L 3 AS 128/08

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 17 AS 2037/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 128/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Regelungen des § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II und des § 20 Abs. 2a SGB II über das Erfordernis einer vorerigen Zusicherung zum Umzug von Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind nur auf Personen anzuwenden, die zum Zeitpunkt des Umzuges Leistungen nach dem SGB II beantragt haben oder erhalten.
2. Das Zusicherungserfordernis gilt nicht für Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die bereits vor dem Umzug oder jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Umzuges hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II und damit leistungsberechtigt im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II waren, jedoch keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II erhielten oder beantragten.
3. Mit der Regelung des § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II wird nicht das Zustimmungserfordernis erweitert, sondern ein eigener Ausschlusstatbestand geschaffen
4. Die Absicht im Sinne von § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II erfordert ein finales, auf den Erfolg gerichtetes Verhalten; die Herbeiführung für die Leistungsgewährung muss das für den Umzug prägende Motiv gewesen sein. Es genügt nicht, wenn der Leistungsbezug lediglich beiläufig verfolgt oder anderen Umzugszwecken untergeordnet und in diesem Sinne nur billigend in Kauf genommen wird.
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 3. März 2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 25. April 2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des bewilligten Arbeitslosengeldes II streitig.

Die im 1985 geborene Klägerin legte im August 2005 die Prüfung als Fachkraft im Gastgewerbe erfolgreich ab. Am 1. Juli 2006 schloss sie mit K. ’s Hotel & Restaurant einen auf die Zeit vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006 befristeten Arbeitsvertrag ab. Die wöchentliche Soll-Stundenzahl betrug 35 Stunden; als Bruttolohn wurden 640,00 EUR vereinbart. Weiter wurde vereinbart, dass eine Hauptmahlzeit kostenlos gewährt wurde, die zu versteuern war. Nach der Gehaltsabrechnung für September und Oktober 2006 betrug danach das monatliche Bruttoeinkommen insgesamt 692,00 EUR und das Nettoeinkommen 557,94 EUR. Die Gehaltszahlung erfolgte jeweils zum 15. des Folgemonats. Das Arbeitsverhältnis wurde nicht verlängert. Im Anschluss an das Beschäftigungsverhältnis bezog die Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis 22. Februar 2007 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag von 6,23 EUR.

Am 28. August 2006 schloss die Klägerin, die bis dahin bei ihren Eltern gewohnt hatte, einen Mietvertrag über eine 39,90 m² große Wohnung in der M. straße 13 in D. , bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Korridor, einem Bad, einer Toilette sowie einem Kellerraum. Der Mietbeginn fiel auf denselben Tag. Der Mietzins betrug 265,21 EUR monatlich. Hinzu kamen monatliche Vorauszahlungen für Betriebskosten in Höhe von 40,14 EUR sowie für Heizung und Wasserversorgung in Höhe von 45,06 EUR. Die Klägerin schloss mit R. K. , der am selben Tag wie die Klägerin in diese Wohnung einzog, einen Untermietvertrag. Es wurde eine Monatsmiete in Höhe von 132,61 EUR zuzüglich monatlicher Beträge für Betriebskosten in Höhe von 20,07 EUR sowie für Heizung und Warmwasser in Höhe von 22,53 EUR (insgesamt 175,21 EUR) vereinbart.

Die Klägerin holte am 26. Oktober 2006 bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) ab. Sie unterschrieb die Antragsformulare am 16. Januar 2007 und gab die Antragsunterlagen nach Aktenlage erst am 13. März 2007 bei der Beklagten ab. Ebenfalls am 13. März 2007 erklärte die Klägerin, dass der Antrag erst ab 1. Februar 2007 zu prüfen sei, da der Bedarf für die Zeit zuvor auf andere Weise gedeckt sei.

Mit den Antragsunterlagen reichte die Klägerin unter anderem das Schreiben des Sozialamtes der Landeshauptstadt D. vom 4. Dezember 2006 ein. Darin hatte das Amt der Klägerin bescheinigt, dass die Aufwendungen für die Wohnung angemessen seien. Allerdings sei der Umzug nicht notwendig gewesen, weil die Klägerin im elterlichen Haushalt ausreichend Wohnraum gehabt habe und zum Zeitpunkt der Anmietung der eigenen Wohnung erkennbar gewesen sei, dass nur ein auf ein halbes Jahr befristeter Arbeitsvertrag vorgelegen habe.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28. März 2007 wegen fehlender Bedürftigkeit ab.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 3. April 2007 und 11. April 2007 Widerspruch ein und trug vor, dass sie ab dem 23. Februar 2007 kein Einkommen mehr beziehe. Der Antrag auf Kindergeld sei von der Familienkasse B. mit Bescheid vom 1. März 2007 abgelehnt worden.

