L 2 R 35/25

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Lüneburg (NSB)
Aktenzeichen
S 1 R 111/21
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 2 R 35/25
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Nur vorläufig bewilligte Leistungen nach dem SGB II begründen keine Anrechnungszeit im Sinne des § 252 Abs. 10 SGB VI, soweit die zunächst ausgesprochene vorläufige Bewilligung auf ein betrügerisches Vorgehen des Leistungsempfängers zurückzuführen war und in der Folgezeit durch eine den Leistungsanspruch versagende endgültige Bewilligung ersetzt worden ist.

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 9. Januar 2025 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der geltend gemachte Anspruch hängt insbesondere davon ab, ob der Kläger im Zeitraum November 2010 bis März 2013 in einem solchen Umfang Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt, dass im Ergebnis die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erhalten geblieben sind.

Der am 04.12.1965 geborene Kläger hat nach dem Besuch der polytechnischen Oberschule von 1982 bis 1984 in der DDR eine Lehre als Instandhaltungsmechaniker für Kraftwerksanlagen absolviert und war danach bis 2009 bei unterschiedlichen Arbeitgebern u. a. als Montageschlosser, Schlosser, Instandhaltungsmechaniker tätig. Im Versicherungsverlauf der Beklagten vom 10.03.2025 sind ab 01.09.1982 Beitragszeiten mit Pflichtbeiträgen erfasst, zunächst im Wesentlichen bis 1995. Nach dem Bezug von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit folgen weitere unterbrochene Beitragszeiten bis 2002, sodann Leistungen der Bundesagentur für Arbeit bis 2004. 2005 bis 2007 ist ein Bezug von Arbeitslosengeld II zum Schluss ohne Arbeitslosigkeit erfasst. Vom 01.03.2007 bis 31.10.2010 sind ununterbrochene Pflichtbeitragszeiten, ab 31.08.2008 aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II erfasst.

Von 2009 bis zum 31.03.2013 war der Kläger nach eigenen (im Rahmen einer 2014 durchgeführten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme gemachten) Angaben als Selbständiger mit einer 50-Stunden-Arbeitswoche „im Ausbauunternehmen“ tätig (S. 4 des Reha-Entlassungsberichts des Rehazentrums {I.} vom 11.04.2014). Er sei zwar seit April 2013 arbeitsunfähig, zuvor habe er jedoch als Bauunternehmer gearbeitet.

Das Jobcenter {J.} (dessen Aufgaben bis 2011 von der Agentur für Arbeit in {K.} bzw. dem dortigen Landkreis wahrgenommenen wurden, vgl. zum Aufgabenübergang zum Jahreswechsel 2011/2012 auch das Schreiben des Jobcenters vom 6. Juli 2012, Bl. 698 VV; im Folgenden bezieht sich der Begriff des Jobcenters im Interesse der besseren Verständlichkeit auf die seinerzeit jeweils zuständige Stelle) hatte zuvor dem Kläger und seiner Familie mit Bescheiden vom 08.10.2010, 01.12.2010 und 28.04.2011 für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.10.2011 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bewilligt, nachdem der Kläger insbesondere im September 2010 eine Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit vorgelegt hatte, ausweislich derer er ab September 2020 eine selbständige Tätigkeit im Bereich Hausmeisterservice ausüben wollte. In den Anlagen zu dieser Erklärung hatte der Kläger seinerzeit angegeben, dass er für die Monate November 2010 bis April 2011 aus dieser selbständigen Tätigkeit monatliche Bruttoeinnahmen in Höhe von jeweils 0 Euro erwarte, Betriebsausgaben seien ebensowenig zu erwarten (vgl. Bl. 478 ff. der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Jobcenters).

In einer Eingliederungsvereinbarung vom 17. Oktober 2011 (vgl. den Band 3 der Verwaltungsvorgänge des Jobcenters vorgeheftete Ausfertigung) war insbesondere Folgendes festgehalten worden: „Ausübung der Selbständigkeit im Hauptgewerbe ab 01.09.2020 mit dem Ziel der Beendigung der Hilfebedürftigkeit; Frist noch bis Januar 2012. Sollte es nicht zu anrechenbaren Einkommen aus Selbständigkeit kommen (sprich kein pos. Entwicklung erkennbar sein), dann wieder Orientierung in sv.-pfl. Beschäftigung“.

