S 11 AS 37/06 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 37/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung des am 20.04.2006 erhobenen Widerspruchs gegen den Bescheid vom 12.04.2006 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Antragstellers zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Herabsetzung des an ihn ausgezahlten Arbeitslosengeldes II (Alg II) unter Berücksichtigung des Einkommens seiner Eltern.

Der am 00.00.1976 geborene Antragsteller lebt in der Wohnung seiner Eltern, die ihrerseits im August 2005 gegenüber der Antragsgegnerin erklärt haben, der Antragsteller erhalte von ihnen keine "Unterstützungen" und zahle ihnen einen "Miet- und Heizkostenanteil vom mtl. 140 Euro". Der Antragsteller bezog zuletzt aufgrund des Bescheides vom 06.03.2006 Alg II i.H.v. monatlich 565.- Euro. Mit Bescheid vom 12.04.2006 setzte die Antragsgegnerin das monatliche Alg II auf 243,28 Euro herab und führte zur Begründung aus, der Antragsteller verfüge über ein monatliches Einkommen von 321,72 Euro. Der Antragsteller legte hiergegen am 20.04.2006 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

Am 13.04.2006 hat sich der Antragsteller - zunächst nur wegen ausbleibender Zahlungen - an das Gericht gewandt. Er hält die Berücksichtigung des elterlichen Einkommens für rechtswidrig.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 20.04.2006 gegen den Bescheid vom 12.04.2006 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie beruft sich grundsätzlich auf die gesetzliche Unterhaltsvermutung nach § 9 Abs. 5 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), für die es gerade nicht auf einen bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern ankomme. Im Übrigen sieht die Antragsgegnerin jedoch nach erneuter Prüfung einen monatlichen Alg II-Anspruch i.H.v. 449,94 Euro als gegeben, da nur ein anzurechnendes monatliches Einkommen i.H.v. 115,06 Euro vorliege.

Hinsichtlich der wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

Nach § 86 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), hier i.V.m. § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG und § 39 Nr. 1 SGB II, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn und soweit nach der im Verfahren nach § 86 b Abs. 1 SGG allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung ein Obsiegen des Antragstellers hinreichend wahrscheinlich erscheint (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., 2005, § 86 b Rn. 12 c).

Ein Obsiegen des Antragstellers ist hinreichend wahrscheinlich, denn die Aufhebungsentscheidung der Antragsgegnerin erscheint zumindest nicht als offensichtlich rechtmäßig. Ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheides, der Antragserwiderung und des gesamten Inhalts der Verwaltungsakte geht die Antragsgegnerin offenbar davon aus, bereits das (hier unstreitig gegebene) Zusammenleben eines Hilfebedürftigen mit Verwandten in einer Wohnung berechtige zur Vermutung nach § 9 Abs. 5 SGB II. Dies ergibt sich indes nicht aus dem Gesetz, das als Tatbestandsmerkmal gerade nicht die gemeinsame Wohnung genügen lässt, sondern das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft iS.d. § 9 Abs. 5 SGB II voraussetzt, wozu ein - über die gemeinsame Nutzung von Wohnräumen hinausgehendes - Wirtschaften "aus einem Topf" erforderlich ist (BT-Drs. 15/1516, S. 53; vgl. ausführlich Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 9, Rn. 52: selbst der gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Sanitärartikeln etc. begründet noch keine Haushaltsgemeinschaft). Entgegen dieser gesetzlichen Vorgaben hat die Antragsgegnerin lediglich das Einkommen der Eltern des Antragstellers ermittelt, jedoch keinerlei Hinweise auf eine Haushaltsgemeinschaft festgestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung von § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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