Aus der Gesprächsnotiz vom 26. Juni 2007 ergibt sich, dass sich R. K. derzeit in Haft befinde. Er habe zuvor die gesamte Miete übernommen. Die Klägerin sei derzeit im Besitz der Kreditkarte von R. K. und bezahle damit die Miete. Das Dezembergehalt sei im Januar 2007 gezahlt worden.

Mit Bescheid vom 27. Juni 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, für die Zeit vom 1. März 2007 bis 30. Juni 2007 in Höhe von 167,79 EUR und für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis 31. Juli 2007 in Höhe von 169,79 EUR. Hierbei wurden die Einkünfte aus der Untervermietung (nach Abzug der Versicherungspauschale) als Einkommen abgezogen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, habe keinen Anspruch auf Leistungen, die über die im Bescheid vom 27. Juni 2007 hinausgingen. Da der kommunale Träger die Zustimmung zum Umzug versagt habe und auch keine weiteren Gründe ersichtlich seien, die eine Pflicht zur Zustimmung begründen würden, sei gemäß § 20 Abs. 2a SGB II bei der Leistungsberechnung 80 % der Regelleistung anzusetzen; Leistungen für Unterkunft und Heizung seien gemäß § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II nicht zu erbringen.

Die Klägerin hat am 18. Juli 2007 Klage erhoben und Leistungen ab dem 23. Februar 2007 begehrt. Sie hat vorgetragen, dass sie zum Zeitpunkt des Einzuges in die Wohnung in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe und sich selbst habe finanzieren können. Sie habe sich berechtigte Hoffnungen auf eine Übernahme gemacht. Sie habe den befristeten Arbeitsvertrag als Einstiegschance aufgefasst, die sich dann leider so nicht ergeben habe. Einer Zustimmung zum Umzug habe es nicht bedurft, weil weder sie noch ihre Eltern Leistungen nach dem SGB II bezogen hätten.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13. September 2007 ein Teilanerkenntnis des Inhalts abgegeben, dass die Anrechnung der Einkünfte aus der Untervermietung in Höhe von monatlich 175,21 EUR zu Unrecht erfolgt sei. Das Anerkenntnis ist mit der Maßgabe abgegeben worden, dass die Einnahme aus der Untervermietung anzurechnen seien, wenn der Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten auch Kosten der Unterkunft zu gewähren seien.

Die Beklagte hat ergänzend zu ihrer bisherigen Rechtsauffassung vorgetragen, dass die zeitliche Abfolge der Termine nahe lege, dass der Umzug nur deshalb erfolgt sei, um die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung herbeizuführen. Nur kurze Zeit nach dem Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses sei die Klägerin ausgezogen, ohne Aussicht auf eine Fortsetzung des befristeten Arbeitsverhältnisses zu haben. Sie habe sich bereits im Dezember 2005 eingehend zu Fragen der Leistungsbeantragung, möglicher Wohnraumgröße und Anrechnung des Elterneinkommens beim zuständigen Leistungsträger erkundigt. Am 30. Januar 2006 habe sie einen Termin zur Abgabe ihres Antrages auf Arbeitslosengeld II gehabt, von dem sie aber wieder Abstand genommen habe. In einer persönlichen Vorsprache am 26. Januar 2006 habe die Klägerin zudem erklärt, dass ihr Einsatz im Hotel K. im Nebenerwerb nur sporadisch erfolge und vom Bedarf des Arbeitgebers abhänge. Die Klägerin habe deshalb zum Zeitpunkt ihres Umzuges damit rechnen müsse, dass ihr Arbeitsvertrag nach Ablauf der Befristung nicht verlängert würde und sie nach dem Wegfall des Einkommens hilfebedürftig werden würde. Der Arbeitgeber habe auch weder für die Zeit nach Ablauf der Befristung eine feste Einstellungszusage erteilt, noch habe der Arbeitsvertrag eine Verlängerungsoption erhalten. Dass die Klägerin auch konkret mit dem alsbaldigen Eintritt der Hilfebedürftigkeit gerechnet habe, zeige sich daran, dass sie bereits im Oktober 2006 und damit lange vor Ablauf der Befristung einen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt habe.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 3. März 2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 25. April 2008 den angefochtenen Bescheid abgeändert und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 1. März 2007 bis 30. Juni 2007 monatlich Leistungen in Höhe von 514,00 EUR und vom 1. Juli 2007 bis 31. Juli 2007 in Höhe von 516,00 EUR zu zahlen. Es hätten weder die Regelleistung gekürzt noch die Kosten für Unterkunft und Heizung versagt werden dürfen. Denn die Klägerin habe vor dem Umzug nicht die Zustimmung des kommunalen Trägers einholen müssen, weil sie weder im Leistungsbezug gestanden habe noch ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II wahrscheinlich gewesen sei. Das Sozialgericht hat bei der Berechnung von den bei der Klägerin angesetzten Unterkunftskosten in Höhe von 175,21 EUR einen Betrag in Höhe von 6,22 EUR für die Warmwasserpauschale abgezogen und einen Anspruch auf Gewährung eines Zuschlages nach § 24 SGB II verneint.

