S 23 AS 61/06 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
23
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 23 AS 61/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für den Monat Februar 2006 Arbeitslosengeld II in Höhe von 70 % der Regelleistung zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung zu bewilligen, und zwar unter Berücksichtigung eines Bruttoeinkommens von 174,41 EUR. Die Antragsgegnerin trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruchs des Antragstellers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (Arbeitslosengeld II) nach §§ 19 Satz 1 Nr. 1, 20 ff. Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende -.

Der im Jahr 1959 geborene Antragsteller, der als Pressefotograf freiberuflich tätig ist, beantragte am 20.06.2005 Arbeitslosengeld II. Er gab an, aus seiner Tätigkeit ein Einkommen zu erzielen. Zurzeit habe er jedoch keine Aufträge. Für seine ca. 45 m² große Wohnung zahle er Miete in Höhe von 259,03 EUR, Nebenkosten in Höhe von 67,95 EUR und Heizkosten in Höhe von 10,44 EUR. Bis zum 31.07.2005 erhalte er Wohngeld in Höhe von 82,00 EUR. Der Antragsteller legte eine Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit von Januar bis Juni 2005 vor, die Erträge von 4.984,16 EUR und Aufwendungen in Höhe von 2.614,17 EUR auswies.

Mit Bescheid vom 30.06.2005 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Zeit vom 20.06.2005 bis 30.06.2005 Leistungen in Höhe von 250,23 EUR und für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 Leistungen in Höhe von monatlich 682,42 EUR, jeweils unter Zugrundelegung der Regelleistung von 345,00 EUR und monatlicher Unterkunftskosten in Höhe von 337,42 EUR.

Mit Veränderungsmitteilung vom 15.09.2005 teilte der Antragsteller mit, seine Einkommensverhältnisse änderten sich ab dem 01.10.2005 aufgrund einer positiven Auftragslage. Die Beklagte stellte die Zahlungen ab dem 01.10.2005 ein und forderte einen Einkommensnachweis. Der Antragsteller erklärte, dass er in der Zeit vom 15.10.2005 bis 31.12.2005 ein Einkommen in Höhe von Brutto 1.800,00 EUR erzielen werde. Mit Bescheid vom 05.12.2005 hob die Antragsgegnerin die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.10.2005 bis 31.12.2005 auf.

Am 28.12.2005 beantragte der Antragsteller die Fortzahlung der Leistungen. Er legte eine vom 27.12.2005 datierende Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2005 vor, die Erträge in Höhe von 11.196,21 EUR und Aufwendungen in Höhe von 7.131,69 EUR auswies.

Aufgrund des erzielten Gewinns ermittelte die Antragsgegnerin ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 338,71 Euro, das in Höhe von 170,97 EUR zu berücksichtigen sei, und bewilligte dem Antragsteller mit Bescheid vom 04.01.2006 Leistungen für die Zeit vom 01.01.2006 bis 28.02.2006 in Höhe von 491,45 EUR monatlich. Der Antragsteller hatte zuvor noch mitgeteilt, dass er angesichts der Auftragslage zunächst nur für die Dauer von zwei Monaten Arbeitslosengeld II benötige.

Der Antragsteller erhob am 18.01.2006 Widerspruch. Er machte geltend, nur tatsächliche Einnahmen dürften angerechnet werden. Im Januar habe er aber kein Einkommen erzielt.

Auf die Aufforderung der Antragsgegnerin vom 17.02.2006, Steuerbescheide und eine Gewinn- und Verlustrechnung für die Monate Januar und Februar 2006 vorzulegen, reichte der Antragsteller eine Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit von Januar bis Dezember 2006 ein, die Erträge in Höhe von 11.196,21 EUR und Aufwendungen in Höhe von 7.187,85 EUR auswies.

Am 17.02.2006 hat der Antragsteller um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht.