Mit Schreiben vom 27. September 2011 forderte das Jobcenter die Eheleute insbesondere auf, für die Monate November 2011 bis April 2012 eine Einkommensvorausschau für die selbständige Tätigkeit des Klägers vorzulegen. Daran wurde mit Schreiben vom 18. Oktober 2011 erinnert. Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tage wurde der Kläger aufgefordert, die tatsächlichen Betriebseinnahmen und -ausgaben für den Zeitraum November 2010 bis April 2011 nachzuweisen.

Eine Reaktion des Klägers bzw. seiner Ehefrau auf diese Aufforderungen hat es nach Maßgabe der Verwaltungsvorgänge des Jobcenters seinerzeit nicht gegeben.

Mit Bescheid vom 10. November 2011 versagte das Jobcenter angesichts der nicht vorgelegten Unterlagen Leistungen ab November 2011; an die Vorlage von Einkommensunterlagen für den Zeitraum November 2010 bis April 2011 wurde mit weiterem Schreiben vom gleichen Tage erinnert (vgl. auch Erinnerungs- und Anhörungsschreiben vom 9. Dezember 2011, Bl. 637 der Verwaltungsvorgänge des Jobcenters, sowie Anhörungen vom 5. März 2012, Bl. 656, 665 und 670 VV, und vom 6. Juli 2012, Bl. 695 VV).

Mit Schreiben vom 29. November 2011 wandte sich die Ehefrau an das Jobcenter und begehrte auch ihrerseits eine Aufhebung der Hilfen zur Unterstützung des Lebensunterhalts ab Anfang November 2011. Die Auftragslage ihres Ehemanns sei für die folgenden Monate als „sehr positiv“ einzuschätzen (Bl.627 der Verwaltungsvorgänge des Jobcenters). Weitergehende Reaktionen des Klägers oder seiner Ehefrau auf die angeführten Aufforderungen des Jobcenters zur Vorlage von Einkommensnachweisen sind nicht ersichtlich.

Mit Bescheiden vom 6. Juli 2012 (Bl. 687, 692, 698 VV) nahm das Jobcenter angesichts der unterbliebenen Vorlage von Einkommensnachweisen eine endgültige Festsetzung der für den Kläger und seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder sowie für die Ehefrau mit Bescheid vom 28. April 2011 zunächst vorläufig für die Monate Mai bis Oktober 2011 bewilligten Leistungen und entsprechend die mit den vorausgegangenen Bescheiden für den Zeitraum November 2010 bis April 2011 zunächst vorläufig bewilligten Leistungen mit dem Maßgabe vor, dass endgültig jeweils ein Leistungsanspruch in Höhe von null Euro festgestellt wurde; die Eheleute wurden zur Erstattung der erbrachten Leistungen aufgefordert. Die Bescheide sind bestandskräftig geworden, nachdem keine Reaktion der Eheleute zu verzeichnen war (vgl. auch Bescheid vom 17. Januar 2014, Bl. 1062 VV, wonach im Hinblick auf die insgesamt zurückzuerstattenden Beträge in Höhe von 16.523,03 € ein monatlicher Betrag in Höhe von einem Euro für jedes der fünf Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft mit den Ansprüchen auf laufende Leistungen aufgerechnet werde; vgl. auch die Hinweise der Ehefrau vom 29. Juli 2013 auf einen damals vorgesehenen Insolvenzantrag, Bl. 909 VV).

Bei einer Vorsprache am 29. April 2013 teilte die Ehefrau mit (Bl. 720 VV), dass die selbständige Tätigkeit des Klägers zum Jahresende 2012 beendet worden sei. Dieser habe „im Moment“ gesundheitliche Probleme und sei depressiv.

Ausweislich des von der Beklagten unter dem Datum vom 10. März 2025 vorgelegten Versicherungsverlaufs (Bl. 125 GA), auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, hat der Kläger bis Oktober 2010 Beitragszeiten aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II und seit April 2013 fortlaufend Anrechnungszeiten aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II zurückgelegt; für die Zeit von November 2010 bis März 2013 sind keine rentenrechtlichen Zeiten erfasst.

