fällig werde. Der Grund des Unterhaltes sei eine finanzielle Notsituation ihrer Bedarfsgemeinschaft gewesen, weil sie auf den Kinderzuschlag dringend angewiesen gewesen sei und hierfür ein Mindesteinkommen habe vorweisen müssen. Es sei pauschaliertes Wohngeld und Kinderzuschlag beantragt worden, weil die Bewirtschaftung von Wohneigentum allein mit Betriebs- und Heizkosten nicht möglich sei. Das Jobcenter zahle nach deren Aussage nur nachgewiesene Betriebs-und Heizkosten. Hinsichtlich des anzurechnenden Einkommens sei die Beklagte bisher neben der Erwerbsunfähigkeitsrente ihres Ehemannes von einem weiteren monatlichen Zufluss von 300,00 EUR ausgegangen, welches ihre Eltern als Unterhalt erklärt hätten. Dies habe zu einem ungeminderten Kinderzuschlag in Höhe von insgesamt 510,00 EUR monatlich für die drei Kinder geführt. In den Monaten September 2018 bis Mai 2019 habe sie 2.430,00 EUR von ihren Eltern erhalten und 1.822,00 EUR zurückgezahlt. In diesem neunmonatigen Zeitraum habe der Kindergeldzufluss für ihren Ehemann jedoch nur 1.746,00 EUR betragen. Nachdem sie ihre Eltern informiert habe, dass nicht die monatliche Nettorente ihres Ehemannes von 607,99 EUR, sondern die Bruttorente von 678,93 EUR für die Erlangung von 900,00 EUR als Anspruchsvoraussetzung heranzuziehen sei, hätten diese den Unterhalt abgesenkt. Da die Rückzahlung in dem maßgebenden Zeitraum sogar höher gelegen habe als der Zufluss, wiederspreche es "jeglicher Nachvollziehbarkeit", wenn eine Rückforderung geltend gemacht werden. Die Klägerin fügte ihrem Schreiben eine Erklärung ihrer Mutter vom 28. Mai 2019 "über Unterhaltszahlung" sowie eine Kopie eines Kontoauszuges für die Zeit vom 17. Mai 2019 bis zum 27. Mai 2019, aus dem sich unter dem 23. Mai 2019 eine Bargeldabhebung von 2.000,00 EUR ergibt, bei.
In ihrer Erklärung gab die Mutter der Klägerin an, dass sie für September 2018 bis April 2019 jeweils 300,00 EUR sowie für Mai 2019 30,00 EUR jeweils zum 30. des Vormonates gezahlt habe, damit ein anrechenbarer Betrag beim Kinderzuschlag entstehen sollte. Die Zahlungen seien zweckgebunden gewesen und hätten einer Rückforderung unterlegen. Ihre Tochter habe ihr erklärt, dass sie die finanziellen Überbrückungshilfen bis voraussichtlich Mitte 2019 benötigen werde. Ihre Zahlungen seien wie folgt zu werten: "Nach Bereinigung einer Situation sind Überdeckungen, das heißt, bereinigte Situation liegt oberhalb der Mindesteinkommensgrenze zum Bezug von Kinderzuschlag, dann als Darlehen zu bewerten und bestimmungsgemäß rückzahlungspflichtig." Ihre Tochter habe ihr am 30. April 2018 [gemeint ist wohl: 2019] einen Betrag von 270,00 EUR zurückgezahlt, nachdem der Zufluss von Kindergeld an Y.... "zeitverzögert" bekannt geworden sei. Vor wenigen Tagen sei nunmehr bekannt geworden, dass die Kindergeldkasse Rückforderungen wegen einer Einkommensüberdeckung des Mindesteinkommens infolge ihrer Unterhaltszahlungen und des Kindergeldes an den Ehemann ihrer Tochter erwäge, "sodass nunmehr schnellster Handlungsbedarf notwendig" geworden sei und eine Rückzahlung nicht weiter habe aufgeschoben werden können. Am 26. Mai 2018 [gemeint ist wohl: 2019] habe ihre Tochter eine Rückzahlung in Höhe von insgesamt 1.822,00 EUR, das heißt jeweils 194,00 EUR betreffend die Monate September 2018 bis April 2019, geleistet. Da ihr Ehemann "sein Kindergeld im Berechtigteninteresse" im Juni 2018 beantragt habe, sei der verbleibende Differenzbetrag von 608,00 EUR "auf die drei Monate Juni 2019, Juli 2019 und August 2018" anzurechnen, sodass ein "unzulänglicher" Betrag von 26,00 EUR verbleibe. Für den Monat Juni 2019 werde sie nochmals 30,00 EUR am 30. Mai 2019 sowie ausnahmsweise nochmals 30,00 EUR am 1. Juni 2019 zahlen, da anderenfalls kein Einkommenszuwachs im Juni dargelegt werden könnte aufgrund der bisherigen Zahlungen zum Monatsende. Sofern diese Zahlungen sich als überflüssig erweisen sollten, werde ebenfalls eine Rückforderung erfolgen. Die Mutter der Klägerin erläuterte sodann, dass der Handlungsbedarf "nur durch Verschulden der Kindergeldkasse eines überlangen Bearbeitungszeitraums bezüglich dem Kindergeldantrag im berechtigten Interesse für Y...." entstanden sei. Ab 1. Juli 2019 werde sie den Unterhalt einstellen, da sowohl eine Rentenerhöhung als auch eine Anhebung des Kindergeldes beim Ehemann ihrer Tochter bevorstehe und dadurch die Mindesteinkommensgrenze erreicht werde. Zuletzt bat die Mutter der Klägerin, ihrer Tochter mitzuteilen, sofern die Rückzahlungen nicht ausreichend sein sollten, damit "Zahlungen an Dritte entfallen, welche nicht im Sinne meines Unterhaltes zur Deckung des Mindesteinkommens zum Bezug von Kinderzuschlag gedacht ist."
Die Beklagte erläuterte im Schreiben vom 29. Juli 2019, dass es sich bei der Kindergeldnachzahlung für den Ehemann der Klägerin um eine einmalige Einnahme handle, die ab dem Monat des Zuflusses oder, wenn die Leistungen bereits erbracht worden seien, ab dem Folgemonat zu berücksichtigen sei, und in welchen Fällen die Einmalzahlung auf einen Zeitraum von sechs Monaten zu verteilen sei. Sie stellte eine Berechnung an, wonach nunmehr ein Gesamtbetrag von 1.069,00 EUR zu erstatten sei.
Die Klägerin äußerte im Schreiben vom 8. August 2019, dass die Darlegungen unplausibel seien und gegen die Denkgesetze der Logik verstoßen würden. Es sei eine Einzelfallprüfung geboten. Sie erläuterte nochmals den zeitlichen Verfahrensablauf bezüglich des Antrages auf Abzweigung des Kindergeldes.
Die Beklagte änderte im Widerspruchsbescheid vom 19. August 2019 den Bescheid vom 8. Mai 2019 dahingehend, dass die Bewilligung für die Monate Januar 2019 bis April 2019 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X in Höhe von insgesamt 1.069,00 EUR aufgehoben und zurückgefordert wurden. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, aus welchen Gründen und in welchem Umfange die Leistungsbewilligungen betreffend die Monate Januar 2019 bis April 2019 im Einzelnen aufgehoben wurden.
Die Klägerin hat am 26. August 2019 Klage erhoben. Sie hat im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und erneut der Beklagten ein Verschulden wegen der aus ihrer Sicht verzögerten Bearbeitungszeit bezüglich des Abzweigungsantrages vorgehalten. Es habe, weil über den Antrag ihres Ehemannes bezüglich der Kindergeldabzweigung noch nicht entschieden gewesen sei, eine Situation geschaffen werden müssen, in welcher sie mindestens 230,00 EUR wegen der Mindestvoraussetzung für den Bezug von Kinderzuschlag habe generieren müssen. Ergänzend trägt sie vor, dass gegenüber ihrem Ehemann mündlich bei der Vorsprache wegen der Antragstellung mitgeteilt worden sei, dass eine Zuwendung oder ein Kredit durch die Eltern ausreichend seien, da die Herkunft der Einnahmen bedeutungslos sei. Aus diesem Grund habe sich ihre Mutter einverstanden erklärt, ihr einen zinslosen Kredit über monatlich 300,00 EUR bis zur Entscheidung über die Gewährung von Kinderzuschlag zukommen zu lassen. Weiter hat sie vorgetragen, dass ihre Eltern ihr gegenüber nicht unterhaltsverpflichtet seien. Das monatliche Familieneinkommen ihrer Eltern liege unterhalb von 2.000,00 EUR, wovon ein freiwilliger Unterhalt niemals infrage gekommen wäre, sondern nur ein Kredit mit einem überschaubaren Zeitraum. Auf den Einwand der Beklagten, dass Zahlungen der Mutter an die Klägerin nicht nachgewiesen seien, hat die Klägerin erklärt, dass die Zahlungen bargeldlos erfolgt seien.
