L 38 SF 159/24 EK AS

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungsklage bei überlanger Verfahrensdauer
Abteilung
38.
1. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 38 SF 159/24 EK AS
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
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Datum
-
Kategorie
Urteil

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung von 2.600,-  Euro zuzüglich Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Oktober 2024 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 2.600,- €  festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Entschädigung für die unangemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Berlin (S 185 AS 2149/16 bzw nach Zurückverweisung S 204 AS 7183/20 WA <Ausgangsverfahren>).

Gegenstand des Ausgangsverfahrens war nach Verbindung zweier Verfahren die Rücknahme eines Eingliederungsverwaltungsakts – im Überprüfungsverfahren – sowie die darauf beruhende Aufhebung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Bürgergeld (seit 1. Januar 2023), Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) iHv 30% des Regelbedarfs (119,70 € mtl) für die Zeit von Dezember 2015 bis (zuletzt) Januar 2016.

Der Kläger erhob am 12. Februar 2016 Klage vor dem SG. Mit – nicht von dem SG-Kammervorsitzenden unterschriebenem Gerichtsbescheid vom 30. Mai 2018 (S 185 AS 2149/16) wies das SG die Klagen ab. Im sich anschließenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ließ das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg die Berufung zu und stellte mit Urteil vom 9. Mai 2019 (L 34 AS 1236/18) fest, dass das „als Gerichtsbescheid bezeichnete Schriftstück“ des SG Berlin vom 30. Mai 2018 keine wirksame Entscheidung über die Klagen sei. Nach Rückgabe der Akten an das SG erhob der Kläger im Juni 2020 eine Verzögerungsrüge. Unter dem 8. August 2022 terminierte die SG-Kammervorsitzende die Sache zum 13. Oktober 2022; mit Urteil vom 13. Oktober 2022 (S 204 AS 7183/20 WA), dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 18. Oktober 2022,  wies das SG die Klagen ab. Die am 16. November 2022 eingelegte Berufung (L 4 AS 1044/22) erledigte sich, nachdem der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung keine Begründung des Rechtsmittels vorgelegt hatte, durch Rücknahme nach § 156 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) am 15. Dezember 2023.

Mit seiner nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH; Antrag vom 14. Juni 2024) durch Beschluss des erkennenden Senats vom 25. September 2024 am 4. Oktober 2024 erhobenen Entschädigungsklage begehrt der Kläger eine Entschädigung wegen überlanger Dauer des beim SG geführten Klageverfahrens iHv 2.600,- € nebst 5% Zinsen seit Rechtshängigkeit, nachdem er vorprozessual fruchtlos eine Entschädigung iHv 5.200,- € bei dem Beklagten geltend gemacht hatte. Die Entschädigungsklage ist dem Beklagten am 16. Oktober 2024 zugestellt worden.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.600,- € nebst 5% Zinsen seit Rechtshängigkeit wegen der unangemessenen Dauer des beim Sozialgericht geführten Verfahrens S 185 AS 2149/16 bzw nach Zurückverweisung S 204 AS 7183/20 WA zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auszugehen sei zwar von einem dem Grunde nach entschädigungspflichtigen Zeitraum von 15 vollen Monaten. Vorliegend sei jedoch eine Wiedergutmachung auf andere Weise als durch Entschädigungszahlung ausreichend. Der Kläger habe im (zweiten) Berufungsverfahren de facto nicht mitgewirkt und damit zum Ausdruck gebracht, dass er kein Interesse an einem zügigen Abschluss des Verfahrens habe. Auf die Schriftsätze des Beklagten vom 5. September 2024 und 28. Oktober 2024 wird Bezug genommen.

Die Gerichtsakten und die Akten des Ausgangsverfahrens haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

 

Entscheidungsgründe

Die Entschädigungsklage ist zulässig und begründet.