Vom 03.04.2014 bis 11.04.2014 wurde im Reha-Zentrum {I.} aufgrund der Diagnosen „rezidivierende Lumboischialgien, Gonalgien, Migräne und arterielle Hypertonie" eine medizinische Reha-Maßnahme durchgeführt. Laut Entlassungsbericht vom 11.04.2014 war der Kläger arbeitsunfähig für die Tätigkeit als Bauunternehmer, aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wies er unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden pro Tag auf.

Am 30.11.2019 erlitt der Kläger einen Hirninfarkt („Posterior-Infarkt rechts bei ACP-Verschluss rechts“). Mit Antrag vom 04.12.2019, per Fax übersandt am 05.12.2019, beantragte er bei der Beklagten eine Anschlussrehabilitation, die daraufhin in der {L.} Klinik in {M.} vom 27.12.2019 bis 17.01.2020 durchgeführt wurde. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 23.01.2020 war der Kläger hiernach sowohl für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch unter drei Stunden pro Tag leistungsfähig. Trotz guter Fortschritte bestünden eine homonyme Hemianopsie nach links sowie Wortfindungsstörungen.

Die Beklagte stellte fest, dass das Leistungsvermögen des Klägers seit dem 05.12.2019 dauerhaft auf unter 3 Stunden pro Tag herabgesetzt ist. Den Reha-Antrag legte die Beklagte gern. § 116 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung aus und lehnte diesen mit Bescheid vom 05.06.2020 ab. Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gern. § 43 Abs. 1, S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI seien nicht erfüllt. Der maßgebliche Fünfjahreszeitraum sei zwar aufgrund von sog. Verlängerungstatbeständen auf die Zeit vom 01.03.2008 bis 04.12.2019 erweitert, in diesem Zeitraum habe der Kläger jedoch nur 32 Monate mit Pflichtbeiträgen. Die Ausnahmen eines Arbeitsunfalls oder eines Eintritts der Erwerbsminderung innerhalb von sechs Jahren nach einer Ausbildung lägen nicht vor.

Der Kläger erhob hiergegen mit Schreiben vom 25.06.2020, eingegangen bei der Beklagten am 29.06.2020, Widerspruch und machte geltend, dass im maßgeblichen Zeitraum vom 01.04.2007 bis 04.12.2019 mit dem Bezug von Arbeitslosengeld II die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Im Übrigen sei der Leistungsfall der Erwerbsminderung aufgrund eines Herzleidens und einer chronischen Nierenfunktionsstörung bereits im April 2013 eingetreten.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2021 zurück. Der Leistungsfall der rentenrelevanten Erwerbsminderung sei beim Kläger am 05.12.2019 eingetreten. Unter Berücksichtigung von Verlängerungszeiten sei der Fünfjahreszeitraum beim Kläger ausgehend von diesem Leistungsfall auf den Zeitraum 01.03.2008 bis 04.12.2019 auszudehnen. In diesem Zeitraum habe der Kläger jedoch nur 32 Monate mit Pflichtbeiträgen. Dabei führe auch der Vortrag des Klägers, dass der Zeitraum vom 01.04.2007 bis 04.12.2019 zu Grunde zu legen sei, zu keinem anderen Ergebnis, ebenso ein vorgetragener Leistungsfall am 24.04.2013. Im dann maßgeblichen verlängerten Fünfjahreszeitraum vom 01.03.2008 bis 23.04.2013 habe der Kläger auch nur 32 Monate mit Pflichtbeiträgen. Vom 01.11.2010 bis 31.03.2013 habe der Kläger aufgrund Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nicht im Bezug von Arbeitslosengeld II gestanden. Es verbleibe deshalb beim aufgezeigten ausgedehnten Fünfjahreszeitraum. Auch eine weitere Ausnahme sei nicht erfüllt. Der Kläger habe die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht vor dem 01.01.1984 erfüllt (§ 241 SGB VI).

Der Kläger hat hiergegen am 25.03.2021 beim Sozialgericht Lüneburg Klage erhoben und zunächst weiterhin den früheren Leistungsfall geltend gemacht. Da vom 03.04.2014 bis 11.04.2014 eine medizinische Reha-Maßnahme durchgeführt worden sei, müsse der Reha-Antrag aus dem Jahr 2014 gern. § 116 Abs. 2 SGB VI in einen Rentenantrag umgedeutet werden. Der Fünfjahreszeitraum sei daher neu zu bestimmen. Außerdem sei die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2013 nicht geklärt.