Die Beklagte hat gegen den ihr am 3. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid am 29. April 2008 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Sonderregelungen für unter 25-jährige Personen von folgenden Tatbestandsvoraussetzungen abhängen würden: das Alter der Personen, das Umziehen ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers sowie zusätzlich der Zeitraum bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres und das Nichtvorliegen eines wichtigen Grundes zur Rechtfertigung der Nichteinholung der Zusicherung. Diese Voraussetzungen seien bei der Klägerin erfüllt. Außerdem sei die Klägerin während ihrer Erwerbstätigkeit nach Maßgabe der Berechnungsregelungen des SGB II hilfebedürftig im Sinne des SGB II gewesen.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 3. März 2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 25. April 2008 abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, soweit die Beklagte zur Leistungsgewährung über die gesetzlich zustehenden Leistungen von 276,00 EUR monatlich für die Zeit vom 1. März 2007 bis 30. Juni 2007 und 278,00 EUR für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis 31. Juli 2007 hinaus verpflichtet worden ist.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend zu ihren bisherigen Ausführungen trägt sie vor, dass die maßgebenden Regelungen nach Sinn und Zweck auszulegen seien und auf unter 25-jähre Personen zu beschränken seien, die zum Zeitpunkt des Auszuges in einer Bedarfsgemeinschaft lebten.

Die Klägerin ist in der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2009 befragt worden. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Gegenstand der berufungsgerichtlichen Prüfung ist nur die durch das Sozialgericht ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin für die Zeit vom 1. März 2007 bis 31. Juli 2007 höheres Arbeitslosengeld II zu zahlen. Soweit das Sozialgericht konkludent die Klage hinsichtlich des Zeitraumes vom 23. Februar 2007 bis 28. Februar 2007 abgewiesen hat, ist hierüber nicht zu entscheiden, weil die insoweit beschwerte Klägerin kein Rechtsmittel eingelegt hat.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an die Klägerin als Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. März 2007 bis zum 31. Juli 2007 die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes in ungekürzter Höhe und die Hälfte der Kosten für Unterkunft und Heizung zu zahlen.

1. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum dem Grunde nach einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II, weil sie unstreitig in diesem Zeitraum Leistungsberechtigte im Sinne von § 7 SGB II war. Sie hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), war erwerbsfähig (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i. V. m. § 8 Abs. 1 SGB II) sowie hilfebedürftig (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 9 SGB II) und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Die Klägerin gehörte weder zu den Personengruppen, die gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 und 4a SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen sind, noch zu den Personengruppen, die gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II keinen Anspruch auf Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes haben.

2. Ein erwerbsfähige Hilfebedürftiger im Sinne von § 7 SGB II hat einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Dieser setzt sich zusammen aus der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß § 19 Satz 1 SGB II i. V. m. § 20 SGB II und den angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 19 Satz 1 SGB II i. V. m. § 22 SGB II.

Sonderregelungen für Personen, die – wie die Klägerin im streitigen Zeitraum – das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind in § 20 Abs. 2a SGB II und § 22 Abs. 2a SGB II enthalten. Vorliegend sind maßgebend § 20 Abs. 2a SGB II in der durch Artikel 1 Nr. 5 Buchst. c des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I S 558) mit Wirkung vom 1. Juli 2006 eingeführten Fassung und § 22 Abs. 2a SGB II in der durch Artikel 1 Nr. 21 Buchst. c des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) mit Wirkung vom 1. August 2006 geänderten Fassung.

Nach § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II werden Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sofern sie umziehen, Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur erbracht, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist gemäß § 22 Abs. 2a Satz 2 SGB II zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann (Nummer 1), der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist (Nummer 2) oder ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt (Nummer 3). Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen (vgl. § 22 Abs. 2a Satz 3 SGB II). Leistungen für Unterkunft und Heizung werden diesen Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht erbracht, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen (vgl. § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II).

Der Gesetzgeber hat an diese die Kosten für Unterkunft und Heizung betreffenden Regelungen für die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in § 20 Abs. 2a SGB II angeknüpft. Danach erhalten diese Personen, wenn sie ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Abs. 2a SGB II umziehen, abweichend von § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres 80 vom Hundert der Regelleistung.