Die Entschädigungsklage ist zulässig. Sie ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs. 5 SGG; stRspr; zB Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 27. März 2020 - B 10 ÜG 4/19 R = SozR 4-1720 § 198 Nr 19 - Rn 14 mwN). Die Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) iVm § 202 SGG, wonach eine Entschädigungsklage frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden kann, ist gewahrt. Der Kläger hat im Ausgangsverfahren vor dem SG mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 30. Juni 2020 wirksam eine überlange Verfahrensdauer gerügt und erst am 4. Oktober 2024 - also nach Ablauf von sechs Monaten - Entschädigungsklage erhoben. Auch die sechsmonatige Klagefrist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG hat der Kläger bezogen auf den Eintritt der fiktiven Berufungsrücknahme am 15. Dezember 2023 und die Einreichung des PKH-Antrags für die beabsichtigte Klage am 14. Juni 2024 eingehalten (vgl insoweit bei isolierten PKH-Anträgen BSG, Urteil vom 7. September 2017 – B 10 ÜG 1/17 R – juris – Rn 24), da er anschließend an die PKH-Bewilligung die Klage unverzüglich erhoben hat. Der Eintritt der Rechtshängigkeit, die gemäß § 94 Satz 2 SGG erst mit der Zustellung der Klage beim Beklagten beginnt (hier am 16. Oktober 2024), ist insoweit unerheblich (vgl BSG, Urteil vom 17.12.2020 - B 10 ÜG 1/19 R = SozR 4-1720 § 198 Nr 20 – Rn 16 mwN).

Die Klage ist nicht deshalb bereits unbegründet, weil die Verzögerungsrüge im Juni 2020 verfrüht erhoben worden wäre. Entschädigung in Geld erhält ein Verfahrensbeteiligter gemäß § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat. Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird (§ 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs 1 GVG). Der Antragsteller hat im Ausgangsverfahren am 30. Juni 2020 Verzögerungsrüge erhoben. Diese war auch nicht verfrüht, weil im Juni 2020 auch unter Berücksichtigung der zweitinstanzlichen Bearbeitung durch das LSG objektiv Anlass zur Besorgnis bestand, das Verfahren werde unangemessen lang dauern (zu den Maßstäben für das Tatbestandsmerkmal "Anlass zur Besorgnis" einer Verfahrensverzögerung vgl zB BSG, Urteil vom 9. März 2023 - B 10 ÜG 2/21 R = SozR 4-1720 § 198 Nr 23 – Rn 28 f). Denn aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht eines verständigen Rügeführers (BSG aaO) bestanden aufgrund der seinerzeit schon einen Umfang von mehr als zwölf Monaten betragenden Inaktivitätszeiten objektive Anhaltspunkte für die Besorgnis, das Verfahren werde nicht in angemessener Zeit abgeschlossen. 

Unter Berücksichtigung des „ersten“ Berufungsverfahrens (L 34 AS 1236/18), das seit 5. Juli 2018 anhängig war, mit dem Feststellungsurteil vom 9. Mai 2019 seinen Abschluss fand und letztlich zur Fortführung des (im Hinblick auf den „Scheingerichtsbescheid“ vom 30. Mai 2018 weiterhin beim SG anhängigen) erstinstanzlichen Verfahrens führte, war im Juni 2020 bereits von Inaktivitätszeiten im Umfang von                        27 vollen Monaten auszugehen (Juli 2016, Februar 2017, August und September 2017, Februar bis April 2018, Juli 2018 bis Februar 2020; März 2020 bis Mai 2020 sind wegen der Corona-Pandemie nicht als Inaktivitätszeit zu berücksichtigen, vgl BSG, Urteil vom 11. Juni 2024 - B 10 ÜG 3/23 R -).

Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Hat das Verfahren unangemessen lange gedauert, wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet (§ 198 Abs. 2 Satz 1 GVG). Allerdings kann hierfür eine Geldentschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls eine Wiedergutmachung auf andere Weise, insbesondere durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 Satz 2 GVG).