Das Sozialgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 05.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2021 mit Gerichtsbescheid vom 09.01.2025 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ab dem 01.12.2019 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Der Kläger sei seit seinem Hirninfarkt am 30.11.2019 voll erwerbsgemindert. Ein früherer Leistungsfall lasse sich nicht belegen. Nach dem Entlassungsbericht des Reha-Zentrums {I.} vom 11.04.2014 habe noch ein Leistungsvermögen von sechs Stunden pro Tag bestanden. Zumindest die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.10.2011 sei als Anrechnungszeit zu berücksichtigen. Eine rückwirkende Aufhebung der Gewährung von Arbeitslosengeld II mache eine Anrechnungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ungeschehen. Außerdem sei die in § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI vorgesehene Anrechnungszeit zu berücksichtigen. Wenn ein fehlender Bezug von Arbeitslosengeld II aufgrund der Anrechnung von Einkommen und Vermögen eine Anrechnungszeit nicht beseitige, so müsse dies erst recht für eine rückwirkende Aufhebung von bewilligtem Arbeitslosengeld II wegen der Berücksichtigung von Einkommen gelten. Der Gerichtsbescheid ist der Beklagten am 15.01.2025 zugestellt worden.

Die Beklagte hat hiergegen am 07.02.2025 Berufung eingelegt. Zwar sei davon auszugehen, dass der Leistungsfall der Erwerbsminderung bereits zum Zeitpunkt des Hirninfarkts am 30.11.2019 eingetreten sei, gleichwohl seien auch mit diesem Leistungsfall die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Es würde insbesondere keine Anrechnungszeit gern. § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VI vorliegen. Der Kläger sei dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden, da er nach seinen Angaben im Reha-Entlassungsbericht vom 11.04.2014 in dieser Zeit ca. 50 Stunden/Woche gearbeitet habe. Auch der vorläufige Bezug von Arbeitslosengeld II im streitigen Zeitraum könne zu keiner anderen Beurteilung führen, da die Bewilligung rückwirkend aufgehoben und daher auch die Anrechnungszeit storniert worden sei.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 9. Januar 2025 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er sei vor der Reha-Maßnahme im Jahr 2014 nicht mehr seiner Tätigkeit nachgegangen. Es könne daher nicht von einer die Verfügbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließenden Tätigkeit ausgegangen werden. Die Aufhebung der Leistungen sei nicht wegen des Umstandes erfolgt, dass er dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden habe, sondern weil Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Zutreffend habe das Sozialgericht auf den tatsächlichen Leistungsbezug abgestellt. Er leide an einer Depression, die seit Jahren verhindere, dass er sich um seine Angelegenheiten angemessen kümmere.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, insbesondere auf den weiteren Inhalt der jeweils genannten Schreiben verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die statthafte und zulässige Berufung ist begründet, weil die zulässige Anfechtungs- und Verpflichtungsklage unbegründet ist. Der Bescheid der Beklagten vom 05.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiven öffentlichen Rechten, weil er gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente hat.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI voraus, dass der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert im Sinne einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 bzw. 2 SGB VI ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI hingegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Voraussetzung für einen solchen Rentenanspruch ist nach den genannten gesetzlichen Vorgaben des Weiteren, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hatte, sog. 3/5-Belegung. Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich nach § 43 Abs. 4 SGB VI um Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berücksichtigungszeiten, Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach § 43 Abs. 4 Nummer 1 oder 2 liegt, und Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Die vorstehend genannten Zeiten sind nur zu berücksichtigen, soweit sie nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind.

Im vorliegenden Fall erfüllt der Kläger diese versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht. Zusammen mit dem Sozialgericht und der Beklagten ist festzustellen, dass der Versicherungsfall mit dem Hirninfarkt am 30.11.2019 eingetreten ist. Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger nicht mehr in der Lage, drei Stunden oder länger pro Tag erwerbsfähig zu sein.