Auf den richterlichen Hinweis, dass es sich nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts bei den Zahlungen der Mutter der Klägerin um Darlehen handele, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes nicht als Einkommen zu berücksichtigen seien, hat die Beklagte eine erneute Berechnung durchgeführt mit dem Ergebnis, dass die Klägerin wegen des Nichterreichens der Mindesteinkommensgrenze keinen Anspruch auf Kinderzuschlag habe. Hierzu hat die Klägerin in ihrer Stellungnahme vorgetragen, dass ihre Mutter angegeben habe, dass eine Rückzahlung "vom Sachverhalt der Kindergeldbewilligung Y.... abhängig gemacht wird", und zum Beleg in Kopie die drei Erklärungen ihrer Mutter vorgelegt. Außerdem hat sie eine Kopie ihrer Stellungnahme an die Bundesagentur für Arbeit (Dienststelle Chemnitz) anlässlich einer Anhörung wegen des Verdachts, verzögert Mitteilungen über geringere Abschlagszahlungen für Heizkosten gemacht, dadurch unrechtmäßig Leistungen bewirkt und damit eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben, vorgelegt. Darin hat sie unter anderem angegeben, dass sie kein Konto, keine Wohnung und keine Rente besitze. Alle organisatorischen Dinge erledige ihr Ehemann für die gesamte Familie allein und bei Bedarf mit ihrer Zustimmung. Er habe bei der Familienkasse persönlich vorgesprochen und mit der Sachbearbeiterin Anträge ausgefüllt, weil auch er überfordert gewesen sei. Ihre Unterschrift sei entweder vorgefertigt gewesen oder sei später gefertigt worden. Sie leide unter einer Intelligenzminderung, habe eine Lese- und Rechtschreibschwäche, besitze keinen Schulabschluss, keinen Berufsabschluss und habe als nunmehr 37-jährige Person bildungs- und erziehungsbedingt noch niemals im Arbeitsleben gestanden.
Im Schreiben vom 26. Mai 2020 hat die Klägerin unter anderem vorgetragen, dass sie im Januar 2020 infolge "schlimmstem seelischem Stress" ihr Kind in der 7. Schwangerschaftswoche durch plötzlichen Herztod verloren habe. Außerdem sei sie von März 2019 an langanhaltend krankgeschrieben gewesen. Ferner hat sie angegeben, dass ihr Ehemann, der seine Mindestvoraussetzung zum Bezug von Kinderzuschlag mit dem Übersteigen von 600,00 EUR brutto nachgewiesen habe, sie vor die Wahl gestellt habe, dass entweder eine vorübergehende Trennung erfolge, bis ein finanzielles Auskommen für ihn wieder möglich werde, voraussichtlich bis Ende Juni 2019, und er somit kindergeldberechtigt für ihre vier Kinder werde, oder dass sie sich Gedanken machen sollte, wo sie monatlich 100,00 EUR auftreibe, sei es durch Unterhalt der Eltern oder Arbeitssuche. Dem Schreiben ist eine neue, auf den 22. Mai 2020 datierte Erklärung der Mutter der Klägerin beigefügt. Darin gibt sie nunmehr an, dass ihr Schwiegersohn "zum Zeitpunkt meiner Bereitschaft zur Unterstützung (Unterhalt)" nur ein Einkommen von 872,93 EUR besessen habe. Dieses habe sich aus "seiner tatsächlich zugeflossenen Erwerbsminderungsrente und zudem über eine Forderung gegenüber der Familienkasse Brandenburg über staatliches Kindergeld (Kindergeldabzweigung zulasten des Kindergeldberechtigten nicht unterhaltszahlenden Vaters W....)" zusammengesetzt. Die Bedarfsgemeinschaft ihrer Tochter habe noch einen Betrag benötigt, der nunmehr bei genau 27,07 EUR liege, um die Mindestvoraussetzung für Kinderzuschlag zu erreichen. Sie, die Mutter der Klägerin, habe sich bereit erklärt, ihre Tochter mit monatlich 106,00 EUR ohne Rückzahlungsverpflichtung und zusätzlich monatlich 194,00 EUR als Darlehen mit Rückzahlungsverpflichtung zu unterstützen. Wenn sie 300,00 EUR gebe und 194,00 EUR zurückverlange, sei alles eindeutig festgestellt.
Auf den richterlichen Hinweis, dass eine Verböserung im Widerspruchsbescheid nicht zulässig sei, hat die Beklagte im Schriftsatz vom 19. August 2020 ein Teilanerkenntnis des Inhalts abgegeben, dass es bei einem Rückforderungsbetrag in Höhe von 982,00 EUR verbleibe.
Nachdem die Klägerin auf die gerichtliche Anfrage, ob sie das Teilanerkenntnis annehme und im Übrigen die Klage zurücknehme, nicht reagiert hat, hat das Sozialgericht nach Anhörung der Beteiligten am 3. März 2021 einen Gerichtsbescheid erlassen und darin den angefochtenen Bescheid im Umfange des Teilanerkentnisses abgeändert. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In Bezug auf Letzteres hat es wegen der Abgrenzung von Geldzahlungen oder Sachleistungen, die einem SGB II-Leistungsberechtigten zum endgültigen Verbleib zugewendet werden, gegenüber Darlehen auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 20. Dezember 2011 (Az.: B 4 AS 46/11 R) verwiesen. Das Sozialgericht ist zu dem Schluss gelangt, dass es sich bei den Zahlungen der Mutter der Klägerin aufgrund der Angaben der Klägerin im Verwaltungs- und Klageverfahren lediglich um darlehensweise gezahlte Beträge gehandelt habe. Da Darlehenszahlungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen seien, habe das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin im Januar 2019 aus der Erwerbsunfähigkeitsrente ihres Ehemannes und in den Monaten Februar bis April 2019 zusätzlich noch aus einem Anteil aus der Nachzahlung der Kindergeldabzweigung in Höhe von 194,00 EUR bestanden. Damit sei in keinem der vier streitbefangenen Monate die Mindesteinkommensgrenze erreicht worden.
Die Klägerin hat gegen den Gerichtsbescheid am 11. März 2021 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Mit "der Mutter der Klägerin" sei bereits am Anfang vereinbart worden, "dass alles was unterhalb der Differenz aus dem Grundeinkommen von 900 EUR, welches zur Erlangung von Kinderzuschlag berechtigt und dem Bruttoeinkommen meines Einkommen (Erwerbsminderungsrenten zuzüglich Kindergeldabzweigung) aus der Berechnung herauskommt, als finanzielles Geschenk bestehen bleibt."
Mit Schriftsatz vom 1. Juni 2023 hat sich die Klägerbevollmächtigte angezeigt. Im Schriftsatz vom 27. Oktober 2023 hat sie erklärt, dass an dem bisherigen Vortrag festgehalten werde und keine weitere Ergänzung erfolgen solle.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 3. März 2021 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2019, soweit ein Rückforderungsbetrag von 982,00 EUR verblieben ist, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung des angefochtenen Gerichtsbescheides,
die Berufung zurückzuweisen.
Zu der mündlichen Verhandlung am 10. April 2025 ist das persönliche Erscheinen der Klägerin angeordnet worden. Außerdem sind ihre Mutter und ihr Ehemann als Zeugen geladen worden. Mit Schreiben vom 24. März 2025 sind die Zeugen gebeten worden, etwaige Unterlagen zu den (Unterhalts)Zahlungen der Mutter der Klägerin an diese zum Termin mitzubringen. Die Klägerbevollmächtigte ist gebeten worden, Unterlagen zu den von der Klägerin in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren beschriebenen krankheitsbedingten Einschränkungen vorzulegen.
Die Mutter der Klägerin hat im Schreiben vom 22. März 2025, eingegangen am 27. März 2025, auf ihre früheren Erklärungen verwiesen und erklärt, dass ihre Tochter sie um ein Darlehen und eine freiwillige Unterhaltszahlung ohne Rückzahlung gebeten habe. Zu letzterem hat sie angegeben, dass ihre Tochter nur einen sehr kleinen Teil als Unterhalt bis zur nächsten Rentenerhöhung ihres Schwiegersohnes benötigt habe, damit "die Bemessungsgrundlage 900 Euro Brutto" wieder erreicht werde. Genau so seien die Zahlungen und auch die Rückzahlungen ihrer Tochter erfolgt. An die genauen Beträge könne sie sich derzeit nicht mehr erinnern. Ferner hat die Klägerin auf ihre Erkrankung und ihre Schwerbehinderung verwiesen. Auf ihre Erklärung, dass sie von ihrem Recht, als Zeugin im Verfahren ihrer Tochter nicht aussagen zu müssen, Gebrauch machen werde, ist ihre Zeugenladung am 31. März 2025 aufgehoben worden.