Der Antragsteller trägt vor, er habe in den Monaten Januar und Februar 2006 keine bzw. nur geringe Einkünfte erzielt. Er habe inzwischen kein Geld zum Leben mehr und sein Kontostand betrage 6,91 EUR. Der Antragsteller ist der Auffassung, die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2005 dürfe nicht berücksichtigt werden, da er nicht für die Dauer eines Jahres Leistungen beantragt habe.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach §§ 19 Satz 1 Nr. 1, 20 ff. SGB II in voller Höhe zu bewilligen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin macht geltend, aufgrund der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2005 sei auch in den Monaten Januar und Februar 2006 Einkommen anzurechnen. Um die Höhe der Anrechnung überprüfen zu können, sei der Antragsteller zur Vorlage der Steuerbescheide für die Jahre 2004 und 2005 aufgefordert worden. Seiner Mitwirkungspflicht sei der Antragsteller aber nicht nachgekommen. Den bisher angegebenen Gewinn habe sie auf zwölf Monate verteilt. Da das Arbeitslosengeld II zu Beginn des Monats im voraus bewilligt werden müsse und bei Erteilung des Bescheides vom 04.01.2006 unklar gewesen sei, im welchen Umfang der Antragsteller im Januar 2006 Einkommen erzielen werde, habe sie keine anderen Anhaltspunkte gehabt. Die tatsächlichen Einkünfte in den Monaten Januar und Februar 2006 seien bisher nicht nachgewiesen worden.

Das Gericht hat den Antragsteller um Darlegung seiner Einkünfte in der Zeit vom 18. bis 28.02.2006 und ab dem Monat März 2006 und die Antragsgegnerin um Durchführung einer Vergleichsberechnung aufgrund der aktuellen Gewinn- und Verlustrechnung gebeten.

Die Antragsgegnerin hat darauf erwidert, unter Berücksichtigung eines Jahresgewinns von 4.008,36 EUR ergebe sich ein anrechenbares Einkommen in Höhe von monatlich 187,22 EUR und führte zu einer Erhöhung der Leistung um monatlich 3,75 EUR, die sie zu erbringen bereit wäre.

Der Antragsteller hat mitgeteilt, dass er für den Monat März 2006 eine Zahlung in Höhe von 768,73 EUR erwarte, einen weiteren Auftrag aber mangels Mittel abgelehnt habe. Er habe sich in den vergangenen beiden Monaten Geldbeträge leihen müssen. Buchungen werde er in den nächsten Wochen tätigen, die angeforderten Steuerbescheide seien nicht kurzfristig erhältlich. Der Antragsteller hat die endgültige Einnahmen-Überschussrechnung für das Jahr 2005 vorgelegt, aus der ein Gewinn von 2.092,88 EUR hervorgeht. Ferner hat er eine aktuelle Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2006 vorgelegt, die Erträge von 1.322,21 EUR und Aufwendungen in Höhe von 1.287,68 EUR ausweist.

Die Antragsgegnerin hat darauf erwidert, die von dem Antragsteller berücksichtigte private Schuldentilgung sei nicht zu berücksichtigen. Eine monatliche Neuberechnung des Einkommens nach dem Zuflussprinzip führte angesichts des Einkommens im Monat März 2006 zu einem weit höheren anrechenbaren Einkommen als 190,97 EUR. Die Antragstellerin hat um Erläuterung der Diskrepanzen zwischen den Gewinn- und Verlustrechnungen für das Jahr 2005 gebeten.

Der Antragsteller hat erklärt, die angegebenen Einkünfte von 768,73 EUR stellte einen Bruttobetrag dar, der nicht mit einem Gewinn gleichbedeutend sei. Die Diskrepanzen zwischen den unterschiedlichen Gewinn- und Verlustrechnungen beruhten auf Abschlussbuchungen der Privatanteile, Abschreibungen für Sofort- und Sachanlagen sowie einer Umbuchung.

Die Antragsgegnerin hat daraufhin die Auffassung vertreten, das Privatentnahmen Einkünfte seien und die Diskrepanzen zwischen den eingereichten Gewinn- und Verlustrechnungen nicht nachprüfbar belegt worden seien.

Der Antragsteller hat den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 eingereicht, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -376,00 EUR, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von brutto 5.981,00 EUR und weitere Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -3.410,00 EUR ausweist.

Die Antragsgegnerin hat schließlich ausgeführt, dass der mit dem Gewerbebetrieb erwirtschaftete Verlust im Jahr 2004 für die derzeitige Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II nicht maßgeblich sein könne. Offensichtlich sei der Antragsteller im Jahr 2004 auch einer nichtselbständigen Tätigkeit nachgegangen, er habe daher nicht seine gesamte Arbeitskraft auf seine selbständige Tätigkeit fokussieren können. Die Antragsgegnerin hat sich erneut auf die Gewinn- und Verlustrechnung des Antragstellers vom 27.12.2005 berufen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II. Der Antrag auf einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz hat teilweise Erfolg.