Soweit der Kläger einen früheren Leistungsfall namentlich im Hinblick auf ein bereits früher aufgetretenes Herzleiden und eine chronischen Nierenfunktionsstörung geltend gemacht hat, kann ein solcher nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit im Sinne des erforderlichen Vollbeweises festgestellt werden. Die Reha-Einrichtung in {I.} hatte im Entlassungsbericht vom 11.04.2014 eine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von sechs Stunden und mehr pro Tag mit Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne häufige Zwangshaltungen, ohne häufiges Klettern/Steigen, Knien/Hocken, ohne Einwirkung von Zugluft und Nässe und ohne Akkordarbeit bescheinigt. Es lässt sich im Ergebnis nichts dafür objektivieren, dass diese damalige Leistungsbeurteilung der Rehabilitationsklinik nicht zutraf und dass der Kläger bereits seinerzeit nicht einmal mehr körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeiten arbeitstäglich zumindest sechsstündig verrichten konnte. Dafür wird auch von Seiten des Klägers nichts substantiiert vorgetragen. Weitere Möglichkeiten zur Aufklärung des damaligen Gesundheitszustandes und einer daraus womöglich schon seinerzeit resultierenden eingeschränkten Einsetzbarkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt sind nicht ersichtlich; die materielle Beweislast trägt im vorliegenden Zusammenhang der Kläger.

Ausgehend von dem demnach in medizinischer Hinsicht maßgeblichen mit dem Hirninfarkt am 30. November 2019 eingetretenen Leistungsfall sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. In dem insoweit nach § 43 SGB VI maßgeblichen (verlängerten) Fünfjahreszeitraum hat der Kläger schon deshalb nicht die erforderliche Belegung im Umfang von 36 Monaten mit Pflichtbeiträgen im Rahmen der maßgeblichen 60 Monate des Bemessungszeitraums verfügt, weil er nach Maßgabe des insoweit sachlich zutreffenden Versicherungsverlauf der Beklagten vom 10. März 2025 eine Lücke in den rentenrechtlichen Zeiten von November 2010 bis März 2013 und damit für eine Dauer von 29 Monaten aufgewiesen und in der Folgezeit keine weiteren Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt hat. Bei dieser Ausgangslage vermochte er bei Eintritt des Versicherungsfalls im November 2019 die von § 43 SGB VI geforderte sog. 3/5-Belegung nicht aufzuweisen.

Entgegen der Auffassung des Klägers und des Sozialgerichts können auch Teile des im Versicherungslauf festzustellenden Lückenzeitraums von November 2010 bis März 2013 nicht als Anrechnungszeit und damit anwartschaftserhaltend berücksichtigt werden, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Anhaltspunkte für andere anwartschaftserhaltende Zeiten im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI sind bezogen auf diesen Lückenzeitraum noch weniger erkennbar.

Insbesondere hat der Kläger im Zeitraum November 2010 bis März 2013 keine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit zurückgelegt. Der Kläger, der in dem ursprünglich erlernten Beruf eines Maschinenbauers nur rund sechs Jahre nach der Ausbildung gearbeitet hat, hat nach der bis Februar 2008 ausgeübten ungelernten Tätigkeit keine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung mehr ausgeübt hat; das letzte Beschäftigungsverhältnis bestand seinerzeit auch nicht fort. Für das Bestehen einer eventuellen Arbeitsunfähigkeit wäre bei dieser Ausgangslage erforderlich, dass ihm die Gesamtheit der für ihn ohne größere Umstellung und Einarbeitung zugänglichen insbesondere ungelernten Beschäftigungen krankheitsbedingt verschlossen geblieben wäre (vgl. zu diesem Maßstab: BSG, Urteil vom 25. Februar 2004 – B 5 RJ 30/02 R –, BSGE 92, 199-206, SozR 4-2600 § 43 Nr 2, Rn. 26 – 27; vgl. dort auch zu den noch strengeren Maßstäben ab drei Jahren nach der letzten Beschäftigung). Für entsprechend schwerwiegende damalige Einschränkungen des gesundheitlichen Leistungsvermögens lässt sich im Ergebnis umso weniger objektivieren, als der Kläger nachfolgend selbst eingeräumt hat, dass er seinerzeit einer wöchentlich 50stündig beruflichen Tätigkeiten im Baubereich und damit den solche Tätigkeiten prägenden besonderen Anforderungen an die Belastungsfähigkeit gewachsen war.