Der Ehemann der Klägerin hat im Schreiben vom 27. März 2025 umfangreich zur Sache ausgeführt. Er hat unter anderem angegeben, dass das Jobcenter Grundsicherungsleistungen "anfangs nur für 2 Monate nach dem Tod meiner Mutter [die im Mai 2018 verstorben sei] auf Darlehensbasis zahlten und sich Sozialgerichtsstreitigkeiten abzeichneten." Sie seien deshalb nervlich erschöpft gewesen. Die Mutter seiner Frau habe dies mitbekommen und ihrer Tochter finanzielle Hilfe angeboten. Weiter hat er angegeben, dass er "zu meiner Frau finanziell nicht geradezu großzügig" sei. Die finanziellen Verpflichtungen bezüglich des selbstgenutzten Einfamilienhauses seien beträchtlich. Er sei deshalb auch sehr eingeschränkt, wenn "meine Frau nach Taschengeld fragt". Bezüglich des Gesundheitszustandes seiner Ehefrau, der Klägerin, hat er eine Kopie des Befundberichtes von Dr. V.... (Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie) vom 13. Februar 2025 (betreffend das Klageverfahren Az. S 41 SB 257/24) vorgelegt.
Die Klägerbevollmächtigte hat im Schriftsatz vom 9. April 2025 mitgeteilt, dass sich die Klägerin im Zeitraum von März 2022 bis März 2025 in einem Verbraucherinsolvenzverfahren (Amtsgericht B….; Az.: ….) befunden habe. Ferner hat sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit einer Geltungsdauer vom 8. April 2025 bis zum 11. April 2025 und der Diagnose ICD-10-Code J32.9 (Chronische Sinusitis, nicht näher bezeichnet) vorgelegt. Nach der von der Klägerin angebrachten Anmerkung habe "Verhandlungsunfähigkeit am Donnerstag, 10.04.2025 wegen gesicherten Diagnose siehe Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung 'chronischer Nasennebenhöhlenentzündung J32.9 G'" bestanden.
Zum Termin der mündlichen Verhandlung ist die Klägerin nicht erschienen. Auf Frage haben die Klägerbevollmächtigte – nach kurzer Rücksprache mit dem anwesenden Ehemann der Klägerin – und die Beklagtenvertreterin auf die Befragung der Klägerin verzichtet. Der Ehemann der Klägerin, der nicht von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, ist als Zeuge vernommen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Das Gericht hat trotz Ausbleibens der Klägerin verhandeln und entscheiden können, weil sie hierauf in der Ladung hingewiesen worden ist (vgl. § 153 Abs. 1 i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Mit Ihrer Bemerkung zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, dass daraus eine Verhandlungsunfähigkeit resultiere, hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht zum Termin der mündlichen Verhandlung erscheinen werde. Ihre im Termin anwesende Prozessbevollmächtigte hat nicht erklärt, dass die Klägerin eine persönliche Teilnahme an einem Verhandlungstermin in diesem Berufungsverfahren wünsche.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft. Die Klägerin wendet sich gegen die Entscheidung des Sozialgerichtes, soweit dieses die Rückforderung von Kinderzuschlag in Höhe von 982,00 EUR als rechtmäßig angesehen und auf Grund dessen die Klage in diesem Umfange abgewiesen hat. Nur dies ist Gegenstand des Berufungsverfahrens, weil die Klägerin durch den Teil des Gerichtsbescheides, der das sie begünstigende Teilanerkenntnisurteil enthält, nicht beschwert ist. Der streitige Rückforderungsbetrag übersteigt den Grenzwert von 750,00 EUR für eine zulassungsfreie Berufung (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
III. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend die Klage, soweit mit ihr die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 8. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2019 in Gänze begehrt wurde, abgewiesen.
1. Der Gerichtsbescheid begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Insbesondere konnte der Kammervorsitzende sowohl bezüglich des Teilanerkentnisses als auch bezüglich der Klageabweisung ohne ehrenamtliche Richter entscheiden.
Wenn eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil anerkennt und die Gegenseite dieses (Teil)Anerkenntnis nicht annimmt, hat das Sozialgericht über die Klage mit (Teil)Anerkenntnisurteil zu entscheiden (vgl. § 202 Satz 1 SGG i. V. m. § 307 Satz 1 der Zivilprozessordnung [ZPO]). Da diese Entscheidung keiner mündlichen Verhandlung bedarf (vgl. § 124 Abs. 1, § 202 Satz 1 SGG i. V. m. § 307 Satz 2 ZPO) und auch durch Gerichtsbescheid, der einem Urteil gleichsteht, ergehen kann, mussten bei der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichtes keine ehrenamtlichen Richter mitwirken (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG). Entsprechendes gilt für die Klageabweisung durch Gerichtsbescheid. Auch hierbei wirken keine ehrenamtlichen Richter mit (vgl. § 105 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2019 in der Fassung des Teilanerkenntnisurteils ist zutreffend auf § 48 SGB X gestützt worden (a). Er ist formell (b) und materiell (c) rechtmäßig. Auch die Erstattungsforderung ist rechtmäßig (d).
a) Die Rechtsgrundlagen für die teilweise Rückforderung des der Klägerin bewilligten Kinderzuschlages finden sich in § 48 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach den in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Maßgaben soll er mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, das heißt mit Wirkung für die Vergangenheit, aufgehoben werden. Hingegen liegen die Voraussetzungen des § 45 SGB X, der die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes zum Gegenstand hat, nicht vor, weil der vom Aufhebungsbescheid betroffene Bewilligungsbescheid nicht von Anfang an rechtswidrig war, sondern erst durch nachträglich eingetretene Ereignisse rechtswidrig wurde.
(1) Damit die Regelungen des § 45 SGB X zur Anwendung kommen können, muss die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes von Anfang an bestanden haben, das heißt der Verwaltungsakt muss bereits bei seinem Erlass nicht mit der materiellen Rechtslage übereingestimmt haben (vgl. BSG, Urteil vom 3. Oktober 1989 – 10 RKg 7/89 – BSGE 65, 301 ff. = SozR 1300 § 48 Nr. 60 = juris Rdnr. 12, m. w. N.; Merten, in: Hauck/Noftz, SGB X [1. Erg.-Lfg. 2025], § 45 SGB X Rdnr. 19, m. w. N.; Schütze, in: Schütze, SGB X [9. Aufl., 2020], § 45 SGB X Rdnr. 37, m. w. N.). Dies war hier nicht der Fall.
Die Rechtsgrundlage für eine Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum ein Anspruch auf Kinderzuschlag zustand, findet sich in § 6a BKGG in der vom 1. Januar 2017 bis zum 30. Juni 2019 geltenden Fassung (vgl. Artikel 12 Nr. 2 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 [BGBl. I S. 3000]; im Folgenden: a. F.). Das nähere zur Berechnung der Bedarfe und der Anrechnung des elterlichen Einkommens war in § 6a Abs. 4 BKGG a. F. geregelt.
Hieran gemessen war der Bewilligungsbescheid vom 17. Oktober 2018 rechtmäßig. Darin hatte die Beklagte der Klägerin, die die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen aus § 6a Abs. 1 BKGG a. F., insbesondere die aus § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG a. F. (hierzu unten [2]) erfüllte, für deren drei Töchter Kinderzuschlag in ungekürzter Höhe von monatlich 170,00 EUR je Kind bewilligt. Wegen der Einzelheiten wird auf die "Berechnung Kinderzuschlag" vom 17. Oktober 2018 (Dokument 79 der Verwaltungsakte) verwiesen. Die Klägerin erhob gegen die Berechnung der Leistungshöhe auch keine Einwände.
(2) Eine der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kinderzuschlag war, dass die Person mit Ausnahme des Wohngeldes und des Kindergeldes über Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe von 900,00 EUR verfügte (vgl. § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG a. F.). Dass die Klägerin diese Voraussetzungen erfüllte, steht zur Überzeugung des erkennenden Senates auf Grund der vorliegenden Unterlagen sowie im Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der dort durchgeführten Beweisaufnahme fest. Das im Sinne von § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG a. F. maßgebende Einkommen setzte sich, als die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 17. Oktober 2018 erließ, aus den Zahlungen aus der Erwerbsminderungsrente des Ehemannes der Klägerin und den finanziellen Zuwendungen ihrer Mutter in Höhe von monatlich 300,00 EUR zusammen.