Diese Sonderregelungen gelten gemäß § 68 Abs 2 SGB II wiederum nicht für Personen, die am 17. Februar 2006 nicht mehr zum Haushalt der Eltern oder eines Elternteils gehörten. Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin nicht, weil sie erst im August 2006 aus der elterlichen Wohnung ausgezogen ist.

Demnach würden die Sonderregelungen des § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II und des § 20 Abs. 2a SGB II nach dem bloßen Gesetzeswortlaut auf die Klägerin Anwendung finden. Da eine Zusicherung zum Umzug nicht erteilt worden war und ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Zusicherung nach Aktenlage nicht bestanden haben dürfte, wäre die Bewilligungsentscheidung der Beklagten rechtmäßig.

Die beiden genannten Regelungen sind jedoch aus systematischen, teleologischen und entstehungsgeschichtlichen Gründen einengend auszulegen.

Gesetzessystematisch ist zu berücksichtigen, dass § 22 Abs. 2a SGB II in Satz 1 nicht nur das Zusicherungserfordernis enthält, sondern daneben in Satz 4 eine Sonderregelung für den Fall, dass der Umzug vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft erfolgt. Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber nicht für denselben Sachverhalt zwei inhaltlich übereinstimmende Regelungen trifft, folgt aus § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II im Umkehrschluss, dass der Fall des Umzuges vor der Beantragung von Leistungen nicht auch von § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II erfasst wird (vgl. Berlit, in: Münder, SGB II [2. Aufl., 2007], § 22 Rdnr. 82).

Für dieses Regelungsverständnis sprechen auch Sinn und Zweck von § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II und § 20 Abs. 2a SGB II sowie die Entstehungsgeschichte dieser Regelungen. bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 bildeten nach den Maßgaben von § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nur die dem Haushalt angehörenden minderjährigen, unverheirateten Kinder eine Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern; diese Kinder erhielten 80 % der Regelleistung. Mit der Volljährigkeit bildeten die Kinder eine eigene Bedarfsgemeinschaft und erhielten die Regelleistung in ungekürzter Höhe, auch wenn sie weiterhin bei den Eltern wohnten (vgl. BT-Drs. 16/688, S. 13/14). Zugleich war nach Auffassung des Gesetzgebers eine Ursache hoher Kosten der Erstbezug einer eigenen Wohnung durch Personen, die entweder bislang wegen Unterstützung innerhalb einer Hausgemeinschaft keinen Anspruch hatten oder als Teil der Bedarfsgemeinschaft niedrigere Leistungen bezogen hatten (vgl. BT-Drs. 16/688, S. 14). Auf diesen Befund reagierte der Gesetzgeber dadurch, dass er mit Wirkung vom 1. Juli 2006 zum einen in § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II den Kreis der Personen, die zur Bedarfsgemeinschaft gerechnet werden, über die Volljährigkeitsgrenze hinaus auf Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erstreckte. Zum anderen schuf er die Sonderregelungen in § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II und § 20 Abs. 2a SGB II. Sinn und Zweck dieser Gesetzesänderungen war es, der Ausweitung leistungsberechtigter Bedarfsgemeinschaften entgegenzuwirken (vgl. Lang/Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 22 Rdnr. 80a). Aus der Zusammenschau der beschriebenen Gesetzesänderungen und der hierfür maßgebenden Motive des Gesetzgebers ergibt sich, dass von den Neuregelungen in § 22 Abs. 2a SGB II und § 20 Abs. 2a SGB II nur Personen erfasst werden sollten, die im Zeitpunkt des Umzuges Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bezogen oder zumindest beantragt haben.

Dies wird dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 bereits mit Wirkung vom 1. August 2006 die Regelungen in § 22 Abs. 2a SGB II um die Regelung des Satzes 4 ergänzte. Damit sollte sichergestellt werden, dass Jugendliche die notwendige Zusicherung des Leistungsträgers für eine Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung nicht dadurch umgehen können, dass sie bereits vor Beginn des Leistungsbezuges eine Wohnung beziehen (vgl. BT-Drs. 16/1696, S. 27). Für den Fall des Umzuges vor der Beantragung von Leistungen sah der Gesetzgeber mithin eine Regelungslücke, die er mit der Regelung in § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II schloss.