Auch eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI lag seinerzeit nicht vor. Eine Meldung des Klägers als Arbeitssuchender bei einer deutschen Agentur für Arbeit oder einem zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a des Zweiten Buches (verbunden mit einem Bezug einer öffentlich-rechtlichen Leistung oder einem dem entgegenstehenden zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen) war nicht erfolgt. Insbesondere hatte sich der Kläger auch gegenüber dem Jobcenter seinerzeit nicht arbeitssuchend gemeldet, sondern gerade geltend gemacht, dass ihn eine selbständige Tätigkeit an der Ausübung einer Beschäftigung und dementsprechend auch bereits an der Suche nach einer solchen hindere.

Ebenso wenig ist im Ergebnis bezogen auf den aufgezeigten Lückenzeitraum ein „Bezug“ von Arbeitslosengeld II im Sinne des § 252 Abs. 10 SGB VI (entsprechend der vorausgegangenen Fassung des § 58 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI) festzustellen. Der Kläger, seine Ehefrau und die drei seinerzeit in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder haben zwar von November 2010 bis Oktober 2011 nach Maßgabe der damaligen Vorgaben des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II (in der damals maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Neufassung der Freibetragsregelungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige - Freibetragsneuregelungsgesetz – vom 14. August 2005, BGBl. I, 2407) i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III vorläufige Leistungen zum Lebensunterhalt bezogen; diese vorläufige Leistungsbewilligung ist aber in der Folgezeit mit den im Tatbestand aufgeführten nachfolgenden Bescheiden durch endgültige Entscheidungen ersetzt worden, mit denen der damalige Leistungsanspruch des Klägers auf jeweils null Euro für alle Monate der zunächst vorläufigen Leistungsbewilligung ersetzt worden ist.

Jedenfalls in Fallgestaltungen der vorliegenden Art begründet die nur vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II keinen „Bezug“ solcher Leistungen im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VI a.F. und der nunmehr maßgeblichen Übergangsvorschrift des § 252 Abs. 10 SGB VI.

Dem Kläger ist allerdings zuzugestehen, dass der Wortlaut des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VI auch ein Verständnis ermöglicht, wonach bereits der tatsächliche Bezug von Leistungen nach dem SGB II auf der Basis ihrer vorläufigen Bewilligung diese auch dann als „bezogen“ im Sinne dieser Vorschriften qualifizieren könnte, wenn die zunächst ausgesprochene vorläufige Bewilligung in der Folgezeit durch eine keinen Leistungsanspruch mehr ausweisende endgültige Bewilligung ersetzt wird.

Der Begriff des Leistungsbezugs kann kontextabhängig unterschiedlich verstanden werden (vgl. zu § 105b AFG etwa BSG vom 29.3.2001 - B 7 AL 14/00 R - juris RdNr 15 mwN; BSG, Urteil vom 6. Juni 2023 – B 11 AL 38/21 R –, BSGE 136, 112, Rn. 26). Unter dem „Bezug“ einer Rente wird im Ausgangspunkt deren tatsächliche Auszahlung verstanden (vgl. BSG, Urteil vom 27.1.1994 - 5 RJ 18/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 43). Der von § 26 Abs 2 Nr 3 SGB III vorausgesetzte „Bezug“ einer Rente wegen voller Erwerbsminderung von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erfordert nicht nur deren Bewilligung, sondern auch die tatsächliche Auszahlung (BSG, Urteil vom 6. Juni 2023 – B 11 AL 38/21 R –, BSGE 136, 112, Rn. 26).

Für eine entsprechend weite Auslegung könnte auch sprechen, dass eine nur darlehnsweise erfolgte Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II nach den ausdrücklichen gesetzlichen Vorgaben des § 252 Abs. 10 SGB VI keine Anrechnungszeit beinhaltet. Dies könnte dahingehend zu verstehen sein, dass der Gesetzgeber im Übrigen alle Bewilligungsformen und damit auch die nur vorläufige unabhängig von ihrer Aufrechterhaltung im weiteren Verlauf als anrechnungszeitbegründend angesehen hat. Andererseits ist natürlich auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der Gesetzgeber diese Sonderform der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II bei der Ausgestaltung der die vormalige Regelung des § 58 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI übernehmenden Vorgaben des § 252 Abs. 10 SGB VI übersehen haben könnte.