(2.1) Hinsichtlich der finanziellen Zuwendungen der Mutter stellt sich allerdings die Vorfrage, ob zwischen der Klägerin und ihrer Mutter überhaupt eine ernsthafte Abmachung bezüglich der finanziellen Unterstützung der Klägerin durch ihre Mutter, sei es in Form von Unterhaltszahlungen oder von Zuwendungen mit einer teilweisen Rückzahlungsverpflichtung, bestand (zur "Ernsthaftigkeit" von Mietzinsforderungen unter Verwandten: BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 37/08 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 15 = Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 31/07 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 21 = juris, Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 23. März 2010 – B 8 SO 24/08 R – SozR 4-3500 § 29 Nr. 1 = juris Rdnr. 13; Luik, in: Luik/Harich, SGB II [6. Aufl., 2024], § 22 Rdnr. 55; Luthe, in: Hauck/Noftz SGB II [2. Erg.-Lfg. 2025], § 22 SGB II Rdnr. 52; Piepenstock/Senger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [5. Aufl., 2020], § 22 Rdnr. 54, m. w. N.), oder ob dies nicht lediglich behauptet wurde, damit die Klägerin gegenüber der Beklagten angeben konnte, sie verfüge über Einkommen in Höhe von mindestens 900,00 EUR und erfülle damit die Anspruchsvoraussetzung aus § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG a. F..
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass eine ernsthafte Abmachung bezüglich der finanziellen Unterstützung der Klägerin durch ihre Mutter bestand, und dass die Mutter die vereinbarten Zahlungen auch erbrachte.
In diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass in Bezug auf das behauptete Darlehen keine schriftliche Vereinbarung vorliegt, unerheblich, denn ein Darlehensvertrag kommt grundsätzlich formfrei zustande, das heißt auch mündlich oder konkludent (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 28. Januar 2013 – 3 U 831/12 – WM 2013, 842 ff. = juris Rdnr. 23, m. w. N.; Brandenburg. OLG, Beschluss vom 23. Dezember 2019 – 11 U 62/19 – juris Rdnr. 6, m. w. N.; K. P. Berger, in: Münchener Kommentar zum BGB [9. Aufl., 2023], § 488 Rdnr. 6; Nietsch, in: Erman, BGB [17. Aufl., 2023], § 488 BGB Rdnr. 1a; Schwintowski, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB [10. Aufl., 2023], § 488 BGB Rdnr. 10, m. w. N.).
Anhaltspunkte, die Indiz dafür sein könnten, dass es keine ernsthafte Abmachung zwischen der Klägerin und ihrer Mutter über die Zahlung von 300,00 EUR monatlich gegeben haben könnte, liegen nicht vor. Zwar gibt es keinen schriftlichen Beleg, dass die Zahlungen in bar tatsächlich erfolgt sind (z. B. eine Quittung). Auch liegt kein mittelbarer Nachweis vor, wie zum Beispiel ein Kontoauszug der Mutter der Klägerin, aus dem sich eine Abhebung in Höhe von mindestens 300,00 EUR – vorzugsweise in einem zeitlichen Zusammenhang mit den angegebenen Zahlungszeitpunkten – ersehen ließe.
Allerdings ist dem Senat aus einigen Verfahren aus zurückliegenden Jahren, insbesondere aus dem Rechtsgebiet des SGB II, bekannt, dass Eltern ihren Kindern oder Großeltern ihren Enkeln im Bedarfsfall finanziell unter die Arme greifen und Zahlungen zwischen Familienangehörigen, wie zum Beispiel für Miete, gelegentlich in bar und ohne Zahlungsnachweis erfolgen. Dafür, dass die Zahlungen der Mutter der Klägerin tatsächlich vereinbart waren und geleistet wurden, spricht unter anderem, dass die Unterstützungsleistungen im Umfang von 300,00 EUR nur für einen überschaubaren Zeitraum von etwa einem 3/4 Jahr vorgesehen waren. Auch sprechen die finanziellen Verhältnisse der Mutter der Klägerin nicht gegen Unterstützungsleistungen. Soweit diesbezüglich die Klägerin in anderem Zusammenhang angab, dass das monatliche Familieneinkommen ihrer Eltern unterhalb von 2.000,00 EUR gelegen habe, sind damit die finanziellen Verhältnisse ihrer Eltern nur unvollständig wiedergegeben. So gab der Ehemann der Klägerin in der mündlichen Verhandlung unter anderem an, dass nach dem Versterben des Großvaters der Klägerin im Juni 2016 sein Schwiegervater, das heißt der Ehemann der Mutter der Klägerin, knapp über 100.000,00 EUR auf sein Erbteil erhalten habe. Ferner spricht für eine tatsächliche Zahlung von monatlich 300,00 EUR eine Aussage des Ehemannes der Klägerin im Rahmen seiner Zeugenvernehmung. Danach habe seine Ehefrau, die Klägerin, das Geld bei ihren Eltern bekommen. Er habe ihr das Geld belassen. Dafür habe er in dieser Zeit kein Futter für die Pferde seiner Ehefrau kaufen müssen.
Ob die Klägerin wie behauptet Rückzahlungen an ihre Mutter leistete, unter anderem Ende Mai 2019 einen Betrag in Höhe von 1.822,00 EUR, kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben. Denn dies betrifft die Frage, ob ein Teil der finanziellen Zuwendungen der Mutter als Darlehen gedacht war, nicht aber die Frage, ob die monatlichen Zahlungen der Mutter der Klägerin als solche vereinbart waren und von dieser geleistet wurden.
(2.2) Hinsichtlich der vereinbarten finanziellen Unterstützung steht zur Überzeugung des Senates fest, dass zwischen der Klägerin und ihrer Mutter entgegen deren Behauptungen kein anteiliges Darlehen vereinbart war.
Bezüglich eines Gelddarlehens sind die Kernbestandteile eines Darlehensvertrages in § 488 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Nach § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB wird durch den Darlehensvertrag der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen (vgl. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB). Nach § 488 Abs. 3 Satz 1 BGB hängt die Fälligkeit, wenn für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt ist, davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate (vgl. § 488 Abs. 3 Satz 2 BGB). Wenn Zinsen nicht geschuldet sind, ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt (vgl. § 488 Abs. 3 Satz 3 BGB).
Auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung am 10. April 2025 lässt sich nicht feststellen, dass es sich bei den monatlichen Zahlungen der Mutter der Klägerin von 300,00 EUR in Gänze um ein Darlehen (so das Sozialgericht) oder anteilig um einen Zuschuss und ein Darlehen (so inzwischen die Klägerin, ihr Ehemann und ihre Mutter) gehandelt hat.
(2.2.1) In Ermangelung einer schriftlich fixierten Abmachung kann für die rechtliche Beurteilung der Zahlungen neben tatsächlichen Umständen (unten []2.2.2) nur auf die Angaben der Klägerin, ihres Ehemannes und ihrer Mutter abgestellt werden. Chronologisch ergibt sich folgendes Bild:
In ihrer Erklärung vom 30. August 2018, das heißt zum Zeitpunkt des Antrages der Klägerin auf Kinderzuschlag und vor dem Erlass des Bewilligungsbescheides vom 17. Oktober 2018, gab die Mutter der Klägerin an, dass zum Mindesteinkommen von 900,00 EUR (als Voraussetzung für einen Anspruch auf Kinderzuschlag) noch fast 300,00 EUR fehlen würden. Ausgangspunkt der Berechnung war wohl die Netto-Erwerbsminderungsrente für ihren Schwiegersohn in Höhe von 607,99 EUR. Sie habe sich entschlossen, ihrer Tochter jeden Monat die Differenz hieraus zu übergeben. Noch 7 ½ Monate später gab die Mutter der Klägerin in ihrer Erklärung vom 17. April 2019 an, dass ihre Erklärung vom 30. August 2018 weiterhin Gültigkeit besitze, und dass weiterhin 300,00 EUR an Unterhalt monatlich gezahlt würden. Wegen der Brutto-Erwerbsminderungsrente ihres Schwiegersohnes von 678,93 EUR von Juli 2018 bis Juni 2019 belaufe sich die Deckungsdifferenz auf 221,07 EUR. Sie werde deshalb ab dem 30. Juli 2019 monatlich 222,00 EUR an Unterhalt zahlen. Sobald der neue Rentenbescheid für die Zeit ab Juli 2019 vorliege, werde sie ihre Unterhaltszahlungen ab August 2019 anpassen.
Nach diesen Erklärungen wurden für die Zeit ab August 2018 die Zahlungen der Mutter der Klägerin durchgängig als Unterhaltszahlungen bezeichnet. Eine Rückzahlungspflicht der Klägerin wurde zu keinem Zeitpunkt erwähnt, weder dem Grunde noch der Höhe nach. Hiervon war auch keine Rede, nachdem sich ab Januar 2019 das zu berücksichtigende Einkommen durch die Kindergeldabzweigung für den Ehemann der Klägerin und die Nachzahlung der Kindergeldabzweigung im Januar 2019 erhöht hatte und in Folge dessen die Möglichkeit bestanden hätte, die ersten der Rückzahlungen aus dem behaupteten Darlehen zu leisten.