Aus den genannten Gründen sind die Regelungen des § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II und des § 20 Abs. 2a SGB II nur auf Personen anzuwenden, die zum Zeitpunkt des Umzuges Leistungen beantragt haben oder erhalten (ebenso: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. August 2007 – L 5 AS 29/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 24 ff.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 6. November 2007 – L 7 AS 626/07 ER – JURIS-Dokument Rdnr. 23 ff.; LSG Hamburg, Beschluss vom 24. Januar 2008 – L 5 B 504/07 ER AS – JURIS-Dokument Rdnr. 6 ff.; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. Mai 2008 – L 10 AS 72/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 38; Berlit, in: Münder, SGB II [2. Aufl., 2007], § 22 Rdnr. 82; Berlit, info also 2006, 51 [54]; Lang/Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 22 Rdnr. 80a und 80b; Frank-Schinke, in Linhart/Adolph, Sozialgesetzbuch II, Sozialgesetzbuch XII, Asylbewerberleistungsgesetz [Stand: 62. Erg.-Lfg, März 2009], § 22 Rdnr. 76; Frank, in: Hohm [Hrsg.], Gemeinschaftskommentar zum SGB II [Stand: 9. Erg.-Lfg, April 2009], § 22 Rdnr. 61; Kalhorn, in: Hauck/Noftz, SGB II [Stand: 24. Erg.-Lfg, Mai 2009], § 22 Rdnr. 48; a. A. SG Reutlingen, Urteil vom 18. Dezember 2007 – S 2 AS 2399/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 29 ff.).

Hingegen gilt das Zusicherungserfordernis nicht auch für Personen, die – wie die Klägerin – bereits vor dem Umzug oder jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Umzuges hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II und damit leistungsberechtigt im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II waren, jedoch keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II erhielten oder beantragten. Die Klägerin war während der Zeit ihrer Beschäftigung im K. Hotel & Restaurant vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006 in diesem Sinne hilfebedürftig. Denn ihrem Bedarf in Höhe von 513,99 EUR, der sich aus der Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR und den hälftigen Unterkunftskosten in Höhe von 175,21 EUR abzüglich der Warmwasserpauschale in Höhe von 6,22 EUR zusammensetzte, stand ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 557,94 EUR gegenüber. Allein nach dem Abzug des Erwerbstätigenfreibetrages nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB II i. V. m. § 30 SGB II lag das im Sinne von § 11 SGB II zu berücksichtigende Einkommen schon unter dem monatlichen Bedarf. Da Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag (vgl. § 37 SGB II) gewährt werden, ist es vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte des Zusicherungserfordernisses nicht geboten, Personen, die im Sinne des SGB II hilfebedürftig und leistungsberechtigt sind, dem Zusicherungserfordernis zu unterstellen. Etwaigen Missbrauchfällen kann auch in dieser Konstellation im Rahmen von § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II begegnet werden (zum Ansatz über die Erstattungsregelung des § 34 SGB II: Berlit, info also 2006, 51 [54]).

Die gegenteilige Auffassung, wonach sich § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II auch auf solche Jugendliche und junge Erwachsene beziehen soll, die zum Zeitpunkt des Auszugs noch nicht leistungsberechtigt waren, bei denen aber zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich war, dass sie in Kürze leistungsberechtigt im Sinne des SGB II sein werden (so SG Reutlingen, a. a. O., JURIS-Dokument Rdnr. 30), kann nicht damit begründet werden, dass in der Zusicherungsregelung des § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II der Begriff "erwerbsfähiger Hilfebedürftiger", hingegen in den Zusicherungsregelungen von § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II und des § 20 Abs. 2a SGB II der allgemeine Begriff "Personen" verwendet wird. Denn der Gesetzgeber hat im SGB II in zahlreichen Regelungen sowohl den Begriff "Person" als auch den des "erwerbfähigen Hilfebedürftigen" gebraucht. Zum Teil sind diese beiden Begriffe mit altersbegrenzenden Zusätzen versehen wie zum Beispiel "erwerbsfähige Hilfebedürftige, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet [ ...] haben" (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b SGB II), "erwerbsfähige Hilfebedürftige, die das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben" (vgl. § 31 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 3 SGB II), "Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben" (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II) oder "Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben" (vgl. § 20 Abs. 2a SGB II, § 22 Abs. 2a Satz 1 und 4 SGB II). Der Begriff "Person" wird im SGB II häufig dann eingesetzt, wenn die Erwerbsfähigkeit keine Tatbestandsvoraussetzung sein soll. Für die Frage, ob der Betroffene Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes beantragt oder beziehen muss, ob er materiell-rechtlich leistungsberechtigt sein muss, oder ob in Kürze mit einer Leistungsberechtigung oder einem Leistungsbezug zu rechnen ist, gibt die terminologische Unterscheidung zwischen "Person" und "erwerbsfähigem Hilfebedürftigen" keinen Aufschluss.