Klare gesetzliche Zielvorgaben, die im vorliegenden Zusammenhang konkrete Auslegungshinweise vermitteln könnten, sind im Ergebnis nicht festzustellen. Es bestehen bereits hinsichtlich der maßgeblichen Regelungsziele Unklarheiten. Es erschließt sich nicht hinreichend deutlich, weshalb der Gesetzgeber einen Bezug von ergänzenden Leistungen dem SGB II durch Erwerbstätige, welche einer nicht der Rentenversicherungspflicht unterliegende selbständige Tätigkeit ausüben, überhaupt als Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI und dementsprechend unter Einbeziehung des § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI als anwartschaftserhaltende Zeit zur Aufrechterhaltung einer Anwartschaft auf eine Erwerbsminderungsrente ausgestaltet hat.

Mit der Ausgestaltung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente hat der Gesetzgeber insbesondere auch die Zielvorstellung zum Ausdruck gebracht, die Leistungen der Rentenversicherung für den Fall einer Erwerbsminderung auf die Versicherten zu konzentrieren, welche während ihres (in den letzten Jahren vor Eintritt des Leistungsfalls zurückgelegten) Versicherungslebens der Solidargemeinschaft durch Entrichtung von einkommensbezogenen Pflichtbeiträgen solidarisch verbunden gewesen sind (BVerfG, B.v. 8. April 1987 – 1 BvR 564/84 –, BVerfGE 75, 78, Rn. 71). Die Ausübung einer selbständigen nicht der Rentenversicherungspflicht unterliegenden Tätigkeit lässt aber keine entsprechende solidarische Verbundenheit mit der Versichertengemeinschaft erkennen. Von diesem Ansatz aus leuchtet es eher weniger ein, dass eine solche selbständige Erwerbstätigkeit gleichwohl (aber auch nur dann) in Bezug auf Erwerbsminderungsrentenansprüche sich anwartschaftserhaltend auswirken soll, wenn ein ergänzender Bezug von Leistungen nach dem SGB II hinzutritt (wie dies der klare Wortlaut des § 43 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 252 Abs. 10 SGB VI zum Ausdruck bringt).

Verfassungsrechtliche Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung der für Erwerbsminderungsrentenansprüche anwartschaftserhaltenden Zeiten, aus denen sich dann ggfs. Rückschlüsse im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung ziehen ließen, lassen sich im vorliegenden Zusammenhang nicht konkretisieren. Das BVerfG hat in diesem Zusammenhang bislang lediglich festgehalten, dass ein Wegfall zunächst gegebener versicherungsrechtlicher Voraussetzungen den Anforderungen des Art. 14 GG an eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht genüge, soweit den Betroffenen nicht die Gelegenheit eröffnet werde, ihre Anwartschaften durch die Leistung monatlicher Mindestbeiträge aufrechtzuerhalten (BVerfG, B.v. 8. April 1987 – 1 BvR 564/84 –, BVerfGE 75, 78, Rn. 72). Diese Ausführungen nahmen entsprechend den seinerzeit zu beurteilenden Fallgestaltungen Bezug auf die Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Mit dieser hatte der Gesetzgeber bei Einführung des Erfordernisses der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum 1. Januar 1984 den betroffenen Versicherten die Möglichkeit eröffnet, einen sonst drohenden Anwartschaftsverlust durch Zahlung freiwilliger Beiträge in Höhe jedenfalls der Mindestbeiträge entgegenzuwirken. Es ist bislang jedoch offen, ob sich aus diesem Ansatz verfassungsrechtliche Beschränkungen auch für ganz anders gelagerte Fallgestaltungen ergeben können, in denen der Verlust der Anwartschaft Jahre bzw. Jahrzehnte nach der erstmaligen Normierung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen aus ganz anderen Umständen wie etwa der Aufnahme einer nicht rentenversicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit resultiert.