Erstmals im Widerspruchsschreiben vom 29. Mai 2019 gab die Klägerin an, dass "es sich ausweislich der Erklärung über Unterhalt der Eltern, sowie der aktuellen Stellungnahme meiner Eltern um ein Darlehen handelte, welches zur Rückzahlung fällig wird." In der beigefügten Erklärung ihrer Mutter vom 28. Mai 2019 erklärte diese, dass die monatlichen Zahlungen zweckgebunden gewesen seien und der Rückforderung unterlegen hätten, sofern damit ein anrechenbarer Betrag beim Kinderzuschlag entstehe. Ihre Zahlungen seien dahingehend zu werten, dass nach Bereinigung einer Situation die Überdeckungen als Darlehen zu bewerten und bestimmungsgemäß rückzahlungspflichtig seien.
Bemerkenswert an diesen beiden Erklärungen von Ende Mai 2019 ist, dass seitens der Klägerin und ihrer Mutter von einem Darlehen und einer Rückzahlungspflicht erst gesprochen wurde, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 8. Mai 2019 die Bewilligungsentscheidung für Januar bis April 2019 teilweise aufgehoben und einen Erstattungsbetrag von 982,00 EUR gefordert hatte. Auch in den in den Erklärungen dargestellten Berechnungen wurden erst jetzt Rückzahlungsbeträge eingestellt. Zuvor war in den Erklärungen nur erläutert worden, wie sich die Einkommensverhältnisse der Klägerin unter Berücksichtigung der finanziellen Zuwendungen ihrer Mutter darstellen würden, und dass sie damit die Mindesteinkommensgrenze von 900,00 EUR erreiche.
Soweit die Klägerin im Klageverfahren geltend machte, bei einer Vorsprache sei ihrem Ehemann mündlich erklärt worden, dass für das Erreichen der Mindesteinkommensgrenze, die eine der Voraussetzungen für den Bezug von Kinderzuschlag ist, auch ein Kredit durch die Eltern ausreichend sei, weil die Herkunft der Einnahmen bedeutungslos sei, ist nicht erklärlich, weshalb erst im Mai 2019 und erst nach dem Erlass des angefochtenen Rückforderungsbescheides seitens der Klägerin und ihrer Mutter erstmals vorgetragen wurde, dass die finanziellen Zuwendungen ihrer Mutter zum Teil nur als Darlehen gewährt worden sein sollen.
(2.2.2) Auch wenn man der Klägerin, ihrer Mutter und ihrem Ehemann zugutehält, dass sie – nach Aktenlage – bei der Abgabe von Erklärungen nicht rechtskundig vertreten oder beraten waren, sprechen auch die tatsächlichen Umstände nicht dafür, dass zwischen der Klägerin und ihrer Mutter ein Darlehen – in welchem Umfang auch immer – vereinbart gewesen wäre.
So sollten nach der Erklärung der Mutter der Klägerin vom 28. Mai 2019 "nach Bereinigung einer Situation" Überdeckungen als Darlehen zu bewerten und bestimmungsgemäß rückzahlungspflichtig sein. In diesem Sinne war die Situation im Januar 2019 bereinigt. Denn in diesem Monat war erstmals die monatliche Kindergeldabzweigung als weiteres Einkommen zu berücksichtigen. Zudem floss dem Ehemann der Klägerin die Kindergeldnachzahlung zu. Gleichwohl zahlte die Mutter der Klägerin weiterhin monatlich 300,00 EUR. Und die der Behauptung nach vereinbarte Rückzahlung eines Teils dieses Betrages erfolgte ebenfalls nicht.
Weshalb, wie die Mutter der Klägerin in ihrer Erklärung vom 28. Mai 2019 behauptete, dass erst im Mai 2019, also erst nach dem Erlass des Aufhebungsbescheides vom 8. Mai 2019, "schnellster Handlungsbedarf notwendig" geworden sein soll, obwohl die Voraussetzungen für die behauptete Rückzahlungspflicht seit Januar 2019 vorgelegen hatten, blieb ohne Begründung.
Zudem gibt es für die behaupteten Rückzahlungen, die ebenso wie die Zahlungen der Mutter der Klägerin in bar erfolgt sein sollen, keinerlei Belege. Für die behauptete Rückzahlung eines Betrages von 1.822,00 EUR wurde zwar ein Kontoauszug vorlegt, ausweislich dessen am 23. Mai 2019 eine Bargeldabhebung von 2.000,00 EUR erfolgte. Ein Nachweis, dass davon tatsächlich die behauptete Rückzahlung in bar erfolgte, ist damit noch nicht erbracht. Denn einen Geldbetrag von einem Konto abzuheben bedeutet nicht notwendigerweise, dass dieser auch zu einem behaupteten Zweck ausgegeben worden ist. Ferner spricht die Betragshöhe gegen die behauptete Rückzahlung. Während monatliche Zahlungen der Mutter der Klägerin in Höhe von 300,00 EUR auch vor dem Hintergrund ihrer beschriebenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse plausibel erscheinen, stellt sich die Situation bei der Klägerin und ihrer Familie gänzlich anders dar. Sie waren zunächst neben den Leistungen aus der Erwerbsminderungsrente ihres Ehemannes auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II und ab September 2018 auf Wohngeld, Leistungen aus der Erwerbsminderungsrente ihres Ehemannes, Leistungen aus der Kindergeldabzweigung ihres Ehemannes und auf den ihr bewilligten Kinderzuschlag, das heißt durchgängig auf Sozialleistungen einschließlich solcher zur Sicherung des Existenzminimums, angewiesen. Im Verhältnis hierzu erweist sich ein Betrag von 1.822,00 EUR, auch wenn es sich um einen Einmalbetrag handelt, als eine erhebliche finanzielle Belastung. Dass die finanziellen Verhältnisse der Klägerin und ihrer Familie nach den vorliegenden Unterlagen beengt waren und von diesen auch so empfunden wurden, brachten die Klägerin und ihr Ehemann mehrfach zum Ausdruck.
In Bezug auf das Zahlungsverhalten der Klägerin ist festzustellen, dass sie ausweislich des Kontoauszuges für den Zeitraum vom 17. Mai 2019 bis zum 27. Mai 2019 am 23. Mai 2019 einen Betrag von 2.000,00 EUR abhob, von dem sie 1.822,00 EUR an ihre Mutter in bar zurückgezahlt haben will. Im selben Zeitraum wurden aber per Kartenzahlung oder im Lastschriftverfahren Klein- oder Kleinstbeträge zwischen 12,20 EUR und 79,09 EUR abgebucht. Eine Erklärung für dieses unterschiedliche Zahlungsverhalten gibt es nicht.
(2.2.3) Die Erklärungen und Angaben der Klägerin, ihres Ehemannes und ihrer Mutter zur teilweisen Rückzahlungspflicht sind zur Überzeugung des Senates auch nicht glaubhaft, weil tatsächliche Begebenheiten entweder unvollständig oder unrichtig mitgeteilt wurden.
Soweit die Klägerin in ihrem Widerspruch unter anderem vortrug, dass eine finanzielle Notsituation der Grund für die Zahlungen ihrer Mutter gewesen sei, und dass sie wegen dieser Notsituation dringend auf den Kinderzuschlag angewiesen gewesen sei, verschweigt sie, dass sie selbst hierfür die Ursache gesetzt hatte. Ihr und ihren vier Kindern waren nämlich vom Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für August bis Dezember 2018 bewilligt worden, wenn auch nur darlehensweise. Dieser Bewilligung entzog sie bereits mit Schreiben vom 11. September 2018, mit dem sie ihren Leistungsantrag zurücknahm, die Grundlage.
Die Aussage des Ehemannes der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass das Jobcenter seiner Ehefrau "nur noch für 2 Monate" ein Darlehen bewilligt habe, ist falsch. Vielmehr umfasste der Bewilligungszeitraum die Monate Juli bis Dezember 2018. Dass der tatsächliche Leistungsbezug auf die Monate Juli und August 2018 begrenzt wurde, hatte – wie ausgeführt – seine Ursache darin, dass die Klägerin ihren Leistungsantrag im September 2018 zurückgenommen hatte.