Soweit für eine weite Auslegung von § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II die Auffassung vertreten wird, dass § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II dahingehend zu verstehen sei, dass unter den dort genannten Voraussetzungen keine Kosten für Unterkunft und Heizung gewährt werden könnten, selbst wenn die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2a Satz 1 bis 3 SGB II für eine Leistungsgewährung erfüllt seien (so SG Reutlingen, a. a. O., JURIS-Dokument Rdnr. 31), ist dies mit Sinn und Zweck der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht vereinbar. Diese Leistungen werden, ähnlich wie die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialhilferecht (vgl. § 19 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – [SGB XII]), Personen erbracht, die ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern können und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalten (vgl. § 9 Abs. 1 SGB II). Zudem ist kaum ein Fall vorstellbar, in dem die Voraussetzungen eines schwerwiegenden Grundes im Sinne von § 22 Abs. 2a Satz 2 SGB II und damit eines Anspruches auf Zusicherung zu bejahen sind, gleichzeitig aber dem Betroffenen auch eine Absicht im Sinne von § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II vorgehalten werden kann. Die Regelung des § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II wäre damit weitgehend ohne praktische Bedeutung.

Da bereits aus den vorgenannten Gründen das Zusicherungserfordernis aus § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II nur Personen betrifft, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und im Zeitpunkt des Umzuges Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bezogen oder zumindest beantragt haben, muss nicht auf die im Schrifttum geäußerten Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung eingegangen werden (vgl. hierzu: Wenner, SozSich 2005, 413 [417] in Bezug auf die in Artikel 12 des Grundgesetzes [GG] garantierte freie Wahl von Arbeits- und Ausbildungsplatz; Frank-Schinke, a. a. O., § 22 Rdnr. 76, in Bezug auf das Freizügigkeitsgrundrecht [Artikel 11 GG]; Lang/Link, a. a. O., § 22 Rdnr. 80a, in Bezug auf das Gleichheitsgrundrecht [Artikel 3 GG]; vgl. auch: Berlit, info also 2006, 51 [53]).

3. Der Anspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung ist auch nicht auf Grund von § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II ausgeschlossen. Danach werden diese Leistungen nicht erbracht, wenn die noch nicht 25-jährigen Personen vor Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung herbeizuführen. Mit dieser Regelung wird nicht das Zustimmungserfordernis erweitert, sondern ein eigener Ausschlusstatbestand geschaffen (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. Mai 2008 – L 10 AS 72/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 40; Berlit, in: Münder, SGB II [2. Aufl., 2007], § 22 Rdnr. 94).

Die Ausschlussregelung in § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II setzt in subjektiver Hinsicht Absicht voraus. Dieses subjektive Element geht über Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit hinaus, der nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II Voraussetzung für Erstattungsansprüche ist. Absicht erfordert ein finales, auf den Erfolg gerichtetes Verhalten; die Herbeiführung für die Leistungsgewährung muss das für den Umzug prägende Motiv gewesen sein (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, a. a. O.; Berlit, in: Münder, SGB II [2. Aufl., 2007], § 22 Rdnr. 95; Lang/Link, a. a. O., § 22 Rdnr. 80z, m. w. N.; Piepenstock, in: Schlegel/Voelzke, SGB II [2. Aufl., 2007], § 22 Rdnr. 117). Es genügt nicht wenn der Leistungsbezug lediglich beiläufig verfolgt oder anderen Umzugszwecken untergeordnet und in diesem Sinne nur billigend in Kauf genommen wird (vgl. Berlit, a. a. O.; Frank-Schinke, a. a. O., § 22 Rdnr. 77). Kann den Betroffenen keine Absicht nachgewiesen werden, geht dies zu Lasten des Leistungsträgers, der die materielle Beweislast trägt (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, a. a. O.; Berlit, a. a. O.; Lang/Link, a. a. O.; Frank-Schinke, a. a. O.). Alle Umstände des Einzelfalles und entsprechende Indizien, die für und gegen eine Absicht sprechen, sind hierbei zu beachten. Da es sich hierbei um Umstände handelt, die in der Person des Betroffenen liegen, dürfen die Anforderungen an die Beweisführung dabei nicht überspannt werden (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, a. a. O.; Lang/Link, a. a. O.).

Hiervon ausgehend war der Klägerin keine Absicht im Sinne von § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II nachzuweisen. Zwar kann in diesem Zusammenhang zu Lasten der Klägerin als Indiz für eine mögliche Absicht berücksichtigt werden, dass sie sich bereits im Dezember 2005 über Einzelheiten eines Leistungsanspruches nach dem SGB II im Falle des Auszuges aus der elterlichen Wohnung erkundigt hatte. Auch der Umstand, dass sie bereits Ende Oktober 2006, das heißt zwei Monate nach dem Umzug und etwas mehr als zwei Monate vor dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses, das Antragsformular für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach de SGB II abholte, lässt auf eine mögliche Absicht im Sinne von § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II schließen. Gegen eine Absicht in diesem Sinne spricht allerdings, dass die Klägerin erst im März 2007 den Leistungsantrag stellte. Sowohl in der Zeit vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2006, als sie auf Grund ihrer Beschäftigung im K. Hotel & Restaurant ein relativ geringes Einkommen erzielte, als auch Anfang des Jahres 2007, als sie nach dem Auslaufen des befristeten Arbeitsvertrages Arbeitslosengeld bezog, verzichtet die Klägerin darauf, ergänzend für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu beanspruchen, auf die sie einen Anspruch gehabt hätte. Vielmehr war die Klägerin bestrebt, ihren Lebensunterhalt solange als möglich ohne Leistungen der Beklagten zu bestreiten. Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht belegen, die Klägerin sei in der Absicht umgezogen, die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung herbeizuführen.