In der gebotenen Gesamtschau geht der Senat bei der Auslegung des § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI i.V.m. § 252 Abs. 10 SGB VI für Fallgestaltungen wie der im vorliegenden Fall gegebenen Art davon aus, dass der Gesetzgeber eine nur vorläufige und nachfolgend im Rahmen einer endgültigen Festsetzung aufgehobene Bewilligung von zunächst ausgezahlten Leistungen nach dem SGB X jedenfalls dann nicht als anwartschaftserhaltende Anrechnungszeit gewertet wissen will, wenn bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen ist, dass die zunächst erfolgte vorläufige Bewilligung auf einer Täuschung der Bewilligungsbehörde durch den Leistungsempfänger zurückzuführen ist. Es spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber ein solches letztlich betrügerisches Vorgehen nicht mit der Rechtswohltat einer anwartschaftserhaltenden Anrechnungszeit honoriert wissen will.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger, der im Bewilligungszeitraum noch gegenüber dem Jobcenter die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Hausmeisterservice ohne Erzielung von Einkünften geltend gemacht hat, nachfolgend (im Rahmen der 2014 durchgeführten Rehabilitation) selbst vorgetragen, dass er von 2009 bis zum 31.03.2013 als Selbständiger mit einer 50-Stunden-Arbeitswoche „im Ausbauunternehmen“ tätig gewesen sei.

Für ein seinerzeit betrügerisches Vorgehen spricht auch, dass der Kläger auf die Aufforderung des Jobcenters zur Erläuterung seiner Einkommensverhältnisse im Zeitraum des Bezuges der anfänglich vorläufig bewilligten Leistungen überhaupt nicht reagiert hat. Dieses Verhalten wäre bei einem redlichen Leistungsbezug nicht verständlich. Auch von Seiten des Klägers konnte bei dieser Ausgangslage weder im schriftlichen vorbereitenden Verfahren noch in der mündlichen Verhandlung ein Sachverhalt substantiiert aufgezeigt werden, welcher im Rahmen der gebotenen lebensnahen Betrachtung eine andere Beurteilung als ein betrügerisches Vorgehen gestatten würde.

Vage Hinweise des Klägers auf damalige psychische Probleme verlieren sich letztlich im Ungefähren, zumal auch der Entlassungsbericht über die zeitlich nachfolgende Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2014 diesbezüglich keine ernsthaften Beeinträchtigungen ausweist. Ohnehin wurde der Kläger seinerzeit bei Behördenangelegenheiten auch von seiner zur Bedarfsgemeinschaft zählenden Ehefrau unterstützt. Es ist ebenso wenig erkennbar, dass auch diese seinerzeit über längere Zeiträume hinweg an ernsten psychischen Beeinträchtigungen gelitten haben könnte, aufgrund derer sie den Darlegungsaufforderungen nicht zu entsprechen vermochte.

Da zunächst nur eine vorläufige Bewilligung von Leistungen erfolgt und da in den Anhörungsschreiben des Jobcenters die Risiken einer fehlenden Mitwirkung bei der Aufklärung der tatsächlichen Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum klar aufgezeigt worden sind, musste es sich auch für weniger erfahrende Leistungsbezieher geradezu aufdrängen, im eigenen Interesse ernsthaft und nachhaltig an der Aufklärung mitzuwirken. Wenn der Kläger stattdessen seinerzeit die Aufforderungen zur Darlegung seiner Einkommensverhältnisse gänzlich ignoriert hat, dann hat er im Ergebnis die dann ausgesprochene vollständige Aufhebung der zunächst vorläufig bewilligten Leistungen geradezu provoziert und damit in der Sache letztlich selbst die Lücke in den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bewirkt.

Die Voraussetzungen von § 241 SGB VI sind nicht erfüllt. Insbesondere hatte der Kläger bis zum 01.01.1984 nicht die allgemeine Wartezeit erfüllt. Beitragszeiten sind für ihn erst ab dem 01.09.1982 erfasst. Auch die Voraussetzungen für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung gem. § 53 SGB VI iVm § 43 Abs. 5 SGB VI sind nicht erfüllt. Es liegt weder ein Arbeitsunfall noch eine Berufskrankheit vor. Die Erwerbsminderung ist auch nicht innerhalb von sechs Jahren nach Beginn einer Ausbildung eingetreten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.

 

Rechtskraft
Aus
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