Auch seine Aussage dazu, weshalb das Jobcenter die Leistungen lediglich als Darlehen bewilligte, sind unzutreffend. Das Jobcenter hatte den Darlehensbescheid damit begründet, dass die Klägerin angegeben habe, ihr Ehemann sei im Testament seiner im Mai 2018 verstorbenen Mutter als Alleinerbe ausgewiesen. Weil die Ausstellung des Erbscheines und die Erstellung des Nachlasses beim Nachlassgericht noch laufe, könne noch nicht festgestellt werden, ob dem Ehemann der Klägerin Vermögenswerte über seinem Vermögensfreibetrag zufließen würden. Nach den Angaben des Ehemannes der Klägerin erbte er als Alleinerbe seiner 2018 verstorbenen Mutter das Haus, in dem er und seine Familie leben und bis zu ihrem Tod auch seine Mutter wohnte. Auf die Frage, ob das Erbe des Hauses der Anlass für das Darlehen des Jobcenters gewesen sei, gab der Ehemann der Klägerin bei seiner Vernehmung jedoch an, dass es um 7.000,00 EUR gegangen sei. Er habe nur 3.000,00 EUR nachweisen können, die er damals für die Bestattung seiner Mutter ausgegeben habe. Die weiteren 4.000,00 EUR seien für die spätere Grabgestaltung und Grabpflege vorgesehen gewesen.
Dass die Klägerin bei ihrem Verweis auf das vermeintlich geringe Familieneinkommen ihrer Eltern von etwas unterhalb von 2.000,00 EUR vergaß mitzuteilen, dass sie nicht nur ein Eigenheim besitzen, sondern dem Ehemann ihrer Mutter aus dem Nachlass seines 2016 verstorbenen Schwiegervaters ein Erbanteil von knapp über 100.000,00 EUR zufloss, wurde bereits erwähnt. Dies wurde erst im Rahmen der Vernehmung des Ehemannes der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bekannt.
Der wiederholte, unter anderem im Widerspruchsschreiben vom 29. Mai 2019 geäußerte Einwand der Klägerin, die Bearbeitungsdauer des Antrags auf Abzweigung von Kindergeld (August 2018 bis Januar 2019) sei zu lang gewesen, trägt ebenfalls nicht. Denn ihre Mutter gab zeitgleich in ihrer Erklärung vom 28. Mai 2019 unter anderem an, dass ihr gesagt worden sei, dass als Zeitspanne für die benötigte finanzielle Unterstützung ein Zeitraum bis voraussichtlich Mitte 2019 erwartet werden könne. Gründe für die längere Bearbeitungsdauer seien die schwierigen Gesamtumstände, dass der kindergeldberechtigte Vater ihres Schwiegersohnes angeschrieben und gegebenenfalls gemahnt werden müsse, dass Überprüfungen erfolgen müssten, und dass gegebenenfalls Widersprüche und Klage notwendig seien.
Schließlich wird der im Schreiben vom 26. Mai 2020 erhobene Vorwurf der Klägerin, sie habe, nachdem sie "dieses unsägliche seelische Leid durchlebte, welches die Beklagte mir und meiner Familie zufügte," im Januar 2020 "infolge schlimmstem seelischem Stress" ihr Kind in der 7. Schwangerschaftswoche verloren, nicht vom Befundbericht von Dr. V.... (Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie) vom 13. Februar 2025 gedeckt. Dort ist in der Anamnese vielmehr festgehalten, dass die Klägerin mehrfach den Alkoholkonsum ihres Ehemannes als für sie belastend beschrieb. Auch ihre im Befundbericht wiedergegebenen Angaben, dass ihr Ehemann die Kontrolle über die familiären Finanzen habe, dass sie keinerlei Zugriff auf die Finanzen habe, dass sie aber seine Fehler mit ausbaden müsse, fand anlässlich der Vernehmung des Ehemanns der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2025 seine Bestätigung.
Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Erklärungen und Angaben der Klägerin, ihres Ehemannes und ihrer Mutter ist das Ergebnis der Befragung des Ehemannes der Klägerin zu berücksichtigen. Seine Aussagen waren durch ein relatives Erinnerungsvermögen geprägt.
Zu zahlreichen Punkten machte er bereitwillig, wort- und detailreich, engagiert und anschaulich Aussagen. So wusste er zu berichten, dass er seine etwa 10 Jahre jüngere Ehefrau kennenlernte, als sie 15 Jahre alt war, dass sie "irgendwann" zu ihm "durchgebrannt" sei, und dass sie nach nicht beendetem Besuch der Hauptschule eine Berufsvorbereitung abgebrochen habe, als sie mit dem ersten Kind schwanger geworden sei. Ihre beiden Eltern hätten etwas gegen die Beziehung gehabt. Seine Beziehung zu seinen Schwiegereltern beschrieb er als distanziert. Wie die Eigentums- und Besitzverhältnisse von Familienangehörigen unter anderem an zwei Häusern sowie einer Wiese waren und welche Änderungen es zu welchem Zeitpunkt aufgrund von Erbschaften gab, konnte er darstellen. Bezüglich der drei Pferde, die auf einer dem Großvater gehörenden Wiese gehalten wurden, und die nach dem Befundbericht "eine Ressource" für die Klägerin waren, wusste der Zeuge lebhaft und detailliert zu berichten. Er erzählte unter Nennung der Namen der Pferde, dass und wann die Klägerin das eine für 1.500,00 EUR, das zweite für 1.800,00 EUR und das dritte für 500,00 EUR gekauft hatte. Auf der Wiese sei dann auch ein Unterstand für die Pferde gebaut worden. Nachdem der Cousin der Klägerin, auf den die Wiese übergegangen sei, die Wiese verkauft habe, habe die Klägerin ein Pferd für 500,00 EUR verkauft, welches kürzlich gestorben sei. Für die Kosten eines zweiten Pferdes komme die Tochter auf, für die das Pferd gekauft worden sei. Auch zu Gerichtsverfahren, an denen er oder die Klägerin beteiligt waren, machte er eingehende Aussagen.
Demgegenüber waren die Aussagen des Ehemannes der Klägerin zu entscheidungserheblichen Punkten ungenau oder vage oder er gab an, sich nicht erinnern zu können.
So antwortete er auf die Frage, ob es für die tatsächliche Zahlung der Mutter der Klägerin einen schriftlichen Beleg gebe, dass sie dies gegenüber der Familienkasse angegeben habe. Auf die Nachfrage, ob es von seiner Schwiegermutter oder seiner Ehefrau einen schriftlichen Beleg gebe, antwortete, dass er dies nicht wisse. Auf den Vorhalt der Erklärung über Unterhaltszahlung seiner Schwiegermutter vom 17. April 2019 sowie dem Hinweis, dass dort von keiner Rückzahlungspflicht gesprochen werde, äußerte er, dass er dies nicht wisse. Wenn es dort nicht stehe, dann sei es so.
Gleichzeitig gab er aber an, dass er die Erklärungen seiner Schwiegermutter formuliert habe. Er habe ihr gesagt, dass sie alles durchlesen solle, ob alles richtig sei. Das habe er seiner Frau gesagt.
Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der Aussagen des Ehemannes der Klägerin zu Datenangaben in Erklärungen seiner Schwiegermutter. Nach ihrer Erklärung vom 28. Mai 2019 zahlte sie von Ende August 2018 bis Ende März 2019 jeweils 300,00 EUR monatlich und am 30. April 2019 nochmals einen Betrag von 30,00 EUR an ihre Tochter. Diese soll am 30. April 2018 [gemeint ist wohl: 2019] einen Betrag von 270,00 EUR und am 26. Mai 2018 einen Gesamtbetrag von 1.822,00 EUR für die Monate September 2018 bis April 2019 zurückgezahlt haben. Zu dem verbleibenden Differenzbetrag von 608,00 EUR gab die Mutter der Klägerin an, dass dieser "für die drei Monate Juni 2019, Juli 2019 und August 2018 anzurechnen als einen Betrag von 582,00 EUR" sei. Hierzu äußerte der Ehemann der Klägerin, dass er sich diese Angaben nicht erklären könne; sie seien für ihn heute nicht mehr logisch nachvollziehbar. Seit Juli 2019 hätten sie nichts mehr gebraucht, weil wegen der Erhöhung seiner Rente zum 1. Juli 2019 das Geld zusammen mit dem abgezweigten Kindergeld ausgereicht habe, um die 900,00 EUR-Grenze zu erreichen. An die von der Klägerin mitgeteilte Rückzahlung eines Betrages von 270,00 EUR am 30. April 2018 [gemeint ist wohl: 2019] vermochte er sich nicht zu erinnern. Auf Nachfrage, dass nach seinen Angaben an seine Schwiegermutter monatlich ein Betrag von 194,00 EUR zurückgezahlt werden sollte, dass danach von den 300,00 EUR ein Restbetrag von 106,00 EUR übrigbleibe und was mit diesem Restbetrag habe geschehen sollen, antwortete der Zeuge, dass er sich an die Beträge im Einzelnen nicht mehr erinnern könne. So wie es in den Erklärungen stehe, stimme es. Auf die Frage, weshalb ausweislich des Kontoauszuges zum Teil eher kleinere zweistellige Beträge überwiesen oder abgebucht worden seien, dass für das Geld an seine Schwiegermutter aber ein Betrag von 2.000,00 EUR abgehoben worden sein soll, erklärte der Zeuge nur, dass sie ihnen das Geld doch auch in bar gegeben habe. Auf den Vorhalt, dass er erklärt habe, dass die Rückzahlung an seine Schwiegermutter habe erfolgen sollen, sobald er das Geld aus der Kindergeldabzweigung erhalte, die Zahlungen im Januar 2019 begonnen hätten und damals auch die Nachzahlung erfolgt sei, die Rückzahlung aber erst im Mai 2019 erfolgt sei, antwortete der Zeuge, dass er das nicht mehr wisse. Vielleicht hätten sie damals andere Verpflichtungen gehabt. Er erinnere sich nicht daran, dass seine Schwiegermutter sich danach erkundigt habe, ob das Kindergeld schon gezahlt werde.