Der Antrag ist zulässig.

Statthaft ist ein Antrag nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Der Antragsteller hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Gemäß § 86 b Abs. 3 SGG ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung schon vor Klageerhebung zulässig. Voraussetzung ist jedoch, dass vor Anrufung des Gerichts vergeblich ein Antrag an die Behörde gerichtet wurde; soweit eine Möglichkeit besteht, das Recht außerprozessual durchzusetzen, besteht kein Anlass, die Hilfe des Gerichts zur Verfügung zu stellen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, Vor § 51, Rdn. 16). Die Antragsgegnerin bewilligte dem Antragsteller für den Monat Februar 2006 Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung eines bereinigten monatlichen Einkommens von 170,97 EUR. Über den gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG fristgerecht am 18.01.2006 erhobenen Widerspruch des Antragstellers, der sich gegen die Anrechnung eines Einkommens wendet, hat die Antragsgegnerin bisher nicht entschieden.

Der Antrag ist teilweise begründet.

Voraussetzung ist das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Es bedarf eines materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) und einer besonderen Eilbedürftigkeit der Sache, das heißt der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht worden sein. Erforderlich ist der Nachweis der überwiegenden Wahrscheinlichkeit; trotz der Möglichkeit des Gegenteils dürfen Zweifel nicht überwiegen (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Auflage, III. Kapitel, Rdn. 157). Dies ist im Rahmen einer summarischen Prüfung zu ermitteln (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.01.2006, Az.: L 1 B 17/05 AS ER; dass., Beschluss vom 29.11.2005, Az.: L 19 B 84/05 AS ER; dass., Beschluss vom 26.07.2005, Az.: L 9 B 44/05 AS ER). Bei der Beurteilung des Anordnungsanspruchs hat sich das Gericht an den Grundsätzen zu orientieren, die das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz aufgestellt hat (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05). Danach dürfen sich die Gerichte nicht auf eine bloße summarische Prüfung der Erfolgsaussichten beschränken und die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller nicht überspannen; ist eine Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht möglich, hat eine Folgenabwägung stattzufinden (zugleich LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.01.2006, Az.: L 1 B 13/05 AS ER; dass., Beschluss vom 28.02.2006, Az.: L 9 B 99/05 AS ER). Dabei gilt das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.12.2005, Az.: L 9 B 22/05 SO ER; dass., Beschluss vom 02.05.2005, Az.: L 19 B 7/05 SO ER); eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt, wenn der Leistungsberechtigte eine existentielle Notlage glaubhaft macht, die ein sofortiges Handeln erfordert, beispielsweise wenn die Führung eines menschenwürdigen Lebens in Frage steht (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.05.2005, Az.: L 19 B 7/05 SO ER); zur Vermeidung schlechthin unzumutbarer Folgen muss es für den Antragsteller notwendig sein, dass das Gericht die begehrte einstweilige Anordnung erlässt (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.04.2005, Az.: L 19 B 2/05 AS ER).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass er Leistungen nach §§ 19 Satz 1 Nr. 1, 20 ff. SGB II in einem größeren Umfang als 491,45 EUR monatlich beanspruchen kann. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige Arbeitslosengeld II, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung umfassen.

Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller in einem größeren Umfang als von der Antragsgegnerin angenommen hilfebedürftig ist. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit und aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Als Einkommen zu berücksichtigen sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Vom Einkommen abzusetzen sind gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II auf das Einkommen entrichtete Steuern (Nr. 1), Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung (Nr. 2), Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (Nr. 3), geförderte Altersvorsorgebeiträge (Nr. 4), die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (Nr. 5) und für Erwerbstätige ein Betrag nach § 30 SGB II (Nr. 6). Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, ist an Stelle der Beiträge nach Nr. 3-5 ein Betrag von insgesamt 100,00 EUR monatlich abzusetzen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400,00 EUR, gilt dies jedoch nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3-5 SGB II den Betrag von 100,00 EUR übersteigt.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin, dass aufgrund der Gewinn- und Verlustrechnung des Antragstellers vom 27.12.2005 bzw. eines Gewinns von 4.064,52 EUR im Jahr 2005 ein monatliches Einkommen von 383,71 EUR zu berücksichtigen sei, ist die von dem Antragsgegner später eingereichte endgültige Jahresabrechnung zugrunde zu legen. Diese ergibt einen Gewinn von 2.092,88 EUR bzw. ein monatliches Einkommen von 174,41 EUR. Dieser geänderte Betrag beruht auf einer Erhöhung der Kfz-Betriebskosten, der Umsatzsteuer, der Beiträge und Gebühren, des sonstigen Betriebsbedarfs, der Kosten des Geldverkehrs und der Vorsteuer zum Jahresende sowie der zusätzlichen Berücksichtigung einer privaten Kfz-Nutzung und übriger Betriebsausgaben, ferner der Abschreibungen für Sachanlagen und geringwertige Wirtschaftsgüter einerseits und einem geringfügig niedriger angesetzten Bürobedarf andererseits. Sofern die Antragsgegnerin einwendet, sie könne die Differenz nicht nachvollziehen, ist die Kammer der Auffassung, dass diese auf typischerweise erst nach Abschluss eines Jahres bezifferbaren Positionen beruht.

Die Kammer teilt jedoch nicht die Auffassung des Antragstellers, seinem Bedarf seien nur die tatsächlichen Einkünfte gegenüberzustellen. Die Heranziehung der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2005 ist nicht zu beanstanden. Nach § 2 a Abs. 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) ist das Einkommen für das Kalenderjahr zu berechnen, in dem der Bedarfszeitraum liegt; für jeden Bedarfszeitraum ist 1/12 des Einkommens im Berechnungsjahr als Einkommen zu berücksichtigen. Als Einkommen ist ein Betrag anzusetzen, der auf der Grundlage früherer Betriebsergebnisse und unter Berücksichtigung der im Berechnungsjahr bereits erzielten Einkommen und notwendigen Ausgaben sowie der im Berechnungsjahr noch zu erwartenden Einnahmen und notwendigen Ausgaben zu errechnen ist (§ 2 a Abs. 3 Alg II-V). Da der Antragsteller ein stark schwankendes und für den Beginn des Jahres 2006 noch nicht feststehendes Einkommen erzielt, stützt sich die Kammer nicht primär auf die für das Jahr 2006 vorgelegten Ergebnisse, die den in den Monaten Januar und Februar erzielten Gewinn von 34,53 EUR und die von dem Antragsteller erwartete Zahlung von 768,73 EUR umfassen, sondern auf die Ergebnisse des Jahres 2005.

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die besondere Eilbedürftigkeit der Durchsetzung seines Begehrens beruht auf dem Umstand, dass der Bedarf des Antragstellers nach dem SGB II durch die bewilligten Leistungen nicht gedeckt war, als er am 17.02.2006 um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchte. Da dieser Zeitpunkt maßgebend ist, steht dem Anordnungsgrund nicht entgegen, dass der Antragsteller ab dem Monat März 2006 wegen zu erwartender Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit keine Leistungen begehrte.

Einem Anordnungsgrund steht auch die Höhe des zusätzlichen Anspruchs des Antragstellers für den Monat Februar 2006 nicht entgegen. Zwar ist die Kammer der Auffassung, dass der Antragsteller zur Vermeidung einer Vorwegnahme der Hauptsache lediglich 70 % der in einem Hauptsacheverfahren zuzusprechenden Regelleistung zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung erhalten kann. Aus § 31 Abs. 1 SGB II ergibt sich, dass es sich bei dem Betrag von 70 % um das zum Leben Unerlässliche handelt. Das Bruttoeinkommen des Antragstellers ist jedoch lediglich in einer Höhe von 14,20 Euro anrechenbar, was zu einer Erhöhung der Leistung für den Monat Februar 2006 um 176,77 führt. Dies übersteigt 30 % der Regelleistung.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung der §§ 183, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Sie berücksichtigt, dass der Antragsteller Leistungen ohne Anrechnung eines Einkommens begehrte, nach Auffassung der Kammer aber die Hälfte des von der Antragsgegnerin angerechneten Bruttoeinkommens zu berücksichtigen war.
Rechtskraft
Aus
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