Eine Absicht der Klägerin im Sinne des § 22 Abs. 2a Satz 4 SGB II lässt sich auch nicht damit begründen, dass sie zum Zeitpunkt des Umzuges in einem befristeten Arbeitsverhältnis stand und möglicherweise nicht mit der Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis oder zumindest der Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses rechnen konnte (vgl. auch Frank, in: Hohm [Hrsg.], Gemeinschaftskommentar zum SGB II [Stand: 9. Erg.-Lfg, April 2009], § 22 Rdnr. 63.1). Selbst wenn ihr das Risiko einer Arbeitslosigkeit ab dem 1. Januar 2007 und damit einer Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II bewusst gewesen ist, kann daraus noch nicht gefolgert werden, dass der Umzug in der Absicht erfolgte, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung herbeizuführen. Dafür, dass das befristete Arbeitsverhältnis allein deshalb aufgenommen worden wäre, um sich aus dem elterlichen Haushalt lösen und von den Eltern unabhängige Ansprüche gegenüber der Beklagten begründen zu können, gibt es keine Anhaltspunkte. Vielmehr hat die Klägerin glaubhaft geschildert, dass der Anstoß für die Arbeitsaufnahme von der Agentur für Arbeit gekommen sei, und dass sie, wenn das Arbeitsverhältnis mit K. Hotel & Restaurant nicht zustande gekommen wäre, in einer anderen gastronomischen Einrichtung in D. angefangen hätte, in der sie bereits eine Probearbeit geleistet hatte.

4. Bei der Berechnung der Höhe des der Klägerin zustehenden Arbeitslosengeldes II war nicht das Einkommen und Vermögen von R. K. zu berücksichtigen, weil beide im streitigen Zeitraum keine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Die Beklagte legte zwar bei ihrer Berechnung eines fiktiven Arbeitslosengeld II-Anspruches für die Klägerin für das zweite Halbjahr 2006 die Regelleistung für volljährige Partner einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 20 Abs. 3 SGB II und die vom Bundessozialgericht hierzu errechnete Warmwasserpauschale in Höhe von 5,63 EUR (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07SozR 4-4200 § 22 Nr. 5 Rdnr. 25 = JURIS-Dokument Rdnr. 25) zugrunde, ohne allerdings die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zu begründen.

Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II in der hier maßgebenden, durch Artikel 1 Nr. 7 Buchst. a des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 mit Wirkung vom 1. August 2006 eingeführten Fassung gehört zur Bedarfsgemeinschaft eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (Nummer 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nummer 2), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nummer 3) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (Nummer 4).

Der erkennende Senat lässt offen, ob den gegen die Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft in § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c, Abs. 3a SGB II vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken bereits im Rahmen der Auslegung der Begriffe "Partner" und "Haushalt" zu begegnen ist (vgl. hierzu beispielhaft: Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 7 Rdnr. 45 f.) oder erst im Rahmen der Auslegung und Anwendung der Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II. Denn selbst wenn davon auszugehen wäre, dass im Falle der Klägerin die Vermutungsregelung gegriffen hätte, hätte die Klägerin zur Überzeugung des Senates die Vermutung entkräftet.

Von den Vermutungstatbeständen kommt im Falle der Klägerin auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse allein der des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c Nr. 4 SGB II in Betracht. R. K. hatte ihr für eine gewisse Zeit seine Kreditkarte überlassen, wodurch er die Klägerin in die Lage versetzte, über sein Vermögen zu verfügen. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2009 jedoch überzeugend dargestellt, dass darüber hinaus zwischen ihnen kein wechselseitiger Wille bestand, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.