(2.2.4) Zusammenfassend ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die ersten Angaben der Klägerin und ihrer Mutter glaubhaft sind. Darin wurde lediglich angegeben, dass die monatlichen Zahlungen von 300,00 EUR dem Zweck dienten, die in § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG a. F. geforderte Mindesteinkommensgrenze von 900,00 EUR zu erreichen. Weder wurde eine Rückzahlungspflicht als solche noch die Höhe, der Zeitpunkt oder die Modalitäten für eine etwaige Rückzahlung erwähnt.
Dass eine anteilige Darlehensgewährung nicht nur nicht angesprochen wurde, sondern zum damaligen Zeitpunkt auch nicht beabsichtigt war, erscheint plausibel. Denn nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG a. F. musste die Person, die Kinderzuschlag beanspruchte, "über Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II […] verfügen". Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen, als Einkommen zu berücksichtigen. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass Privatdarlehen kein Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II darstellen. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt als lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R – BSGE 106, 185 ff. = SozR 4-4200 § 11 Nr. 30 = juris Rdnr. 16 [zum Darlehen von Verwandten]; BSG, Urteil vom 8. Dezember 2020 – B 4 AS 30/20 R – BSGE 131, 123 ff. = SozR 4-4200 § 11 Nr. 89 = juris Rdnr. 15 ff. [zum Studentenkredit]; Schmidt/Lange, in: Luik/Harich, SGB II [6. Aufl., 2024], § 11 Rdnr. 22, m. w. N.; Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [5. Aufl., 2020], § 11 Rdnr. 68, m. w. N.). Wenn tatsächlich, wie von der Klägerin, ihrem Ehemann und ihrer Mutter später behauptet, von Anfang an in den monatlichen Zahlungen ein Darlehensanteil von 194,00 EUR enthalten gewesen wäre, wäre von der Mutter der Klägerin nur ein monatlicher Betrag von 106,00 EUR zuschussweise gezahlt worden. Dieser Betrag hätte nicht ausgereicht, um die Mindesteinkommensgrenze von 900,00 EUR zu erreichen, und zwar unabhängig davon, ob der Brutto- oder Nettobetrag der Erwerbsminderungsrente des Ehemanns der Klägerin für die Berechnung zugrunde gelegt worden wäre. Weil damit die Anspruchsvoraussetzung aus § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG a. F. nicht erfüllt gewesen wäre, hätte der Klägerin kein Anspruch auf Kinderzuschlag bereits dem Grunde nach zugestanden.
Nach dem Gesamteindruck war der Ehemann der Klägerin der Spiritus Rector, das heißt der geistige Urheber und die treibende Kraft bezüglich des Verzichtes auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II und des Finanzierungskonstrukts zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung aus § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG a. F.. Gegenüber der Klägerin hatte ihr Ehemann, wie im Befundbericht mitgeteilt, in finanziellen Angelegenheiten das Heft in der Hand. Dies beruhte nicht nur auf den persönlichen Verhältnissen zwischen beiden, sondern auch auf dem unterschiedlichen intellektuellen Niveau beider. Während die Klägerin über keinen Schul- und keinen Berufsabschluss verfügt und angab, an einer Intelligenzminderung und einer Lese- und Rechtschreibschwäche zu leiden, machte ihr Ehemann, als sie sich kennenlernten, einen Abschluss als Industriekaufmann.
Auch in Bezug auf seine Schwiegermutter stellen sich im vorliegenden Zusammenhang die Verhältnisse nicht anders dar. So gab der Ehemann der Klägerin in der mündlichen Verhandlung an, dass sie wohl die Hilfsschule besucht habe. In der DDR habe sie bei einem Hersteller für Kunstblumen gearbeitet. Seitdem er seine Frau kenne, habe sie in einem Hotel als Zimmermädchen gearbeitet. Zudem vermittelte der Ehemann der Klägerin in der mündlichen Verhandlung den Eindruck, dass er – abgesehen von "Erinnerungslücken" zu entscheidungserheblichen Punkten – mit finanziellen Angelegenheiten gut vertraut ist.
Der Klägerin – oder ihrem Ehemann – ist bei der Änderung des Vortrages zu den Umständen der finanziellen Unterstützungsleistungen durch die Mutter der Klägerin möglicherweise ein Denkfehler unterlaufen. So wurde offenbar davon ausgegangen, dass sich mit der Bewilligung der Kindergeldabzweigung durch die Familienkasse Berlin-Brandenburg im Bescheid vom 28. Dezember 2018 rückwirkend ab Juli 2018 sowie mit der erfolgten Nachzahlung der Bedarf an einer zuschussweisen Zahlung von "Unterhalt" im Umfang des monatlichen Betrages der Kindergeldabzweigung erledigt habe. Hierbei wurde allerdings übersehen, dass die Nachzahlung des Kindergeldes nicht auf die in der Vergangenheit liegenden Monate zurückwirkt (vgl. § 11 Abs. 3 SGB II). Ferner war wohl nicht bekannt, dass ein Darlehen eines Familienangehörigen nicht als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II berücksichtigt wird.
Bezüglich der Erklärungen der Klägerin und ihrer Mutter, die vom Ehemann der Klägerin formuliert, zumindest aber inhaltlich mit verantwortet wurden, ist zudem festzustellen, dass die Verantwortung für ungewünschte Geschehnisse und Ereignisse bei anderen gesucht wird. Dies gilt zum Beispiel für die vermeintlich verzögerte Entscheidung über die Abzweigung von Kindergeld, die auslösenden Ereignisse für spätere Gerichtsverfahren oder für die Fehlgeburt, die die Klägerin im Jahr 2020 erlitt.
Dafür, dass die Klägerin oder ihr Ehemann ab einem bestimmten Zeitpunkt den Überblick über das Verfahren betreffend den Kinderzuschlag und die Zusammenhänge verloren, spricht auch, dass Veranlassung gesehen wurde, kurzfristig eine Rückzahlung von 1.822,00 EUR vorzunehmen oder zumindest zu behaupten, um eine Rückforderung von 982,00 EUR abzuwenden. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten machte dies keinen Sinn.
Auf die Frage, ob die Klägerin und ihre Mutter möglicherweise erst im Nachhinein, eventuell im Mai 2019, eine Abmachung dahingehend getroffen haben könnten, dass ein Teil der finanziellen Unterstützung der Mutter als Darlehen zu behandeln sei, und ob und gegebenenfalls welche Bedeutung dies für den Anspruch auf Kinderzuschlag haben könnte, muss nicht eingegangen werden. Von der Klägerin, ihrem Ehemann und ihrer Mutter wurde nämlich geltend gemacht, dass eine solche Abmachung von Anfang an bestanden habe.
(2.2.5) Eine weitere Sachaufklärung ist nicht geboten.
Die Klägerin gab sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Gerichtsverfahren schriftliche Stellungnahmen ab. In ihrer schriftlichen Äußerung vom 26. August 2019 in einem Verfahren wegen des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit erklärte sie unter anderem an, dass ihr Ehemann alle organisatorischen Dinge für die gesamte Familie allein erledige, bei Bedarf mit ihrer Zustimmung. Ausweislich ihrer Angaben im Befundbericht vom 13. Februar 2025 habe ihr Ehemann die Kontrolle über die familiären Finanzen. Zu der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit einer Geltungsdauer vom 8. April 2025 bis zum 11. April 2025 brachte die Klägerin die Anmerkung "Verhandlungsunfähigkeit am Donnerstag, 10.04.2025 […]" an. Weder die Klägerin noch ihre Prozessbevollmächtigte bekundeten vor oder im Termin der mündlichen Verhandlung, dass eine Teilnahme der Klägerin an einer mündlichen Verhandlung gewünscht wird. Der Senat versteht dies alles dahingehend, dass die Klägerin aus ihrer Sicht umfassend zur Sache vorgetragen hat. Auch die Klägerbevollmächtigte und die Beklagtenvertreterin haben in der mündlichen Verhandlung auf eine entsprechende Frage auf die Befragung der Klägerin verzichtet.