Für das Ausgangsverfahren ist im Ergebnis von Inaktivitätszeiten im Umfang von 50 vollen Monaten auszugehen (vgl die oben genannten 27 Monate und ferner Juli 2020 bis September 2020 und von Dezember 2020 bis Juli 2022). Als Zeit der Verzögerung ist dabei dem Beklagten insbesondere auch die Dauer des (ersten) Berufungsverfahrens (Juli 2018 bis Mai 2019) anzulasten, auch wenn dieser Zeitbedarf aus einer rechtsstaatlichen Ausgestaltung des Rechtsmittelsystems folgte (vgl hierzu Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Beschlüsse vom 5. Februar 2003 - 2 BvR 29/03 – juris - Rn 9,10, vom 21. Januar 2004 - 2 BvR 1471/03 – juris – Rn 39). Das LSG hat festgestellt, dass es sich bei der Entscheidung vom 30. Mai 2018 mangels Unterschrift des SG-Kammervorsitzenden um einen „Scheingerichtsbescheid“ handelt, so dass das noch nicht beendete und weiterhin beim SG anhängige erstinstanzliche Verfahren fortzusetzen war.  Bei der Beurteilung der Prozessleitung des Ausgangsgerichts hat das Entschädigungsgericht die materiell-rechtlichen Annahmen, die das Ausgangsgericht seiner Verfahrensleitung und -gestaltung zugrunde legt, nicht infrage zu stellen, soweit sie nicht geradezu willkürlich erscheinen. Ob der vom LSG gesehene Verfahrensfehler – durch Nachholung der Unterschrift des SG-Kammervorsitzenden und erneute Zustellung des unterschriebenen Gerichtsbescheides (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 14. Aufl § 134 Rn 2b mwN) - „heilbar“ gewesen wäre, kann daher dahinstehen. Das „erste“ Berufungsverfahren diente damit im Ergebnis der Korrektur eines der Justiz anzulastenden offensichtlichen Verfahrensfehlers (vgl zu diesem Kriterium: BVerfG, Beschluss vom 25. Juli 2003 - 2 BvR 153/03 – juris - Rn 44; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 31. Mai 2001- 37591/97 – juris - Rn 41; vgl auch Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 20. Juni 2014 – 64/14, 64A/14 – Rn 48; vgl zum Ganzen auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Mai 2015 – L 37 SF 37/12 EK VH – juris – Rn 170). Anhaltspunkte dafür, dass der Verfahrensfehler in der Sphäre des Antragstellers bzw seines Bevollmächtigten wurzelte und damit eine andere Betrachtung gerechtfertigt wäre (vgl hierzu BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2005 – 2 BvR 1964/05 – juris - Rn 69), bestehen nicht.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch der Zeitraum gerichtlicher Untätigkeit im Januar und Februar 2021 als Inaktivitätszeit zu berücksichtigen. Die Aufrechterhaltung des Sitzungsbetriebs sowie des allgemeinen Geschäftsablaufs in dieser Zeit trotz weiterhin geltender Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie ist nach Ablauf der Übergangszeit dem Verantwortungs- und Einflussbereich des Staates zuzuordnen. Es oblag den Gerichten und damit dem Staat, geeignete Maßnahmen (zB durch Umbau von Sitzungssälen, Anordnung einer Maskenpflicht, Aufstellen von Desinfektionsmittelspendern) zu ergreifen, um die Gewährung von Rechtsschutz in angemessener Zeit sicherzustellen. Dies war bei dem SG Berlin auch der Fall (vgl auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2023 – L 37 SF 83/22 EK R – juris – Rn 57).

Abzüglich der Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten (st Rspr, vgl zB BSG, Urteil vom 24. März 2022 - B 10 ÜG 4/21 R - BSGE 134, 32 = SozR 4-1720 § 198 Nr 21 - Rn 15 ff) verbleiben damit 38 Monate. Davon werden unter dem Gesichtspunkt der instanzenübergreifenden Kompensation (vgl zB BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/13 R = SozR 4-1720 § 198 Nr 3 – Rn 43) weitere zwölf Monate durch das „zweite“, ohne Inaktivitätszeiten betriebene Berufungsverfahren (L 4 AS 1044/22) kompensiert, so dass sich 26 Monate ergeben. Besondere Umstände des Einzelfalls, die eine andere Betrachtung erforderten, sind nicht ersichtlich.