Die Klägerin hat glaubhaft erklärt, dass sie R. K. etwa einen Monat, bevor sie die gemeinsame Wohnung bezogen, kennengelernt hatte. Aus der elterlichen Wohnung zog sie wegen persönlicher Schwierigkeiten mit ihrer Mutter aus. R. K. seinerseits musste aus seiner bisherigen Wohnung ausziehen. In ihrer Wohnung wurden Küche, Flur und Bad gemeinsam genutzt und abwechselnd sauber gemacht; im Übrigen hatte jeder der beiden sein Zimmer. Im Jahr 2006, als die Klägerin im befristeten Arbeitsverhältnis stand, bezahlte jeder seinen Teil. Erst im Jahr 2007, als die Klägerin arbeitslos war, übernahm R. K. einen Teil die Mietkosten der Klägerin. Die Ausgaben für ihre Versicherungen und die Kosten für ihr Handy trug die Klägerin selbst. Die Lebensmittel kaufte jeder der beiden für sich. Nur wenn die Klägerin kein Geld hatte, half R. K. aus. Die Kreditkarte von R. K. benutzte die Klägerin, als sich dieser im Sommer 2007 für etwa drei Monate in Haft befand. Damit zahlte sie unter anderem die Stromrechnung und die Hundesteuer. Die von R. K. verauslagten Gelder zahlte die Klägerin im Rahmen des ihr möglichen zurück.

Zur Überzeugung des erkennenden Senates steht fest, dass R. K. der Klägerin nicht immer wieder finanziell unter die Arme griff, weil er für sie einzustehen wollte, sondern weil er ein Eigeninteresse hatte, die gemeinsam benutzte Wohnung zu behalten. Neben den Angaben der Klägerin, dass R. K. aus seiner früheren Wohnung habe ausziehen müssen, und er wegen Problemen aus einem vorhergehenden Mietvertrag nicht ohne Weiteres einen neuen Mietvertrag habe unterschreiben können, spricht hierfür auch die Gestaltung des Untermietvertrages. Darin war als Konto, auf das die Mietzahlungen von R. K.t eingehen sollten, das der Hauptvermieterin festgelegt. Die finanziellen Unterstützungsleistungen von R. K. an die Klägerin rechtfertigen nur die Annahme, dass zwischen beiden ein freundschaftliches Verhältnis bestand. Für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c, Abs. 3a SGB II reichen diese Anhaltspunkte aber nicht aus, zumal keine weiteren Umstände für eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft sprechen.

5. Nach alledem war der Anspruch des Klägerin auf Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. März 2007 bis 31. Juli 2007 ausgehend von einer Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft und ohne Leistungskürzungen oder -ausschlüsse im Sinne von § 20 Abs. 2a SGB II und § 22 Abs. 2a SGB II zu berechnen.

Das Sozialgericht legte zutreffend für die Monate März bis Juni 2007 eine Regelleistung in Höhe von monatlich 345,00 EUR (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der ab 1. Juli 2006 geltenden Fassung) und für Juli 2007 in Höhe von 347,00 EUR (vgl. Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Juli 2007 vom 18. Juni 2007 [BGBl. I S. 1139]) zugrunde. Hinsichtlich der zu den von der Beklagten zu übernehmenden tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung berücksichtigte das Sozialgericht ebenfalls zutreffend nur die Hälfte der auf die Wohnung entfallenen Mietkosten. Denn mit der Untervermietung senkte die Klägerin die Aufwendungen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Von den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zog es auf der Grundlage der bereits erwähnten Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes eine Warmwasserpauschale in Höhe von 6,22 EUR ab. Über anzurechnendes Einkommen oder Vermögen verfügte die Klägerin in diesem Zeitraum nicht. Die sich danach ergebenden Leistungsbeträge rundete das Sozialgericht entsprechend den Vorgaben in § 41 Abs. 2 SGB II.

Das Sozialgericht erließ im Hinblick auf die Erklärung der Beklagten im Schriftsatz vom 13. September 2007 kein Teilanerkenntnisurteil. In diesem Schriftsatz hatte die Beklagte zwar erklärt, ein Teilanerkenntnis des Inhalts abzugeben, dass Sie anerkenne, dass die Anrechnung der Einkünfte aus der Untervermietung als Einkommen in Höhe von monatlich 175,21 EUR zu Unrecht erfolgt sei. Zugleich erklärte sie aber, dass sich das Teilanerkenntnis nur auf die fehlerhafte Anrechnung der Untermiete als Einkommen beziehe. Wenn sich im Laufe des Rechtsstreites ergebe, dass der Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten auch Kosten der Unterkunft zu gewähren seien, seien die Einnahmen aus der Untervermietung hierauf anzurechnen. Mit diesem Zusatz verband die Beklagte ihre Teilanerkenntniserklärung mit einer Bedingung, das heißt sie bestätigte den Klageanspruch oder einen abtrennbaren Teil nicht uneingeschränkt, ohne "Drehen und Wenden", als zu Recht bestehend (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 1982 – 9a/9 RV 30/81 – JURIS-Dokument Rdnr. 13). Damit ist diese Erklärung der Beklagten unwirksam.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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