Die Mutter der Klägerin, die nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt ist, hat hiervon schriftlich Gebrauch gemacht (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 386 Abs. 1 ZPO). Ihre Aussagen, die sie vor der Erklärung, ihr Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch nehmen zu wollen, getätigt hat, können verwertet werden (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO [35. Aufl., 2024], § 383 ZPO Rdnr. 6).
Der Ehemann der Klägerin, der ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO hat, hat hierauf verzichtet und Aussagen gemacht.
Weitere Erkenntnismittel außer den vorliegenden Unterlagen sind nicht bekannt und sind auch von den Beteiligten nicht mitgeteilt worden.
b) Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig.
(1) Es liegt kein Anhörungsmangel vor.
(1.1) Dies folgt zwar nicht aus § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X. Danach kann von der Anhörung, die gemäß § 24 Abs. 1 SGB X grundsätzlich vor dem Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes erforderlich ist, abgesehen werden, wenn einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen. Diese Ausnahmeregelung ist aber nur einschlägig, wenn es sich um Einkommen des Betroffenen selbst handelt (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 2/13 R – SozR 4-4200 § 38 Nr. 3 = juris Rdnr. 19; Apel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X 3. Aufl., 2023, § 24 SGB X Rdnr. 67). Dies war hier nicht der Fall, weil Einkommen des Ehemanns der Klägerin angerechnet wurde.
(1.2) Allerdings ist für den auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützten Rücknahmebescheid § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X einschlägig. Danach kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll. Die Beklagte stützte diesen Bescheid ausschließlich auf tatsächliche Angaben und Unterlagen, die die Klägerin gemacht und eingereicht hatte. Die Beklagte ging insbesondere entsprechend den von der Klägerin vorgelegten Angaben ihrer Mutter davon aus, dass es sich bei deren Zahlungen an ihre Tochter, die Klägerin, die sie noch in der Erklärung vom 17. April 2019 als "Unterhaltszahlung" bezeichnete, um Geldzuwendungen handeln sollte, die bei ihrer Tochter verbleiben sollten.
Bei der Bezeichnung einer Geldzahlung als "Darlehen" oder "Zuschuss" handelt es sich um die Angabe einer "Tatsache" im Sinne von § 24 Abs. 1 SGB X und § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X und nicht nur um eine rechtliche Wertung, weil das Bestehen oder Nichtbestehen einer Rückzahlungspflicht eine Tatsache ist.
Zu beachten ist hierbei aber, dass die Entscheidung, ob von einer Anhörung abgesehen werden soll, im Ermessen ("kann") der zuständigen Behörde steht. Die in diesem Zusammenhang maßgebende Frage, ob die Behörde im eingreifenden Verwaltungsakt selbst zu dokumentieren hat, dass sie erkannt hat, dass ihr ein Ermessen zusteht und welche Ermessensgesichtspunkte sie bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat, oder ob sie dies, weil nur eine Verfahrensentscheidung und keine Sachentscheidung betroffen ist, noch im Gerichtsverfahren nachholen kann, wird uneinheitlich beantwortet (vgl. die Nachweise zum Meinungsstand in: Sächs. LSG, Urteil vom 4. Mai 2017 – L 3 AL 39/14 – info also 2017, 217 ff. = juris Rdnr. 35. f.; in letzterem Sinn u. a. BVerwG, Urteil vom 29. April 1983 – 1 C 5/83 – DVBl 1983, 997 ff. = NVwZ 1983, 742 ff. = juris Rdnr. 25; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. Juli 2018 – L 3 KG 2/16 – juris Rdnr. 42; Apel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X 3. Aufl., 2023, § 24 SGB X Rdnr. 76 f.).
(1.3) Vorliegend wurde der Mangel, dass die Beklagte vor dem Erlass des Bescheides vom 8. Mai 2019 die Klägerin nicht angehört und auch nicht erkennbar ihr Ermessen, weshalb von einer Anhörung abgesehen werden sollte, ausgeübt hatte, jedoch im Widerspruchsverfahren geheilt.
Nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X kann die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Eine zuvor unterbliebene Anhörung ist nur dann ordnungsgemäß im Verwaltungsverfahren nachgeholt, wenn der Betroffene aus der Begründung des Verwaltungsaktes wissen kann, welche Tatsachen entscheidungserheblich sind, wenn er durch die Rechtsbehelfsbelehrung auf die Widerspruchsmöglichkeit hingewiesen wurde und wenn sein Vorbringen im Widerspruchsbescheid auch gewürdigt wird (vgl. die Nachweise bei Baumeister, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X 3. Aufl., 2023, § 41 SGB X Rdnr. 56). Ein gesondertes Verwaltungsverfahren ist hierfür nicht erforderlich.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Beklagte erläuterte im angefochtenen Aufhebungsbescheid für die Zeit ab Januar 2019, dass sich die Heizkosten reduziert hätten, dass sich das zu berücksichtigende Einkommen erhöht habe, und dass bei der Berechnung des Kinderzuschlages die einmalige Einnahme aus der Kindergeldnachzahlung mit einem Sechstel des Nachzahlungsbetrages angerechnet werde. Sie stellte ferner dar, wie sich dies auf die Höhe des Leistungsanspruches auswirke und welcher Erstattungsbetrag sich daraus ergebe. Die Klägerin nahm die Gelegenheit, sich hierzu äußern zu können, im Widerspruchsschreiben vom 29. Mai 2019 und im Schreiben vom 8. August 2019 wahr.
(2) Der formellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides vom 8. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2019 steht auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin im Zeitraum von März 2022 bis März 2025 in einem Verbraucherinsolvenzverfahren befand. Denn der angefochtene Bescheid war vorher erlassen worden. Ob die Forderung gegebenenfalls noch vollstreckt werden kann, betrifft nicht die Rechtmäßigkeit des Bescheides.
c) Der angefochtene Bescheid in der Fassung des Teileanerkenntnisurteils ist auch materiell rechtmäßig.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
(1) Dass ein Anspruch der Klägerin auf Kinderzuschlag für ihre beiden Kinder nach § 6a BKGG a. F. bestand, wurde unter Buchstabe a Nr. 1 ausgeführt.
(2) Ab Januar 2019 trat in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei dem Erlass des Bewilligungsbescheides vom 17. Oktober 2018 vorgelegen hatten, eine wesentliche Änderung ein. Ab diesem Monat verringerte sich auf Grund der niedrigeren Vorauszahlungen für die Heizkosten (102,00 EUR statt 158,00 EUR) der Bedarf und gleichzeitig erhöhte sich auf Grund des abgezweigten Kindergeldes in Höhe von monatlich 194,00 EUR das anzurechnende Einkommen.
Ferner war der Nachzahlungsbetrag für die Kindergeldabzweigung nach Maßgabe von § 11 Abs. 3 SGB II in der vom 1. August 2016 bis 30. Juni 2023 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) zu berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II a. F. waren einmalige Einnahmen in dem Monat, in dem sie zuflossen, zu berücksichtigen. Zu den einmaligen Einnahmen gehörten auch als Nachzahlung zufließende Einnahmen, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wurden (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II a. F.). Wenn der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat entfallen wäre, war nach § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II a. F. die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Entsprechend dieser gesetzlichen Vorgaben verfuhr die Beklagte.
(3) Die Klägerin kann sich in Bezug auf die teilweise Bewilligungsaufhebung nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
Die Regelung über den Vertrauensausschluss in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X enthält ein sogenanntes intendiertes Ermessen ("soll"). Die Beklagte erkannte dies und machte hierzu im Widerspruchsbescheid knappe, aber ausreichende Ausführungen. Dass eine Ermessensbetätigung erst im Widerspruchsbescheid erfolgt ist, ist unschädlich (vgl. Littmann, in: Hauck/Noftz, SGB X 1. Erg.Lfg. 2025, § 41 Rdnr. 16), weil die Widerspruchsbehörde ihr eigenes Ermessen ausüben muss (vgl. BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 13 R 15/13 R – juris Rdnr. 17).
(4) Die Betragshöhe, in der die Leistungsbewilligung aufgehoben wurde, ist korrekt. Diesbezüglich wird auf die eingehenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 19. August 2019 verwiesen. Soweit die Beklagte in diesem Widerspruchsbescheid die Aufhebungsentscheidung erweitert hatte, korrigierte sie dies im Klageverfahren, sodass es bei der Aufhebungsentscheidung in der Fassung des Bescheides vom 8. Mai 2019 verbleibt.
d) Die Erstattungsforderung beruht auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X und ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Berechnung ist korrekt.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 193, 183 SGG.
V. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.