Der Antragsteller hat durch die Verfahrensverzögerung auch einen Nachteil iSv § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG erlitten und kann dafür eine angemessene Entschädigung verlangen. Nachteil iS des Abs. 1 sind dabei ua sämtliche immateriellen Folgen eines überlangen Verfahrens; dazu gehört nach den Vorstellungen des Gesetzgebers insbesondere die seelische Unbill durch die lange Verfahrensdauer (Gesetzentwurf BT-Drucks 17/3802 S 19). Ein solcher Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird nach § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Umstände im Einzelfall, die geeignet erscheinen, die gesetzliche Vermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG (vgl BSG, Urteil vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75 = SozR 4-1720 § 198 Nr 1) zu widerlegen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Eine nur ausnahmsweise (vgl BSG aaO) in Betracht zu ziehende Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG iVm § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG scheidet aus, weil das Verfahren für den Antragsteller nicht unbedeutend war und er auch durch sein Verhalten jedenfalls nicht erheblich zur Verzögerung des erstinstanzlichen Verfahrens beigetragen hat. Verfahren nach dem SGB II haben regelmäßig eine überdurchschnittliche Bedeutung für den Leistungsempfänger (vgl zB BVerfG <Kammer>, Beschluss vom 10. Januar 2023 - 1 BvR 1346/22 ua – juris – Rn 13). Dass die für Dezember 2015 bzw Januar 2016 sich ergebenden Minderungsbeträge im Umfang von jeweils 119,70 € wirtschaftlich für den Kläger lediglich von geringer bzw zu vernachlässigender Bedeutung gewesen wären, ist nicht ersichtlich. Zudem stand auch die Wirksamkeit eines Eingliederungsverwaltungsakts im Streit. Die Bedeutung des Verfahrensausgangs für den Antragsteller lässt sich auch nicht mit Blick auf etwaig fehlende Erfolgsaussichten und ein etwaiges Nichtbetreiben (nur) des Berufungsverfahrens verneinen. Der Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit soll ua gerade eine lange Unsicherheit des Entschädigungsklägers über seine Ansprüche und die damit verbundenen seelischen Folgen (vgl Gesetzentwurf BT-Drucks 17/3802 S 19) vermeiden.

Auch ein Ausnahmefall nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG, der ein Absehen von der Regelentschädigung iHv 1.200,- € für jedes Jahr der Verzögerung (§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG) zuließe, ist nicht erkennbar. § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG eröffnet die Möglichkeit der Absenkung des Regelbetrages nur für Ausnahmefälle. Das zu beurteilende Verfahren muss sich durch eine oder mehrere entschädigungsrelevante Besonderheiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von vergleichbaren Fällen abheben (vgl BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 – B 10 ÜG 11/13 R – juris - Rn 39, vgl auch Urteil vom 7. September 2017 – B 10 ÜG 1/16 R – juris - Rn 51 f). Berücksichtigungsfähig sind insoweit etwa eine außergewöhnlich geringe Bedeutung des Verfahrens für den Betroffenen oder aber auch eine nur kurzzeitige Verzögerung (vgl BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 – B 10 ÜG 11/13 R – Rn 39). Beides ist hier indes – wie dargelegt – nicht der Fall.

Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Prozesszinsen ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 288 Abs. 1291 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Diese Vorschriften sind im Rahmen von Entschädigungsklagen (auch) in den öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten anwendbar, weil Spezialregelungen, die den allgemeinen Anspruch auf Prozesszinsen verdrängen könnten, nicht bestehen (vgl BSG, Urteile vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 9/13 R – juris - Rn 52; – B 10 ÜG 12/13 R – juris - Rn 61 und – B 10 ÜG 2/14 R – juris – Rn 54). Dabei beginnt die Zinspflicht in analoger Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit, hier also am  17. Oktober 2024.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung, die – unanfechtbare - Streitwertfestsetzung aus § 197a SGG iVm § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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